Böhmen und das Deutsche Reich. Ideen- und Kulturtransfer im Vergleich (13.-16. Jahrhundert)

Böhmen und das Deutsche Reich. Ideen- und Kulturtransfer im Vergleich (13.-16. Jahrhundert)

Veranstalter
Ludwig-Maximilians-Universität München, Historisches Seminar, München Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Historisches Seminar, Münster Tschechische Akademie der Wissenschaften, Historisches Institut, Prag
Veranstaltungsort
Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft München e.V., Amalienstraße 38, D-80799 München
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
10.09.2007 - 12.09.2007
Deadline
24.08.2007
Website
Von
Hubertus Seibert

In Böhmen und im Deutschen Reich vollzogen sich zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert tiefgreifende Veränderungen in Politik und Gesellschaft. Wiederholte Dynastiewechsel, eine wachsende Emanzipation des herrschernahen Adels und neue Formen der politischen Willensbildung mit je eigenen Organisationsstrukturen hatten weitreichende politisch-herrschaftliche Umwälzungen zur Folge. Sie leisteten einem kulturell-sprachlichen, religiösen und sozialen Wandel innerhalb der Gesellschaft Vorschub. Die bisherige Forschung hat diesen Zusammenhang zwischen politischer Entwicklung und gesellschaftlichem Wandel allzusehr vernachlässigt und vielfach einseitig lediglich das eigene „Land“ in den Blick genommen. Nur ein vergleichender Forschungsansatz der – unter den Luxemburgern zudem unter einer Dynastie vereinten – beiden Reiche vermag jedoch die spezifischen von den allgemeinen Entwicklungen zu trennen und damit die jeweiligen zeitgenössischen Lösungsansätze angemessen zu bewerten.
Die interdisziplinäre deutsch-tschechische Tagung will die Charakteristika für das Entstehen von Kulturlandschaften in vergleichender Perspektive anhand zentraler „case studies“ herausarbeiten. Im Zentrum stehen gleichermaßen Formen und Wege des Kulturtransfers wie die unterschiedlichen Trägerschichten und deren Kommunikationsformen. Im ersten Themenschwerpunkt „Herrschaft und kultureller Austausch“ werden zentrale Bereiche höfischen Lebens (Musik, Kunst, Religiosität) im europäischen Vergleich fokussiert. Der Hof als kulturelles Zentrum und Drehscheibe des Wissens- und Kulturtransfers war wirkungsvolles und integrierendes Instrument der Herrschaft. In einem zweiten Zugriff („Schriftlichkeit und Repräsentation im Vergleich“) wird nach den Wirkungsweisen von Schriftlichkeit und den Spezifika verschiedener Quellengattungen gefragt: Zum einen nach der Bedeutung von schriftlicher und oraler Tradition für die Weitergabe von Wissen und für die Repräsentation von Herrschaft, zum anderen nach der Professionalisierung von Verwaltung im Spätmittelalter. In der Kommunikationspraxis spielten nicht nur Wort und Schrift eine elementare Rolle, sondern auch die Medien Bild und Architektur. Deshalb widmet sich der dritte Schwerpunkt „Architektur und Wandmalerei“ der Architektur als Zeichensystem von Stand und Rang. Repräsentative Bauten boten herausragenden Persönlichkeiten vielfältige Chancen, die eigene Stellung und soziale Identität als Selbstdeutung zum Ausdruck zu bringen. In differenzierterer Form diente auch die Wandmalerei der Visualisierung von Ideen und identitätsstiftenden Vorstellungen im öffentlichen Raum.
Diese zentralen Themenbereiche mit ihren interdisziplinär ausgerichteten Beiträgen bieten eine gute Ausgangsbasis für künftige vergleichende Forschungen tschechischer und deutscher Wissenschaftler und damit eine unverzichtbare Grundlage für einen vertieften wissenschaftlichen Austausch.

Programm

Montag, 10. September 2007

9.00–9.30 Uhr
Robert Šimunek (Prag) und Hubertus Seibert (München)
Begrüßung der Teilnehmer/innen und Einführung in das Tagungsthema

9.30 bis 13.00 Uhr
Sektion I "Herrschaft und kultureller Austausch"

Moderation: Hubertus Seibert

Seth Hindin (Cambridge, MA/USA)
Ecclesiastical Architecture’s Ethnic Dimension: ‘German‘ and ‘Czech‘ Parish Churches in Later Medieval Bohemia and Moravia

Bernd Carqué (Göttingen)
Orte der Herrschaft und Räume des Heiligen. Bau- und bildkünstlerische Markierungen in Paris und in Prag

Richard Nemec (Berlin)
Kulturlandschaft als Staatsidee: Die Rolle der Architektur als identitätstragendes Medium in der Bildung der luxemburgischen
Herrschaftskonzeption

Lenka Mrácková (Prag)
Johannes Tourout und seine Kompositionen in böhmischen Musikhandschriften (c. 1470–1500). Zur musikalischen Kultur am Hof Kaiser Friedrichs III. und ihrer Rezeption in den böhmischen Ländern

13.00 bis 15.00
Mittagspause

15.00 bis 17.45 Uhr
Sektion II "Schriftlichkeit und Repräsentation im Vergleich"

Moderation: Eva Schlotheuber

Franz Bornschlegel (München) – Jirí Rohácek (Prag)
Innovation – Tradition – Korrelation. Die Inschriften
Böhmens und des deutschen Reiches

Roman Lavicka (Prag)
Jahreszahlen an mittelalterlichen Baudenkmälern als Quelle

Robert Šimunek (Prag)
Was in den Testamenten „fehlt“. Donationes pro anima und
adlige Wahrnehmung des Fegefeuers als Beispiel

19.00 Uhr
Abendvortrag im Historicum, Raum 001, Amalienstraße 52
Dr. Jiri Fajt (Leipzig)
Die Stadt als Bühne kaiserlicher Repräsentation. Die Kunst
Nürnbergs unter den Luxemburgern und ihre Rezeption im Reich

Dienstag, 11. September 2007

9.00 bis 12.30 Uhr
Moderation: Pavlína Rychterová (Konstanz/Prag)

Uwe Tresp (Leipzig)
Zwischen guten Freunden und bösen Neidern. Die Beziehungen der Grafen Schlick zu ihren Nachbarn in Böhmen und im Reich im
Zusammenhang mit ihren Standeserhöhungen (15. und Anfang 16. Jh.)

Martin Wagendorfer (München)
Humanistisches über Böhmen und Österreich – Eneas Silvius
Piccolominis „Historia Bohemica“ und „Historia Austrialis“

Georg Vogeler (München/Lecce)
Die tschechischen Berna-Register als „Steuerbücher deutscher
Territorien“?

Eva Doležalová (Prag)
Die Ordinationsliste als Quelle zur Geschichte der Geistlichkeit vor der Reformation

12.30 bis 15.00 Uhr
Mittagspause

15.00 bis 16.30 Uhr
Moderation: Robert Šimunek

Pavel Soukup (Prag)
Die Predigt als Mittel religiöser Erneuerung: Böhmen um 1400

Michaela Bleicher (Freising)
Das Herzogtum Niederbayern-Straubing in den Hussitenkriegen: Kriegsalltag im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet

Mittwoch, 12. September 2007

9.00 bis 12.15 Uhr
Sektion III "Architektur und Wandmalerei"

Moderation: Jiri Fajt

Jan Royt (Prag)
Der Prager Bischof Johann IV. von Drazic als Besteller der Kunstwerke

Magdalena Hamsíková (Prag)
Die Einflüsse von Lucas Cranach d. Ä. und seiner Werkstatt
auf die tschechische Malerei der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts

Josef Záruba (Prag)
König Wenzel IV. und die Burgen seiner Zeit

Eva Schlotheuber (Münster)
Zusammenfassung

Kontakt

Dr. Hubertus Seibert

Ludwig-Maximilians-Universität München, Historisches Seminar
Geschwister-Scholl-Platz 1, D-80539 München
+49-(0)89-2180 5448
+49-(0)89-2180 5671
h.seibert@mg.fak09.uni-muenchen.de


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