Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum

Veranstalter
Haus der Geschichte Österreich
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
12.12.2021 - 08.01.2023

Publikation(en)

Cover
Sommer, Monika; Beckershaus, Louise; Benedik, Stefan; Fösl, Markus; Langeder, Laura; Meran, Eva (Hrsg.): Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum. Wien 2021 : Selbstverlag, ISBN 978-3-01-000050-5 160 S., zahlr. Abb. € 18,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Wiebke Hölzer, Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin

Eine 17 x 10,5 cm kleine Karte mit der Zeichnung einer Armbinde des „Volkssturms“, eines „Mutterkreuzes“ oder eines Porzellantellers mit „Reichsadler“, darunter drei Auswahlmöglichkeiten: „Ich würde das Objekt aufbewahren / verkaufen / zerstören, weil…“ Diese Karten oder solche mit sieben weiteren Motiven bekommen Besucher:innen des Hauses der Geschichte Österreich (hdgö) beim Erwerb der Eintrittskarte. Mag sich deren Kontext zu Beginn noch nicht erschließen, geschieht dies schnell beim Betreten der temporären Ausstellung „Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum“. Die Kurator:innen Stefan Benedik, Laura Langeder und Monika Sommer möchten aufzeigen, „wie sich Erinnerungskultur in Objekten spiegelt. Sie [d.h. die Ausstellung] ist auch eine Reflexion der Sammlungspraxis des hdgö, indem wir Prozesse, Diskussionen und die zentralen Hintergründe für Entscheidungen offenlegen“, schreibt Sommer in der Begleitpublikation (S. 12).


Abb. 1: Vorder- und Rückseite einer Karte mit der Zeichnung einer „Volkssturm“-Armbinde als Teil des partizipativen Konzepts der Ausstellung „Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum“
(Illustration: Ilona Stütz; Scan: Wiebke Hölzer)

Ein Anlass der Ausstellung sind die Herausforderungen, die sich bei zahlreichen Schenkungen ‒ zumeist von Privatpersonen ‒ an das hdgö seit dessen Eröffnung 2018 stellen: Sehr viele dieser Schenkungen sind Gegenstände aus der NS-Zeit. Lehnt das hdgö sie ab, könnten die Objekte auf den freien Markt gelangen; nimmt es eine Schenkung an, wird deren wissenschaftliche Erschließung, Konservierung sowie Lagerung mit öffentlichen Mitteln finanziert. Konstant stellt sich also die Frage, welche Gegenstände warum für die Zukunft aufbewahrt werden. Neben diesen Aspekten des musealen Sammelns muss auch überlegt werden, ob und wie NS-Objekte ausgestellt werden können – schließlich zeugen selbst Alltagsgegenstände direkt oder indirekt von Diktatur, Propaganda, Massenmord. Mit dieser Frage knüpft das hdgö an gegenwärtig vermehrt und aus unterschiedlichen Perspektiven geführte Debatten an, wie Objekte des Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus in Museen gezeigt und dabei dekonstruiert werden können.1


Abb. 2: Blick in die Ausstellung „Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum“ im Haus der Geschichte Österreich. Im Vordergrund die drei Sektionen des ersten Ausstellungsbereichs: „Verkaufen“ (links), „Aufbewahren“ (mittig) und „Zerstören“ (rechts).
(Foto: Klaus Pichler / hdgö)

Die Präsentation ist in zwei Bereiche gegliedert: Bereich I gibt unter dem Titel „Aufbewahren, verkaufen, zerstören. Formen des Umgangs mit NS-Gegenständen heute“ in drei Sektionen Aufschluss über Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit NS-Relikten. „Vom Überbleibsel zum Museumsobjekt. Was sammelt das hdgö und warum?“, der Bereich II, befasst sich mit 14 Objekten bzw. Objektkonvoluten, die als Schenkungen in die Sammlung des hdgö gelangten. Gabu Heindl und Hannah Niemand von GABU Heindl Architektur (http://www.gabuheindl.at, 11.07.2022) konzipierten die schlichte und zurückhaltende Ausstellungsgestaltung, die im Kontrast zur Architektur der Neuen Burg und des imperial gestalteten Treppenhauses steht. Die Holzplatten mit ihrer sichtbaren Maserung im Bereich I erinnern an große Transportkisten für museale Objekte. Die an allen Informationsfeldern positionierten Stühle laden dazu ein, sich nicht nur im Vorbeigehen mit den Themen und Objekten zu befassen.

Gleich zu Beginn der Schau beantwortet sich die Frage nach den am Eingang überreichten Karten. Sie sind zentrale Elemente des partizipativen Konzepts, welches die Besucher:innen mit einer fiktiven Situation konfrontiert: Was würden sie mit einem rückseitig mit einem „Reichsadler“ gestempelten Porzellanteller tun, welchen sie zusammen mit anderen Tellern auf dem Flohmarkt erworben haben? Wie würden sie mit einem „Mutterkreuz“ verfahren, das sie beim Ausräumen der Wohnung der verstorbenen Großmutter finden? Was würden sie mit einer „Volkssturm“-Armbinde machen, die im Keller der neu bezogenen Wohnung liegt? Würden sie diese Gegenstände zerstören, aufbewahren oder verkaufen? Die Karten bieten gleichzeitig Platz zum Kommentieren der Entscheidung und können ausgefüllt einem der drei Themenfelder zugeordnet werden, welchen im Folgenden je eine Sektion gewidmet ist. Die Besucher:innen wählen tendenziell vor allem die Optionen „Zerstören“ oder „Aufbewahren“: Während die einen die Objekte zerstört wissen wollen, um dadurch beispielsweise deren Wirkungsmacht zu brechen, möchten die anderen die Gegenstände gern aufbewahrt wissen, um auch künftige Generationen über die NS-Zeit aufzuklären. Hierfür nennen viele ein Museum als passenden Ort.


Abb. 3: Sektion „Zerstören“ im Bereich „Aufbewahren, verkaufen, zerstören. Formen des Umgangs mit NS-Gegenständen heute“. An der rechten Seite des Informationsfeldes können Besucher:innen die partizipativen Karten aufhängen.
(Foto: Klaus Pichler / hdgö)

In der Sektion „Zerstören“ werden verschiedene Möglichkeiten der Beseitigung von NS-Objekten thematisiert: Für seine Aktion „Withdrawing Adolf Hitler from a private space“2 stellte der Künstler Yoshinori Niwa in österreichischen und deutschen Städten einen umgebauten Altkleidercontainer auf, in dem Passant:innen anonym NS-Objekte entsorgen konnten. Die Aktion wird erneut im Bereich II der Ausstellung aufgegriffen. Die Problematik, dass historisch möglicherweise noch bedeutsame Gegenstände zerstört werden, verdeutlicht sich anhand eines Schulhefts aus dem Jahr 1938. Es dokumentiert die Begeisterung eines damals 13-Jährigen für die NS-Zeit und wurde später auf dem Müll entsorgt. Dort fand es jemand und übergab es 2018 dem hdgö. Ein Interview mit der Leiterin des Fachbereichs „Sachspenden und Logistik“ bei Carla ‒ den Second-Hand-Shops der Caritas ‒, verweist zudem darauf, wie mit gespendeten oder bei Wohnungsauflösungen gefundenen NS-Relikten umgegangen wird: Spätestens wenn diese für angefragte Institutionen ohne Bedeutung sind, erfolgt die systematische Zerstörung.

Obwohl der Verkauf von Objekten mit NS-Symbolen in Österreich durch das „Abzeichengesetz“ verboten ist (S. 48, S. 50), gibt es einen mehr oder weniger offenen Handel mit NS-Relikten in Antiquariaten, auf Flohmärkten sowie Online-Plattformen. Die Sektion „Verkaufen“ thematisiert dies unter anderem anhand von anonymisierten Annoncen und Zeitungsartikeln, anhand derer auch der Online-Handel mit Reproduktionen von NS-Objekten und deren Nutzung für Reenactments skizziert wird. Ein Interview mit einem Verantwortlichen für den Bereich Sicherheit der österreichischen Online-Verkaufsplattform „willhaben“ gibt Einblicke, wie mit angebotenen NS-Gegenständen umgegangen wird: In den Anzeigenrichtlinien sind nationalsozialistische Artikel als unzulässig deklariert.3 Trotzdem inserierte NS-Objekte werden durch Stichwortfilter oder Meldungen anderer Nutzer:innen gefunden und die entsprechenden Anzeigen dann entfernt.

Die Sektion „Aufbewahren“ thematisiert privates und institutionelles Sammeln von NS-Objekten und die damit verbundenen Motivationen. Im Privaten behalten Personen entsprechende Gegenstände aus Familienbesitz als Erinnerungsstücke, wobei die Kurator:innen hier die Frage in den Raum stellen, ob die Objekte und deren Kontexte kritisch hinterfragt werden. Hierzu folgen im Bereich II der Ausstellung einige Beispiele. Während der Besitz und das Sammeln von Gegenständen aus der NS-Zeit nicht verboten ist, ist es deren Zurschaustellung. Dies vertiefen Zeitungsartikel sowie ein Interview mit einer Leitenden Staatsanwältin und Abteilungsleiterin im österreichischen Bundesministerium für Justiz, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Umgang mit NS-Relikten erläutert. Ferner wird die Frage diskutiert, wie Institutionen verantwortungsvoll mit NS-Objekten umgehen können: Die Universitätsbibliothek Wien beispielsweise ordnet Nachweisstempel mit „Reichsadler“ oder „Hakenkreuz“ durch eine „Stempeluhr“ historisch ein.4 Außerdem liegt das Sammlungskonzept des hdgö aus, in welchem unter anderem die Kriterien zur Übernahme von NS-Objekten in den Bestand erläutert sind, aber auch der Umgang mit abgelehnten Gegenständen definiert wird.5 Diese letzte Sektion im Bereich I leitet zum zweiten Ausstellungsteil über: Das hdgö entschloss sich in den gezeigten 14 Fällen zur Aufbewahrung der Schenkungen und präsentiert diese nun den Besucher:innen ‒ begleitet von den dazugehörigen Diskussionen.


Abb. 4: Bereich II der Ausstellung, unter dem Titel „Vom Überbleibsel zum Museumsobjekt. Was sammelt das hdgö und warum?“ Dort finden sich 14 Informationsfelder zu je einem Objekt oder Objektkonvolut.
(Foto: Klaus Pichler / hdgö)

Die Gestaltungselemente in Bereich II erinnern bewusst an die Arbeitssituation in einem Depot- bzw. Archivraum: Jedes der 14 Informationsfelder setzt sich aus zwei Tischen und einem Stuhl zusammen, der Boden ist mit einem grün-blauen Teppich ausgelegt. Auf einem Tisch sind das jeweilige Objekt sowie die dazugehörigen Informationen zu finden, auf dem zweiten die Verpackung, in welcher das Objekt ins hdgö gebracht wurde. Auf Klemmbrettern sind die Inventarlisten der Zugänge aus der Datenbank ausgedruckt einsehbar. Die Objekte liegen zwar in Vitrinen, aber ohne Sockel direkt auf dem Tisch, und sind zudem nicht stark beleuchtet. Jedes Objekt wird begleitet von fünf Fragen und den dazugehörigen Antworten: „Was ist dieses Objekt? Wofür steht dieses Objekt? Wer verwendete dieses Objekt und wie? Was wird über dieses Objekt erzählt? Wie kann dieses Objekt im Museum verwendet werden?“ Außerdem werden pro Gegenstand verschiedene Begriffe erklärt und Zusatzinformationen geboten, beispielsweise Interviewauszüge mit den Schenkenden. Alle Texteinheiten sind auf Pappkarten gedruckt, welche die Besucher:innen einzeln aus Schlitzen in den Tischen herausziehen können.


Abb. 5: Puppenwagen, 1947 hergestellt aus einer Feldpostkiste von 1940. Links daneben die fünf Fragen und Antworten zum Objekt sowie Begriffserklärungen; dahinter der Koffer, in welchem der Puppenwagen ins hdgö gebracht wurde.
(Foto: Klaus Pichler / hdgö)

Die Kontexte und Materialgruppen der Objekte sind vielfältig. So überrascht zwischen Spenden- und Sammelabzeichen sowie Fotoalben beispielweise der hier gezeigte Puppenwagen. Der Vater der Schenkerin war Soldat im Zweiten Weltkrieg und am Frankreich-Feldzug beteiligt. Von dort schickte er geraubte Gegenstände nach Hause ‒ auch eine Feldpostkiste, aus der er nach Kriegsende den Puppenwagen anfertigte. Später, so erinnert sich die Tochter, war das Thema Krieg tabu, sodass sie nicht genau weiß, welche Gegenstände im Familienbesitz möglicherweise Raubgut waren. Ein anderes Beispiel: Zwei Villen am Wolfgangsee wurden mitsamt dem darin befindlichen Eigentum der Familie Herz-Kestranek aufgrund ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten entzogen. Am Ort entstand ein Müttererholungsheim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Nach dem Ende der NS-Zeit erhielten die Familienangehörigen die Gebäude samt NS-Inventar restituiert, sie nutzten Teile des Mobiliars weiter und bauten daraus beispielsweise Lampenfüße. Die Tischlampe verweist somit auf die Themen der Enteignung und Restitution, auf die finanziellen Schwierigkeiten unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und auf die Einschätzung der Besitzer:innen, dass die Möbel unbelastet seien.


Abb. 6: Tischlampe aus einem Kastenfuß, um 1940 / um 1960
(Foto: © Markus Wörgötter)

Den institutionellen Umgang mit NS-Objekten thematisieren die Kurator:innen unter anderem anhand von zwei Bronze-Köpfen als Darstellung Adolf Hitlers (vor 1938). Diese Werke des deutschen Bildhauers Hermann Joachim Pagels (1876–1959) wurden zusammen mit anderen Objekten aus der NS-Zeit 2017 bei Sanierungsarbeiten im Keller des Parlamentsgebäudes in Wien zufällig entdeckt und schließlich dem hdgö übergeben.6 Dass die Gegenstände so lange „unentdeckt blieben, ist ein Symbol für die späte Aufarbeitung der NS-Herrschaft“ (S. 94). Der sensible Umgang der Kurator:innen zeigt sich hier anhand der Positionierung der Metallgüsse: Sie sind liegend so platziert, dass die Gesichter vom Besucher:innen-Raum abgewandt sind.


Abb. 7: Hermann Joachim Pagels, Bronze-Köpfe als Darstellung Adolf Hitlers, vor 1938. Die Metallgüsse verweisen in der Ausstellung auf den Umgang mit dem Nationalsozialismus nach 1945; gleichzeitig ist eine sensible Positionierung der Objekte notwendig, um deren Aura zu brechen.
(Foto: © Markus Wörgötter)


Abb. 8: Auf dem hinteren Tisch liegen Objektfragmente mit NS-Bezug aus der Zeit vor 1945, die im Rahmen der Aktion „Withdrawing Adolf Hitler from a Private Space“ von Yoshinori Niwa 2019 geschreddert wurden. Auf dem vorderen Tisch sind die Verpackungsmaterialien und die Inventarliste des Zugangs zu sehen.
(Foto: Wiebke Hölzer)


Abb. 9: Spenden- und Sammelabzeichen in einer leeren Glühlampen-Verpackung, von der Schenkerin beschriftet mit „NAZI-Dreck“
(Foto: © Markus Wörgötter)

Einen Aktualitätsbezug nehmen Fragmente von Postkarten, Aufklebern, Abzeichen und Geschirr aus der NS-Zeit ein: Die vormalige Besitzerin gab Objekte zur Prüfung von deren Relevanz ans hdgö. Was nicht in die Sammlung aufgenommen wurde, ließ sie im Rahmen der Aktion „Withdrawing Adolf Hitler from a Private Space“ schreddern und überließ es in dieser Form dem Museum. Die Schenkerin wird diesbezüglich in Ausstellung und Begleitband zitiert: „War doch ein guter Anfang, Ballast abzuwerfen ;-/“ (S. 102). So zeigen die Kurator:innen hier wie an anderen Stellen die mit den Objekten verbundenen Emotionen der Schenkenden auf. Dies dokumentiert auch ein 2019 zusammen mit Unterlagen zum ersten Staatsbesuch Hitlers bei Mussolini 1938 anonym dem hgdö übergebenes Schreiben: „Anbei ein paar Stücke aus dem Nachlass eines meiner Verwandten. Könnte mir vorstellen, dass es von zeithistorischem Wert ist. Wenn NICHT, bitte entsorgen.“ (S. 79) Der Schenker zweier aus Verpflegungssäcken der Wehrmacht umgearbeiteten Matratzenschoner (1938/40) beschreibt, er habe es „als widerständigen Akt“ (S. 130) empfunden, mit dem Gesäß darauf zu liegen.

Diese Offenlegung von Emotionen und Erinnerungen der ehemaligen Besitzer:innen aktiviert bei den Besucher:innen einen erneuten Reflexionsprozess und knüpft an das partizipative Element zu Beginn der Ausstellung an. Dort verdeutlichen zahlreiche, bereits ausgefüllte Karten deren rege Nutzung. Nur die Frage, ob eine Auswertung des Meinungsbildes erfolgt, bleibt offen. Insgesamt zeichnet sich die Ausstellung durch eine gelungene Informationsdichte aus, die sich zusammen mit den Begriffserklärungen auch an Personen ohne Vorkenntnisse richtet. Mit Interviews, Zeitungsartikeln und Online-Inseraten im Bereich I verwenden die Kurator:innen verschiedene Medien und verweisen deutlich auf die Aktualität des Themas. Gleichzeitig stellen sie die Diskussion rund um die Objekte im Bereich II transparent dar. Um eine noch breitere Debatte zu ermöglichen, wäre es interessant gewesen, mehr über solche Objekte zu erfahren, die das hdgö nicht in den Bestand übernahm. Wieso waren beispielsweise die Schredder-Reste vor ihrer Zerstörung nicht relevant für die Sammlung? Jedenfalls gelingt es den Kurator:innen und Gestalterinnen, die Aufmerksamkeit der Besucher:innen im Bereich II durch Szenografie und Informationen zu einem Gegenstand ‒ Verwendung, Provenienz, Kontextualisierung, mögliche Handlungsformen für die Zukunft ‒ weg vom Objekt an sich zu lenken, womit sie auch Orientierungsmöglichkeiten für künftige Ausstellungen bieten. Empfehlenswert sind in jedem Fall das Interview mit Monika Sommer für die Ö1-Sendung „Betrifft: Geschichte“7 sowie die Lektüre des Ausstellungskatalogs, in welchem die Autor:innen neben der Dokumentation der Schau auch deren inhaltliches und gestalterisches Konzept beleuchten. Das dort genannte Motto „Dinge ver/stören“ (S. 12) nimmt die fortwirkenden Irritationen ernst, statt ein schlechthin überlegenes Wissen der Nachgeborenen zu behaupten.

Anmerkungen:
1 Siehe hierzu exemplarisch das Symposium „Europa und Deutschland 1939‒1945. Gewalt im Museum“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin am 31. März 2022, ebendort die Podiumsdiskussion „Zeugnisse des Antisemitismus im Museum“ am 16. Mai 2022 sowie die Fachtagung „Antirassistisches Kuratieren. Wie geht das?“ am 7. und 8. Juli 2022 im Focke-Museum – Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte. Außerdem Maren Jung-Diestelmeier / Sylvia Necker / Susanne Wernsing, Antisemitische und rassistische Objekte und Bilder in Ausstellungen?, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 29 (2020), S. 26–53, und Isabel Enzenbach, Antisemitika befragen. Potentiale und Probleme der Sammlung von Wolfgang Haney, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 18 (2021), S. 396–412, https://zeithistorische-forschungen.de/2-2021/5970 (11.07.2022).
2https://yoshinoriniwa.com/works/74 (11.07.2022).
3https://www.willhaben.at/iad/anzeigenrichtlinien#unzartikel6 (11.07.2022).
4https://kunstgeschichte.univie.ac.at/ueber-uns/mitarbeiterinnen/institutsnachrichten/bibliotheksstempel/ und https://www.facebook.com/ub.wien/videos/an-den-bibliotheken-der-ub-liegen-seit-dem-wintersemester-201920-stempeluhren-au/3619154214777365/ (11.07.2022).
5https://hdgoe.at/items/uploads/module_pdf/Sammlungskonzept_hdgoe_2021-11.pdf (11.07.2022).
6 „Das Zentrum der Demokratie in Österreich hatte also über 70 Jahre nach Kriegsende noch immer den Diktator im Keller“, schreibt Stefan Weiss, Museum oder Müllpresse: Was tun mit NS-Objekten?, in: Standard, 13.12.2021, https://www.derstandard.de/story/2000131851442/museum-oder-muellpresse-was-tun-mit-ns-objekten (11.07.2022).
7 Monika Sommer zu Gast bei Ö1 Betrifft: Geschichte, „Aufbewahrt auf den Dachböden, verkauft auf dem Flohmarkt. Wohin mit den Nazi-Reliquien?“, o.D., gestaltet von Rosemarie Burgstaller, https://www.hdgoe.at/wohin-mit-den-nazi-reliquien (11.07.2022).