Editorial
Als sich vor nunmehr rund einhundert Jahren, am 9. Mai 1907, geschichtsinteressierte Bürger unserer Stadt zusammenfanden, um einen Kölnischen Geschichtsverein zu gründen, war nicht absehbar, welchen Weg dieser junge und doch »verspätet« entstandene Verein in der bereits reich ausgeprägten städtischen und rheinischen Geschichtslandschaft nehmen würde. Auch war nicht abzuschätzen, wie sich das Interesse an der Geschichte der Stadt Köln und die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement dafür künftig entwickeln würden.
Zu den bereits ganz zu Anfang festgelegten Zielen des Kölnischen Geschichtsvereins zählt vor allem die Absicht, ein vertieftes Interesse an der Geschichte der Stadt Köln zu wecken. So verbindet der KGV seit nun einhundert Jahren historische Forschung und bürgerschaftliches Engagement in ihrem gemeinsamen Interesse an der Geschichte Kölns.
Von vornherein verstand der KGV dabei unter »Geschichte« viel mehr als nur die politische Geschichte. Den Bewohnern Kölns in der Vergangenheit, der Kulturgeschichte der Stadt, ihrem Umland und der Region, dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben, der Kunst- und Architekturgeschichte aller Epochen der Kölner Stadtgeschichte von der Antike bis zur jüngsten Vergangenheit galt – und gilt – die Aufmerksamkeit. Fachkundige Vorträge, Besichtigungen und Stadtwanderungen, Exkursionen in die Region und Publikationen bieten seither den Kölnern die Möglichkeit, sich vertieftes Wissen über ihre Stadt und damit über ihre eigene Geschichte anzueignen und dabei Menschen zu begegnen, die sich ebenfalls mit der Stadtgeschichte befassen.
Das seit 1912 erscheinende Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins leistet dabei einen zentralen Beitrag. Als es erstmals erschien, hielten die Herausgeber vor allem zwei Ziele fest: Das Jahrbuch sollte »Bausteine zu dem großen Bau einer umfassenden Darstellung der kölnischen Geschichte herbeischaffen«, was in bislang 78 Bänden geschehen ist. Und es sollte eine Zeitschrift sein, die »die Erforscher und Freunde kölnischer Geschichte um sich schart und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Forschungsergebnisse einem größeren Kreise zugänglich zu machen«. Zu diesen intensiven Bemühungen zählen auch die Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins, unsere Schriftenreihe, in der seit 1914 größere wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte Kölns in zwangloser Reihenfolge erscheinen.
Ursprünglich bestand die Idee, zum einhundertjährigen Jubiläum unseres Vereins eine Festschrift vorzulegen, doch dies ließ sich aus unterschiedlichen Gründen nicht verwirklichen – vor allem, weil die Quellenlage für viele Abschnitte der Vergangenheit des Vereins leider recht dürftig ist. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass unser Vorstandsmitglied Prof. Dr. Otto Dann die Mühe auf sich genommen hat, die Geschichte der Gründung des Kölnischen Geschichtsvereins und seine Aktivitäten im ersten Jahrzehnt seines Bestehens zu untersuchen. Wir freuen uns, die Ergebnisse seiner Forschungen in diesem Jahrbuch vorlegen zu können. Entgegen der langjährigen Gepflogenheit, die Aufsätze in ihrer chronologischen Abfolge darzubieten, eröffnen seine Ausführungen daher auch das diesjährige JKGV. Die Zitate in diesem Editorial sind zumeist seinem Beitrag entnommen.
Auch in diesem Jahr bietet das Jahrbuch in gewohnter Weise zahlreiche aufschlussreiche Beiträge, wobei ein gewisser Schwerpunkt auf der frühen Neuzeit liegt. So geht der zweite Aufsatz einer Frage nach, die bis heute aktuelle Bezüge aufweist: Wie wurde man im 15. und 16. Jahrhundert Bürger dieser Stadt? Woher kamen die Zuwanderer und was ist über ihre Integration in die städtische Gesellschaft zu sagen? An der Veränderung der Sprache des innerstädtischen Diskurses im späten 16. Jahrhundert zeigt der dritte Artikel eine bedeutsame Entwicklung auf: den Weg vom Recht der Bürger zum Sorgerecht des Stadtrates. Um die Namensgeschichte der Stadt Deutz vor allem in Chroniken der frühen Neuzeit und um die daraus zu ziehenden Erkenntnisse geht es im vierten Aufsatz. Der fünfte Beitrag verbindet Kunst- und Stadtgeschichte. Indem hier das auf einem Gemälde aus dem Jahre 1627 dargestellte Kölner Ehepaar identifiziert wird, kann nicht nur nachgewiesen werden, dass die Dargestellten Mitglieder eines europaweit agierenden Handelsnetzes waren, sondern zugleich werden auch wichtige Aspekte des kulturellen und religiösen Lebens im Köln des 17. Jahrhunderts beleuchtet. Der Entwicklung eines bekannten Kölner Unternehmens, der Kalker Trieur, in der Zeit von 1918 bis 1937 ist die sechste, umfangreiche Studie gewidmet. Der abschließende Beitrag behandelt facettenreich ein Großereignis in der neueren Geschichte Kölns – die Jahrtausendausstellung der Rheinlande im Jahr 1925.
Im ersten Band unseres Jahrbuches hielt Friedrich Carl Heimann, erster Vorsitzender und Initiator des Kölnischen Geschichtsvereins, Stadtbaurat und zugleich erster städtischer Konservator, noch einmal die Ziele fest, die der KGV sich gesteckt hatte: »Der Verein sieht seine vornehmste Aufgabe darin, alle Freunde Kölnischer Geschichte um sich zu sammeln, die Kölner für ihre Vaterstadt und deren Geschichte zu begeistern«. – Zugleich richtete er einen wichtigen Appell an die geschichtsinteressierten Menschen in dieser Stadt: Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedarf es der tätigen Teilnahme der Kölner Bürger. Dazu sind Sie, verehrte Leserinnen und Leser, herzlich eingeladen.
Köln, im Dezember 2007
Manfred Groten/Ulrich S. Soénius/Stefan Wunsch
INHALT
Editorial Manfred Groten/Ulrich S. Soénius/Stefan Wunsch JKGV 78 (2007), S. 7-8
Otto Dann Das Projekt eines Kölnischen Geschichtsvereins 1849–1914 JKGV 78 (2007), S. 9-35
Jochen Hermel Die Einbürgerung Kölner Neubürger im 15. und 16. Jahrhundert. Frequenz – Herkunft – Integration JKGV 78 (2007), S. 37-70
Manfred Groten Vom Recht der Bürger zum Sorgerecht des Rates. Zur Veränderung der Sprache des innerstädtischen Diskurses in Köln im späten 16. Jahrhundert JKGV 78 (2007), S. 71-88
Ilse Haari-Oberg Tuisco und Deutz. Zum Namen der Stadt Deutz in Chroniken der frühen Neuzeit. Eine historische und etymologische Studie JKGV 78 (2007), S. 89-95
Vera Lüpkes Das Ehepaarbildnis oder: Unternehmertum um 1600 JKGV 78 (2007), S. 97-123
Astrid Freese Die Entwicklung der Kalker Trieurfabrik und Fabrik gelochter Bleche Mayer & Cie. von 1918 bis 1937 JKGV 78 (2007), S. 125-185
Kerstin Theis Die Jahrtausendausstellung der Rheinlande 1925 in Köln JKGV 78 (2007), S. 187-216
Rezensionen und Buchanzeigen
Monika Grübel/Georg Mölich (Hg.): Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis Gegenwart (Ulrich S. Soénius) JKGV 78 (2007), S. 217-219
Wolfgang Jenniges (Hg.): Gestalten und Entwicklungen. Historische Streifzüge zwischen Rhein und Maas. Hubert Jenniges zum 70. Geburtstag als Festgabe gewidmet (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 219-221
Peter Stegt: Die Weihbischöfe und Generalvikare des Bistums Köln zwischen 1510 und 1690 (Joachim Oepen) JKGV 78 (2007), S. 221-222
Johannes Gropper: Briefwechsel II, 1547–1559 (Corpus Catholicorum, Bd. 44). Bearbeitet von Reinhard Braunisch (Günter Bers) JKGV 78 (2007), S. 222-224
Sophie Ruppel: Verbündete Rivalen. Geschwisterbeziehungen im Hochadel des 17. Jahrhunderts (Maria Rößner-Richarz) JKGV 78 (2007), S. 224-228
Anette Baumann: Advokaten und Prokuratoren. Anwälte am Reichskammergericht (1690–1806) (Maria Rößner-Richarz) JKGV 78 (2007), S. 228-231
Kölnischer Bildersaal. Die Gemälde im Bestand des Kölnischen Stadtmuseums einschließlich der Sammlung Porz und des Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds, bearb. von Rita Wagner, hg. von Werner Schäfke (Hanns Peter Neuheuser) JKGV 78 (2007), S. 232-234
Nicola Wenge: Integration und Ausgrenzung in der städtischen Gesellschaft. Eine jüdisch-nichtjüdische Beziehungsgeschichte Kölns 1918–1933 (Ulrich S. Soénius) JKGV 78 (2007), S. 234-238
Werner Jung: Das moderne Köln (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 238-240
Britta Bopf: »Arisierung« in Köln. Die wirtschaftliche Existenzvernichtung der Juden 1933–1945 (Thorsten Schulz) JKGV 78 (2007), S. 240-242
Martin Rüther: Köln im Zweiten Weltkrieg. Alltag und Erfahrungen zwischen 1939 und 1945. Darstellung – Bilder – Quellen. Mit Beiträgen von Gebhard Aders (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 243-244
Leo Haupts: Die Universität zu Köln im Übergang vom Nationalsozialismus zur Bundesrepublik (Otto Dann) JKGV 78 (2007), S. 244-247
Stefanie de Faber: Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Zülpicher Geschichtsvereines 1906–2006 (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 247
Robert Janke (Fotos)/Harald Herzog (Text): Burgen und Schlösser im Rheinland (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 248
Reinhold Kruse: Der Nippeser Weiher. Die Bedeutung eines Gewässers für einen Siedlungsraum (Manfred Groten) JKGV 78 (2007), S. 248
Walter Keßler: Carl Schurz. Kampf, Exil und Karriere (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 249
Manfred Backhausen: Leben in Nippes – Arbeiten bei Clouth. Aus der Clouth’schen Familien-, Sozial- und Industriegeschichte (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 249-250
Aufbruch im Westen von Köln. Hundert Jahre evangelischer Gottesdienst in Weiden 1907–2007, hg. von Peter Crohn/Rolf Lenhartz/Hannelore Mäueler (Manfred Groten) JKGV 78 (2007), S. 250
Fritz Theilen: Edelweißpiraten (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 250-251
Edgar Gielsdorf: Vom Christkind eine Landsknechttrommel. Ein Hitler-Junge zieht Bilanz (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 251-252
Sabine Würich: Das Gedächtnis der Orte. Spuren nationalsozialistischer Verbrechen in Köln (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 252
Kirsten Serup-Bilfeldt: Ins Gedächtnis eingebrannt. Wie Kölner den Zweiten Weltkrieg erlebten (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 252-253
Jahresbericht des Kölnischen Geschichtsvereins e.V. (Stefan Wunsch) JKGV 78 (2007), S. 255-256