Der Begriff der Medien hat in den letzten Jahren einen beeindruckenden Aufstieg erfahren. Nicht nur in der Publizistik oder Medienwissenschaft im engeren Sinn, auch in der Philosophie, der Linguistik, und nicht zuletzt den vielgestaltigen Kulturwissenschaften firmiert das „Medium“ und das „Mediale“ als neuer Grundbegriff in Begründung. So sprechen manche, in Anlehnung an den linguistic turn, bereits von einer medienwissenschaftlichen Wende.
Das vorliegende Buch macht es sich zur Aufgabe, diese Entwicklung zu reflektieren. Der Begriff „Mediologie“, bereits in den 80er Jahren von dem prominenten französischen Theoretiker Régis Debray geprägt, dient uns hierbei als Aufhänger und als Leitmetapher: Ausgehend von Debray, aber in generalisierter Weise, verstehen wir unter „Mediologie“ Versuche, das reziproke Verhältnis von kulturellen Repräsentationen auf der einen, ihren materiell-technischen sowie sozial-institutionellen Bedingungen oder „Milieus“ auf der anderen Seite zu erfassen.
Nach gewohnter Sinn-haft Manier haben wir dieses theoretische Anliegen anhand eines Ausschnitts zeitgenössischer Alltagskultur fokussiert: dem Verhältnis der Menschen zu den/ihren „Dingen“. Keine Großtheorie also, in der das Medium zum neuen transzendentalen Subjekt würde, keine zeitdiagnostische Spekulation, kein neuer Schlüssel zur medialen Konstitution der Lebenswelt: Sinn-haft bleibt bei der kleinen Form. Wir wollen uns den vielen Dingen zuwenden, mit denen wir vernetzt leben, unseren Alltag verbringen, mit denen wir wohnen, die wir einkaufen, verbrauchen und gebrauchen. Das folgt wohl einer „mediologischen“ Inspiration: nicht primär nach der symbolischen Ordnung fragen, nach den feinen Unterschieden, den Identitäten oder der Macht, sondern nach dem, was Dinge tun, und wie wir uns mit ihnen verbinden.
Redaktion Über Mediologie: Ein Gespräch
Régis Debray Der doppelte Körper des Mediums
Birgit Lang Die Katze, der Cyborg: Betrachtungen am Ende einer langen Reise
Agnieszka Dzierzbicka Von einäugigen Teddybären, abgeschmuddelten Polstern und Schmusedecken: Im Zweifelsfall für eine Bindung an Objekte
Marie Glaser Nachdenken über eine Obsession oder: wenn ich schlafe liegt mein Handy neben mir
Thomas Ballhausen Gemeinsame Güter: Ein Bescheid aus der Parallelwelt
Oliver Uschmann Assoziative Hyperlinks: Vom Umgang mit den Dingen in der jüngsten deutschen Literatur
Jürgen Engel Kunst und Honig
Elke Krasny KünstlerInnen-Alltagsdinge
Jutta Franzen Die Einkaufstasche
Saskia Haag Stifters "Dichtung des Plunders"
Christian Haug Playmobil: Technik, Projektionsfläche, Gesellschaftsattrappe
Anette Hülsenbeck / Ellen Harlizius-Klück Hahnentritte, oder: Über die Liebe im Stoffmuster und den Satz des Pythagoras
Sergius Kodera Passions, unlimited & bonds, diversified: the transformation of magic in the philosophy of Giordano Bruno
Tobias Nanz Zur Sichtbarkeit der Dinge
Kerstin Andermann Dinge und Körper: Zwei Korrelate der lebendigen Wahrnehmung
Holger Schulze Das pedantische Leben
Jens Kastner "Gegen die Abstraktion des globalen Kapitals": Das Foto als Transporter: Allan Sekula und postmoderne Fotografie ohne Postmoderne
Lawrence Grossberg Neoliberalismus - eine ökonomische Verschwörung?
Marcus Hammerschmitt Chance