„Arm, aber sexy“ – Berlins Affinität zur Krise schlägt sich in vielen Repräsentationen der Stadt nieder. Aber welche sozialen Positionen lassen sich in einer ökonomisch krisenhaften Stadt wie Berlin erreichen? Die Beiträge von Stoffwechsel Berlin widmen sich unterschiedlichen Alltagspraktiken urbaner Verortung. Zugleich reflektieren sie den besonderen Charakter Berlins und untersuchen die Stadt als Stoffwechsel von Materiellem und Immateriellem. Diese Metapher scheint viele Prozesse zu erfassen, die Urbanität ausmachen. Das Interesse der ethnografischen Stadtforschung gilt dabei zum einen der Stadt als »metabolischer« Akteurin, die urbane Prozesse nicht nur anhand lokalspezifischer Konstellationen von Transportmitteln, Menschen, Tieren usw. verkörpert, sondern aufgrund ihrer Komplexität Urbanität erst hervorbringt. Zum anderen betonen ethnografische Perspektiven auf die Stadt das räumlich Unabgeschlossene, das Kernlose des Städtischen, das aus Relationen unterschiedlicher Art besteht (wie etwa Verkehr, Migration, Vergleich). Beide Perspektiven zusammen zeigen, dass Städte aus einer Vielzahl (translokaler) Netzwerke bestehen, die durch lokalspezifische Systeme zusammengehalten, d. h. kontrolliert, kanalisiert und dirigiert werden. Der Horizont der Beiträge reicht vom Mikrokosmos Berliner Pfandleihen bis zur transnationalen Zirkulation von Waren, Informationen und Atmosphären in Neuköllner Afro-Shops. Er umfasst Auseinandersetzungen um die Neugestaltung öffentlicher Räume ebenso wie die Einschreibung von Moscheevereinen in die Stadtlandschaft.
Inhalt
Alexa Färber Urbane Präsenzen und Repräsentationen Eine Einleitung
Wanda Hummel Zwielichtig? Überlebenswichtig?! Ethnografische Erkundungen in Berliner Pfandleihhäusern
Jana Taube Afro-Shops in Berlin-Neukölln Überlebensökonomie in transnationalen sozialen Räumen
Moritz Ege Eine Ästhetik der Territorialität Postleitzahlen und urbanes Charisma in der Berliner „Straßenmode“
Lisa Heinrich Die Brauseboys Männlichkeitsstile in der Berliner Lesebühnenszene
Gertrud Hüwelmeier und Kristine Krause Der Heilige Geist im Gewerbegebiet Transformationen der religiösen Landschaft Berlins am Beispiel pentekostaler Netzwerke
Alexa Färber und Riem Spielhaus Zur Topografie Berliner Moscheevereine Stadträumliche Voraussetzungen und urbane Kompetenzen der Sichtbarmachung
Gisa Weszkalnys A Citizenly Engagement with Place
Erwin Riedmann Soziale Beziehungen und politische Mobilisierung im Armutsquartier der neoliberalen Stadt
Viola-Donata Rauch Gestatten, Berlinerin Zum Verhältnis von Stadt und Zugehörigkeit bei Nachkommen von ImmigrantInnen aus der Türkei
Stephan Lanz ‚BĘŘŁŸN under construction’ Die Diskursformation ‚Einwanderungsstadt Berlin‘