Ausstellungsbesprechung: Museum der Grafschaft Mark

Ausstellungsbesprechung: Museum der Grafschaft Mark

Veranstalter
Museum Burg Altena (16487)
rda_hostInstitution_reex
16487
Ort
Altena
Land
Deutschland
Vom - Bis
29.06.2000 -
Stephanie Marra

Die Burg Altena zählt zu den kulturellen und historischen Anziehungspunkten im Einzugsbereich von Ruhrgebiet und Rheinland. Am 29. Juni 2000 wurde dort die neu konzipierte Dauerausstellung eröffnet. Ein "Regionalmuseum mit Erlebnischarakter" sollte es sein, so zumindest verkündeten es die Medien (z.B. Westfälische Rundschau v. 29.6.2000). Auch die Präsentationsform sollte, gemäss den öffentlichen Vorschusslorbeeren, richtungsweisend sein. Die Themen der Ausstellung seien auf die Geschichte der vormaligen Grafschaft Mark sowie auch Kultur- und Sozialgeschichte konzentriert. Aber auch Aktuelles, wie der Einsatz von ZwangsarbeiterInnen in der Region, würde präsentiert. Ankündigungen, die neugierig machen und auch entsprechende Erwartungen wecken. Denn immerhin sind Eröffnungen von Dauerausstellungen aufgrund der latenten Finanznot im öffentlichen Kulturbereich in heutiger Zeit nicht gerade selbstverständlich. Umso erfreulicher ist es, dass sich gerade ein so traditionsreicher und geschichtsträchtiger Ort wie die Burg Altena mit einer neugestalteten Dauerausstellung präsentieren kann. Immerhin 3,5 Millionen Mark hat sich der Märkische Kreis und die öffentliche Hand die Neukonzeption kosten lassen.

Für die Gestaltung und Architektur der Dauerausstellung wurde der bekannte Kulturingenieur und Ausstellungsarchitekt Jürg Steiner verpflichtet, gebürtiger Schweizer und heute in Berlin lebend (http://steiner-berlin.de). Steiner ist im Ausstellungswesen gewiss kein Unbekannter. Zu nennen wären hier z.B. die Projekte Haus der Wannsee-Konferenz (1991) und die Gedenkstätte "Topographie des Terrors" (1997) in Berlin, die 1998 eröffnete Ausstellung "mittendrin - Sachsen-Anhalt in der Geschichte" sowie die Ausstellung "Sonne, Mond und Sterne" in der Kokerei Zeche Zollverein in Essen (1999 / 2000; Rezension: http://www.hco.hagen.de/museen/aus-rez/flick99-1.htm) und zuletzt die Fussballausstellung "Der Ball ist rund" im Gasometer Oberhausen (2000; Rezension: http://www.hco.hagen.de/museen/aus-rez/vonseggern00-1.htm). Die wissenschaftliche Ausstellungskonzeption wurde von einem vierköpfigen Team unter der Leitung des Altenaer Museumsleiters Stephan Sensen innerhalb von drei Jahren entwickelt. Mittelpunkt der Neukonzeption ist die Regionalgeschichte, in diesem Fall die der früheren Grafschaft Mark bzw. des Märkischen Sauerlandes. Die Website eines parallel zur Neukonzeption unter dem Titel "Virtuelle Präsentation von Geschichte am Beispiel der Burg Altena" durchgeführtes Projekt an der Universität Siegen (http://www.fb1.uni-siegen.de/burg/) enthält einige Hintergrundinformationen.

Die südwestfälische Grafschaft Mark ist keineswegs eine beliebige Region. Sie zählt zu den bedeutenden Territorien des Alten Reiches. Es handelt sich nicht zuletzt auch um das Stammland des Grafenhauses von Altena-Isenberg, das im frühen 13. Jahrhundert als Grafen von der Mark zu den führenden adeligen Geschlechtern in Westfalen und Rheinland aufstieg. Durch eine geschickte Territorial- und Heiratspolitik vermochten die Grafen von der Mark bis Ende des 16. Jahrhunderts die Herzogtümer Jülich und Kleve, später auch Berg in ihren Besitz zu bringen. Dynastische Heiratspolitik stand dann auch am Schlusspunkt des hochadeligen Geschlechts: durch Heirat gelangten der umfangreiche Besitz und die Ämter des im "Mannesstamm" erloschenen herzöglichen Familie im frühen 17. Jahrhundert an das Kurfürstentum Brandenburg. Das preussische Königs- und spätere Kaiserhaus sah sich infolgedessen zumindestens mütterlicherseits in der direkten Stammfolge der Grafen von der Mark sowie der Herzöge von Jülich, Kleve und Berg. So ist es zu verstehen, dass besonders die Hohenzollern-Herrscher von Friedrich Wilhelm IV. bis Wilhelm II. ein historisch-romantisch verklärtes Interesse an der Burganlage zeigten.

Die romantisch oberhalb der ehemaligen Freiheit Altena und dem Lennefluss plazierte Burganlage kann als Stammsitz des märkischen Grafengeschlechts sowie als Identifikationspunkt vielfältiger Rezeptionen auf eine herausragende Geschichte zurückblicken. Allerdings ist die heute weithin sichtbare Burg lediglich ein imposant inszeniertes Kunstprodukt des wilhelminischen Zeitalters. Von den noch im 19. Jahrhundert ursprünglich vorhandenen mittelalterlichen Gebäuden, die in ihren Anfängen vermutlich schon im 12. Jahrhundert errichtet worden waren, sind heute nur noch Relikte und Bauspuren erkennbar. Alles andere fiel dem tiefgründigen Abriss und idealisierten Neubau zwischen 1907 und 1915 zum Opfer.

Folglich handelt es sich bei der heutigen Burg Altena um ein Zeugnis der Mittelalterrezeption vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Die historistische Idealvorstellung von einer "trutzigen Ritterburg" prägt bis in die heutige Zeit die aus touristischen Gründen auch von der Stadt Altena und dem Märkischen Kreis sorgsam gepflegte Aussenwirkung der Anlage. Zweifellos kommt dieses Bild auch dem öffentliche Bedürfnis und der in weiten Bevölkerungskreisen verbreiteten Vorstellungswelt vom Mittelalter entgegen. Davon zeugen nicht zuletzt auch die zahlreichen BesucherInnen der Burganlage: der Museumsleiter visiert mit seiner neuen Ausstellung 80.000 BesucherInnen an. Neben der Hohensyburg bei Dortmund und dem Schloss Hohenlimburg bei Hagen sowie der Dechenhöhle bei Iserlohn ist Burg Altena eines der Hauptausflugsziele in der südwestfälischen Region.

Die Geschichte des Museums der Grafschaft Mark auf Burg Altena reicht bis weit in das 19. Jahrhundert zurück. Als Museum für vaterländische Altertümer 1879 gegründet, haben wir es mit einem typischen Vertreter der bürgerlichen Sammlungskultur und Mäzenatentum zu tun. Das Museum definierte sich als zentrale Sammlungs- und Präsentationsstätte für das ehemalige Territorium der Grafschaft Mark. Ähnlich wie Schloss Burg an der Wupper, Stammsitz der Herzöge von Berg, wurde die Burg und das Museum in Altena vom Bürgertum in der Kaiserzeit über das preussische Herrscherhaus definiert. Wie das 1901 eingeweihte Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Hohensyburg bei Dortmund zählte die Burg Altena im 19. Jahrhundert zu den zentralen Orten des regionalen Gedächtnisses und Geschichtsverständnisses der bürgerlichen Gesellschaft in der vormaligen Grafschaft Mark. Das grosse, fast den gesamten südwestfälischen Raum und das Sauerland umfassende Sammlungsgebiet führte dazu, dass das Museum der Grafschaft Mark eine grosse Zahl von Exponaten sein eigen nennt, die eigentlich eine erhebliche Bedeutung für andere umgebende Regional- und Stadtmuseen besitzen. Als in den 1920er und 1930er Jahren auch im Märkischen Sauerland eine umfangreiche Gründungsphase von Heimat- und Stadtmuseen einsetzte, war es für diese Museen oftmals zu spät, historisch bedeutsame Exponate für ihre Arbeitsgebiete zu erhalten. Das Museum der Grafschaft Mark auf Burg Altena hingegen profitiert noch heute von der umfangreichen Sammlungspraxis des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Inwieweit die heutigen Ausstellungsmacher diesen Exponatbestand zu nutzen wussten, müsste der neu konzipierte Rundgang durch das Burgareal und die Schausammlung aufzeigen können.

Der eigentliche Museumsbereich wird im oberen Torhaus betreten. Hier befindet sich die in das Torhaus eingelassene Kasse. Erwachsene zahlen DM 8, SchülerInnen, Kinder und Studierende sowie Schwerbehinderte DM 4 - zivile Preise, auch für Familien. ICOM und Deutscher Museumsbund waren dem Kassenpersonal zum Zeitpunkt der Rezension selbst vom Namen her völlig unbekannt, so dass Mitglieder dieser bedeutenden Museumsverbände in Altena anscheinend auf keine der üblichen Vergünstigungen hoffen können.

Problematisch ist für die BesucherInnen bereits im Vorfeld die Orientierung auf dem Weg zum eigentlichen Museumsbereich, der sich auf unterschiedlichen Gebäuden im oberen Burghof verteilt. Hochkant angebrachte blaufarbige Schilder mit Themenbereichen und Nummerierung sollen als Wegweiser dienen. An bestimmten Bereichen sind kleine Übersichtstafeln mit einem Grundrissplan vorhanden, der eine Lokalisierung des jeweiligen Standorts ermöglichen soll. Direkt hinter der Kasse befindet sich das sog. Brunnenhaus. Hier lohnt sich ein Blick in den tiefen Brunnen, der in den Fels des Burgberges abgeteuft wurde und erfreulicherweise ständig beleuchtet ist, ohne dass die auf vergleichbaren Anlagen häufig anzutreffenden Groschenautomaten für kurzweiliges Licht sorgen. Informationen über die einst so hohe Bedeutung des tiefen Brunnens oder seine Geschichte werden jedoch vergeblich gesucht. Auf Schildern, die offenbar aus der Gründungsphase des Museums stammen, ist lediglich die Tiefe des Brunnes (43 m) und der Wasserspiegel (21 m) zu erfahren.

Einige Meter hinter der Brunnenkammer führt eine Treppe, eine von vielen Treppen und Aufstiegen im Burg- und Museumsbereich, in das "Kommandantenhaus". Eine effektvoll und vom Ausstellungsdesign gut aufgearbeitete geologische Sammlung sowie einige mehr als Nebenprodukte anzusehende archäologische Funde sollen etwas von der Erdgeschichte sowie der ur- und frühgeschichtlichen Besiedlung der Region vermitteln. Dies ist der spärliche Rest einer ursprünglich umfassenden und reichhaltigen prähistorischen Schausammlung des Museums der Grafschaft Mark. Als Attraktion dient heute die Inszenierung einer Tropfsteinhöhe mit einem Höhlenbär-Skelett sowie einigen archäologischen Fundstücken. Das enttäuscht etwas, denn bis auf einige Steinbeile und Feuersteinabschläge finden sich nur noch wenige Funde aus dem Märkischen Sauerland. Zumindest die bekannten altsteinzeitlichen Funde aus der Balver Höhle sowie die eisenzeitlichen Funde aus den Hönnetalhöhlen wären hier zweifellos eine Bereicherung gewesen. Vor allem dann, wenn der Anspruch besteht, das Territorium der früheren Grafschaft Mark präsentieren zu wollen.

Der Rundgang geht vom "Kommandantenhaus" weiter durch das obere Torhaus. Schließlich auf dem Burghof angelangt, wird die Suche nach dem eigentlichen Museumseingang erneut aufgenommen. An einigen Gebäuden im oberen Burghof befinden sich die schon bekannten blauen Orientierungsschilder, die auf eine numerische Reihenfolge der einzelnen Bereiche schliessen lassen. Wir haben die Wahl: historische Jugendherberge, Renfeuerverhüttung, ein Blick in die Museumswerkstatt, die Remisen, eine Kanone, das Verliess usw. Doch nach einigem Suchen werden wir schliesslich von der Dame im Museumsshop am Ende des eigentlichen Museumsrundganges zum gegenüberliegenden Gebäude gelotst: "Treppe rauf, dann links in die Tür!".

Hier geht es nun in einen stark abgedunkelten Raum, der bezeichnenderweise mit dem Titel "Im Dunkeln tappen" überschrieben ist. Thema: die Anfänge der Burg und Grafschaft Mark. Eine direkt zu Beginn des Raumes im engen Türbereich angebrachte Textafel möchte über die Bedeutung des abgedunkelten Raumes Auskunft geben. Eine Bemühung, die infolge der engen und dunklen Räumlichkeit eher erfolglos bleibt. Letztlich erschliesst sich den BesucherInnen die Bedeutung aber auch durch ein Audiosystem ("Hörstation"). Dieses informiert anhand von zwei vorhandenen Kopfhörern über die Genealogie des Grafenhauses und Geschichte der Burg anhand von Sagen (z.B. die sog. Orsiniersage, die auf der im 14. Jahrhundert entstandenen Chronik des Levold von Northof basiert). In einer Mittelvitrine befindet sich eine Quellenkopie aus dem Hochmittelalter, an den Wänden weitere Kopien sowie einige Bodenfunde, zumeist Keramikscherben in einer Kiste, aus dem Burgbereich. Dem Eingang gegenüberliegend ist eine von um 1520 stammende Figur der Heiligen Katharina ausgestellt, die Schutzpatronin der Burg und Gemeinde Altena. Gerade in diesem Raum hätten die Ausstellungsplaner vielleicht doch auf den Einsatz von audiovisuellen Multimedia-Elementen setzen sollen. So tappen die BesucherInnen im wahrsten Sinne des Wortes "im Dunkeln". Sollte hier vielleicht vermittelt werden, dass über die Anfänge der Burg und des Grafenhauses kaum quellenmässig gesicherte Überlieferungen existieren? Erhellend waren jedoch die lautstark geführten (privaten) Telefongespräche der im kleinen Eingangsraum ebenfalls anwesenden Museumsaufsicht, die einem längeren Aufenthalt zu diesem Zeitpunkt nicht gerade förderlich waren.

Dieser erste und etwas konfuse Eindruck im Eingangsbereich zur zentralen Museumspräsentation setzt sich leider im nachfolgenden Raum, einer Art "Ahnengalerie", fort. An den Wänden befinden sich qualitativ hochwertige Portraits von Angehörigen des Brandenburg-Preussischen Herrscherhauses sowie - ebenfalls auch in einer der beiden Mittelvitrinen im Raum  - der Herzöglichen Familien Jülich-Kleve und Berg. Etwas langweilig präsentierte Münzfunde der Grafen von der Mark und ihrer Nachfahren sind in einer Vitrine ausgestellt. Beeindruckend ist gleichwohl die grosse Stammtafel der preussischen Könige von 1770, die sich in der unmittelbaren Stammfolge der Grafen von Altena-Isenberg bzw. Mark gesehen haben. In Schubfächern einer Mittelvitrine können historische Kartenwerke der Region eingesehen werden. Der Besucher/die Besucherin ist allerdings etwas hilflos, denn ausser diesen hervorragenden Exponaten, Beschilderungen und Texttafeln erfährt er/sie nur wenig über die dynastischen und territorialen Zusammenhänge sowie über die reichspolitisch bedeutsamen historischen Entwicklungen. Es ergibt sich eher das Bild einer dynastisch orientieren Geschichtsdarstellung, die beindrucken soll, weniger das Bild einer landes- und regionalgeschichtlichen Präsentation. Sollte dies der erklärte regionalgeschichtliche Schwerpunkt sein, so blieb er im zweifellos gut gemeinten Ansatz stecken.

Die Orientierungslosigkeit setzt sich im folgenden Raum fort. Hier soll die Geschichte der Burganlage sowie ihre Neuerrichtung zu Beginn des 20. Jahrhunderts dargestellt werden. Zentrale Exponate sind dabei die gegen 1696 entstandene, über 250 cm breite Zeichnung von Burg und Stadt Altena des Königlichen Hofmalers Abraham Begeyn sowie zwei Modelle der Burganlage vor und nach dem Umbau. Weitere Gegenstände, Pläne und Grafiken zeigen die Burganlage vor und nach dem Umbau sowie während der Umbauphase. Was jedoch ein zentral präsentierter Pokal aus Hagen von 1843 hier zu suchen hat, entzieht sich einer Erklärung. Interessant sind die in die Vertäfelung des Türrahmens angebrachten Dokumente von 1906, die den Spendenaufruf für den Neuaufbau der Burganlage sowie einen u.a. vom bekannten Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus (u.a. Begründer des heute in Essen befindlichen Folkwang-Museums) unterschriebenen "Offenen Brief" gegen den "Wiederaufbau" der Burg Altena präsentieren. Insgesamt wirkt die Gestaltung schön arrangiert, doch ist ein "roter Faden" vom Eingang des Museums bis zu diesem Raum kaum nachvollziehbar bzw. erkennbar. Qualitativ hochwertige Exponate stehen einem etwas willkürlichen Eindruck der Ausstellungskonzeption gegenüber, die jede sinnvolle Besucherführung vermissen lässt. Unmittelbar nach diesem Raum schliesst sich nämlich eine offenbar der Museumspädagogik vorbehaltene Zone an, in der Helme und Kettenhemde anprobiert sowie Videofilme über Ritterrüstungen angeschaut werden können. So wandert der Besucher/die Besucherin von jeder vermeintlichen Attraktion zu nächsten (im visuell-ästhetischen Sinne), ohne eingehende historische Hintergrundinformationen zu erhalten.

Die oben getroffene Feststellung einer nicht nachvollziehbaren Konzeption zeigt sich auch in der vom Design und Aufbau ausgezeichneten, doch im Zusammenhang zur Dauerausstellung nicht logischen Präsentation von Sinnsprüchen und Sprichwörtern. Diese werden im Kontext zu den passenden Gegenständen präsentiert: "Saftsack" ist z.B. die entsprechende und im Volksmund so genannte Pfeife, dem Sprichwort "Ins Visier nehmen" ist beispielsweise ein Visierhelm der Frühen Neuzeit zugeordnet. Vom musealen Standpunkt mag eine solche Präsentation sicherlich reizvoll sein, für die Darstellung einer Regionalgeschichte ist der Nutzen eher fraglich. Mit "Über die Wupper gehen" im Zusammenhang mit den preussischen Soldatenwerbungen des 18. Jahrhundert, dargestellt anhand einer historischen Karte und einer preussischen Grenadiermütze, ist in diesem Raum dennoch etwas Lokalkolorit vorhanden.

Auch in den übrigen Ausstellungsräumen bietet sich ein ähnlich widersprüchlicher und verwirrender Eindruck, der sich zumindest in der dargebotenen Waffensammlung etwas aufhellt. Die Burg Altena war berühmt für ihre zahllosen Waffen und Rüstungen, die mit dem in der Öffentlichkeit tradierten Bild einer "Ritterburg" mit Waffenkammer korrespondierte. Vor der Neugestaltung existierte sogar ein eigener "Rittersaal", in dem die Rüstungen und Waffen wie in einem historistischen Gemälde von Franz Markart arrangiert waren. Es wäre nun interessant zu wissen, ob bei der Neukonzeption versucht wurde, mit dieser über lange Jahre öffentlich tradierten Rezeption des Ausstellungsorts zu "brechen" und ein anderes Bild zu zeichnen, das sich der historischen Wirklichkeit annähert.

Doch weit gefehlt. Nach der Neugestaltung verteilen sich die Waffen auf mehrere Ausstellungsbereiche. Sie bilden auch weiterhin einen räumlichen, strukturellen und quantitativen Schwerpunkt des Museums. Während die Präsentation von Jagdwaffen in dem thematischen Bereich "Jagd als Privileg" eine nachvollziehbare Zusammenstellung und Inszenierung zeigt, ist die Ausstellung von mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Waffen und Rüstungen völlig unübersichtlich und für den Besucher/die Besucherin kaum nachvollziehbar. Im Mittelpunkt des Ausstellungsbereiches "Waffengang und Pulverrauch" steht offenkundig die Ästhetik der Waffe, weniger ihre Funktion und Sinngebung. Daran ändert auch nicht die blutrote Farbgebung der Wände, die den etwas positivistisch wirkenden ästhetischen Eindruck der wunderschön arrangierten historischen Plattner- und Klingenprodukte erhöht, nicht aber Assoziationen mit der Farbe des Blutes weckt. Der Gesamteindruck betrifft weniger die hervorragende Qualität der Ausstellungsstücke unter einer historischen und musealen Betrachtungsweise, sondern vielmehr die übervollen Vitrinen und die Korrespondenz mit der tradierten Rezeption der wehrhaften "Ritterzeit" und adeligen Kampfkunst. Wirkliche "Kostbarkeiten", wie z.B. der hochmittelalterliche Topfhelm aus dem 13./14. Jahrhundert (immerhin einer von nur 16 weltweit überlieferten Stücken dieser Helmform), verschwinden förmlich in den glänzenden Blech- und Stahlmassen. Interessant ist ein Arrangement von Schusswaffen, die mit ihren Mündungen auf den Betrachter/die Betrachterin zielen - und das zumindest den Hauch eines kritischen Umgangs mit der Aussagekraft der Exponate zulässt. Ärgerlich ist hingegen die Plazierung der Texttafel, erneut im einheitlich kleinen DIN A 3 - Format, direkt an der Treppe als einzigem Zu- und Ausgang des Ausstellungsbereiches.

Einzig die Präsentation von spätmittelalterlichen Turnierwaffen im folgenden Ausstellungsraum, untermalt von historischer Musik, hebt sich wohltuend vom Gesamteindruck der vorausgegangenen übervollen "Waffenkammer" ab. Unbedingt sehenswert: die farbige Handzeichnung aus dem 13. Jahrhundert mit der Darstellung des Grafenpaares Otto von Kleve und Adelheid von der Mark. Allerdings kann dieser positive Eindruck leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim besten Willen ein kritischer und historisch-reflektierender Umgang mit den vielen Waffen aus unterschiedlichen Zeiten nicht erkennbar ist. Vielmehr scheint es so, dass die Ausstellungsmacher zu sehr der Ästhetik erlegen sind, um die historische Aussagekraft und Möglichkeit der Einbeziehung des "Waffenarsenals" in eine Darstellung der wechselvollen und auch militärhistorisch interessanten Geschichte der Grafschaft Mark zu nutzen. Der hochmittelalterliche Topfhelm oder aber die Rüstungen aus der Frühen Neuzeit hätten damit eine völlig andere Qualität und historisch sinnvolle Aussagekraft erhalten können. Von den ausstellungs- und museumsdidaktischen Möglichkeiten ganz zu schweigen. Dieser konzeptionelle Ansatz war anscheinend jedoch nicht gewollt.

Pfiffig umgesetzt ist hingegen die im Bergfrit untergebrachte Präsentation von Stadtbränden, die im 18. Jahrhundert viele märkische Städte heimsuchten. Eine Inszenierung dieses Themenbereiches suggeriert dem Besucher/der Besucherin mittels im Luftdruck flatternder Farbstreifen lodernde Brände. Einige historische Quellen, der Brandplan der Freiheit Altena von 1750, eine Brandspritze sowie Feuerlöscheimer und Nachtwächterhörner korrespondieren harmonisch mit der Ausstellungspräsentation. Hier ist es mit wenigen Exponaten und einer sinnvollen Inszenierung gelungen, bei den BesucherInnen einen nachhaltigen Eindruck zu erwecken. Diese positive Wahrnehmung wird einige Räume weiter dann wieder leider getrübt.

Die Industrie spielte in der Grafschaft Mark sowie in den späterenreussischen Westprovinzen eine wichtige Rolle. Schon früh setzte im Mittelalter die Eisengewinnung sowie Weiterverarbeitung von Metall ein. Draht, Klingen, Rüstungen und vor allem Kettenhemden waren aufgrund ihrer hohen Qualität im Mittelalter und Frühen Neuzeit weithin begehrte Produkte aus den mehrheitlich der Hanse zugehörigen Städten der Grafschaft Mark. In der Frühen Neuzeit wurde die durch den Dreissigjährigen Krieg und dem Niedergang des Hanse-Bundes schwer in Mitleidenschaft gezogene Wirtschaft durch die Landesherrschaft u.a. durch die Ansiedlung von Handwerkern und Betrieben gefördert. So war ein als Faksimile ausgestelltes Freiheits-Privilegium des Herzogs Wilhelm von Jülich-Kleve von 1603 der Weiterentwicklung des Drahtgewerbes in Altena förderlich. In Eilpe bei Hagen, ein anderes Beispiel aus der früheren Grafschaft Mark, gab die Ansiedlung von Klingenschmieden und die Einrichtung einer Manufaktur 1667 durch Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg wichtige Impulse für die Weiterentwicklung, die 1746 zur Erhebung in den Rang einer Stadt führte. Die Eisen- und Stahlverarbeitung, hier besonders die Drahtzieherei, die Papierherstellung und Tuchproduktion, erlebte im südwestfälischen Raum besonders im 18. Jahrhundert einen Aufschwung, der sich, kaum unterbrochen von den Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges und der französischen Herrschaft, im 19. Jahrhundert fortsetzte und im Kontext mit dem Bau der Eisenbahn seit den 1840er Jahren in die sich herausbildende Schwerindustrie mündete.

Gerade im Gebiet der früheren Grafschaft Mark führte diese wirtschaftliche Entwicklung im Verlaufe des 18. Jahrhunderts zur Herausbildung eines finanziell potenten und überregional agierenden Bürgertums, das gesellschaftlich und intellektuell in Konkurrenz zum etablierten Klein- und Landadel stand. Zu den wichtigsten Vertretern in der vormaligen Grafschaft Mark zählte die Familie Harkort, dessen bekanntester Repräsentant zweifellos Friedrich Harkort war, der bereits 1818 die Maschinenfabrik sowie später einen der ersten Hochöfen im weiten Umkreis auf der Burg Wetter an der Ruhr errichtete. Dennoch blieben weite Teilen der Grafschaft Mark handwerklichen Produktionsweisen verhaftet. Grössere Industriebetriebe entstanden im 19. Jahrhundert vorwiegend in den bevölkerungsreichen Städten der früheren Grafschaft Mark, so in Hagen, Iserlohn und Lüdenscheid. Entscheidend war hierbei nicht mehr die landesherrschaftliche Förderung durch Privilegien, sondern der Anschluss an das Eisenbahnnetz sowie die notwendige Infrastruktur.

In der Dauerausstellung im Museum der Grafschaft Mark auf Burg Altena sucht man solche Zusammenhänge sowie die Darstellung der historischen Entwicklung leider vergeblich. Neben der Drahtindustrie und dem Schmiedehandwerk, die in zwei Räumen ohne weitergehende Hintergrundinformationen eine Präsentation erfahren, werden vor allem auch repräsentative Tabakdosen aus Messing gezeigt, die im 18. Jahrhundert in Iserlohn hergestellt wurden. Ein Raum, der mit "Kosten der Industrialisierung" betitelt ist, beinhaltet aneinandergereihte Exponate, die singulär für einzelne Aspekte stehen mögen, sich jedoch nicht logisch als solche für den Besucher/die Besucherin erschliessen lassen. So zeigt eine Gitterwand mit historischen Arbeitsgeräten und Werkzeugen eine damit im Zusammenhang stehende Beschilderung, die auf Daten der Arbeiterbewegung verweisen - im Kontext kaum nachvollziehbar für BesucherInnen ohne entsprechende Vorkenntnisse. In einer Raumecke hängt von der Decke eine Gesangsvereinsfahne, darunter an der Wand das Portrait einer bürgerlichen Familie. Auf einem kleinen Textschild erfährt man einige kursorische Hinweise auf die offenbar hohe Bedeutung dieser Familie für die Region. Inmitten des Raumes stehen sechs zusammengestellte Fernseher, auf denen historische Filmszenen aus Industriebetrieben zu sehen sind. Auf einem Podest hinter den Monitoren sowie an der Wand mittels einer dreidimensionalen Vergleichsstatistik von Holzmenge und daraus gewonnener Holzkohle wird anhand von einigen Exponaten versucht, Umweltgeschichte - ein vergleichsweise neues Forschungsfeld der Geschichtswissenschaft - zu verdeutlichen. Dieser Inszenierung ist lobenswert, denn es handelt sich in diesem Fall schon um einen innovativen Ansatz für eine Museumspräsentation. Dennoch bleibt leider ein fragwürdiger Eindruck: die Vermengung von Unternehmensgeschichte, Arbeitsbedingungen, Sozialgeschichte und Arbeiterbewegung, Umweltgeschichte und Bürgertum in einem relativ kleinen Raum war den guten Ansätzen und sicherlich sinnvollen konzeptionellen Vorstellungen abträglich.

Der nachfolgende Raum, betitelt mit "Weltklasse aus dem Sauerland", präsentiert moderne Produkte der regionalen Industrie sowie Fotos und Kurzbiographien von heutigen ArbeitnehmerInnen und Rentnern. Welchen Sinn diese Präsentation haben soll, entzieht sich dem Verständnis der unbefangenen BesucherInnen. Angesichts der dicht gedrängten Themen im vorausgegangenen Raum erscheint diese Präsentation schon etwas merkwürdig. Wäre hier eine vertiefenden Darstellung oder aber eine ausführlichere Präsentation eines Themas aus dem zuvor beschriebenen Raum nicht angebrachter gewesen?

In dem sich anschliessenden Nebenraum wurde unter dem vielsagenden Titel "Abgründe" versucht, ein aktuelles Thema aufzugreifen und umzusetzen. Genaugenommen handelt es sich jedoch um mehrere Aspekte: Judenverfolgung, Einsatz von ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangenen, Rüstungsindustrie, Nationalsozialismus sowie Zweiter Weltkrieg. Das verdunkelte Ausstellungsdesign und die räumlich eingeschränkte Präsentation sollen bei den BesucherInnen offenbar eine düstere und gesetzte Atmosphäre erzeugen. Mehrere Wandspiegel sollen sicherlich einen bestimmten Zweck erfüllen, der jedoch für die BesucherInnen nicht klar ersichtlich wird. Möglicherweise versuchen die AusstellungsmacherInnen mit den Spiegeln, bei den BesucherInnen "Betroffenheit" zu bewirken, sie in und mit ihrem persönlichen Spiegelbild direkt anzusprechen. Entfernt erinnert die Gestaltung an die sogenannte Bleikammer, mit der in der sehenswerten Ausstellung "Transit" 1998 im Ruhrlandmuseum Essen der Aspekt der Deportation von Juden in die Vernichtungslager präsentiert wurde.

Die Ausstellung von Teilaspekten des "Dritten Reichs" ist unbedingt begrüssenswert, dies sei vorausgeschickt, doch werden hier anscheinend willkürlich einzelne Themen, und zwar solche mit einem sehr aktuellen Hintergrund, herausgegriffen. Auf eine Darstellung des Gesamtzusammenhangs hingegen, der für das Verständnis des historischen Geschehens auch auf einer regionalen Ebene absolut wichtig und zwingend notwendig ist, wird verzichtet. Daran können auch die von ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangenen hergestellten und in den Vitrinen schön drapierten Dosen, die bei der Bevölkerung gegen Nahrungsmitteln eingetauscht wurden, sowie die Fotos und Quellen nicht viel ändern.

Beinahe schon schockierend ist jedoch die Präsentation von Original-Meldekarten von ehemaligen ZwangsarbeiterInnen aus dem Stadtarchiv Plettenberg, die neben Portraitfotos auch die persönlichen Daten der betroffenen Personen klar erkennen lassen. Abgesehen von archivrechtlichen Bestimmungen und konservatorischen Grundsätzen, wird hier gegen die Persönlichkeitsrechte der ehemaligen ZwangsarbeiterInnen verstossen, um dadurch ein Ausstellungs-Highlight zu gewinnen. Als kritische/r Besucher/Besucherin hinterfragt man den Sinn einer solchen Präsentation von Personendaten, besonders von Opfern des NS-Terrors, aber auch den seriösen Umgang des leihgebenden Archivs mit derartig sensiblen Quellen. Um es auf den Punkt zu bringen: nicht die Präsentation von Meldekarten als Lebenszeugnisse ehemaliger ZwangsarbeiterInnen befremdet, sondern der völlig unbefangene und leichtsinnige Umgang mit diesen historischen und biographischen Quellen.

Gerade weil es sich um ein politisch brisantes und historisch anspruchsvolles Thema handelt, hätte hier unbedingt ein besonders sorgfältiger und kritischer Umgang vorausgesetzt werden müssen. Einen solchen Anspruch erfüllt dieser Ausstellungsbereich weder von der räumlichen Situation, noch vom Design und vor allem nicht in der musealen Präsentation. Die gesamte Inszenierung wirkt eher als ein etwas zwanghaft zusammengestelltes Ensemble, und nicht wie die seriöse Darstellung und museale Aufarbeitung eines wichtigen Themas. Einzig die Feststellung, dass hier für Altena ein regionalhistorisch bisher wenig beachteter Bereich ansatzweise erschlossen wurde, kann positiv anerkannt werden. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht nur die aktuelle Diskussion um den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg gewesen ist, die zur konzeptionellen Einbindung dieses Bereichs in die Dauerausstellung geführt hat.

Von diesem Ausstellungssektor geht es ohne eine Überleitung in eine vermeintliche Zusammenstellung zur regionalen Kulturgeschichte unter dem Titel "Dütt und Dat" . Ein Guckkasten, der einen Blick auf barbusige Frauen sowie zechende Männer freigibt und keinen Zusammenhang zur Ausstellung erkennen lässt, empfängt gleich am Türeingang. Weiterhin im Raum vorhanden: ein Portrait des preussischen Generalmajors Friedrich Wilhelm von Wolffersdorff aus dem 18. Jahrhundert, Teile von Zeppelinen, ein Nagelbrett aus dem Ersten Weltkrieg ("Eyserne Toeger"), das Abbild des "Pott Jost" (Symbolfigur des örtlichen Schützenvereins), die Orden und Ehrenzeichen des Unternehmers Fritz Berg, das Portrait und Dokumente des westfälischen Draufgängers Theodor von Neuhoff (1692-1756; "König von Korsika"), Utensilien des Eishockey-Clubs Deilinghofen und des Motor-Sportvereins Tornado Kierspe, Autokennzeichen aus dem Märkischen Kreis sowie mit Schriftzeichen versehene Flusskiesel des lokalen Exentrikers Johann Dietrich Rentrop (1771-1849; genannt "Dat arme Jüngesken"). Die gezeigten Exponate werden mit regionalen Überlieferungen, Personen und Ereignissen verknüpft. Etwas ratlos steht man dann jedoch vor den unterschiedlichen Exponaten, liest die Beschilderungen und kursiven Texte und fragt sich: soll hier die Idee Daniel Spoerries von einem Musée sentimental aufgegriffen, oder eine moderne Wunderkammer präsentiert, vielleicht aber auch eine Zusammenstellung von Objekten praktiziert werden, die den AusstellungsmacherInnen besonders gefallen haben?

Ein letztes Highlight ist der mit allerlei Nippes vollgestopfte Museumsshop am Ende des Rundgangs. Hier können Holzschwerter, Plastikritter, Heimat- und Kinderbücher sowie vieles andere mehr käuflich erworben werden. Eine laufende Besucherumfrage soll der Museumsleitung Auskunft über den Erfolg ihrer Konzeption geben. Bei derartig zahlreichen schönen Exponaten und Waffen wird der unbefangene Besucher begeistert sein.

Sehenswert sind noch die vom Burghof aus erreichbare historische Jugendherberge, das Burgverliess und eine Ausstellung zur Eisenerzverhüttung im märkischen Sauerland, die reichhaltiges archäologisches Fundgut aus dem Mittelalter bietet. Unterhalb der Burg befindet sich noch das Drahtmuseum mit einer modernen und auf Industriegeschichte und Technik konzentrierten Schausammlung.

Die neu konzipierte Dauerausstellung im geschichtsträchtigen Museum der Grafschaft Mark auf Burg Altena hinterlässt einen sehr ambivalenten Eindruck. Einerseits kann das Museum mit zahlreichen hervorragenden und qualitativ herausragenden Exponaten aufwarten. Andererseits war es vielleicht gerade diese Fülle, die den AusstellungsmacherInnen eine logisch durchdachte, in ihrer Gesamtheit als einheitlich und nachvollziehbar erkennbare Konzeption so schwierig gemacht hat. Vielfach stand anscheinend die Ästhetik und weniger die historische Aussagekraft im Vordergrund der Präsentation. So werden Zinnkrüge wie ein Stilleben arrangiert, spätmittelalterliches Waldglas mit der Buchabbildung einer Hochzeitsfeier am Jülich-Klevischen Hof zusammengestellt. Wieder andere Inszenierungen wirken wie eine Würdigung der "guten, alten Zeit", wie z.B. die Ausstellungsbereiche "Bäuerliche Wohnkultur" und "Ländliche Arbeitsgeräte". Die angestrebte Präsentation der Geschichte der früheren Grafschaft Mark, auch unter kultur- und sozialgeschichtlichen Aspekten, definiert sich im wesentlichen über die dynastischen Verbindungen und das adelige Leben. Historische und sozialgeschichtliche Entwicklungen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit werden nur am Rande behandelt. Hier muss die Frage nach der wissenschaftlichen Wahrhaftigkeit und der Einbeziehung der geschichtswissenschaftlichen Forschung gestellt werden.

Zusammenfassend sind schwerwiegende Versäumnisse erkennbar, die nicht nur im fehlenden "roten Faden", sondern vor allem in der verwirrenden Besucherführung und z.T. fehlenden historiographischen Darstellung begründet liegen. Hinzu kommen auch die stellenweise völlig unzureichenden und die Ansprüche der BesucherInnen an Lesbarkeit, Design und Orientierung unbeachtet lassenden Beschilderungen und Texttafeln. Der Besucher/die Besucherin fühlt sich oft allein gelassen in einem Wust von Exponaten und Beschilderungen. Der Museumsbesuch wird dadurch tatsächlich zu einem Erlebnis und zu einer Entdeckungsreise mit "Aha-Effekt", die in ihren Konsequenzen allerdings nicht im Sinne des Museums sein sollte. Allerdings ist nur wenig bekannt, welche Erwartungen tatsächlich mit einem Besuch im Museum auf Burg Altena verknüpft werden. Möglicherweise entspricht die Konzeption tatsächlich den Bedürfnissen des überwiegenden Teils der dort einkehrenden MuseumsbesucherInnen, die häufig ein anderes Geschichtsbild haben als z.B. HistorikerInnen, ArchivarInnen und Museumsleute (selbst innerhalb dieser Gruppe besteht ja auch keine Einigkeit) .

Ein anderer, allerdings gravierender Mangel ist das völlige Fehlen von interaktiven Ausstellungselementen und Multimedia-Einsatz. Abgesehen von einigen TV-Monitoren, auf denen Videos in z.T. schlechter Kopierqualität abgespielt werden, sowie den Audioinseln im Eingangsraum und in der "Burgkapelle" (nunmehr endlich auch für Museumsbesucher geöffnet, wie die Rezensentin positiv anmerkt), wird auf diese für eine sinnvolle Besucherführung wichtige Möglichkeit offenbar verzichtet. Es stellt sich die Frage: war es Geldmangel, der für die mangelhafte Beschilderung und den fehlenden Medieneinsatz verantwortlich war? Letzteres wäre zu entschuldigen, doch die häufig willkürliche und stellenweise völlig überladene Ausstellungspräsentation hingegen nicht. So bleibt leider die Feststellung, dass vieles noch nicht einmal im Ansatz steckengeblieben ist und einige Bereiche, wie z.B. ZwangsarbeiterInnen-Einsatz und Judenverfolgung, sicherlich besser und sorgfältiger vorbereitet worden wären. Von einem "Erlebnismuseum", von einer richtungsweisenden Präsentation und herausragenden regionalgeschichtlichen Ausstellung kann hierbei keinesfalls gesprochen werden. Eher von einer Dauerausstellung, die etwas unfertig und willkürlich zusammengestellt wirkt und damit viele Chancen, die sich aus der reichen Geschichte der Burg und Grafschaft Mark sowie dem Bestand hätten ergeben könnten, verschenkt hat.

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