Geschichte im Westen 33 (2018)

Titel der Ausgabe 
Geschichte im Westen 33 (2018)
Weiterer Titel 
Der Kalte Krieg in der Region

Erschienen
Essen 2018: Klartext Verlag
Erscheint 
einmal jährlich
ISBN
978-3-8375-2057-6
Anzahl Seiten
264 S.
Preis
25,00 Euro

 

Kontakt

Institution
Geschichte im Westen – Zeitschrift für Landes- und Zeitgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Kontaktadresse der Redaktion: Prof. Dr. Sabine Mecking, Philipps-Universität Marburg, FB Geschichte und Kulturwissenschaften, Wilhelm-Röpke-Str. 6 C, 35032 Marburg
Von
Mecking, Sabine

Geschichte im Westen 33 (2018) - Der Kalte Krieg in der Region

Editorial

Der Kalte Krieg, der nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutschland aus den bisherigen Kriegsverbündeten und Alliierten erbitterte Feinde machte, markierte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neue weitreichende Konfliktlinien und Deutungsmuster. Er spaltete die Welt unter Führung der Sowjetunion und den USA in Ost und West und bildete dabei einen spezifischen „Erfahrungsraum“. Es ging nicht nur um eine Auseinandersetzung zwischen unvereinbar erscheinenden politischen Ideologien samt ihrer konkurrierenden Wirtschafts- und Gesellschaftsentwürfe. Die Systemkonkurrenz zwischen den beiden Blöcken bzw. ihren Führungssupermächten umfasste neben den politischen und militärischen Dimensionen auch wirtschaftliche, technische, kulturelle und sportliche Anstrengungen, um die Bedeutung und den Einfluss des jeweils anderen weltweit einzudämmen und zurückzudrängen.

In „Stellvertreterkriegen“, etwa in Korea oder Afghanistan, maßen die Supermächte ihre militärischen Kräfte verdeckt. Andere Konflikte, wie die Berlin-Blockade 1948/49, die Kubakrise 1962 und das atomare Wettrüsten Anfang der 1980er Jahre, drohten in die direkte Konfrontation und damit in einen Dritten Weltkrieg abzugleiten. Eine zentrale Nahtstelle des fast fünf Jahrzehnte währenden Konflikts verlief mitten durch Europa und teilte Deutschland. In der Bundesrepublik und der DDR wurden jeweils Mittelstreckenraketen der NATO und des Warschauer Pakts stationiert. Hochrechnungen über Trägersysteme und Sprengköpfe – amerikanische Pershing II und Cruise Missiles standen sowjetischen SS-20-Raketen gegenüber – schürten auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs die Bedrohungsängste. Dabei ist zu fragen, welche Folgen der Kalte Krieg vor Ort hatte. Wie konkretisierte er sich in der Region?

In Nordrhein-Westfalen mit der Bundeshauptstadt Bonn zeigten sich die mit den Bedrohungsszenarien verbundenen politischen Spannungen und gesellschaftlichen Unruhen besonders deutlich, so etwa Anfang der 1980er Jahre, als Hunderttausende zur Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten zusammenkamen. Das Themenheft spürt mit sieben Beiträgen exemplarisch den regionalen Spuren des Kalten Krieges nach. Für das Rheinland zeigen Wolfgang Wegener und Frank Möller, dass neben der militärischen Präsenz mit Sicherheitsanlagen, atomaren Waffensystemen und Waffenlagern auch eine Parallelwelt von getarnten Bunkeranlagen und Bauwerken zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen des Zivilschutzes existierte, um für den Ernstfall gewappnet zu sein. Am Beispiel der Britischen Rheinarmee in Nordrhein-Westfalen legt dann Peter Speiser Spannungen und Annäherungen im deutsch-britischen Verhältnis dar. Er erläutert, wie vor dem Hintergrund des Ost-West-Konflikts trotz mancherlei Schwierigkeiten vor Ort aus ehemaligen Kriegsgegnern Verbündete wurden.

Doch auch im kulturellen und erinnerungspolitischen Sektor ist die Systemkonkurrenz nicht zu übersehen. Insbesondere die frühen Jahre der Bundesrepublik waren stark durch das Erbe des Nationalsozialismus und durch Antikommunismus geprägt. Alfons Kenkmann analysiert die Rahmenbedingungen, Deutungen und erinnerungspolitischen Vereinnahmungen des durch eine Polizeikugel in Essen getöteten FDJ-Mitglieds Philipp Müller in Ost- und Westdeutschland. Yvonne Wasserloos nimmt anschließend das Konzert von Wolf Biermann in Köln 1976 und die Ausbürgerung des Sängers aus der DDR zum Anlass, die ästhetisch-performative Wirkung des Auftritts am Rhein zu untersuchen. Es wird deutlich, wie stark auch die Medien an der Inszenierung und Verbreitung des „Falls Biermann“ beteiligt waren.

Sabine Kittel präsentiert dann exemplarisch die Vorgehens- und Arbeitsweise der Ostspionage an Westuniversitäten. An der Universität Münster gab es bis Mitte der 1980er Jahre mindestens zwei Hochschulmitarbeiter, die für die Stasi tätig waren. Der Themenschwerpunkt schließt mit einem Blick von außen bzw. vom Osten auf die Friedensbewegung in Nordrhein-Westfalen in den 1980er Jahren. Hierfür wertet Alexander Friedman die Berichterstattung in der Prawda und anderen, in der Sowjetunion stark verbreiteten Publikationen aus.

Inhaltsverzeichnis

SCHWERPUNKTTHEMA: DER KALTE KRIEG IN DER REGION

Sabine Mecking
Editorial (S. 7–8)

Frank Möller
Zur Topografie des Kalten Krieges im Rheinland
Spurensuche in einer Parallelwelt (S. 9–46)

Peter Speiser
Botschafter in Uniform?
Die Beziehungen der Britischen Rheinarmee zur deutschen Zivilbevölkerung 1948–1957 (S. 47–62)

Wolfgang Wegener
Archäologie und das 20. Jahrhundert
Zeugnisse des Kalten Krieges (S. 63–90)

Alfons Kenkmann
Philipp Müller
Vom Friedensdemonstranten West zum Widerstandshelden Ost (S. 91–115)

Yvonne Wasserloos
Performanz und Politik in der Systemkonkurrenz
Wolf Biermanns Konzert in Köln 1976 (S. 117–134)

Sabine Kittel
Die unterwanderte Universität?
Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster im Fokus der Staatssicherheit der DDR in den 1970er und 1980er Jahren (S. 135–160)

Alexander Friedman
Gespenst der "Germashima"
Die sowjetische Rezeption der Friedensbewegung in Nordrhein-Westfalen in der ersten Hälfte der 1980er Jahre (S. 161–176)

BEITRÄGE AUßERHALB DES SCHWERPUNKTES

Hans Hauptstock und Heiner Stahl
Rundfunksäulen und (Volks-)Gemeinschaftsempfang
Zur Beschallung der Öffentlichkeit in rheinischen Kommunen während der NS-Diktatur (S. 177–199)

Markus Köster
Umerziehung durch Schock-Bilder?
Zu Entstehung und Einsatz alliierter Filmaufnahmen der NS-Verbrechen in Westfalen 1945 (S. 201–225)

Sara-Marie Demiriz
Vom „Gastarbeiter“ zum Mitbürger
Integration durch Bildung in Nordrhein-Westfalen am Beispiel der Revierarbeitsgemeinschaft für kulturelle Bergmannsbetreuung im Ruhrgebiet (S. 227–255)

TAGUNGSBERICHT

Agnes Weichselgärtner
„Der Kalte Krieg in der Region“
Wissenschaftliche Jahrestagung des Brauweiler Kreises für Landes- und Zeitgeschichte e.V., Vogelsang IP/Schleiden, 8.-9. März 2018 (S. 257–261)

Autorinnen und Autoren (S. 263–264)

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