In Armenien hat die "Samtene Revolution" von 2018 und in der Ukraine die "Wahlrevolution" im Frühling 2019 neue Hoffnungsträger an die Macht gebracht. Die georgische Regierung jedoch hat ihre Versprechen gegenüber den Demonstranten der Sommerproteste 2019 nicht eingehalten. Die Beiträge dieser Ausgabe berichten von den aktuellen Stimmungslagen im Südkaukasus und fokussieren auf die Ukraine, wo Präsident Selenskyj nach einem halben Jahr an der Regierung noch immer großes Vertrauen genießt, jedoch vermehrt auf ernsthafte Widerstände stößt. Zudem beleuchten wir die Umstände der Legalisierung der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche vor 30 Jahren und die aktuelle Lage der Krimtataren. Der Fokusbeitrag richtet den Blick auf Russlands Bemühungen um ein "souveränes Internet".
IM FOKUS
Jens Siegert: Russland auf dem Weg zum souveränen Internet?
SÜDKAUKASUS
Richard Giragosian: Armeniens „Samtene Revolution“ geht weiter2018 kam es in Armenien dank breiten gesellschaftlichen Protesten zu einem Machtwechsel, der als „Samtene Revolution“ bezeichnet wurde. Seither hat sich die neue Regierung trotz Fehlern bewährt, und der neue Ministerpräsident hat kaum an Unterstützung eingebüßt. Allerdings hat es die neue Regierung versäumt, das Problem der fehlenden Rechtsstaatlichkeit sofort anzugehen. Der Fokus auf Innenpolitik entspricht zwar den Forderungen der Proteste von 2018, doch die zahlreichen außenpolitischen Herausforderungen lassen sich keinesfalls ignorieren.
David Aprasidze: Der heiße Sommer der georgischen PolitikDie Ereignisse einer Juni-Nacht haben Georgien in eine innenpolitische Krise gestürzt. Die Regierungspartei Georgischer Traum versprach daraufhin eine Reform des Wahlsystems. Der angekündigte Übergang zu einem Proporzsystem scheiterte jedoch im November. Die politische Elite verspielt so weiteres Vertrauen in der Bevölkerung. Zudem sind die Beziehungen zum großen Nachbarn Russland weiterhin angespannt.
UKRAINE
Volodymyr Fesenko: Präsident Selenskyj – Von den Sternen zu den DornenAllen Unkenrufen zum Trotz hat sich der neue ukrainische Präsident als entscheidungsfreudiger Macher erwiesen und fällt durch einen neuen politischen Stil auf. Seine politischen Prioritäten sind liberale Wirtschaftsreformen, Antikorruptionsbekämpfung und die Beilegung des Konflikts im Donbass. Insbesondere bei letzterem Thema stößt er jedoch zunehmend auf Widerstand. Zudem sorgen einige unerfahrene „neue Gesichter“ innerhalb seiner hastig gegründeten Partei „Diener des Volkes“ für unerwünschte Skandale.
Nadezhda Beljakova: Vor 30 Jahren: Legalisierung der unierten Kirche in der UkraineEnde 1989 wurde die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche legalisiert, nachdem sie 1946 auf einer Pseudo-Synode aufgelöst worden war. Im Untergrund konnte die Kirche jedoch weiter existieren, getragen vom religiösen Widerstand der Gläubigen in der Westukraine. Im Vorfeld der Legalisierung schürten die sowjetischen Behörden bewusst Konflikte zwischen Orthodoxen und Unierten.
Tatjana Hofmann: Zwischen Angst und Pragmatismus: Muslime auf der KrimDie Krimtataren sind die drittgrößte Bevölkerungsgruppe auf der Krim. Seit der Annexion der Halbinsel durch Russland 2014 ist deren Bevölkerungsteil jedoch gesunken. Das Kulturleben der Krimtataren entfaltet sich zwischen Furcht vor weiteren Repressionen und kreativen Neuansätzen.
BUCHANZEIGEN
Olaf Leiße (Hg.): Politik und Gesellschaft im Kaukasus. Wiesbaden 2019
Olga Oliker (Hg.): Religion & Violence in Russia. Lanham 2018
Goran Ognjenović, Jasna Jozelić (eds.): Education in Post-Conflict Transition
Stephan Baier: Die Seele Europas. Kisslegg 2017