Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands 58 (2014)

Title 
Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands 58 (2014)
Other title information 

Published on
Münster 2014: Aschendorff Verlag
Frequency 
jährlich
ISBN
978-3-402-15714-5
Extent
IV, 140 S.
Price
16,80

 

Kontakt

Organization name
Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands (ZGAE). Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte des Preussenlandes
Country
Germany
c/o
Redaktion: Johannes Götz, Cunostr. 58a, 14193 Berlin Vertrieb: Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG Soester Str. 13, 48155 Münster, E-Mail: <buchverlag@aschendorff.de>
By
Götz, Johannes

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der 58. Band der „Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde“ ist soeben erschienen und kann beim Aschendorff-Verlag (<https://www.aschendorff-buchverlag.de/shop/vam/>) bestellt werden.

Auf unserer Homepage (<http://www.historischer-verein-ermland.de>) finden Sie auch Informationen zu den jüngsten Ausgaben, die Bände der Jahrgänge 1858 bis 2002 stehen kostenfrei zum Download zur Verfügung.

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Volume 58 of „Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde“ is already available and can be ordered from the Aschendorff publishing house (Aschendorff-Verlag) (<https://www.aschendorff-buchverlag.de/shop/vam/>).

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Table of contents

ZGAE 58 (2014)

AUFSÄTZE

Olgierd Kiec, Frömmigkeit, Kirchen und Gesellschaft in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert.

In den beiden letzten Jahrhunderten fanden fundamentale gesellschaftliche und zivilisatorische Wandlungen statt, die sich auch auf die Religion auswirkten. Die schon Ende des 18. Jahrhunderts begonnene „Entzauberung der Welt“ bedeutete jedoch nicht, dass sich der Einfluss der religiösen Institutionen verringerte, sondern ihre tiefgreifende Umgestaltung und Modernisierung. Diese Veränderungen fanden eher in Westeuropa statt, es ist aber schwierig, eine scharfe Trennung zwischen dem „zivilisierten“ Westen und dem „rückständigen“ Osten des Kontinents vorzunehmen. Zwischen Russland und Deutschland gab es große Übergangszonen. Ost- und Westpreußen stellten eben eine solche Zone dar, wo die unterschiedlichen Religionen, Nationen und ethnischen Gruppen dem Modernisierungsprozess unterworfen waren.
im Zuge dieser Wandlungen trat nicht so sehr die Säkularisation im Sinne eines Bedeutungsverlustes der Religion in Erscheinung, sondern eher eine Individualisierung und Privatisierung der religiösen Praktiken. Während sich einerseits immer weitere Bevölkerungskreise von den institutionellen Kirchen distanzierten, entstanden andererseits Bekenntnis- und Gebetsgruppen, die nach tieferen religiösen Erfahrungen suchten, nicht immer in Übereinstimmung mit der offiziellen kirchlichen Doktrin. Die Antwort der Kirchen darauf war die Modernisierung der kirchlichen Strukturen, die eine effektive, an die Bedürfnisse der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Berufszweige angepasste Seelsorge ermöglichte. Die modernisierten Strukturen und die neuen Kommunikationsmittel dienten der erneuten „Verzauberung der Welt“, wobei „Privatoffenbarungen“ von Mutter Gottes und Jesus und Wallfahrten eine wesentliche Rolle spielten.
Die von den Kirchen unternommenen Aktivitäten hielten die fortschreitende Differenzierung der Christen, sowohl der Katholiken als auch der Protestanten, indes nicht auf. Die Spannungen zwischen den Modernisten und den Anhängern der verschiedenen Formen der „Volksfrömmigkeit“ führten auch weiterhin zu Streitigkeiten innerhalb der institutionellen Kirchen. Die Kirchenleitungen bemühten sich, auch weiterhin die Kontrolle über die neuen Frömmigkeitsformen zu behalten, die immer häufiger von außereuropäischen Missionaren, die unterschiedliche christliche Glaubensgemeinschaften repräsentierten, propagiert wurden.

Grzegorz Jasiński, Von der pietistischen Religiosität zu den Bemühungen um die Erhaltung der nationalen Identität. Die Gemeinschaftsbewegung in Masuren im 19. und 20. Jahrhundert (bis 1956)

Im 19. Jahrhundert war die Gemeinschaftsbewegung in hohem Maße ein Hort des Konservativismus. Das Bestreben, frühere Traditionen zu bewahren (vor allem die Erhaltung der polnischen und litauischen Sprachen als lingua sacra) war jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Widerstand gegen den Staat. Im Gegenteil, gemäß ihrer Prinzipien erkannte die Gemeinschaftsbewegung fast jede Obrigkeit bedingungslos an, sofern sie nicht die allgemein geltenden moralischen Normen verletzte.
Nach dem Ersten Weltkrieg hat sich die Gemeinschaftsbewegung stark an die offizielle Kirche angenähert, wofür die gemeinsame konservative Einstellung und die Kritik an der Konfessionspolitik der Weimarer Republik von Nutzen waren. Als nach 1933 der „Kirchenkampf“ ausbrach, standen die Mitglieder der Gemeinschaftsbewegung auf der Seite der Bekennenden Kirche, mit der sie die gemeinsame neupietistische Bekenntnisebene verband. Das bedeutete jedoch nicht, dass der Staat vollständig abgelehnt wurde; nachdem die heftigste Phase des „Kirchenkampfes“ abgeklungen war, nahm auch die Abneigung gegen die nationalsozialistischen Machthabern ab. Von den staatlichen Behörden wurde die Gemeinschaftsbewegung jedoch wegen ihrer gewissen Unabhängigkeit und der Teilnahme am „Kirchenkampf“, sogar nachdem dieser abgeklungen war, mit Misstrauen betrachtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Zeit von 1945-1956, hat die Polnische Evangelisch-Augsburgische Kirche es nicht vermocht, das vollständige Vertrauen der neuen deutschen Gläubigen zu gewinnen. In dieser Situation spielte die Gemeinschaftsbewegung eine wesentliche Rolle. Es war zwar keine organisierte Bewegung mehr, aber die mentalen neupietistischen Strukturen sind erhalten geblieben. Die Schrecknisse des Krieges verstärkten bei einem Teil der Bewegung die eschatologischen Stimmungen. Deshalb nahmen einige ihrer Mitglieder die neue politische Situation als Strafe dafür an, dass Gottes Gebote nicht eingehalten worden sind. Wiederum war für einen Teil der Gläubigen das Wirken in den inoffiziellen Gemeinschaftsstrukturen eine Gelegenheit, ihre religiösen Grundbedürfnisse zu befriedigen, wozu die Evangelisch-Augsburgische Kirche wegen ihrer organisatorischen Schwäche nicht in der Lage war. Das Hauptproblem war von Anfang an die Sprachenfrage. Anders als im 19. Jahrhundert war jetzt Deutsch die „Kirchensprache“. Das führte dazu, dass ein Teil der Gemeinschaftsbewegung sowohl auf Misstrauen seitens der Evangelisch-Augsburgischen Kirche stieß, die die Polonisierungspolitik betrieb, als auch auf unverhüllte Feindseligkeit seitens des Polizei- und Verwaltungsapparates. Innerhalb der Gemeinschaftsbewegung selbst kam es indes zu einer Eskalation der deutschen nationalen Einstellungen und nicht selten war die Möglichkeit, diese zum Ausdruck zu bringen, ebenso wichtig wie das religiöse Element der Treffen.

ARTICLES

Olgierd Kiec, Piety, Churches and Society in East-Central Europe during the 19th and 20th Centuries

In the last two centuries fundamental changes of society and civilization took place, which had affected religion as well. Already at the end of the 18th century a “disenchantment” had begun; yet, that did not mean a lessening influence of religious institutions, but rather a profound change and modernization. These alterations took mostly place in Western Europe, but it is difficult to draw a sharp dividing line between the so-called “civilized” West and the “backward” East. Between Russia and Germany there were large transitional zones. East and West Prussia constituted such zones, in which the different religions, nations and ethnicities experienced the process of modernization.
These changes were not so much a secularization or loss of religious relevance, but more an individualization and privatization of religious practices. On the one hand more and more people disassociated themselves from the institutional churches, while on the other hand new prayer and confession groups evolved and searched for deeper religious experience, not always in accordance with the official church doctrine. Churches answered with the modernization of church structures, which offered an effective spiritual and pastoral service adapted to the needs of different social groups and professions. These modernized structures and new ways of communication served to “re-enchant” the world anew. At the same time individual revelations of Saint Mary and Jesus, as well as pilgrimages began to play an important role.
The attempt of the churches to stop the progress of this process of drifting apart of Christians – Catholics as well as Protestants – was not successful, however. Tensions between modernists and followers of different forms of popular beliefs kept leading to arguments within the institutional churches. Clerical leaders tried to keep control of the new religious movements, which were increasingly propagated by non-European missionaries of various Christian denominations.

Grzegorz Jasiński, From Pietist Religiosity to the Endeavour to Retain the National Identity. The Christian Fellowship Movement (Gemeinschaftsbewegung) in Masuria in the 19th and 20th Centuries (until 1956)

In the 19th century the Christian Fellowship Movement (CFM) (Gemeinschaftsbewegung) was a haven of conservatism. However, the attempt to retain earlier traditions (especially the preservation of the Polish and Lithuanian language as lingua sacra) did not mean a resistance against the state. On the contrary, in accordance with their principles the CFM recognized almost any authority as long as it did not violate the generally accepted norms.
After World War I the CFM came closer to the official church helped by their common conservative convictions and a critical attitude towards the confession politics of the Weimar Republic. When, after 1933, the Church Struggle began, the members of the CFM stood side by side with the Confessing Church connected by their common neo-Pietist confession. However, that did not mean that they rejected the state completely. After the most violent phase of the Church Struggle had subsided, the dislike of the National-Socialist rulers decreased. Yet, the state authorities distrusted the CFM to a certain extent, due to a certain independence and the participation in the Church Struggle even after it had stopped.
After World War II, from 1945 to 1956, the Polish Evangelical Church of the Augsburg Confession did not succeed in winning the trust of the German believers, in this situation the CFM played an important role. It was no longer an organized movement, but the mental neo-Pietist structures had been retained. The horrors of the war intensified the eschatological mood in parts of the Movement. That is why some members took the new political situation as a punishment for having ignored God´s commands. Again, for part of the believers, working in inofficial community structures offered a chance to satisfy their basic religious needs, which the Evangelical Church of the Augsburg Confession could not still on account of the weakness of its organization. Right from the beginning, the main problem was the question of language. Different from the 19th century, the church language was German. That led to the fact that part of the CFM was mistrusted by the Evangelical Church of the Augsburg Confession, which propagated a policy of Polonization, and, at the same time, met with open hostility of the police and the Polish administration. Within the CFM German national attitudes escalated, and the opportunity to vent them was almost as important as the religious element of the meetings.

INHALTSVERZEICHNIS

Editorial

Aufsätze

Olgierd Kiec, Frömmigkeit, Kirchen und Gesellschaft in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert. (S. 3–20)

Grzegorz Jasiński, Von der pietistischen Religiosität zu den Bemühungen um die Erhaltung der nationalen Identität. Die Gemeinschaftsbewegung in Masuren im 19. und 20. Jahrhundert (bis 1956). (S. 21–80)

Quellen

Sławomir Kościelak, Die „Geschichte der Marienburger Residenz der Gesellschaft Jesu 1647–1744“. Eine jesuitische Chronikkompilation als Quelle zur Geschichte der Gegenreformation im Königlichen Preußen. (S. 81–96)

Buchbesprechungen

Maria in der Krise. Kultpraxis zwischen Konfession und Politik in Ostmitteleuropa. (Olgierd Kiec) (S. 97–99)

Landschaft(en). Begriffe – Formen – Implikationen. (Magdalena Kardach) (S. 99–102)

Marcin Sumowski, Duchowni diecezjalni w średniowiecznym Toruniu. (Remigius Stachowiak) (S. 103–105)

Mikołaj Kopernik, O obrotach. Księga pierwsza (Andreas Kühne) (S.105–108)

Mieczysław Józefczyk, Z dziejów religijnych Pomezanii w XVII wieku. Tom 1. Syntesa dziejów. Tom II. Źródła do dziejów XVII-wiecznej Pomezanii. (Radoslaw Biskup) (S. 108–111)

Jerzy Karol Kalinowski, Wawrzyniec Gembicki jako biskup chełmińskiej i pomezańskiej diecezji wieczysty administrator (1600–1610). (Karin Friedrich) (S. 111–113)

Wojciech Zawadzki, Zakony w Pomezanii w XVII-XIX wieku. (Paul Srodecki) (S. 113–115)

Künstlerlexikon Ostpreußen und Westpreußen. Maler, Bildhauer, Baumeister 1800–1945. (Tadeusz J. Żuchowski) (S. 116–121)

Katholische Theologie im Nationalsozialismus. Bd.1/2. Institutionen und Strukturen. (Christoph Kösters) (S. 121–123)

Alles brannte! Jüdisches Leben und seine Zerstörung in den preußischen Provinzen Hannover und Ostpreußen. (Klaus-Peter Friedrich) (S. 123–125)

Historia Lidzbarka Warmińskiego. Tom II,1 [1945–1975]. (Stefan Hartmann) (S. 126–128)

Chronik

Mitgliederversammlung und Tagung des HVE 2014. (S. 129–132)

Auswahlbibliographie 2013. (S. 133–140)

Table of Contents

Editorial

Articles

Olgierd Kiec, Piety, Churches and Society in East-Central Europe during the 19th and 20th Centuries. (p. 3–20)

Grzegorz Jasiński, From Pietist Religiosity to the Endeavour to Retain the National Identity. The Christian Fellowship Movement (Gemeinschaftsbewegung) in Masuria in the 19th and 20th Centuries (until 1956). (p. 21–80)

Sources

Sławomir Kościelak, History of the Malbork Residence of the Society of Jesus from 1647 to 1744. A Jesuit chronicle compilation as a source to the history of the Counter-Reformation in Royal Prussia. (p. 81–96)

Reviews (p. 97–128) see above

Chronicle (S. 129–132)

Survey of bibliography 2013 (p.133–140)

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