Religion und Gesellschaft in Ost und West (2017), 12

Titel der Ausgabe 
Religion und Gesellschaft in Ost und West (2017), 12
Weiterer Titel 
Sibirien und Ferner Osten

Erschienen
Zürich 2017: Selbstverlag
Erscheint 
monatlich
Anzahl Seiten
32 S.
Preis
CHF 10.- / EUR 8.- zzgl. Versandkosten

 

Kontakt

Institution
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW)
Land
Switzerland
c/o
Institut G2W Bederstr. 76 CH-8002 Zürich
Von
Zwahlen, Regula

Unermessliche Weiten, klimatische Extreme sowie große naturräumliche und ethnische Vielfalt – Sibirien und der russische Ferne Osten lassen sich geradezu als ein eigener Subkontinent beschreiben. Doch trotz des Ressourcenreichtums ist er Peripherie geblieben, der Lebensstandard liegt deutlich tiefer als im restlichen Russland. Daher hat Präsident Vladimir Putin die Entwicklung der Region zur nationalen Priorität für das 21. Jahrhundert erklärt.

Die Abgeschiedenheit machte Sibirien zu einem idealen Rückzugsort – so entzogen sich dort die Altgläubigen der Verfolgung. Weitere Einblicke in die religiöse Vielfalt der Region erhalten wir anhand des Revivals schamanischer Praktiken und einer evangelischen Freikirche in Burjatien. Für die Erschließung bzw. Kolonisierung des Gebiets spielte die Mission der Russischen Orthodoxen Kirche eine wichtige Rolle. Die verkehrstechnische Durchdringung des Raums ist eng mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn verbunden, die düstere Seite der Erschließung ist die Funktion Sibiriens als Ort der Verbannung und der Zwangsarbeit.

Inhaltsverzeichnis

Jörg Stadelbauer: Vielfältiger Natur- und Kulturraum: Sibirien und Russisch-Fernost
Sibirien und der Ferne Osten sind von einer bemerkenswerten Vielfalt geprägt. Großstädte und Industriezentren wechseln sich mit dünn besiedelten Gebieten ab, neben Russen leben zahlreiche andere Bevölkerungsgruppen in Russlands Osten. Der Rohstoffreichtum ist angesichts der schwierigen Abbaubedingungen und der Umweltverschmutzung Segen und Fluch zugleich. Zudem stellt die Globalisierung die sibirische Wirtschaft vor neue Herausforderungen.

Anke Giesen: Geschichtspolitik in Russland: Umgang mit GULag und Repressionen
Die Perestroika erlaubte erstmals die Erforschung des sowjetischen Lagersystems GULag und der Repressionen. Dank zivilgesellschaftlicher Initiativen entstanden Museen und Gedenkstätten, die jedoch zunehmend unter Druck geraten. So hat der Staat die Gedenkstätte „Perm 36“ und das Moskauer Museum für GULag-Geschichte unter seine Kontrolle gebracht, bisher verschont geblieben ist die Erinnerungspraxis im Fernen Osten Russlands.

Frithjof Benjamin Schenk: Die Transsibirische Eisenbahn als Brücke zwischen Europa und Asien
Der Bau der „Transsib“ wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom russischen Zarenreich aus politischen, militärischen und ökonomischen Gründen in Angriff genommen. Auf mehreren Weltausstellungen präsentierte sich Russland mit dem Projekt als „Land des Fortschritts“ und bedeutender Mitspieler auf dem Weltmarkt. Das gegenwärtige chinesisch-russische Projekt einer „neuen Seidenstraße“ knüpft an die damaligen Zukunftsvisionen an.

Artjom Loskutov: Die „Monstration“ – absurd oder politisch?
Seit 2004 findet in der sibirischen Stadt Novosibirsk alljährlich eine „Monstration“ statt, bei der die Teilnehmenden absurde Losungen herumtragen. Entstanden als Parodie auf die kommunistischen Maidemonstrationen sind die friedlichen Märsche mittlerweile in ganz Russland beliebt. Die Behörden behandeln sie gleichzeitig als harmlosen Jugendkarneval und subversive Systemkritik. Der Organisator betrachtet sie als Symptom einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft, in der es keinen Raum für echte politische Debatten gibt.

Natalija Vekschina: Russisch-orthodoxe Mission in Sibirien und im Fernen Osten
Bei der Ausdehnung des Russischen Reichs nach Osten spielte die Errichtung neuer Klöster und Eparchien eine wichtige Rolle. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde die Missionstätigkeit der ROK institutionalisiert und vom Staat zwecks „Russifizierung“ der indigenen Bevölkerung der neuen Territorien aktiv gefördert.

Marjorie Mandelstam Balzer: Wiederbelebung schamanischen Wissens in Sibirien
Schamanische Traditionen erleben in einigen Regionen und Republiken der Russischen Föderation ein Revival. Besonders erfolgreich sind Heilpraktiker, die Schulmedizin und schamanische Volksmedizin kombinieren. Vom in Familien übertragenen schamanischen Erbe ist jedoch durch die Repression zur Sowjetzeit viel verloren gegangen.

Danila Rygovskij: Altgläubige Traditionen in Sibirien und im Fernen Osten
In Sibirien und im Fernen Osten lassen sich zahlreiche altgläubige Gruppen antreffen, von denen die meisten zahlenmäßig eher klein sind. Am bedeutendsten sind die priesterlichen Gemeinschaften, die sich am dynamischsten entwickeln und auch die Gewinnung von Neumitgliedern verzeichnen können. Dagegen leiden die priesterlosen Gruppen an Überalterung.

Anna Meier: Aus einer evangelischen Gemeinde in Burjatien
Die Republik Burjatien verfügt über ein reiches religiöses Erbe, dazu gehören seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch evangelische Freikirchen. In manchen Gemeinden versuchen die vor allem russisch geprägten Christen seit einigen Jahren vermehrt, die burjatische Kultur und Sprache in ihr Gemeindeleben zu integrieren, was allseits auf großes Interesse stößt.

BUCHANZEIGEN

Carsten Goehrke: Lebenswelten Sibirien. Aus Natur und Geschichte des Jennisei-Stromlandes. Zürich 2016

Archimandrit Tichon Schevkunov: Unheilige Heilige. Sankt Ottilien 2017

Ulrike Huhn: Glaube und Eigensinn. Volksfrömmigkeit zwischen orthodoxer Kirche und sowjetischem Staat 1941 bis 1960. Wiesbaden 2014

Ulrich Schmid (Hg.): De Profundis. Vom Scheitern der Russischen Revolution. Berlin 2017

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