HISTORIE bedeutet in der polnischen Sprache auch − wie im Deutschen − „Erzählung“, ist aber vor allem der Nominativ Plural des Substantivs „historia“ (Geschichte), das immer noch die von den Historikern betriebene wissenschaftliche Disziplin bezeichnet. Was den Titel unseres Jahrbuches angeht, so hat der eigensinnige Gebrauch des Pluralis Majestatis eine doppelte Bedeutung: eine symbolische und eine praktische. Beide verbinden und überschneiden sich und ergeben dabei für das Instrumentarium des Historikers eine neue interessante Erfahrung.
Das Leitmotiv der zweiten Ausgabe ist die erzählte und erinnerte Geschichte. Die versammelten Beiträge beschäftigen sich mit der theoretischen Reflexion über das kollektive Gedächtnis und zeigen zugleich die praktische Umsetzung der Theorie auf. Sie verbinden die Geschichte zweiten Grades mit der Beziehungsgeschichte und wollen durch eine detaillierte Analyse der deutsch-polnischen Beziehungen zu einem universalen Fragenkatalog gelangen. Darüber hinaus wollen wir den Lesern aktuelle Informationen über die wesentlichen geschichtswissenschaftlichen Probleme und Debatten in Polen liefern.
INHALT
EditorialRobert Traba
I. PANORAMA: HISTORIE IN POLEN
Robert Traba: „Die andere Seite der Erinnerung“. Über das Gedächtnis in der historischen Erfahrung Ostmitteleuropas im 19. und 20. Jahrhundert
Maciej Górny: Historiographiegeschichte und marxistisches Erbe. Volksrepublik Polen, DDR und Tschechoslowakei im Vergleich
Jerzy Jedlicki: Paradoxes and Controversies of Modernization: a View from Poland
Maciej Górny: Die Geschichte der polnischen Intelligenz bis zum Jahre 1918
Stephan Stach: Holocaust und Kalter Krieg im deutsch-polnisch- jüdischen Kontext – Das Jüdische Historische Institut in Warschau und die beiden deutschen Staaten
Karol Modzelewski: Geschichte und Erfahrung. Bronisław Geremek ad memoriam
II. HISTORIE ERINNERN – HISTORIE ERZÄHLEN
Etienne François: Erinnernungsorte zwischen Geschichtsschreibung und Gedächtnis. Eine Forschungsinnovation und ihre Folgen
Georg Kreis – Pierre Nora besser verstehen – und kritisieren
Kornelia Kończal: Deutsch-polnische Erinnerungsorte: Wie die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte neu konzeptualisiert werden kann
Zofia Wóycicka: Auschwitz/Oświęcim: ein Ort – vielerlei Erinnerungen
Hans-Jürgen Bömelburg: Reich und Rzeczpospolita – Parallele Erinnerungsorte in Deutschland und Polen
Andreas Lawaty: Kulturelles Vergessen – kulturkritisch und politisch
Lech Nijakowski: Smaragdus Europae. Schlesische Erinnerungsgemeinschaften und diskursive Reproduktion der polnischen Nation
Katharina Blumberg-Stankiewicz: Die 1980er Jahre als Einwanderungsjahre ohne Einwanderungsland. Eine zweite Generation von Migranten aus Polen positioniert sich
III. HISTORIE AM ZENTRUM FÜR HISTORISCHE FORSCHUNG
Klaus Zernack: „Historiker sind besonders angewiesen auf Bücher, weil sie die Lesbarkeit der Welt zu behüten haben“. Rede zur Eröffnung der Bibliothek des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften am 27. September 2008
Ausstellung: My, berlińczycy!/Wir Berliner! Geschichte einer deutsch-polnischen Nachbarschaft, Berlin (20.03.-14.06.2009)
Iwona Meier: Ausstellung und ihre Resonanz. Ein Bericht
Piotr Buras: Neue Impulse im deutsch polnischen Dialog über das kollektive Gedächtnis
Veranstaltungen des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften 2008-2009
Förderpreis des Botschafters der Republik Polen 2009
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