Sportzeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 12 (2012), 2

Titel der Ausgabe 
Sportzeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 12 (2012), 2
Weiterer Titel 
Fußball und Sprache, Fußballgeschichte

Erschienen
Göttingen 2012: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Anzahl Seiten
87 S.
Preis
9,70 €

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Zwei sportliche Großereignisse haben den diesjährigen Sommer geprägt: Die Fußball-Europameisterschaft vom 8. Juni bis 1. Juli in Polen und in der Ukraine und die XXX. Olympischen Sommerspiele vom 25. Juli bis 12. August in London. Bei der Fußball-Europameisterschaft stellte die spanische Nationalmannschaft mit dem erneuten Gewinn des Titels des Europa-meisters ihre Ausnahmestellung unter Beweis. Nie zuvor war es einer Fußballnationalmannschaft gelungen, mit dem zweimaligen Gewinn der Europameisterschaft (2008 in Österreich und 2012 in Polen und Ukraine) und dem Gewinn der Weltmeisterschaft (2012 in Südafrika) die Welt- und kontinentale Fußballszene derart zu dominieren. Die Bezeichnung des spanischen Spielstils ‚Tiqui-taca‘ hat mittlerweile Eingang gefunden in die sprachliche Alltagswelt.

Vor dem Hintergrund dieses fußballhistorischen Phänomens ist es eine glückliche Fügung, dass sich dieses Heft schwerpunktmäßig der Fußballsprache und der Übernahme fußballspezifischer Termine in die Alltagssprache widmet.

In seinem Beitrag „Rhetorik des Fußballs“ geht Pethes/Bochum von einer grundsätzlichen „Fremdheit zwischen Sport und Sprache“ aus. So ist das Fußballspiel gekennzeichnet durch den unmittelbaren Vollzug seiner Hand-lungen: der Bewegungen der Körper der Mit- und Gegenspieler und dem Weg des Balles. Spielberichte und Livekommentare übersetzen lediglich das Spielgeschehen in ein Symbolsystem. Pethes schlägt vor, „Fußball als Artikulationsform eigenen Rechts zu betrachten“. So geht er zwar von einem Verhältnis zwischen Fußball und Sprache aus, das sich aber nicht in Form einer sprachlichen Abbildung darstellt, sondern in einer „sprachlichen Rahmung von Fußball“. Darüber hinaus fragt Pethes ob der Dualismus zwischen Sprache und Fußball dadurch aufzulösen sei, indem von einer „eigenen rhetorischen Struktur des Spiels“ ausgegangen wird.

Roman Belyutin/Smolensk zeigt in seinem Beitrag „Fußball als interdiskursives Modell im sprachlich-semiotischen System“, wie in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (Politik, Wirtschaft, Werbung etc.) nicht-sportliche Sachverhalte durch Begrifflichkeiten und Redewendungen aus der Fußballterminologie dargestellt werden. Für Belyutin ist dieser überaus aktive Gebrauch der Fußballterminologie ein Beleg für die „besondere Position des Konzepts ‚Fußball‘ im Kommunikationsraum“ und der „massiven ‚Versportung‘ der Gemeinsprache“.

Patrick Hohlweg/Köln widmet sich in seinem Beitrag „Tiqui-taca. Figuren des Spiels“ der fußballtaktischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Dabei geht er der Frage nach, ob sich über den „Umweg der räumlichen Strukturen des Spiels Hinweise auf eine Sprache des und über das Spiel gefunden werden können“, wenn die Geschichte der fußballtaktischen Entwicklung als eine Geschichte der „Rhetorik des Spiels“ verstanden werden kann.

„Befreiungsschlag“, „Lufthoheit“, „Kampf“ etc., das sind Begriffe, die zum Standardrepertoire des Fußballjournalismus zählen, gleichwohl aber enge Berührung mit der Kriegsberichterstattung aufweisen. Diesen Analogien geht Matthias Plumpe/Hagen in seinem Beitrag „Fußball und Krieg“ nach.

Wo liegen die Wurzeln des Fußballsports in Deutschland? Der immer wieder bemühten These von der proletarischen Vergangenheit des Fußballsports in Deutschland hat Christiane Eisenberg die These von der Kontinuität einer bürgerlich dominierten Fußballbasis entgegengesetzt. In seinem Beitrag „Der Fußball und seine Kontinuität als schichtenübergreifendes Massenphänomen in Deutschland“ untersucht Oliver Fürtjes/Köln die soziale Zusammensetzung der Fußballanhängerschaft in Deutschland. Grundlage seiner Untersuchung bilden Daten zum Sozialprofil der regelmäßigen Leserschaft von Fußballfachmagazinen.

Im Arbeits- und Alltagsleben der DDR spielte der Sport eine wichtige Rolle, wie Detlef Kuhlmann in seinem Bericht über die Ausstellung „Focus DDR“, die noch bis zum 25. November 2012 in der Ausstellungshalle Unter den Linden 2 in Berlin zu sehen ist, zeigt. Einen breiten Raum nahm der Olympiafilm in der Ausstellung „Leni Riefenstahl. Fotografie, Film, Dokumentation“ ein, die im Historischen Museum in Bielefeld zu sehen war.

In den drei vorliegenden Buchbesprechungen werden sehr unterschiedliche Themenfelder der Sportgeschichte thematisiert. Aus Anlass der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im Jahre 2009 in Berlin dokumentierte die Potsdamer Arbeitsgruppe um Jutta Braun, Bernhard Bahro und Hans Joachim Teichler die großen Leistungen dreier jüdischen Leichtathletinnen - Lilli Henoch, Martha Jacob und Gretel Bergmann - in einer Ausstellung und einem Begleitband. Den Begleitband zu der Ausstellung stellt Markwart Herzog vor. „Freigespielt. Frauenfußball im geteilten Deutschland“ ist der Titel der jüngst erschienenen Dissertation von C. S. Linne, in der die Geschichte des Frauenfußballs in der DDR und der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1960 bis 1991 in den Blick genommen wird. Kurt Schilde ordnet die Ergebnisse dieser Studie in den gegenwärtigen Stand der fußballhistorischen Forschung ein. Eine Geschichte des Frauen Marathonlaufes ist bis-lang noch nicht geschrieben. Mit der Autobiografie von K. Switzer „Marathon Woman. Die Frau, die den Laufsport revolutionierte“ liegt - so Detlef Kuhlmann - eine Arbeit vor, die zahlreiche Fakten und Daten für eine Geschichte des Frauen-Marathonlaufes bereithält.

Die Übersicht über „Neuerscheinungen“ und die Vorstellung der „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sowie die Ausschreibung des Niedersächsischen Instituts für Sportgeschichte für die Verleihung des Dr. Bernhard-Zimmermann-Preises des Heftes beschließen diese Ausgabe.

Lorenz Peiffer

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Pethes, N.
Rhetorik des Fußballs
7

Belyutin, R.
Fußball als interdiskursives Modell im sprachlich-semiotischen Raum
19

Hohlweck, P.
Tiqui-taca. Figuren des Spiels
31

Plumpe, M.
Fußball und Krieg
45

Fürtjes, O.
Der Fußball und seine Kontinuität als schichtenübergreifendes Massenphänomen in Deutschland
55

Berichte

Kuhlmann, D.
NOK im „Fokus DDR“ – Ausstellung im Deutschen Historischen Museum
73

Kuhlmann, D.
Olympia 1936 – Leni Riefenstahls künstlerischer Höhepunkt. Ausstellung in Bielefeld über „Foto-grafie, Film, Dokumentation“
74

Besprechungen

Herzog, M.
BAHRO, B./BRAUN, J./TEICHLER, H. J. (Hrsg.): Vergessene Rekorde. Jüdische Leichtathletinnen vor und nach 1933. Verlag für Berlin-Brandenburg: Berlin 2009, 206 S.; 2. Auflage, Bundeszentrale für politische Bildung: Bonn 2010.
76

Schilde, K.
LINNE, C. S.: Freigespielt. Frauenfußball im geteilten Deutschland. be:bra Wissenschafts Verlag: Berlin 2011, 314 S.
78

Kuhlmann, D.
SWITZER, K.: Marathon Woman. Die Frau, die den Laufsport revolutionierte. Hamburg 2011: spomedis, 432 S.
80

Neuerscheinungen
85

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
87

Weitere Hefte ⇓
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger