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TRN-Newsletter Special Issue 2006
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Zum "Trauma"-Begriff in Psychologie und Kulturwissenschaften

Erschienen
Hamburg 2006: Selbstverlag
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Institution
TRN-Newsletter
Land
Deutschland
c/o
Cornelia Berens Trauma Research Net, Hamburger Institut für Sozialforschung Mittelweg 36 20148 Hamburg
Von
Cornelia Berens

TRN-Newsletter Special Issue 2006
Zum "Trauma"-Begriff in Psychologie und Kulturwissenschaften

Aus der Einleitung der beiden Gastherausgeberinnen Ilka Lennertz und Karin Windt:

Der ‚Trauma‘-Begriff hat in den vergangenen Jahren zum einen in den akademischen Diskursen zu intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzungen geführt und ist zum anderen breit in die Medien- und Alltagssprache eingegangen. Der mittlerweile geradezu inflationäre Gebrauch von ‚Trauma‘ zeugt von der zunehmenden Psychologisierung kultureller, historischer und sozialer Phänomene. [...]

Während in Psychologie/Psychiatrie oft individuelles Erleben und „Symptome“ in Hinblick auf pragmatische Fragen (Diagnostik/Therapie) im Vordergrund stehen, wird „Trauma“ in den Kultur- und Literaturwissenschaften als Deutungsmuster für überindividuelle kulturelle, geschichtliche und gesellschaftliche Phänomen herangezogen.

Im Sommer 2004 traf sich ein Kreis an ‚Trauma‘ interessierter und zum Thema arbeitender Nachwuchswissenschaftlerinnen in Berlin, um im interdisziplinären Austausch Schlaglichter auf die Bedeutungsvielfalt des Begriffs ‚Trauma‘ zu werfen und in der gegenseitigen Vermittlung der heterogenen Verwendungen darüber zu diskutieren, wie er je sinnvoll anwendbar sein kann. Es wurde die Chance gesehen, in der transdisziplinären Vermittlung zwischen den individualpsychologischen und kollektiv orientierten Deutungsansätzen und Verwendungen wechselseitig befruchtende Einsichten zu erlangen, die jenseits von Verflachung oder reiner Metaphorisierung von ‚Trauma‘ liegen.

Die vorliegenden vier Beiträge sind die überarbeiteten impulsgebenden Vorträge dieses Workshops, der auf lebhaftes Interesse stieß und facettenreiche Diskussionen zum Bereich ‚Trauma‘ ermöglichte. Unterstützt wurde das Treffen durch die Heinrich Böll Stiftung, der wir für ihre Unterstützung danken.

Ilka Lennertz geht in ihrem Beitrag anhand von für die Theoriebildung bedeutsamen Beispielen auf die Forschungsgeschichte und Entwicklung des Trauma-Begriffes in der Psychoanalyse und in der klinischen Psychologie ein, um damit eine Diskussionsgrundlage für eine interdisziplinären Auseinandersetzung über Schnittstellen und Differenzen der verschiedenen Traumadiskurse zu schaffen.

Karin Windt zeichnet in ihrem Aufsatz - neben einem kurzen Blick auf den allgegenwärtigen Referenzpunkt Freud - tragende Schauplätze dieses inzwischen zum umfassenden kulturellen Deutungsmuster gewordenen Begriffes innerhalb der heutigen Literatur- und Kulturtheorie im Kontext der Holocaustdebatten nach. Sie erläutert die Kreuzungspunkte, an denen die individualpsychologische Kategorie der traumatischen Erfahrung metapsychologisch auf Kultur, Geschichte und kollektives Gedächtnis bezogen wurde und werden kann.

Im Anschluss an diese beiden theoretisch orientierten Beiträge befasst sich Anna Lipphardt auf empirischer Ebene mit der kollektiven und individuellen Kulturarbeit der Wilnaer Juden in der Diaspora, welche entscheidend vom Trauma des Holocaust geprägt ist. Dabei widmet sie sich vorrangig Orten, Trauerorten und -riten, an denen die Verschränkung von (transnationaler) Trauer-, Erinnerungs- und Kulturarbeit sowie von individueller Trauer und gemeinschaftlichem Gedenken besonders deutlich wird – „Trauma“ ist dabei Voraussetzung und integraler Bestandteil dieser Erinnerungsarbeit.

Abschließend wirft Kathrin Groninger einen kritischen Blick auf die psychotherapeutische Arbeit im Kontext globaler Menschenrechtsverletzungen vor dem Hintergrund ihrer Praxiserfahrung im Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen. Ihr Beitrag widmet sich der Frage, ob die ‚Traumaregelungen’ für bosnische und kosovarische Bürgerkriegsflüchtlinge aus psychologischer Sicht zur gesellschaftlichen Anerkennung der Leiden führen oder ob sie nicht die Tendenz zur Verleugnung von Gewalt verstärken und allenfalls ein Instrument der Verwaltung darstellen. Dabei wird erkennbar, auf welche Weise der „Trauma“-Begriff gegenwärtig im politischen Diskurs verwendet und im Sinne machtpolitischer Verhältnisse instrumentalisiert wird.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt:

Cornelia Berens, Foreword

Ilka Lennertz und Karin Windt, Zum „Trauma“-Begriff in Psychologie und Kulturwissenschaften. Einleitung

Ilka Lennertz, Trauma-Modelle in Psychoanalyse und klinischer Psychologie

Karin Windt, Das Trauma als Narrativ und kulturelles Deutungsmuster

Anna Lipphardt, Topographien des Todes – Grabstätten, Trauerriten und Gedenkveranstaltungen der „Vilne-Diaspora“ nach dem Holocaust. Kulturwissenschaftliche Annäherung an den „Trauma“-Begriff

Kathrin Groninger, Flüchtlinge und Traumabearbeitung: im Spannungsfeld ausländerrechtlicher Weisung und psychotherapeutischer Hilfe

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