Antikes Essen hat in den letzten Jahrzenten immer mehr in den Fokus der akademischen Forschung gefunden. Dies liegt teilweise an den neuen Methoden der Naturwissenschaft, mit denen nicht nur Essensreste und Knochenfunde, sondern auch Pollenkomplexe und Verdauungsreste analysiert werden können, teilweise aber auch an neuen Fragen der Literaturwissenschaft, durch die das Essen als bedeutender Teil des literarischen Diskurses stärkere Bedeutung für die Geschichtsforschung erhielt. Wie groß das Interesse bis in die breite Öffentlichkeit hinein ist, zeigt neben der großen Menge populärwissenschaftlicher Publikationen zum Thema auch eine wissenschaftlich fundierte und hervorragend bestückte Ausstellung über ‚Essen und Geschmack‘ in der Antike, die 2005/2006 in Florenz stattfand.1
Der folgende Überblick über die ältere und vor allem die aktuelle Forschung widmet sich deren Ergebnissen zu den verschiedenen Aspekten des Lebensmittelkonsums in den Gesellschaften der Antike im Mittelmeerraum, mit Ausnahme der Getränke. Die Zufuhr von Nährstoffen über feste Nahrung bildet ein wesentliches Ziel der menschlichen Arbeit und dementsprechend bestimmt sie auch einen bedeutenden Teil des Diskurses; ein Befund, der nahezu als anthropologische Konstante anzusehen ist. Dies betrifft Fragen der Produktion, der Verarbeitung und des Konsums, zunächst ganz im Zeichen der Sicherstellung der Versorgung. Existieren Überschüsse und ergibt sich hieraus eine gewisse Auswahl, kommen zahlreiche neue Fragen hinzu, und das Essen wird zum sozialen Phänomen und bekommt dadurch eine kulturelle Komponente. In Symposion und Gastmahl kulminierte diese Komponente durch ihre Verortung in fest umrissenen, bereits anderweitig klar definierten Gruppen. Nahrung wurde so schließlich in den antiken Gesellschaften wie auch von den antiken Autoren zur Kommunikation genutzt. Der hier gegebene Forschungsüberblick stellt moderne Literatur zu den damit verbundenen Fragen vor, von der Produktion von Lebensmitteln bis hin zu ihrer Verwendung als Mittel der Kommunikation.
Grundzüge der älteren Forschung
Das Hauptaugenmerk der historischen Forschung zum Nahrungsmittelkonsum lag bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend auf Fragestellungen zum tatsächlichen Verzehr von Lebensmitteln und den Umständen ihrer Beschaffung. Antiquarische Arbeiten von noch heute großem Wert als Mittel zur Erschließung der nahezu unüberschaubaren Quellenlage machten den Hauptteil dieser Untersuchungen aus.2
Einen Umbruch in der Forschung zum Konsum von Nahrung bildeten in der Folge neuer Fragen in Soziologie und Literaturwissenschaft 3 die Arbeiten Peter Garnseys zum Thema, namentlich Famine and Food Supply in Graeco-Roman World, Cambridge 1988, und Cities, Peasants and Food in Classical Antiquity, Cambridge 1998. Garnsey verband in seinen Arbeiten Nahrungsmittelversorgung und -knappheit mit den zeitgenössischen sozialen Phänomenen und legte überzeugende Studien zum Einfluss dieser Faktoren auf die Geschichte vor.4
In den 1980er-Jahren weckten erstmals auch interdisziplinär ausgerichtete Fragestellungen Interesse in der Klassischen Philologie. Den Anstoß für die Entwicklung hin zu einer Untersuchung der textlich-diskursiven Aspekte antiken Lebensmittelkosums gab vor allem Emily Gowers mit ihrer Studie The Loaded Table. Representations of Food in Roman Literature, Oxford 1993.5 Obwohl die Autorin darin lediglich eine Auswahl der bekannteren lateinischen Satiren und Einleitungsgedichte analysierte, lenkte sie den Blick auf einige wichtige methodische Werkzeuge für weiterführende Forschungen. Der archäologisch und antiquarisch orientierten Literatur gaben diese Studien wichtige Impulse.
Die Bedeutung von Regionalstudien
Nach wie vor bilden aber auch Ergebnisse der Feld- und Kunstarchäologie eine wichtige Grundlage der Forschung. Es handelt sich dabei großteils um regional methodisch begrenzte Arbeiten mit einer entsprechend begrenzten Gültigkeit, die aber auch betont wird, daneben teilweise um einzelne Zufallsfunde als Nebenprodukte größerer Grabungen, von denen aus weiterreichende Rückschlüsse gezogen werden sollen, und schließlich Zusammenstellungen ausgewählter Speisearten, die unter Fragestellungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte zusammengestellt werden, oft unter Einbeziehung literarischer, epigraphischer und/oder papyrologischer Parallelquellen.
Für das antike Britannien hat eine derartige Studie von Hilary E.M. Cool wichtige Anhaltspunkte dafür gegeben, unter welchen Bedingungen sich Ernährungsgewohnheiten ändern konnten.6 Sie legt umfangreiches archäologisches Material vor – Kulturprodukte wie Keramik und Metallwaren ebenso wie Tierknochen und archäobotanische Funde. Ihrer Ansicht nach begann die Durchdringung der britischen Inseln mit kontinentalen Ernährungsgewohnheiten bereits ein gutes Jahrhundert vor der römischen Eroberung, etwa was Trinksitten oder beliebte Speisetiere angeht. Danach verstärkte sich dieser Trend erwartungsgemäß, ohne jedoch zu einer ‚römischen’ oder gar ‚einheitlich römischen’ Küche zu führen. Vielmehr lasse sich eine fortbestehende Binnendifferenzierung Britanniens erkennen, die auch unter den neuen kulinarischen Gegebenheiten regional gänzlich verschiedene Entwicklungen hervorbrachte. Einem ähnlichen Ziel widmet sich ein wenig später erschienener Aufsatz von Marijke van der Veen.7 Auch sie beobachtet anhand einer großen Menge von Ausgrabungsplätzen substanzielle Veränderungen infolge der römische Eroberung, auch außerhalb der besetzten Gebiete, und konstatiert circa 50 neue, im Gefolge der Römer eingeführte Fruchtpflanzen. Der Zugang zu diesen Importen bzw. neuen Pflanzungen hing freilich entscheidend von der Nähe zu Londinium, offensichtlich dem Haupteinfallstor für Güter aller Art nach Britannien, und den Militärlagern und erst dann auch den größeren Zivilsiedlungen ab.
Für Gallien finden sich in zwei weiter unten detaillierter vorzustellenden Sammelbänden ähnliche Ergebnisse.8 Auch wenn die beiden Bände sich auf Opfertiere und -mähler konzentrieren, lassen sich dort doch ähnliche Entwickungen im Zuge der Akkulturation nachweisen wie in Britannien.
Neue Fragestellungen
Seit den angesprochenen Arbeiten von Garnsey, Gowers und anderen lässt sich auch eine deutliche Teilung der Studien zu den textuellen Bezügen von Essen und Ernährung feststellen. Auf der einen Seite stehen Untersuchungen zum Symposion bzw. Gastmahl und seinem Rahmen der sozialen und kulturellen Interaktion, auf der anderen wird das Ernährungsverhalten an sich sowie die Auswahl der Speisen in diese Zusammenhänge eingebettet, und schließlich verfolgt eine dritte Richtung einen vorrangig literarischen Ansatz und betreibt Diskursanalyse mit dem Ziel einer Rückkopplung in die ‚Realitäten’.
Arbeiten, die einen Überblick anstreben, berücksichtigen in der Regel beide Aspekte des Themas, den antiquarischen und den diskursiven, indem sie zwar immer noch die ‚realen’ Verhältnisse antiker Gesellschaften schildern, dies aber mit einem – im einzelnen unterschiedlich stark ausgeprägten – Bewusstsein der Quellenproblematik und der Schlussfolgerungen, die aus ihr zu ziehen sind. Vor allem die ‚realen‘ Aspekte stellen zum Beispiel die Arbeiten von Michael Beer, das neue Standardwerk zur römischen Welt von David L. Thurmond (siehe unten) sowie bereits der bei Erscheinen der ersten Auflage 1969 sehr differenzierte Band von Don und Patricia Brothwell in den Vordergrund.9 Andere Arbeiten konzentrieren sich in der Nachfolge von Emily Gowers und – in Teilen – Peter Garnsey auf die sozialen Bezüge einerseits und die philologisch untermauerte Analyse des Diskurses andererseits. Auch diesen beiden Methoden soll im Folgenden nachgegangen werden.
Zuvor aber sei auf das neueste und gleichzeitig aus methodischer Sicht reifste Überblickswerk zum antiken Essen hingewiesen. Es handelt sich um einen von Paul Erdkamp herausgegebenen Sammelband in der von Fabio Parasecoli und Peter Scholliers initiierten Reihe A Cultural History of Food10, der die griechische ebenso wie die römische Welt einbezieht. In einem derartigen Band zu erwartende Kapitel zu technischen Aspekten der Nahrungsproduktion (Kapiel 1, Halstead), Mechanismen der Distribution (2, Broekart und Zuiderhoek) zur Lebensmittelversorgung, auch in Krisenzeiten (3, Erdkamp), zur staatlichen und politischen Dimension der Versorgung mit Nahrung (4, Broekart und Zuiderhoek) und zur Art bildlicher und literarischer Darstellung (9, Lindsay) wechseln mit innovativen Kapiteln zu neuen Fragestellungen ab, so zum Essen in öffentlichen Etablissements (5, Ellis 11), zu den ‚Küchenfunktionären‘ und ihrer Ausbildung und Stellung (6, Curtis), zur Frage des Essens im Familienkreis (7, Vössing) und schließlich zu normativen Texten medizinischer und philosophischer Art gleichermaßen (8, Nadeau). Der abschließende Beitrag, World Developments (10, Parasecoli), ist ein makrohistorischer Blick auf kulinarische und trophologische Phänomene der Longue durée seit dem Neolithikum. Die Kapitel dieses Bandes sind in der Regel so knapp wie möglich gehalten, verfügen aber meist über das nötige Maß an Ausführlichkeit und vor allem über Hinweise auf Quellen und weiterführende Lektüre. Der Band kann als ein maßgebliches Kompendium und Nachschlagewerk zum Thema ‚Antikes Essen’ betrachtet werden.
Erzeugung und wichtigste Produkte
Die Frage, was tatsächlich verzehrt wurde, war in Historikerkreisen lange Zeit aufgrund des großen Interesses der breiten Öffentlichkeit – und vor allem der dieses Interesse ausschlachtenden sensationslüsternen Populärliteratur – diskreditiert. Bis heute erscheinen derartige Bücher, die akademischen Kriterien nicht genügen, aber diesen Anschein erwecken. Die beiden besonders in Deutschland weit verbreiteten Sammlungen Jacques Andrés, Andrew Dalbys und andere ähnliche Bücher12 tragen wenig zur soliden Arbeit am Thema bei, da sie meist zu selektiv vorgehen sowie zu zahlreichen Problemen nicht Stellung nehmen und damit den Anschein vermitteln, viele in Wirklichkeit offene Fragen seien geklärt.
Unter diesem Gesichtspunkt ist es verständlich, weshalb es bis heute vor allem Ergebnisse archäologischer Forschung sind, welche den Kenntnisstand voran bringen, und auch die Auswertung epigraphischer und iuristischer Quellen hatte hierzu immer schon einiges beizutragen. Die literarischen Quellen geben gegenüber archäologischen und epigraphischen Quellen wesentlich weniger für Fragen nach tatsächlich verzehrten Lebensmitteln her. Die tradierte Literatur ist im hohen Maße stilisiert. Sie arbeitet vorzugsweise mit Topoi, Figuren und Zeichen, da ihr Hauptziel nicht die Beschreibung des Tatsächlichen, sondern dessen Charakterisierung ist.
Eine knappe, vor allem positivistische Überblicksdarstellung hierzu liegt seit kurzem aus der Feder von John Wilkins (unter Mitarbeit von Shaun Hill) vor.13 Shaun Hill hat von gastronomischer Seite einige Rezepte sowie kurze Kapiteleinführungen beigesteuert, die antike und moderne Küche verbinden sollen. Das Werk bezieht den gesamten Mittelmeerraum von archaischer Zeit bis in die römische Kaiserzeit ein, wobei die Schwerpunkte in den betreffenden Kapiteln auf Getreide, tierischen Lebensmitteln und Wein liegen. Die Einteilung greift also die griechische Unterscheidung von sitos (Getreide und Getreideprodukte, daneben auch Hülsenfrüchte) und opsa (lat. obsonia, ‚Zukost‘, also vor allem Fleisch, oft aber auch Gemüse, was die Autoren aussparen) auf. Getreide machte stets den Großteil der Kost aus, unabhängig von Epoche und Kultur. Weizen war stets das beliebteste Getreide, weniger aus Gründen der Nahrhaftigkeit (wie manche antiken Texte nahe zu legen scheinen), sondern besonders wegen seiner Backeigenschaften, aufgrund derer man ihn leichter und vielfältiger als andere Getreidesorten zu Brot verarbeiten konnte.14 Diese Haltung betraf nach Wilkins alle Gesellschaftsschichten; die Elite ging hierüber zuweilen noch hinaus, wobei auch fremde Brotsorten und Backmethoden in Mode kommen konnten.
Als Überblicksdarstellung im weiteren Sinne ist auch ein Sammelband zu erwähnen, der 2008 erschienen ist und dessen Beiträge in der Tradition der Annales-Schule den Mittelmeerraum mit seinen Nachbarregionen seit der Frühgeschichte unter dem Gesichtspunkt von Nahrungsmittelkonsum (unter Einbeziehung der sozialen Wertigkeit von Lebensmitteln) untersuchen.15
Als neues Standardwerk für die römische Welt (1. Jahrhundert v.Chr. bis 2. Jahrhundert n.Chr.) aber hat eine Arbeit David Thurmonds zu gelten 16; in dieser umfassenden Analyse findet sich viel, was sich auf den gesamten antiken Mittelmeerraum, auch anderer Epochen, ausweiten ließe. Thurmond bespricht die Versorgung Roms und seines Imperiums mit Lebensmitteln unter allen sinnvollen Aspekten, oft sehr knapp, aber auch stringent. Vor allem aber befasst er sich mit antiker wie moderner „food science“. Seine sechs Kapitel sind auf traditionelle Weise nach den hauptsächlichen Lebensmitteln eingeteilt – Getreide, Oliven, Wein, Obst und Gemüse 17, tierische Erzeugnisse und Gewürze. 18 Was sonst ein ärgerliches Relikt antiquarischer Geschichtswissenschaft wäre, macht unter Thurmonds naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten durchaus Sinn, denn tatsächlich unterscheiden sich die Kapitel nach ihrer Methodik grundsätzlich. Für den naturwissenschaftlichen Laien sind die Einzelheiten in einigen Fällen schwer zu verstehen, doch der Autor zeigt in kleinstteiliger Arbeit am organischen Material jeweils, wie man in der Antike durch unzählige Prozesse von ‚trial and error’ letztlich zu befriedigenden Ergebnissen bei Produktion, Verarbeitung und schließlich Zubereitung von Lebensmitteln kam. Damit gelingt ihm nichts Geringeres als die Entstehungsgeschichte der antiken Küchenkultur auf eine neue Grundlage zu stellen. So zeigt er zum Beispiel den Siegeszug der Olive aus dem Nahen Osten über Griechenland in den westlichen Mittelmeerraum anhand der verschiedenen Möglichkeiten, aus ihr bekömmliche Speisen und Öle zu gewinnen. Auch seine Kapitel zu Wein und Getreide sind herausragende Untersuchungen zu wichtigen Lebensmitteln, die als ‚staple food‘ in der antiken Literatur durchweg weniger Aufmerksamkeit erhalten als ihnen eigentlich zukäme.
Im Zentrum der Betrachtung steht bei etwas spezielleren Untersuchungen zurecht oft die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen. Dies betrifft vor allem Erzeugung, Verarbeitung und Konsum von Getreide.19 Es spielte die alles dominierende Rolle bei der Lebensmittelversorgung, weit vor den beiden anderen Komponenten der ‚mediterranen Trias’ Olivenöl und Wein.20 Im Hinblick auf den Vorderen Orient hebt ein jüngst erschienener Aufsatz von Francis Joannès die Rolle des Palastes bei Verwaltung und Redistribution hervor.21
Was die ‚Klassische’ Antike betrifft, waren für die jüngeren Fragen der Forschung schon die oben genannten Arbeiten Peter Garnseys wegweisend; hinsichtlich technischer Aspekte ist die Arbeit von Ludwig A. Moritz immer noch nicht überholt, die archäologische Befunde aus Mühlen und Bäckereien ebenso einbezieht wie einschlägige Abbildungen.22 Jüngere Arbeiten gehen methodisch nicht wesentlich darüber hinaus, jedoch widmen sie sich den verschiedenen Aspekten des Themas in größerer Tiefe.
Eine sehr gelungene Synthese zur Getreideversorgung des gesamten Mittelmeerraums in der römischen Kaiserzeit unter allen Aspekten von der Produktion bis zum Verbrauch legte vor kurzem Paul Erdkamp vor.23 Er geht aufgrund literarischer Quellen von einem Verhältnis von eins zu acht bis zehn von Getreideaussaat und -ertrag auf besonders fruchtbaren Böden aus und schätzt auf der Grundlage von mittelalterlichen und neuzeitlichen Vergleichszahlen ein Verhältnis von eins zu fünf bis sechs für durchschnittliche Böden. Er gelangt in seiner Datenauswertung zu dem Schluss, dass ältere Schätzungen sowohl im Hinblick auf die Überschüsse als auch auf die Möglichkeiten zur Ernährung nicht-agrarisch tätiger Bevölkerungsteile zu niedrig lagen. Ausgehend von hier gelangt er zu Schätzungen eines Nettoüberschusses 24 von bis zu 20 Prozent, was es einerseits in guten Jahren vielen Bauern ermöglichte, Überschüsse auf den Markt zu bringen und so ohne weiteres für den Erhalt der antiken Stadtkultur zu sorgen, andererseits aber auch beträchtliche Gefahren einer Hungersnot in schlechten Jahren bot. Dies betraf vor allem die städtische Bevölkerung, die nur über geringes Einkommen verfügte und mangels alternativer Lebensmittelmärkte die in einer Teuerungsphase rasant steigenden Preise bezahlen musste. Erdkamp weist in diesem Zusammenhang zurecht darauf hin, dass eine solche Lebensmittelkrise den gesamten Lebensstil einer Stadt gefährdete, da das für Lebensmittel ausgegebene Geld nicht wie sonst für die Pflege eben dieses Lebensstils und der zugehörigen Wirtschaftszweige zur Verfügung stand. Diese Mechanismen konnten durch das Eingreifen städtischer Behörden oder der örtlichen Elite gemildert, doch nie ganz ausgeschaltet werden. Hinsichtlich der oft angezweifelten Fähigkeit der antiken Landwirtschaft zu wachsen gelangt Erdkamp zu einer Einschätzung, die von beträchtlichem Wachstum vor allem aufgrund der Erschließung neuer Anbauflächen, daneben aber auch von Konzentration und – in der Folge – Rationalisierung bei der Bearbeitung des Landbesitzes sowie technischer Innovation ausgeht.
Breiter gefasste Darstellungen des Themenkomplexes mit wissenschaftlichem Charakter sind selten. Ein gelungenes, wenn auch bei Nahrungsmitteln, die nicht zur mediterranen Trias gehören, mitunter allzu knapp gehaltenes Beispiel hierfür bietet die solide, vor allem auf literarische Quellen gestützte Studie zur ‚griechischen’ Ernährung von Janick Auberger.25 Auberger stellt im ersten Teil der Arbeit die verschiedenen Lebensmittel in Einzelkapiteln (1 bis 8) vor, um in einem zweiten, systematisch und mehr als der erste an der Chronologie orientierten Teil (Kapitel 9-11) die Rolle dieser Lebensmittel in den verschiedenen griechischen Gesellschaften unter verschiedenen Aspekten der Kultur zu untersuchen.
Neben den Produkten der mediterranen Trias finden besonders diejenigen Lebensmittel Beachtung, die in den bekannten Texten antiker Autoren eine prominente Rolle spielen. Aus griechischer, aber auch römischer Sicht gehören dazu vor allem tierische Produkte, Fleisch und Fisch, weniger das allzu gewöhnliche Geflügel.
Zum Fleischkonsum ist nach derzeitigem Stand allgemein (Näheres siehe unten) zu sagen, dass kaum bedeutende, kulturabhängige Unterschiede zwischen den verschiedenen Mittelmeerregionen zu konstatieren sind. Außer für die Eliten war Frischfleisch selten verfügbar, in haltbar gemachter Form (eingesalzen oder geräuchert) hingegen gehörte es auch zum Standard der – insbesondere ländlichen – Unterschichten. Lediglich regional lassen sich deutliche Unterschiede ausmachen, was vermutlich den topographischen Gegebenheiten geschuldet ist, etwa wenn in bergigeren Regionen Italiens, Spaniens oder Griechenlands Schaf und Ziege im Gegensatz zum Schwein hinsichtlich der Anteile an der menschlichen Ernährung überwiegen. In den Gebieten, die nördlich der unmittelbar an das Mittelmeer angrenzenden Regionen liegen, wurde hingegen der zunehmende Konsum von Schwein (im Gegensatz zur traditionellen Rinderzucht) lange als Zeichen der ‚Romanisierung‘ der entsprechenden Bevölkerung gedeutet. Heute allerdings steht fest, dass Schweinehaltung in den meisten Gegenden der römischen Eroberung vorausgegangen und so allenfalls als Akkulturationserscheinung, wie sie in Grenzräumen üblich ist, zu deuten sein dürfte.26
Fischkonsum war in Küstennähe ebenso gleichmäßig im Mittelmeerraum verbreitet, aber auch Flussfisch gehörte gerade zum Lebensunterhalt ärmerer Bevölkerungsgruppen. Literarische Quellen weisen darauf kaum einmal hin, aber die Gesetzgebung der römischen Kaiserzeit bietet hinreichend viele Anhaltspunkte.27
Medizinische Aspekte
Einen interessanten Aspekt der antiken Ernährung streichen seit circa 15 Jahren immer mehr naturwissenschaftliche Untersuchungen heraus. Auch wenn optimale Voraussetzungen gegeben waren, waren selbst Angehörige der antiken Oberschichten nicht in der Lage, sich ausgewogen und gesundheitlich fördernd zu ernähren, da das anatomische und medizinische Wissen dazu fehlte.
Schon lange stehen für die entsprechende Forschung die einschlägigen medizinischen Quellen im Focus. Die frühen Medizinschriftsteller des Corpus Hippocrateum bilden sogar ein vorzügliches Instrument, die Haltungen der griechischen Gesellschaft zum Essen zu verstehen, wie kürzlich Jacques Jouanna gezeigt hat.28 Was spätere Autoren angeht, hat sich in letzter Zeit besonders John Wilkins als Spezialist für Galen und Athenaios etabliert 29, doch seit Längerem werden von Seiten der Archäologie auch naturwissenschaftliche Methoden angewandt.
Derartige Studien werden zum Teil auch von Überblicksdarstellungen in vereinfachter Form geboten 30, sind meist jedoch die Angelegenheit umfangreicher Arbeiten, die neben der Auswertung auch das Material vorlegen. Eine der ersten hoch spezialisierten Arbeiten hierzu war ein Buch des Chietiner Anthropologen Luigi Capasso, das Untersuchungen an den Toten aus den Schiffshäusern von Herculaneum vorlegte.31 Capasso konnte vor allem feststellen, dass bei nahezu allen Toten Knochenschäden oder Ansätze zu solchen vorlagen, die auf übermäßigen Konsum von Rohmilchkäse zurückzuführen sein dürften. Neuere Studien haben diesen Eindruck der unbewussten Mangelernährung in den Gesellschaften des antiken Mittelmeerraumes noch verstärkt.
Lebensmittelknappheit und Einschränkungen der Ernährung
Lebensmittelknappheit war ein stets erkanntes Problem der antiken Gesellschaften. Die zahlreichen Möglichkeiten einer Missernte in Verbindung mit den unzureichenden Transportmöglichkeiten abseits der See- und Flusswege sowie mangelnde Fähigkeiten zur Konservierung von Lebensmitteln machten es besonders im Binnenland schwer, schlechte Ernten durch überregionalen Handel oder staatliche Hilfsmaßnahmen auszugleichen. Bereits Peter Garnsey hat auf all das hingewiesen und dabei die Fragilität der sozialen Ordnung hervorgehoben, wenn die Eliten oder – später – der Kaiser nicht fähig waren, das Problem zu lösen.32 Über die Gründe von Hungersnöten aber sind wir immer noch allzu schlecht informiert, um wirtschaftlich quantitativ relevante Aussagen über die tatsächliche Gefahr einer Lebensmittelknappheit treffen zu können. Dies hat von Kurzem Paul Goukowsky hervorgehoben, der in überzeugender Weise die Defizite in unserer Überlieferung auf gattungsspezifische Eigenheiten der antiken Historiographie zurückführt, deren Interesse vor allem den spektakulären Hungernöten, besonders im Zusammenhang mit Krieg und Belagerung, gegolten habe.33
Seit Langem sind auch einschränkende Vorgaben bei der Auswahl von Lebensmitteln Thema der Forschung. Als Ausdruck staatlicher Ideologie, etwa in Sparta oder Rom, haben insbesondere einschränkende Anti-Luxusgesetze schon früh Interesse gefunden. Besonders in Rom, wo die Idealisierung des Mos Maiorum den Wunsch nach einer entsprechenden Regulierung der zeitgenössischen Gesellschaft beinhaltete, ließ sich anhand der Luxusgesetzgebung ein wichtiger Aspekt des Oberschichtenhabitus untersuchen.34 Den jüngsten, knappen Überblick über die meisten Aufwandsbeschränkungen der Mittelmeerwelt bietet jetzt Michael Beer, der sich nicht nur den gesetzlichen, sondern auch den moralischen Restriktionen beim Konsum von Lebensmitteln widmet.35 Er bespricht sowohl Einschränkungen aus iuristischen und diätetischen Gründen als auch solche, die eher unter sittlichen Aspekten einzuordenen sind. Während er bei der Beurteilung von Aufwandgesetzen die communis opinio vertritt, wonach staatliche Kontrolle des Konsums zum Ziel hatte, den Luxus einzuschränken und so sowohl auf den inneren Frieden als auch auf die Durchstzung bestimmer Moralvorstellungen zu achten, gelingt ihm hinsichtlich der sittlichen Verortung von Restriktionen ein in mancher Hinsicht neues Bild. Obwohl er nicht immer auf den literarischen Charakter der meisten seiner Quellen Rücksicht nimmt, gelangt er unter anderem zu der Einsicht, dass Einschränkungen beim Essen meistens Versuche darstellten, der Umwelt eine verständliche Ordnung zu geben, da Konsum immer auch Zuschreibung bedeutet und mithin klare Definitionen von Individuen und Gruppen klare Konsummuster erforderten. Zu vielen Teilaspekten seiner Arbeit äußert er sich freilich nur mit einer engen Auswahl an Fragen und Dokumenten. Zum Problem des ‚Tyrannen bei Tisch‘ etwa, aber auch zu Fragen des oft problematischen Fischkonsums, des Vegetarismus, des sagenumwobenen pythagoreischen Bohnenverbots oder der jüdischen Einschränkungen beim Essen wird man nach wie auch zu anderen, älteren Arbeiten greifen.36
Symposion und Gelage als Orte von Interaktion und Identitätsbildung
Als augenfälligster Ort des Lebensmittelkonsums und daher auch als Kulminationspunkt sozialer Bezüge des Essens ist seit Langem das Gastmahl und – sofern dort neben Wein auch feste Nahrung konsumiert wird – das griechische Symposion bekannt. Seit der antiquarisch orientierten ‚Kultur‘-‚ oder ‚Sittengeschichte’ haben sich viele neue Aspekte durch neue Fragen ergeben.37
So beschreibt Pauline Schmitt Pantel in einem 2008 erschienenen Tagungsbeitrag erstmals anhand einer Zusammenschau griechischer Quellen archaischer und klassischer Zeit, wie vielfältig sich die Einladung oder Nicht-Einladung zum Mahl innerhalb griechischer Eliten auf die soziale Stellung des Einzelnen auswirken konnte.38
Das griechische Symposion als Ganzes nimmt ein von Oswyn Murray herausgegebener Sammelband 39 unter die Lupe. Der Herausgeber unterstreicht gleich in seiner Einleitung die Tatsache, dass der gemeinsame, ritualisierte Verzehr von Überschüssen eines der wichtigsten Bande der (griechischen) Zivilisation war. Die Einzelbeiträge heben denn auch diesen Sachverhalt auf den verschiedenen Feldern, wo sich Symposia abspielten, heraus. Sie beschäftigen sich etwa mit Fragen des rituellen Kultmahles, des Heranwachsens von Knaben, der Demokratisierung und städtischen Festen. Stets zeigt sich dieselbe Verbindung von Integration und Kommensalität. Von besonderer Bedeutung ist dabei wohl unter anderem der Beitrag von Annette Rathje (The Adoption of the Homeric Banquet in Central Italy in the Orientalizing Period), die die Traditionslinien aufzeigt, entlang derer sich das ‚homerische‘ Bankett in den westlichen Mittelmeeraum verbreitete und so letztlich die Grundlage für eine kulinarische Koine der Antike gelegt wurde.40
Die sympotische Verbindung von Ost und West riss auch nach der orientalisierenden Epoche des 7. Jahrhunderts v.Chr. nicht mehr ab. Vor diesem Hintergrund ist die Einbeziehung griechischer und römischer Quellen in viele Arbeiten zum antiken Gastmahl ein fast zwingendes methodisches Gebot.41
Dies betrifft besonders die beiden intensiven Phasen der Auseinandersetzung im späten Hellenismus, als sowohl in Rom, aber auch in Griechenland die jeweils andere Kultur diskutiert wurde, und die sogenannte Zweite Sophistik, im Zuge derer im 1./2. Jahrhundert n.Chr. die neue Identität des griechisch-römischen Mittelmeerraumes konstatiert und problematisiert wurde. Beide Phasen sind mittlerweile als solche auch auf dem Gebiet der Ernährung und des diesbezüglichen Diskurses erkannt.42
Neben diesen grundsätzlichen Überlegungen versprechen derzeit vor allem Spezialstudien zu Teilaspekten des antiken Gastmahls vom Alten Orient bis in die Spätantike neue Erträge. In seiner 2004 erschienenen Habilitationsschrift Mensa Regia untersucht Konrad Vössing das Herrschermahl und seine sozialen Implikationen vom Hellenismus bis in die Kaiserzeit 43, dessen zentrales Problem im Widerspruch zwischen traditionellem Bankett und der herausgehobenen Person des Herrschers liegt. Vössing verweist dabei auf das persische und das griechische Königs- (oder: Tyrannen-)Bankett als wichtige Vorläufer 44, die den Hintergrund für Aussagen zur (orientalischen) Üppigkeit und Erniedrigung der Gäste bilden. Als weiteres Element des hellenistischen Königsmahles macht er das makedonische Königsbankett aus. Die hieraus entstandene hellenistische Tradition kontrastierte stark mit dem traditionellen Mahl der römischen Aristokratie der Republik. Dort war zwar immer ein offizieller Charakter gegeben, dieser wurde aber konsequent verneint. Dies geht aus der Anwesenheit von Klienten hervor, die nie denselben Wert als Gäste besaßen. Am Hof des römischen Kaisers schließlich kulminierte dieses Verhalten angesichts der alles hoch überragenden Stellung des Princeps in der römischen Gesellschaft. Dieser hatte kein Interesse an intimen Mählern im Kreis von Senatoren und Rittern, sondern musste die Bühne des Gastmahls zur Repräsentation in seiner Rolle als oberster Patron des populus Romanus nutzen. Den Hauptteil des Buchs machen Einzelstudien zu den römischen Kaisern aus, in denen Vössing wichtige Einzelergebnisse und den stets gegebenen Zusammenhang dreier Diskurse zum Bankett verdeutlichen kann: zum hellenistischen Königsmahl, zum allumfassenden Patronatsverständnis und zur Tyrannentypologie. Der Kaiser hatte also zwischen diesen drei Diskursen möglichst erfolgreich zu lavieren.
Wenig später erschien eine Synthese zum Thema von Elke Stein-Hölkeskamp 45, die überarbeitete Habilitationsschrift der Autorin, die zwar in der Anlage des Buches auf ein breiteres Publikum zielt, im Einzelnen aber durchaus Neues zu bieten hat.46 Der Band polemisiert gegen die Schlagworte insbesondere der dekonstruktivistischen Literaturkritik, da ein Text ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit der Realität der Rezipienten aufweisen musste, um verständlich und akzeptabel zu sein. So dient ihr die These, Anerkennung sei in der römischen Gesellschaft vor allem über normenkonformes Verhalten zu erlangen gewesen, dazu, in den Quellen tatsächliche, zeitgenössische Normen zu entdecken und die Texte als Produkte ihrer unmittelbaren Realität zu betrachten. Im Einzelnen stellt die Autorin den reziproken Charakter von Einladungen heraus, verdeutlicht Vorstellungen und Ausdrucksmöglichkeiten von sozialer Ordnung und Status beim Mahl und widmet sich der Frage nach der Wertigkeit einzelner Speisen und Verzehrformen in ihrem jeweiligen sozialen Rahmen.
Insbesondere diese immer neuen Moden unterworfene und sich ständig im Umbruch befindende hellenistisch-mediterrane Welt des Gastmahls greift Hal Taussig auf, der darin die Ursprünge frühchristlicher Versammlungen im 1. Jahrhundert n.Chr. sieht.47 Er begreift die augusteische Zeit auch auf kulinarischem Gebiet als eine Phase radikaler Veränderungen, was die Rollenbilder hinsichtlich Status, Geschlecht oder Klasse betrifft, die auch den sozialen Kontext des frühen Christentums gebildet hätten. Das Abendmahl und das frühchristliche Liebes-Mahl, Grundlagen von Eucharistie und Kommunion, seien Ergebnisse dieser Experimentalphase der gesamtmediterranen kulinarischen Kultur gewesen. Taussig identifiziert das frühe Christentum als soziale Bewegung anstatt in ihm das Wirken Einzelner als maßgeblich zu betrachten, und dementsprechend gehört für ihn auch das Abendmahl in den hellenistisch-römischen sozialen Kontext. Obwohl er die Macht Roms in wenig differenzierter Weise lediglich als eine in den Augen der Provinzialen brutale Unterdrückungs- und Ausbeutungsmaschinerie auffasst, hat sein Argument eine gewisse Gültigkeit, dass sich die frühen Christen zunächst durch ihre Gemeinschaftsmähler von ihren Zeitgenossen abzusetzen und dennoch auf demselben Weg wie diese eine eigene Identität für sich zu konstruieren strebten, da auch sie letztlich Teil der hellenistischen Koine waren. Dadurch, dass im sicheren Rahmen des Festmahls Riten praktiziert und standardisiert wurden, entstand eine stark auf diese Mähler hin ausgerichtete Kultpraxis, deren Ergebnisse in der Liturgie der christlichen Kirchen noch heute wirkungsmächtig sind. Gerade weil Taussig dabei wichtige Fragen, wie etwa die nach dem Zusammenhang der frühen christlichen Eucharistie mit dem ebenfalls recht streng geregelten Essenermahl meines Erachtens nicht genügend einbezieht, ist sein Ansatz sicher noch nicht ausgeschöpft.48
Der Frage nach dem Umgang mit den sozialen Unterschieden beim römischen Gastmahl 49 widmet sich ein neuer Aufsatz von André Tchernia.50 Auch er geht von einem Zusammenhang mit dem griechischen Symposion aus und betont die auch beim römischen Gastmahl fortbestehenden Standesschranken, allerdings identifiziert er das daraus in Rom Abgeleitete als einen ausschließlichen Bestandteil des Elitenhabitus. Auch wenn er damit bei den Anfängen stehen bleibt, regt er gegen Ende seines Aufsatzes an, zwischen diesem und dem Habitus der übrigen Bevölkerungsschichten zu unterscheiden. Diese hätten duchaus andere Wertvorstellungen von der ‚guten’, das heißt sowohl nahrhaften als auch genussversprechenden, Ernährung gehabt als die Elite.
Einen grundsätzlich anderen, für die Zukunft sicher noch fruchtbaren Ansatz verfolgt die Dissertation von Anja Bettenworth, die sich Gastmahlsdarstellungen innerhalb einer bestimmten Gattung – dem antiken, also griechischen wie römischen, Epos – widmet.51 Sie postuliert für alle antike Epik ein „Referenzmodell“, wobei sie aber durchaus wichtigere, „primäre Vorbilder“ von weniger bedeutenden Werken unterscheidet. Besonders der Odyssee und der Aeneis weist sie eine derartige Rolle im griechischen bzw. römischen Kulturraum zu. Bettenworths „Referenzmodell“ ist im Kern ein Katalog typischer und weniger typischer Bestandteile epischer Bankettschilderungen, die eine Fülle von Anspielungen sprachlicher, inhaltlicher und nicht zuletzt struktureller Art innerhalb der epischen Gattung enthielten. Aus historischer Sicht greift diese Methode etwas kurz, da die intertextuellen Bezüge – teilweise für sich genommen ebenfalls wichtige Ergebnisse – zwar sauber aufgezeigt, doch nicht weiter nutzbar gemacht werden. Die Autorin liefert aber damit ein nützliches Instrumentarium für weitere Forschungen und macht vor allem deutlich, dass es durchaus Gewinn bringen kann, bei einer Analyse literarischer Zeugnisse die jeweilige Literaturgattung zu berücksichtigen und in die Interpretation einzubeziehen.
Da ‚Römisches Essen‘ und das Gastmahl bereits seit einigen Jahren ein beliebtes Thema sind, besonders was die sozialen Implikationen des Verzehrs anbelangt, entstanden im selben Zeitraum wie die oben genannten Monographien auch bedeutende Sammelbände als Ergebnis von Tagungen. Ein von Barbara K. Gold und John F. Donahue herausgegebener Sammelband mit dem Titel Roman Dining52 steckt das betreffende Feld ab. Es handelt sich bei den Beiträgen großteils um Vorträge einer 2002 abgehaltenen Tagung, die dem sozialhistorischen Phänomen ‚römisches Gastmahl‘ neue Aspekte abgewinnen wollte, und nur die für die Fragestellung dieses Forschungsberichts relevanten sollen hier kurz umrissen werden. Der wohl wichtigste stammt von Nicolas Purcell: The Way We Used to Eat: Diet, Community, and History at Rome (S. 1-30). Der von römischen Autoren oft konstatierte Wechsel in der Ernährung wird hier als Teil einer Erzählung historischer Umbrüche verstanden und Speisen als Codes in der Beziehung der Römer zu ihrer Vergangenheit. Römische Autoren zeichneten eine mentale, kulturell-ethnisch charakterisierte Karte Italiens, was sich an Unterschieden beim Konsum von Getreide, Wein, Feigen und Fleisch zeigen lasse. Ökonomische Veränderungen konnten daher, so Purcell, schon ab dem 3. Jahrhundert v.Chr. als moralische wahrgenommen werden, denn moralisch-ethische Vorstellungen verbanden sich mit den oben genannten Einzelzutaten.53 Obwohl also später die gängige römische Ansicht den kulinarisch fassbaren Beginn moralischen Verfalls in das 2. Jahrhundert v.Chr. setzte, waren das Problem der tryphe und seine ökonomischen Grundlagen wesentlich älter.
John Wilkins liefert im selben Band in Land and Sea: Italy and the Mediterranean in the Roman Discourse on Dining (S. 31-47) hauptsächlich einen allgemein gehaltenen Literatur- und Forschungsbericht. Ihm zufolge waren die frühkaiserzeitliche Ideologie sowie das Konstrukt einer idealen agrarischen Vergangenheit Roms als Hintergrund moralisierender Texte auschlaggebend. Wie auch in anderen hier zu besprechenden Arbeiten, zeigt sich Wilkins als Kenner der Werke des Athenaios und des Galen. Er beobachtet vor allem anhand deren Schriften eine grundsätzliche Bewegung der Essgewohnheiten von Ost nach West, was sie zu Referenzen für die römischen Quellen macht. Mithilfe moderner soziologischer Kategorien untersucht John Donahue in Toward a Typology of Roman Public Feasting (S. 95-113) öffentliche römische Bankette. Mithilfe des Ansatzes, dass Gruppen, die gemeinsam essen, bereits zuvor definiert waren, möchte er zeigen, wie die soziale Praxis des Banketts dazu diente, die Speisenden nach ihrem sozialen Rang voneinander sowie von den Unbeteiligten abzusetzen. Die dabei wesentlichen Charakterzüge öffentlicher Mahlgemeinschaft seien gewesen: das Außergewöhnliche religiöser oder säkularer Feste im Jahreszyklus, die Exklusivität der Mähler innerhalb der collegia sowie die möglichen Grenzüberschreitungen bei einem sozial abgestuften Gästekreis. Als römische Beispiele dienen Kaisergelage, vor allem ein Statiustext (Silvae 1,6,43-50) zu Domitian. Hier findet Donahue die beiden ersten seiner Kriterien erfüllt, das dritte aber nicht. Unterschiedliche Speisen am selben Tisch sind gut belegt (wenn auch nur aus der Sicht des literarischen Gastes, was aber außer acht gelassen wird). Die römische Gesellschaft des 1. Jahrhunderts n.Chr. erlaubte also gleichzeitig eine gemeinschaftliche Teilnahme am Mahl und eine Demonstration sozialer Unterschiede. Roman Dining ist kein Kompendium zum antiken Gastmahl, da eine inhaltliche Klammer der verschiedenen Aufsätze fehlt. Das Buch ist eine Sammlung von Spezialaufsätzen ohne gemeinsame Fragestellung. Vor allem aber krankt es an seinem späten Erscheinungsdatum; drei der fünf Autoren haben mittlerweile Monographien zum Thema publiziert, welche ihre Beiträge in ausführlicherer Form enthalten (siehe oben). Es sind außerdem weitere Arbeiten erschienen, die Wesentliches zu den angeprochenen Fragen beitragen und manches obsolet machen. Knappe Zusammenfassungen, die jedem Beitrag vorangestellt sind, erleichtern das Verständnis. Bedauerlicherweise gibt es keinerlei Indizes, ebensowenig eine gemeinsame Bibliographie, und so wird dieses Buch wohl nur wenige Leser finden, die sich nicht mit speziellen Fragen zum römischen Bankett befassen.
Ebensowenig als ein Kompendium zu verstehen, doch in seiner Ausrichtung auf alle altertumswissenschaftlichen Disziplinen – Geschichte, Philologie, (Klassische) Archäologie – aus methodischer Sicht vorbildhaft ist ein von Konrad Vössing als Ergebnis eines von ihm initiierten Symposions herausgegebener Sammelband.54 Trotz eines recht heterogenen Erscheinungsbildes des Inhaltsverzeichnisses zeigen sich nicht nur zu den eigentlich in den Beiträgen angesprochenen Phänomenen, sondern gerade bei Epochen und Regionen übergreifenden Fragestellungen verschiedene rote Fäden. Hierzu gehören neue Ergebnisse zum antiken Repräsentationsbedürfnis und Moraldiskurs, zur Frage der Raumgestaltung und -besetzung 55 sowie besonders zum – bei Aspekten von Habitus nahezu immer gegebenen – Zwang, die tradierten Normen zu überprüfen, zur Diskussion zu stellen und gegebenenfalls durch neue zu ersetzen. Hierzu geben fast alle Beiträge in diesem Band wichtige, neue Impulse.
Die jüngste Monographie zum Thema stammt von Dirk Schnurbusch 56 und widmet sich den verschiedenen Aspekten des Conviviums (im Einzelnen den materiellen, zeitlichen, sozialen und politischen Dimensionen 57) und der Frage, ob und unter welchen Vorzeichen sich das aristokratische Gastmahl in Rom wandelte. Die Initialzündung dafür sieht Schnurbusch traditionell in der Begegnung mit dem hellenistischen Osten, die zu einer zunächst auch durch die diversen Aufwandsgesetze ungebremsten Entwicklung des Tafelluxus geführt habe. Im Wettbewerb der Gastgeber habe sich schließlich das Mahl von seiner ‚ursprünglichen‘ sozialen Funktion gewissermaßen emanzipiert, und neben dem – weiterhin wichtigen – Aspekt des Treffens bedeutender Männer sei das Ziel von immer mehr Gastmählern die Zurschaustellung kulinarischer Kenntnisse und Innovationskraft geworden. Etwas zu einfach scheint die These, auch dies habe etwas mit der vielzitierten Entpolitisierung der römischen Elite durch Bürgerkrieg und Kaisertum zu tun, vor allem da der Prozess schon sehr früh im 1. Jahrhundert v.Chr. einzusetzen scheint. Schnurbusch spricht daher auch vorsichtiger von „partieller“ Entpolitisierung.
Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Forschungsberichts zwar erschienen, aber noch nicht greifbar, war der jüngste Sammelband zum Thema, herausgegeben von Jason König, mit dem Titel Saints and Symposiasts.58
Das öffentliche Bankett
Neben der Beschäftigung mit dem häuslichen Gastmahl hat sich in den letzten Jahrzehnten auch die Analyse des öffentlichen Banketts als sehr fruchtbar erwiesen. Für den griechischen Raum hat Pauline Schmitt Pantel schon vor einigen Jahren die Bedeutung des Banketts als eines integrativen Elements der griechischen Poleis hervorgehoben.59 Für den römischen Bereich liegt seit Kurzem die vorrangig auf Inschriften gestützte Arbeit von John F. Donahue vor. Er behandelt den scheinbaren Widerspruch zwischen dem angeblich sozial-nivellierenden Charakter eines Mahles einerseits und der Tatsache eines alles überragenden ‚Spenders‘ andererseits und legt einen umfangreichen Katalog der epigraphischen Zeugnisse über die Sponsoren öffentlicher Mähler im Westen des Mittelmeerraumes (unterteilt nach sozialen Kriterien in Decurionen, Ritter, Augustalen, andere Priester und Frauen) vor.60 Er gelang zu dem Ergebnis, dass das Konzept gemeinsamen Speisens in römischer Sicht keineswegs im Widerspruch zu den zeitgenössischen Vorstellungen von gesellschaftlicher Ordnung stand. Gewisse Gruppen wurden besser behandelt als andere, manche wiederum ganz vom ‚öffentlichen‘ Bankett ausgeschlossen. Was Donahue „rhetoric of portions“ nennt, diente also eher der Stabilisierung der Standesschranken als ihrer Aufweichung.
Ein letztes wichtiges Ergebnis im Hinblick auf Gastmähler und Gelage in der ‚Öffentlichkeit‘ sei noch erwähnt. Konrad Vössing hat in dem oben vorgestellten, von ihm herausgegebenen Sammelband klargestellt, dass es sich bei der römischen comissatio nicht, wie vermutet wurde, um ein Gegenstück zum griechischen komos handelte, insofern dieser ein außerhalb des Hauses stattfindender Umzug sein konnte.61 Vielmehr war die comissatio ein möglicher, aber nicht obligatorischer Abschluss des abendlichen Gastmahles, bei dem das gemeinsame Trinken im Vordergrund stand (auch dies war bei den Griechen ein komos). Dieser Teil des convivium trug mitunter griechische Züge, ohne dass er aber in Rom die Form eines Umzugs von Symposiasten außerhalb des Hauses annahm.
Ernährungsverhalten als Ausdruck von Habitus
Nach dem oben zum Bankett Gesagten ist klar, dass Lebensmittelkonsum auch als sozialer Marker dienen konnte. Ob im Rahmen einer größeren Gesellschaft verzehrt, ausgestellt oder schlicht als charakteristisch für bestimmte Personen und Gruppen kommuniziert – stets dient Nahrung als Mittel sozialer Positionierung und Einordnung. Aufgrund dieser Fähigkeit von Nahrung, die soziale Wertigkeit einer Person herauszustellen, bildeten Lebensmittel und ihr Konsum in den antiken Gesellschaften auch ein weites Feld für Wettstreit innerhalb der Eliten um die richtigen und vor allem am besten auszeichnenden Formen der Repräsentation auf dem Tisch.
Bei einem derartigen agonalen Verhalten ist es fast selbstverständlich, dass Nahrung wie viele andere Prestigegüter auch in die zahlreichen bekannten Gesetze zur Beschränkung des privaten Luxus Eingang fanden. So spielen die entsprechenden Maßnahmen eine große Rolle bei der immer noch maßgeblichen kommentierten Sammlung dieser Gesetze durch Ernst Baltrusch.62 Die von Baltrusch besprochenen Gesetze versuchten den Tafelluxus allgemein, im speziellen aber unter anderem den Aufwand hinsichtlich einzelner Lebensmittel und ihrer Menge einzuschränken.
Innerhalb dieses Systems sozialer Identifikation mittels kulinarischer Zeichen kommt dem Militär in nachklassischer Zeit die Rolle einer Sub-Elite zu. Die soziale Ausgangslage von Soldaten jenseits der klassischen griechischen Bürgermilizen – also von Söldnern, römischen Legionären seit der späten Republik und in privatem Auftrag agierenden Truppen, die sich aus der verstetigten Anhängerschaft des Anführers rekrutierten – war in der Regel zwar niedrig, im Hinblick auf ihre Ernährung aber führten diese Gruppen fast das Leben von Angehörigen der Oberschichten. Mit den oben erwähnten Einschränkungen hinsichtlich der mangelnden Kenntnisse zu Nährwerten und körperlichen Bedürfnissen des Menschen, die oft auch bei optimaler Ausgangslage zu mangelhafter Ernährung führten, konnte die Versorgung der Soldaten in Friedenszeiten kaum besser sein. Insbesondere für die römische Armee sind derartige Phänomene anhand der Literatur, vor allem aber der ausgegrabenen Feld- und Standlager gut untersucht 63, aber der – vor allem aufgrund der schwächeren Quellenlage wesentlich weniger deutliche – Befund aus dem früheren östlichen Mittelmeerraum deutet in dieselbe Richtung. Wesentlich häufiger als in Zivilsiedlungen findet sich beim Militär Fleisch in größerer Vielfalt und Menge sowie Importware.
Ernährung als System literarischer Topoi
Die im Abschnitt zum Essen als Teil des Habitus geschilderten Fälle sind meist eingebunden in größere Zeichenkomplexe, die weniger der Kommunizierung tatsächlicher Gegebenheiten als vielmehr der Charakterisierung der Beschriebenen dienen. Die in den entsprechenden Texten erwähnten Speisen sind also nicht unbedingt solche, die von den Beschriebenen verzehrt wurden, sondern solche, die beim Rezipientenkreis des jeweiligen Textes als entsprechender Zeichenträger bekannt waren. Dass sich hierbei Überscheidungen ergeben können, liegt auf der Hand, ist aber bei weitem nicht immer zwingend.
Besonders bei der Beschreibung von Fremdvölkern in griechischen und lateinischen Texten wird mit derlei Zeichen gearbeitet, und häufig entwickeln sich diese, wenn sie Erfolg haben, zu Topoi, die von anderen Autoren übernommen werden. Dies betrifft zum Beispiel die Perser und ihr sprichwörtlich üppiges Wohlleben, wie Heleen Sancisi-Weerdenburg herausgearbeitet hat.64
Im griechischen Kulturraum sind es vor allem die Komödien, in denen Mittels gewisser Nahrungsmittel (bei Aristophanes besonders Thunfisch, später nahezu alle Arten von Fisch und Fleisch) verzerrende Charakterisierungen vorgenommen werden können.65 Von der Komödienbühne verbreitete sich das entstandene System literarischer Topoi dann auf weitere Gattungen griechischer Literatur, bis hin zur Geschichtsschreibung.66 Auch wenn, wie Sophie Collin-Bouffier gezeigt hat, Fisch grundsätzlich nicht als exklusives Merkmal der griechischen Eliten gelten kann, waren doch einige Fischsorten und -gerichte, so die Autorin weiter, für diese aufgrund ihrer hohen Kosten gewissermaßen reserviert.67 Das soziale Zeichen etwa des Thunfischs hatte also durchaus nicht nur literarische Tradition, sondern auch einen realen Hintergrund.
Auch in Rom sind es zunächst vor allem die Komödien, in denen – nach griechischem Vorbild, doch mit einigen wesentlichen Modifikationen für das römische Publikum – Lebensmittel als Zeichen verwendet werden. Dabei steht anfangs (im 2. Jahrhundert v.Chr.) die Auseinandersetzung mit der griechischen Kultur im Vordergrund 68, bald aber finden sich kulinarische Topoi in nahezu allen literarischen Werken.69
Es ist durchaus kein neuer Ansatz, gewisse Speisen als ‚luxuriös’, ‚bescheiden’ oder ‚altmodisch‘ einzustufen, aber die Arbeit mit dieser Einstufung über Gattungsgrenzen hinweg als mit einem System von Topoi, Zeichen und Mythen ist eine relativ rezente Erscheinung. Als Vertreter dieser Methode ist hier eine – bisher lediglich in digitaler Form erschienene – Arbeit von Charles Feldman zu nennen, die das Essen der römischen Elite speziell unter diesem Aspekt behandelt.70 Der Autor streicht identitätsstiftende Eigenschaften von elitärer Nahrung heraus, deren Fähigkeit zu Änderungen er ebenso erkennt wie die Tatsache, dass manche Speisen für diese und andere Rollen innerhalb der römischen Gesellschaft besser geeignet waren als andere. Leider ordnet er seine Kapitel nach den einzelnen Nahrungsmitteln und den einzelnen für ihn relevanten Autoren, so dass er auf Vieles an Ertrag verzichtet, was ein gattungsübegreifendes ‚close reading‘ ermöglicht hätte. Darüber hinaus bezieht Feldman ausschließlich englischsprachige Literatur ein, was sein Buch zu einem Torso macht, der häufig zu oberflächlich bleibt.
Die Ansätze Feldmans aber – auch von vielen der oben genannten Autorinnen und Autoren verfolgt, wenn auch weniger explizit – versprechen für die Zukunft noch einigen Ertrag. So widmet sich die jüngst erschienene Habilitationsschrift des Verfassers dieses Forschungsberichts dem Zeichencharakter von Essen in der römischen Gesellschaft anhand einer thematischen Gliederung. Besprochen wird die Rolle von Nahrung als Mittel der Kommunikation hinsichtlich des römischen mos maiorum, der sozialen Gliederung und des Habitus der römischen Gesellschaft sowie deren Transgressionsdiskursen.71 Desiderate sind zweifellos ähnliche, wenn möglich noch detailliertere Arbeiten, auch zu den verschiedenen griechischen Epochen.
Essen und Religion
Schon lange hat das Verhältnis von Ernährung und Religion bzw. Kult Interesse gefunden, und spätestens seit einem eindrucksvollen Sammelband von Jean-Pierre Vernant und Marcel Detienne 72 ist das Problem ins Bewusstsein der Fachöffentlichkeit vorgedrungen. Zum einen ist der Zusammenhang von (menschlicher) Nahrung und Opfer (‚Nahrung’ der Götter) von Bedeutung. Dabei stand immer die Frage nach einem grundsätzlichen sakralen Charakter von Nahrungsaufnahme im Zentrum, und speziell die Frage nach der Rolle und der quantitativen Bedeutung von Opferfleisch für die Versorgung der antiken Bevölkerung. Erstere entzündete sich an Gesten und Riten rund um die Nahrungsaufnahme wie der zuvorigen Opfer und dem freigehaltenen Ehrensitz für die jeweiligen Gottheiten, letzterer liegt die nicht anfechtbare Tatsache zugrunde, dass Fleisch von Opfertieren seinen Weg in die breite Bevölkerung fand, und dies oft über die ‚profanen‘ Fleischmärkte, die Macella.
Letzterer speziellen Frage widmet sich bezüglich der römischen Welt mit vorbildlicher Gründlichkeit und Differenziertheit ein von William Van Andringa herausgegebener Sammelband 73, der die Frage nicht nur auf der Grundlage der literarischen Zeugnisse, sondern auch der archäologischen Funde untersucht. Die Einzelbeiträge vorzustellen, ist hier nicht der Ort, aber auf einige Grundzüge, die durchaus mehreren der elf Aufsätze gemeinsam ist, soll kurz eingegangen werden. Die antike Quellenlage scheint simpel: Opferfleisch gelangte fernab der großen Polis- und Staatsfeste in Griechenland wie in Rom auch auf den profanen Markt, wo es dann nicht mehr von profan geschlachtetem Fleisch unterscheidbar war. Dies brachte vor allem Christen in Bedrängnis, die sich des Opferfleischs enthalten wollten. John Scheid vertritt in seinem Beitrag (Le statut de la viande à Rome) darüber hinausgehend die Meinung, dass im römischen Kulturkreis ohnehin jede Schlachtung rituellen Charakter hatte, Nicole Belayche dagegen betont die durchaus belegte profane Schlachtung von Tieren und postuliert eine gewisse ‚Profanierung‘ von Opferfleisch, also den Verlust seiner religiösen Prägung, sobald es auf den Fleischmarkt gelangte (Religion et consommation de la viande dans le monde romain: des réalités voilées, siehe auch den Beitrag von Valérie Huet, Le sacrifice disparu: les reliefs de boucherie). Archäologische, auf viel neues Material gestützte Blicke auf die Fleischmärkte von Pompeii (Van Andringa) sowie verschiedener Orte in Nordgallien (Lepetz) und in der Schweiz (Lachiche und Deschler-Elb) lassen den Schluss zu, dass angesichts eines weitgehend ungezwungenen und pragmatischen, auf die Substanz des Fleisches gerichteten Umgangs mit Opferfleisch, der religiöse Aspekt für den schließlichen Esser allenfalls zweitrangig gewesen sein kann, für eine Beschäftigung mit den antiken Gesellschaften und auch der antiken Religion der Aspekt des Opferfleischs auf dem Macellum also eine untergeordnete Rolle spielt. Für den griechischen Bereich sei schließlich auf den wichtigen Aufsatz von Gunnel Ekroth (Meat in ancient Greece: sacrificial, sacred or secular) hingewiesen. Ekroth wendet sich entschieden gegen die Vorstellung, alles verzehrte Fleisch in der griechischen Welt sei das von zuvor geopferten (das heißt rituell für die Götter geschlachteten) Tieren gewesen. Ihre Belege nimmt sie gerade aus Heiligtümern. Selbst dort wurde offensichtlich Fleisch von Tieren verzehrt, die keine Opfertiere gewesen waren.74
Der Herausgeber, William Van Andringa, hat hierfür selbst, gemeinsam mit Sébastien Lepetz, die Grundlage in einem nahezu zeitgleich erschienenen, weiteren Sammelband gelegt, Ergebnis einer Tagung, die sich 2002 der Archäologie von Tieropfern im römischen Gallien gewidmet hatte.75 Die Beiträger stellen archäologische Studien zu religiös konnotierten Mahlzeiten vor, wobei das Spektrum von ‚klassichen‘ Opfermahl im Heiligtum bis hin zu häuslichen Riten reicht. Als Grundlage dazu dienen Knochen- und andere Speisereste, die teilweise in Depots, teilweise als Einzelfunde erhalten sind. Die fünf Hauptteile des Bandes widmen sich so grundsätzlichen Überlegungen zum Opfer in Gallien (1), den Fundkontexten aus Heiligtümern (2), der Entwicklung der Opferpraktiken unter römischem Einfluss (3), den konkreten Vorgängen der Zubereitung und des Speisens (4) und schließlich einem Sonderfall, den Mählern der Kultgemeinschaft in der Mithrasreligion (5). In diesen Sektionen zeigt sich die Notwendigkeit zu Detailstudien, durch die große Entwicklungslinien erst erkennbar werden.
Was die allgemeinere Frage betrifft, inwiefern jedem, auch dem häuslichen Mahl ein sakraler oder kultischer Charakter zukommt, so ist dabei bereits auf älteste Wurzeln zurückzugreifen. Das Mahl der mesopotamischen Herrscher stand im ständigen Bezug zur göttlichen Sphäre und bildete gewissermaßen das irdische Abbild des (nur symbolisch vorgestellten) Göttermahles.76 Im ‚klassisch‘-antiken Kulturkreis ist diese Frage weitgehend geklärt, da die Entscheidung für eine Antwort weitgehend davon abhängt, ob man die bloße Anrufung von Gottheiten vor dem Mahl (die als griechischer wie römischer Standard zweifelsfrei belegt ist) bereits als konstituierendes Element des gesamten Mahles als eines Kultakts anzusehen bereit ist.
Zweitens aber gibt es einen gerade für die ‚klassischen‘ Kulturen des Mittelmeerraumes relevanten Forschungsschwerpunkt bei der Frage religiös begründeter Speiseverbote. Dies betrifft besonders das Verbot von (Haus-)Schweinefleisch im Vorderen Orient, das früher auch – mit Einschränkungen – für Ägypten postuliert wurde. Man unterscheidet mittlerweile jedoch zwischen religiös begründeten Verboten im engeren Sinne, etwa bei Juden, Babyloniern und Assyrern, und einer lediglich abschätzigen Haltung dem Fleisch von Hausschweinen gegenüber, wie es in Ägypten der Fall zu sein scheint. Andere Speiseverbote und -hemmungen betreffen ebenfalls vor allem Fleisch (Pferd, Kamel und Hund), aber in Griechenland und Rom findet sich auch mancher (Raub-)Fisch wegen seines Verzehrs von Menschenfleisch auf der Liste unerwünschter oder aus religiös-moralischen Gründen unbeliebter Speisen.77
Schließlich ist noch der Kannibalismus zu nennen, der Verzehr von Menschenfleisch durch Menschen, der in allen antiken Mittelmeerkulturen geächtet ist. Teilweise wird dies mythologisch untermauert 78, entspricht aber wohl auch einer anthropologischen Konstante, da auch in Kulturen, die den Verzehr von Menschenfleisch praktizieren, dies immer im Rahmen religiöser Grenzen und Vorschriften geschieht.79
Drittens finden sich darüber hinaus im Bereich der antiken Religionen auch zahlreiche weitere Aspekte, in denen die Religion ein Abbild ihrer jeweiligen Gesellschaft ist. Identität, Exklusion und – zum geringeren Teil – Speiseverbote können sich sich gerade beim Opfer ausdrücken.80
Anmerkungen:
1 Der zugehörige Katalog (Giuseppina C. Cianferoni (Hrsg.), Cibi e sapori nel mondo antico, Florenz 2005) enthält neben zahlreichen bildlichen Essensdarstellungen auch Beiträge zur Produktion von Nahrung sowie zu den sozialen Implikationen ihres Konsums.
2 Vgl. dazu den sehr gelungenen Überblick bei Dirk Schnurbusch, Convivium. Form und Bedeutung aristokratischer Geselligkeit in der römischen Antike, Historia Einzelschriften 219, Stuttgart 2011, S. 28ff.
3 Besonders wirkmächtig bis heute Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt 1982 (frz. 1979); Gerhard Neumann / Hans Jürgen Teuteberg / Alois Wierlacher (Hrsg.), Kulturthema Essen. Ansichten und Problemfelder, Kulturthema Essen I, Berlin 1993 (und zahlreiche weitere von Hans Jürgen Teuteberg initiierte Publikationen); Norbert Elias, Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen I, Frankfurt 1997; s. auch Ernst Fürst, The Cultural Significance of Food, in: Per Otnes (Hrsg.), The Sociology of Consumption. An Anthology, Oslo 1988, S. 89-100. Vgl. ansonsten den Überblick bei Eva Barlösius, Soziologie des Essens. Eine sozial- und kulturwissenschaftliche Einführung in die Ernährungsforschung, 2. Auflage Weinheim, München 2011.
4 Zuletzt brachte Peter Garnsey mit Food and Society in Classical Antiquity, Cambridge 1999, eine knappe Synthese seiner früheren, umfangreicheren Arbeiten heraus.
5 Ähnlich arbeitete bereits Everard Flintoff, Food for Thought: Some Imagery in Persius Satire 2, Hermes 110, 1982, 341-354, doch ohne das entsprechende Echo in der Geschichtswissenschaft zu finden. Hingegen ist Antony R. Littlewood, The Symbolism of the Apple in Greek and Roman Literature, HSPh 72, 1967, S. 147-81 noch eine antiquarische Auflistung.
6 Hilary E.M. Cool, Eating and Drinking in Roman Britain, Cambridge 2006.
7 Marijke van der Veen, Food as embodied material culture: diversity and change in plant food consumption in Roman Britain, JRA 21.1, 2008, S. 83-109.
8 William Van Andringa (Hrsg.), Sacrifices, marché de la viande et pratiques alimentaires dans les cités du monde romain / Meat: Sacrifice, Trade and Food Preparation in the Roman Empire, Food & History 5.1, Turnhout 2008; Sébastien Lepetz / William Van Andringa (Hrsg.), Archéologie du sacrifice animal en Gaule romaine. Rituels et pratiques alimentaires, Montagnac 2008.
9 Michael Beer, Taste or Taboo: Dietary Choices in Antiquity, Totnes 2010. Die Arbeit behandelt vor allem Griechen und Römer, mit einem kurzen Seitenblick auf jüdische Speisevorschriften; David L. Thurmond, A Handbook of Food Processing in Classical Rome: For her Bounty no Winter, Leiden 2006; Don Brothwell / Patricia Brothwell, Food in Antiquity. A Survey of the Diet of Early Peoples, 2. Aufl. Baltimore 1998.
10 Paul Erdkamp (Hrsg.), A Cultural History of Food I: in Antiquity, London 2012.
11 In ähnlicher Weise bereits Ray Laurence, Roman Pompeii: Space and Society, 2. Aufl. London 2007.
12 Jacques André, L’alimentation et la cuisine à Rome, Paris 1961 (dt. Essen und Trinken im Alten Rom, Stuttgart 1998); Andrew Dalby, Siren feasts. A History of Food and Gastronomy, London 1996 (dt. Essen und Trinken im Alten Griechenland, Stuttgart 1998); Andrew Dalby, Food in the Ancient World from A to Z, London 2003; Antonietta Dosi, A tavola con i Romani Antichi, Rom 1984; Gudrun Gerlach, Zu Tisch bei den alten Römern. Eine Kulturgeschichte des Essens und Trinkens, Stuttgart 2001. Anders als der Titel vermuten läßt, widmet sich auch Patrick Faas, Around the Roman Table, London 1994 (Neudruck 2003) weniger dem römischen Gastmahl als den ‚römischen’ Speisen, ergänzt um eine umfangreiche Rezeptsammlung, teilweise aus Apicius, teilweise aber auch aus anderen Autoren ausgewählt.
13 John Wilkins / Shaun Hill, Food in the Ancient World, Malden 2006. Die übrigen Kapitel widmen sich systematischen Themen und werden weiter unten besprochen. Laut Klappentext handelt es sich bei diesem Buch um einen „enjoyable, straightforward survey“, der dem „excitement of discovering the diverse lifestyles, ideas, and beliefs of ancient peoples“ dienen soll. Methodik und Literaturgrundlage (Quellen wie Sekundärliteratur) der Wilkins’schen Kapitel jedoch gehen weit über das hinaus, was eine populärwissenschaftliche Arbeit zum Thema für gewöhnlich leistet. In ähnlichem Stil sind die entsprechenden Kapitel in Michael Beer, Taste or Taboo: Dietary Choices in Antiquity, Totnes 2010 gehalten, wo aber weniger Quellenarbeit geleistet wird als bei Wilkins. Vgl. auch Penelope M. Allison, Pompeian Households. An Analysis of Material Culture, Los Angeles 2004.
14 Vgl. Barry Baldwin, Sordid Bread: More Food for Thought, Hermes 124, 1996, S. 27-29.
15 Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008.
16 David L. Thurmond, A Handbook of Food Processing in Classical Rome: For her Bounty no Winter, Leiden 2006.
17 Hierzu auch Kimberly B. Flint-Hamilton, Legumes in Ancient Greece and Rome: Food, Medicine, or Poison?, Hesperia 68, 1999, S. 371-385.
18 Speziell dazu s. Günther E. Thüry / Johannes Walters: Condimenta. Gewürzpflanzen in Koch- und Backrezepten aus der römischen Antike, 3. Aufl., Herrsching 1999; Andrew Dalby, Dangerous Tastes. The Story of Spices, Berkeley 2000.
19 Hierzu immer noch lesenswert Helen A. Forbes / Lin Foxhall, Sitometria. The Role of Grain as a Staple Food in Classical Antiquity, Chiron 12, 1982, S. 41-90.
20 Zur Trias s. besonders Janick Auberger, Manger en Grèce classique. La nourriture, ses plaisirs et ses contraintes, Québec 2010.
21 Francis Joannès, L’alimentation des élites Mésopotamiennes. Nourriture des rois et des dieux en Mésopotamie, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 23-38; vgl. auch Cécile Michel: L'alimentation au Proche-Orient ancien: les sources et leur exploitation, in: Brigitte Lion u.a., L'histoire de l'alimentation dans l'Antiquité. Bilan historiographique (DHA, Suppl. 7), Besançon 2012, S. 17-45.
22 Ludwig A. Moritz, Grain-Mills and Flour in Classical Antiquity, Oxford 1958; vgl. auch die populärwissenschaftliche Darstellung von M. Bringemeier, Vom Brotbacken in früherer Zeit, Münster 1961.
23 Paul Erdkamp, The Grain Market in the Roman Empire. A social, political and economic study, Cambridge 2005.
24 Nettoüberschuss wird von ihm definiert als Ertrag minus Saatgut für das folgende Jahr minus Verzehr durch die in der Landwirtschaft und auf landwirtschaftlichen Einrichtungen tätigen Personen: Ebenda, S. 54.
25 Janick Auberger, Manger en Grèce classique. La nourriture, ses plaisirs et ses contraintes, Québec 2010. Über den Titel des Buches hinausgehend werden auch Quellen aus archaischer und – vereinzelt – hellenistischer und römisch-republikanischer Zeit herangezogen.
26 Michael MacKinnon, Production and Consumption of Animals in Roman Italy: Integrating the Zooarchaeological and Textual Evidence, Portsmouth 2004; Hilary E.M. Cool, Eating and Drinking in Roman Britain, Cambridge 2006. Zum Fleischkonsum s. weiter Mireille Corbier, The Ambiguous Status of Meat in Ancient Rome, Food and Foodways 3, 1989, S. 223-264.
27 Peter Ørsted, Salt, Fish and the Sea in the Roman Empire, in: Inge Nielsen / Hanne S. Nielsen (Hrsg.), Meals in a Social Context. Aspects of the Communal Meal in the Hellenistic and Roman World, 2. Aufl., Aarhus 1998, S. 13-35 mit einer umfassenden Aufarbeitung der kaiserzeitlichen Gesetzgebung.
28 Jacques Jouanna, Le régime dans la médecine hippocratique, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 53-72.
29 Von seiner umfangreichen Bibliographie zu diesen Autoren seien nur einige genannt: John Wilkins, Les poissons faisaient-ils partie de la diète ancienne?, in: Jean-Nicholas Corvisier / Christine Didier / Martine Bellancourt-Valdher (Hrsg.), Thérapies, Médecine et Démographie antiques, Arras 2001, S. 183-191. Christopher Gill / Tim Whitmarsh / John Wilkins, Galen and the World of Knowledge, Cambridge 2010. Vgl. auch die entsprechenden Beiträge in: David C. Braund / John Wilkins (Hrsg.), Athenaeus and his World. Reading Greek Culture in the Roman Empire, Exeter 2000. John Wilkins ist auch Herausgeber einer neuen Galen-Ausgabe: Galien, Sur les facultés des aliments, Paris 2012.
30 So etwa in seriöser, doch mittlerweile veralteter Form bei Don Brothwell / Patricia Brothwell, Food in Antiquity, 2. Aufl., Baltimore 1998, S. 175-192.
31 Luigi Capasso, I fuggiaschi di Ercolano. Paleobiologia delle vittime dell’eruzione vesuviana del 79 D.C., Roma 2001.
32 Peter Garnsey, Famine and Food Supply in Graeco-Roman World, Cambridge 1988. Nicht weiter führt der unkritische Quellenüberblick von Ulrich Fellmeth, Brot und Politik. Ernährung, Tafelluxus und Hunger im antiken Rom, Stuttgart 2001, S. 129ff., doch hat er das Verdienst, anhand auch von nicht-literarischen Zeugnissen ein breiteres und damit aussagekräftigeres Bild zu zeichnen.
33 Paul Goukowsky, L’alimentation en Grèce et à Rome en temps de crise, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 123-146.
34 Maßgeblich hierzu ist die Gesetzessammlung bei Ernst Baltrusch, Regimen morum. Die Reglementierung des Privatlebens der Senatoren und Ritter in der römischen Republik und frühen Kaiserzeit, München 1989.
35 Michael Beer, Taste or Taboo. Dietary Choices in Antiquity, Totnes 2010.
36 Zum Tyrannenmahl: Raban von Haehling, Der obstessende Kaiser. Ein Paradigma für luxuria in der Tyrannentopik der Historia Augusta, in: Klaus Rosen (Hrsg.), Bonner Historia-Augusta-Colloquium 1986 / 1989, Bonn 1991, S. 93-106; Justin Goddard, The Tyrant at Table, in: Jan Eisner / Jamie Masters (Hrsg.), Reflections of Nero: Culture, History & Representation, London 1994, S. 67-82; Andrew Dalby, To Feed a King: Tyrants, Kings and the Search for Quality in Agriculture and Food, Pallas 25, 2000, S. 133-144; Konrad Vössing, Mensa Regia. Das Bankett beim hellenistischen König und beim römischen Kaiser, München 2004; Werner Tietz, Das ‚einsame’ Mahl im römischen Moraldiskurs, in: Konrad Vössing (Hrsg.), Das römische Bankett im Spiegel der Altertumswissenschaften. Internationales Kolloquium, Oktober 2005, Stuttgart 2008, S. 158-168; zum Fischkonsum: James Davidson, Courtesans and Fishcakes, London 1997; Alfred C. Andrews, The Codfishes of the Greeks and Romans, Journal of the Washington Academy of Science 39, 1949, S. 1-20; zu Vegetarismus und Bohnentabu: Peter Garnsey, The Bean: Substance and Symbol, in: Ders., Cities, Peasants, and Food in Classical Antiquity. Essays in Social and Economic History, hrsg. v. Walter Scheidel, Cambridge 1998, S. 214-225; zu den jüdischen Speisevorschriften und ihrem Bild innerhalb der Mittelmeergesellschaften: Timothy John Leary, Jews, Fish, Food Laws and the Elder Pliny, ActCl 37, 1994, S. 111-114; Cristiano Grottanelli, Avoiding Pork: Egyptians and Jews in Greek and Latin Texts, in: Cristiano Grottanelli / Lucio Milano (Hrsg.), Food and Identity in the Ancient World, Padua 2004, S. 59-93; Erich S. Gruen, Diaspora. Jews amidst Greeks and Romans, Cambridge Mass. 2002.
37 An herausragenden älteren Studien sind zu nennen: John D’Arms, Performing Culture: Roman Spectacle and the Banquets of the Powerful, in: Bettina Bergmann / Christine Kondoleon (Hrsg.), The Art of Ancient Spectacle, New Haven 1999, S. 301-319; James N. Davidson, Courtesans & Fishcakes. The Consuming Passions of Classical Athens, New York 1998.
38 Pauline Schmitt Pantel, Culture du banquet chez les élites grecques, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 73-90; vgl. auch Dies., Les banquets dans les cités grecques: bilan historiographique, in: Brigitte Lion u.a., L'histoire de l'alimentation dans l'Antiquité. Bilan historiographique (DHA, Suppl. 7), Besançon 2012, S. 73-93.
39 Oswyn Murray (Hrsg.), Sympotica. A symposion on the symposion (1984), Oxford 1990.
40 S. dazu besonders John D’Arms, The Roman Convivium and the Idea of Equality, in: Oswyn Murray (Hrsg.), Sympotica. A Symposium on the Symposium, Oxford 1990, S. 308-320. Die Traditionsstränge des Symposions verfolgt anhand der Sitte der xenia und anderer Sitten rund um das antike Gastmahl Bernadette Cabouret, Rites d’hospitalité chez les élites de l’antiquité tardive, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 187-222.
41 Horst Blanck, Essen und Trinken bei Griechen und Römern, AW 11.1, 1990, S. 17-24.
42 Vgl. etwa die Beiträge im dem speziell der griechisch-römischen Problematik gewidmeten Sammelband Inge Nielsen / Hanne S. Nielsen (Hrsg.), Meals in a Social Context. Aspects of the Communal Meal in the Hellenistic and Roman World, 2. Aufl., Aarhus 1998.
43 Konrad Vössing, Mensa Regia. Das Bankett beim hellenistischen König und beim römischen Kaiser, München, Leipzig 2004. Eine entscheidende formative Phase dieser Entwicklung beleuchtet der Beitrag von Inge Nielsen, Royal Banquets: the Development of Royal banquets and Banqueting Halls from Alexander to the Tetrarchs, in: Inge Nielsen / Hanne S. Nielsen (Hrsg.): Meals in a Social Context. Aspects of the Communal Meal in the Hellenistic and Roman World, 2. Aufl., Aarhus 1998, S. 102-133. Gerade erschienen: Cathérine Grandjean / Christophe Hugoniot / Brigitte Lion (Hrsg.), Le banquet du monarque dans le monde antique (Orient, Grèce, Rome), Tours 2012.
44 Vgl. zu Letzterem Justin Goddard, The Tyrant at Table, in: Jan Eisner / Jamie Masters (Hrsg.), Reflections of Nero: Culture, History & Representation, London 1994, S. 67-82.
45 Elke Stein-Hölkeskamp, Das römische Gastmahl. Eine Kulturgeschichte, München 2005.
46 Die Autorin verarbeitet darin nicht nur ältere oder zeitgleich erschienene kleinere Arbeiten wie Ciceronische convivia: Der rastlose Republikaner und die zügellosen Zecher, Hermes 129, 2001, S. 362-376, Culinarische Codes: Das ideale Bankett bei Plinius dem Jüngeren und seinen Standesgenossen, Klio 84, 2002, S. 465-490 oder Damen beim Dinner: Zu Tisch mit Lesbia und Livia, Hermes 133, 2005, S. 196-214, sondern geht hinsichtlich des sozialen und chronologischen Spektrums auch wesentlich darüber hinaus.
47 Hal Taussig, In the Beginning was the Meal. Social Experimentation and Early Christian Identity, Minneapolis 2009. Vgl. in Grundzügen schon Geert Hallbäck, Sacred meal and Social meeting: Paul’s Argument in 1 Cor. 11, S. 17-34, in: Inge Nielsen / Hanne S. Nielsen (Hrsg.), Meals in a Social Context. Aspects of the Communal Meal in the Hellenistic and Roman World, 2. Aufl., Aarhus 1998, S. 167-176 und besonders L. Michael White, Regulating Fellowship in the Communal Meal: Early Jewish and Christian Evidence, ebenda S. 177-205. Vgl. jetzt auch Konrad Vössing, Das ‘Herrenmahl’ und 1 Cor. 11 im Kontext antiker Gemeinschaftsmähler, JbAC 54, 2011, S. 41-72.
48 Vgl. dazu P. Bilde, The Common Meal in the Qumran-Essene Communities, in: Inge Nielsen / Hanne S. Nielsen (Hrsg.), Meals in a Social Context. Aspects of the Communal Meal in the Hellenistic and Roman World, 2. Aufl., Aarhus 1998, S. 145-166.
49 Vgl. zu diesem Themkomplex auch den Überblick bei Katherine M.D. Dunbabin / William J. Slater: Roman Dining, in: Michael Peachin (Hrsg.): The Oxford Handbook of Social Relations in the Roman World, Oxford 2011, S. 438-466.
50 André Tchernia, Le convivium romaine et la distinction sociale, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 147-156.
51 Anja Bettenworth, Gastmahlszenen in der antiken Epik von Homer bis Claudian. Diachrone Untersuchungen zur Szenentypik, Göttingen 2004.
52 Barbara K. Gold / John F. Donahue (Hrsg.), Roman Dining, Baltimore 2005.
53 Vgl. dazu Justin P. Goddard, Moral Attitudes to Eating and Drinking in Ancient Rome, Cambridge 1994; Veronica Grimm, From Feasting to Fasting, the Evolution of a Sin, London, New York 1996; Dies., On Food and the Body, in: David S. Potter (Hrsg.), A Companion to the Roman Empire, Oxford u.a. 2006, S. 354-369.
54 Konrad Vössing (Hrsg.), Das römische Bankett im Spiegel der Altertumswissenschaften, Stuttgart 2008.
55 Zu diesem Teilaspekt s. in besonderer Breite aus archäologischer Sicht die Monographie einer der Beiträgerinnen: Katherine M. D. Dunbabin, The Roman Banquet. Images of Convivality, Cambridge 2004.
56 Dirk Schnurbusch, Convivium. Form und Bedeutung aristokratischer Geselligkeit in der römischen Antike, Historia Einzelschriften 219, Stuttgart 2011.
57 Zu letzteren s. außerdem speziell Anthony Corbeill, Dining Deviants in Roman Political Invective, in: Judith P. Hallett / Marylin B. Skinner (Hrsg.), Roman Sexualities, Princeton 1998, S. 99-128.
58 Jason König (Hrsg.), Saints and Symposiasts: The Literature of Food and the Symposium in Greco-Roman and Early Christian Culture. Cambridge, New York 2012.
59 Pauline Schmitt Pantel, La cité au banquet. Histoire des repas publics dans les cités grecques, Paris 1992.
60 John F. Donahue, The Roman Community at Table during the Principate, Ann Arbor 2004.
61 Konrad Vössing, Das römische Trinkgelage (commissatio) – eine Schimäre der Forschung?, in: Ders. (Hrsg.), Das römische Bankett im Spiegel der Altertumswissenschaften, Stuttgart 2008, S. 169-189.
62 Ernst Baltrusch, Regimen morum. Die Reglementierung des Privatlebens der Senatoren und Ritter in der römischen Republik und frühen Kaiserzeit, Vestigia 41, München 1988.
63 Robert W. Davies, The Roman Military Diet, Britannia 2, 1971, S. 122-142; Willy Gronemann-Van Waateringe, Food for Soldiers, Food for Thought, in: John C. Barrett u.a. (Hrsg.), Barbarians and Romans in North-West Europe, Oxford 1989, S. 96-107; Marcus Junkelmann, Panis Militaris. Die Ernährung des römischen Soldaten oder Der Grundstoff der Macht, Mainz 1997, dort S. 215-241 ein bibliographischer Überblick über die benutzten Grabungspublikationen. Zur Privilegierung römischer Militärlager im Unterschied zu zivilen Siedlungen in Britannien s. Hilary E. M. Cool, Eating and Drinking in Roman Britain, Cambridge 2006 passim; Marijke van der Veen, Food as Embodied Material Culture: Diversity and Change in Plant Food Consumption in Roman Britain, JRA 21.1, 2008, S. 83-109.
64 Heleen Sancisi-Weerdenburg, Persian Food: Stereotypes and Political Identity, in: Mike J. Dobson / F. David Harvey / John Wilkins (Hrsg.), Food in Antiquity, Exeter 1995, S. 286-302.
65 John Wilkins, The Significance of Food and Eating in Greek Comedy, LCM 18.5, 1993, S. 66-74; Ders., The Boastful Chef. The Discourse on Food in Ancient Greek Comedy, Oxford 2000.
66 John Wilkins, Disorder and Luxury at the Feast: Problematic Dining in Ancient Greece, New Comparison 24, 1997, S. 5-22, und: La comédie grecque et l’alimentation des élites, in: Jean Leclant/ André Vauchez/ Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 157-170. Hier schildert er den Zusammenhang der Komödientopoi mit dem generellen literarischen Diskurs, wobei klar wird, wie sehr den Eliten über kulinarische Zeichen der Vorwurf gemacht werden konnte, die Güter der Polis zu ‚verzehren’.
67 Sophie Collin-Bouffier, Le poisson dans le monde grec, mets d’élites? in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 91-121.
68 John Wilkins, Social Status and Fish in Greece and Rome, in: Gerald Mars/ Valerie Mars (Hrsg.), Food, Culture, and History I (London Food Seminar 1993), London 1993, S. 191-203; Stavros A. Frangoulidis, Food and Poetics in Plautus, Captivi, AC 65, 1996, S. 225-230; John Wilkins, Land and Sea: Italy and the Mediterranean in the Roman Discourse of Dining, in: Barbara K. Gold/ John F. Donahue (Hrsg.), Roman Dining. Dedicated to the Memory of John Haughton D’Arms, Baltimore 2005, S. 31-47.
69 Zur speziellen Rolle der Satire hierbei s. die knappen Bemerkungen von Nicola A. Hudson, Food in Roman Satire, in: Susanna H. Braund (Hrsg.), Satire and Society in Ancient Rome, Exeter 1989, S. 69-87; S. 136-139.
70 Charles Feldman, Ancient Roman Dining. Food Transformation, Status and Performance (Ph.D. thesis NYU 2003), Saarbrücken 2009.
71 Werner Tietz, Dilectus ciborum. Essen im Diskurs der römischen Antike, Göttingen 2013.
72 Jean-Pierre Vernant / Marcel Detienne (Hrsg.), La cuisine du sacrifice en pays grecs, Paris 1979.
73 William Van Andringa (Hrsg.), s. oben Anm. 8.
74 Vgl. Gunnel Ekroth, Meat for the gods, in: Vinciane Pirenne-Delforge/ Francesca Prescendi (Hrsg.), Nourrir les dieux? Sacrifice et representation du divin. Actes de la VIe rencontre du Groupe de recherche européen «FIGURA. Représentation du divin dans les sociétés grecque et romaine» (Université de Liège, 2009), Liège 2011, S. 15-41.
75 Sebastien Lepetz / William Van Andringa (Hrsg.), Archéologie du sacrifice animal en Gaule romaine. Rituels et pratiques alimentaires, Montagnac 2008.
76 Francis Joannès, L’alimentation des élites Mésopotamiennes. Nourriture des rois et des dieux en Mésopotamie, in: Jean Leclant / André Vauchez / Maurice Sartre (Hrsg.), Pratiques et discours alimentaires en Méditerranée de l’antiquité a la renaissance, Paris 2008, S. 23-38.
77 Einen aufgrund der ungeheuren Breite seines Gegenstandes nur knappen, aber wertvollen Überblick hierüber bietet Frederick J. Simoons, Eat not this Flesh. Food Avoidances from Prohistory to the Present, 2. Aufl. Madison 1994.
78 Weiterführend hierzu Alessandro Schiesaro, The Passions in Play. Thyestes and the Dynamics of Senecan Drama, Cambridge 2003 passim. Vgl. auch Matthew Leigh, Varius Rufus, Thyestes and the Appetites of Antony, PCPS 42, 1996, S. 171-197.
79 Ferdinand Fellmann, Kulturelle und personale Identität, in: Gerhard Neumann / Hans Jürgen Teuteberg / Alois Wierlacher (Hrsg.), Kulturthema Essen. Ansichten und Problemfelder, Kulturthema Essen I, Berlin 1993, S. 27-36; Don Brothwell/ Patricia Brothwell, Food in Antiquity. A Survey of the Diet of Early Peoples, 2. Aufl. Baltimore 1998, S. 23-25; Oddone Longo, The Food of Others, in: Jean-Louis Flandrin / Massimo Montanari / Albert Sonnenfeld (Hrsg.), Food: A Culinary History, New York 1999, S. 153-162. Vgl. bereits Manfred Fuhrmann, Die Funktion grausiger und ekelhafter Motive in der lateinischen Dichtung, in: Hans R. Jauß (Hrsg.), Die nicht mehr schönen Künste. Grenzphänomene des Ästhetischen, München 1968, S. 23-66.
80 John Scheid, Interdits et exclusions dans les banquets sacrifiels romains, in: Cristiano Grottanelli / Lucio Milano (Hrsg.), Food and Identity in the Ancient World, Padua 2004, S. 123-139.