Mit der Bundestagswahl 2017 ist eine Partei mit faschistischen Tendenzen in das deutsche Parlament zurückgekehrt. Dies ist Zeichen einer politischen Entwicklung, die nicht nur in Europa zu beobachten ist und die im Widerspruch zu den erfolgreichen Kämpfen von Minderheiten der vergangenen Jahrzehnte steht. Diese Kämpfe haben – vor allem auf individueller Ebene – zu einer Demokratisierung großer Teile der Gesellschaft geführt. Zeitgleich müssen wir uns aber fragen: Welche Wirkmächtigkeit haben solche Erfolge, wenn die Grundsätze unserer Gesellschaft fundamental in Frage gestellt werden? Wenn sich Debatten so weit verschieben, dass sich Rassismus, Antisemitismus usw. auf der Straße und im deutschen Bundestag ohne Ahndung äußern lassen?
Diesen Fragen sollten wir uns als selbstverständlicher, gestaltender Teil der Gesellschaft stellen. Dabei sind ‚Wir‘ alle, die sich eine Gesellschaft vorstellen wollen, in der wir ohne Angst verschieden sein können und in der die Teilhabe aller möglich wird. In der dritten Ausgabe von Jalta widmen wir uns daher dem Thema Allianzen. Ziel ist es, Fragen der Identität, Selbst- und Fremdbilder zu überwinden. Wir begeben uns auf die Suche nach jüdisch-nichtjüdischen Allianzen und hinterfragen, welche Rolle jüdische Positionen spielen (können). Wir betrachten, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse Allianzen verhindern oder ermöglichen. Wir erproben unterschiedliche Formate der Kritik, Analyse und des Neudenkens dieser Verhältnisse. Wir setzen uns über die deutschen und die jüdischen Erwartungskontexte hinweg, stehen als Bündnispartner zur Verfügung.
א/ 1 (NACH) JALTA
„Ich möchte schon ein bisschen der Stachel im Fleisch der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft bleiben.“ Ein Interview mit Mirjam Wenzel Max Czollek/Hannah Peaceman/Lea Wohl von Haselberg
Weibliche geistliche Weisung im orthodoxen Judentum. Befürwortung einer persönlichen Masora Rebecca Blady
Pionierin auf schwierigem Gelände. Ruth Zeiferts Nicht ganz koscher – Vaterjuden in DeutschlandSarah Wohl
Jaltas Gefäße Heidi Eckstein
Jewish Women’s Archive. Ein Archiv für das 21. Jahrhundert Gail Twersky Reimer
ב/ 2 ALLIANZEN
Bedingt Friederike Pilz
Wer redet für wen und mit wem? Oder: Herausforderungen des jüdischmuslimischen Dialogs in Deutschland – eine muslimische Perspektive Yasemin Shooman
Suad’s Stuffed Carrots Jalil Dabit
„Das Gesetz der Allianz“. Interreligiöse Ehen – eine Herausforderung nicht nur im 19. Jahrhundert Eva Lezzi
Nahostalgie. Ein neuer Naher Osten aus der Ferne Lianne Merkur
Whats App Golem Esther Dischereit
Schwarz-jüdische Allianzen in der Karibik. Zu Sarah Phillips Casteels Calypso Jews Micha Brumlik
Bilinguale Sätze Yasmin Birkandan
Allianzen einer Berlinerin. Mein Bund mit Berlin – ein Abschied Jalda Rebling
Zwischen Konkurrenz und Kooperation. Allianzen zwischen Jüdinnen*Juden sowie Romnja und Sintezze Jasmin Dean
„Ausgangspunkt ist nicht das Festland, sondern die Reise“. Mailkorrespondenz zu Identitätspolitiken und Emanzipation Vincent Bababoutilabo/Hannah Peaceman
ג/ 3 JUDEN UND … *
„I’m a Jew, fuck you!“ Jüdische Identität, der Holocaust und die geheimen Wurzeln des Punks Peter Waldmann
Eine Adelshochzeit Micha Brumlik
ד/ 4 VERGESSEN, ÜBERSEHEN, VERDRÄNGT
Familiengebrauchsanweisung Binswanger Friedman
Der ICE 4 Anne Frank. Oder: Wie kommen Dinge zu ihren Namen? Anna Schapiro
Das Auslassungszeichen der Erinnerung. Der Fall der Synagoge von Tata. Einleitung zur Arbeit des Künstlerkollektivs Tehnica Schweiz Lóránt Bódi
The Blue Room Tehnica Schweiz
ה/ 5 STREITBARES
„Was mir fehlt, ist, dass man einfach zusammen politisch arbeiten kann“. Zwischen Rassismus und Paternalismus: Einstellungen Geflüchteter zu Juden* und Israel in der postmigrantischen Gesellschaft Sina Arnold/ Jana König
„Ein heikles Thema. […] Sollte man darüber sprechen?“ Jakob Baier
Das Fleisch oder das Herz? Religion, Glaube und die Legitimität männlicher Beschneidung Karin B. Neutel
Abbildungsverzeichnis Impressum