In den Geschichts- und Kulturwissenschaften besteht seit langem ein großes Interesse an individuellen Lebensgeschichten. Neue autobiographische Texte werden entdeckt, gesammelt und erschlossen, Methoden und Theorien der Biographieforschung diskutiert, Vorstellungen binärer Konstruktionen von Geschlecht durch Hinweise auf multiple Identitäten ersetzt. In dieser Diskussion bleibt die Frage, in welcher Weise sich die binäre Geschlechterordnung auf auto/biographisches Schreiben auswirkte, oft im Hintergrund. Um die Frage zu beantworten, wie sich soziale Normen und Machtverhältnisse auf die Selbst-/Darstellung von Individuen auswirkten, soll Schreiben in den Beiträgen dieses Heftes als performativer Akt verstanden werden. Neben den Formen des Self-/Fashioning und der materiellen Kultur wird auch das Verschweigen zum Thema.
INHALT
Claudia Ulbrich, Gabriele Jancke und Mineke Bosch Editorial, 5–10
Beiträge
Mineke Bosch Persona and the Performance of Identity. Parallel Developments in the Biographical Historiography of Science and Gender, and the Related Uses of Self Narrative, 11–22
Angelika Schaser Eingeschrieben? Geschlecht in Autobiographien der ersten Politikerinnen in Deutschland, 23–38
Yury Zaretskiy Die Figur der Protopopica. Ein Beitrag zur altrussischen Autobiographie, 39–52
Li Gerhalter Materialitäten des Diaristischen. Erscheinungsformen von Tagebüchern von Mädchen und Frauen im 20. Jahrhundert, 53–71
Extra
Ayşe Gül Altınay Gendered Silences, Gendered Memories: New Memory Work on Islamized Armenians in Turkey, 73–89
Forum
Karin Hausen Verquere Überlegungen zu Menschen-Geschlechtern. Rede zur Verleihung des René-Kuczynski-Preises in Wien am 12. November 2012, 91–102
Natalie Zemon Davis Enthüllen und Verbergen: Autobiographische Erzählweisen in der Frühen Neuzeit, 103–118
Im Gespräch
Gabriele Jancke und Claudia Ulbrich mit Julia Watson Autobiographical Acts, 119–124
Aktuelles und Kommentare
Martina Gugglberger und Kristina Pia Hofer Die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung/Gender Studies Association (ÖGGF) – ein Bericht, 125–129
Mareen Heying „SexarbeiterInnen – willkommen in Europa?!“, 131–134
REZENSIONEN zum Themenschwerpunkt
Mareike Böth Sabine Schmolinsky, „Sich schreiben in der Welt des Mittelalters“. Begriffe und Konturen einer mediävistischen Selbstzeugnisforschung, 135–139
Almut Höfert François-Joseph Ruggiu Hg., The Uses of First Person Writings. Africa, America, Asia, Europe. Les usages des écrits du for privé. Afrique, Amérique, Asie, Europe, 139–142
Ingrid Brommer Hilde Schramm, Meine Lehrerin, Dr. Dora Lux. 1882–1959. Nachforschungen, 142–145
Monica Soeting Günter Bischof, Fritz Plasser and Eva Maltschnig eds., Austrian Lives, 145–147
Weitere REZENSIONEN
Beate Wagner-Hasel Deborah Lyons, Dangerous Gifts. Gender and Exchange in Ancient Greece, 149–152
Sylvie Steinberg Guido Alfani, Philippe Castagnetti u. Vincent Gourdon Hg., Baptiser. Pratique sacramentelle, pratique sociale (XVIe–XXe siècles), 152–155
Verena Pawlowsky Jürgen Schlumbohm, Lebendige Phantome. Ein Entbindungsspital und seine Patientinnen 1751–1830, 155–158
Nicholas John Williams Sonja Kmec in Zusammenarbeit mit dem Cid-femmes Hg., Das Gespenst des Feminismus. Frauenbewegung in Luxemburg gestern – heute – morgen, 158–161
Samanta Gorzelniak und Barbara Schnalzger GENDER. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, hg. von Bożena Chołuj u. Sigrid Metz-Göckel: Feminismus in Polen, 161–164
Abstracts, 165–167
Anschriften der AutorInnen, 169–170