Essen ist nicht nur eine physiologische Notwendigkeit für alle Lebewesen, sondern integriert zudem fast alle Bereiche des sozialen und kulturellen Verstehens, Deutens und Handelns: Es ist anthropologische Konstante – und doch zugleich kulturell, sozial, ökonomisch, sogar politisch und nicht selten erotisch konnotiert. Essen (und damit auch Geschmack, Sitten, aber auch Magie und Ritual) bestimmt Prozesse der Inklusion und Exklusion, markiert Identität und überschreitet zugleich geographische, soziale und ethnische Grenzen.
Die Beiträge des Heftes zeigen: Im Kontext der Globalisierung ist "Essen" seit einigen Jahren ein Feld genuin kulturwissenschaftlicher Forschung geworden, das auch ökologische Ansätze, kritische Positionen und politische Stimmen mit einschließt.
THEMA
Dorothee Kimmich und Schamma SchahadatVorwort: Essen
Schamma SchahadatEssen: "gut zu denken", gut zu teilen. Das Rohe, das Gekochte und die Tischsitten
Sebastian BorkhardtEssens-Zeit. Zur Temporalität in Früchtebildern
Harald LemkeZur Metaphysik des einverleibten Anderen
Christine LehmannTürkische Currywurst mit Pommes. Die Esskultur türkischer Migranten zwischen nationalem Narrativ und Hybridisierungen
Kikuko KashiwagiAschinger ernährt die Großstadt Berlin. Poetologie des Massenkonsums in Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz
Julika GriemMordshunger. Kulinarische Konjunkturen in Kriminalliteratur
Anja-Simone MichalskiIst das Kunst oder kann man das essen? Anmerkungen zu Brigitte Kronauers Errötenden Mördern
Gwendolyn Whittaker"All or Nothing or Something Else". Jonathan Safran Foers Eating Animals und die Rhetorik des Fleischverzichts
Magdalena Saryusz-Wolska"Zwischen Suppe und Mund kann sich vieles ereignen". Kulinarische Sitten im polnischen Film
Brendon WockeGastronomy & Jouissance: From La Grande Bouffe to Julie & Julia
Rainer GrübelGogol’s Hunger(n) – Eine Speisekarte des 20. Jahrhunderts. Hungern als ästhetische Selbstvernichtung
DEBATTE
Roland KipkeWie sollen wir uns verbessern? Neuro-Enhancement und die Ethik der menschlichen Selbstgestaltung
Repliken
Andreas Heinz und Ulrike KlugePharmakologisierte Biopolitik – nur individuelle Einwände?
Julika Loss und Janina CurbachNeuro-Enhancement versus Selbstformung – der verbesserte Mensch zwischen individuellem Wunsch und gesellschaftlicher Wirklichkeit
Jan SlabyModus irrealis und problematische Selbstfokussierung
Stephan SchleimMenschliche Selbstgestaltung in menschlicher Gemeinschaft