Filmblatt 26 (2021), 76/77

Titel der Ausgabe 
Filmblatt 26 (2021), 76/77
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DEFA-Märchenfilme | Fledermaus-Verfilmungen NS und DEFA | Deutsch-französische Produktionen von Julien Duvivier | Ernst Cantzler | 30 Jahre Cinegraph Babelsberg e.V.

Erschienen
Anzahl Seiten
160
Preis
16 €

 

Kontakt

Institution
CineGraph Babelsberg e.V.
Land
Deutschland
Ort
Berlin
c/o
CineGraph Babelsberg e.V., c/o Postfach 12 09 20, D-10599 Berlin
Von
Brigitte Braun

Eine vielbeschworene Ursprungslegende des Kinos kolportiert einen Gegensatz zwischen den Brüdern Lumière und Georges Méliès, zwischen den dem Kino inhärenten dokumentarischen Qualitäten und dem Potential kunstfertig erschaffener Atelierwelten. Beide Zugriffsweisen auf den Kinematographen regen bis heute die Inspiration der Filmschaffenden an, wie man auch an den Texten in dieser Filmblatt-Ausgabe sehen kann.
In der Tradition der magischen Welten von Méliès bewegen sich die beinahe komplett in den Studios der DEFA entstandenen Märchenverfilmungen von Walter Beck aus den Jahren 1965 bis 1988. Qinna Shen untersucht ihre über- höhten Wirklichkeiten und zeichnet unterschiedliche ästhetischen Einflüsse nach. Noch ein paar Jahre zuvor, bei Helmut Spieß’ DEFA-Verfilmung von Das tapfere Schneiderlein (1956) auf dem Höhepunkt der Formalismusdebatte, lös- ten die abstrahierten, knallig-bunten Entwurfszeichnungen von Szenenbildner Karl Schneider einen regelrechten Streit aus. Beinahe scheiterte deshalb das Projekt, wie Anett Werner-Burgmann darlegt. Für Kinder filmte auch der Dokumentarfilmregisseur Ernst Cantzler, über dessen Werk Ralf Forster schreibt. Bei seinen Arbeiten fürs Kinderfernsehen suchte er bewusst nach Bildern, die die Fantasie des jungen Publikums anregen sollen und die doch mit einem dokumentarischen Blick auf die Welt schauen.
Weniger magisch, aber umso artifizieller ist dagegen die Operettenwelt der vier Verfilmungen von Johann Strauss’ Die Fledermaus aus den Jahren 1937 bis 1955, die Gerrit Bogdahn miteinander vergleicht. Den französischen Regisseur Julien Duvivier hingegen zog es auch immer wieder ins Freie, bei allen Beschwerlichkeiten, die diese Art des Filmemachens mit sich bringt. Frederik Lang zeichnet in seinem Text die Entstehung von zwei frühen Tonfilmen nach, die als deutsch-französische Produktionen entstanden und sich neben beeindruckender Plein-Air-Fotografie auch der Stilmittel des Avantgardekinos bedienen. Mit seinem deutsch-französi- schen Nachkriegsprojekt Marianne (1955) gelang Duvivier ein eigenwilliges Hybrid aus Heimatfilm und Geistergeschichte, wie Ralph Eue in seinem Beitrag ausführt, mit beeindruckenden Außenaufnahmen aus den Bayerischen Alpen.
Anlässlich des 30-jährigen Vereinsjubiläums widmen wir uns mit zwei kurzen Beiträgen noch einmal unserer eigenen Geschichte. Evelyn Hampicke berichtet aus der Frühzeit von CineGraph Babelsberg, Mila Ganeva reflektiert über die transatlantischen Freundschaften.

Mit Eileen Rositzka, die am 26. Mai 2021 plötzlich und viel zu früh verstorben ist, haben wir eine von uns hoch geschätzte Freundin, Kollegin und Autorin verloren, deren Stimme uns fehlen wird. Ihr letzter Text für das Filmblatt findet sich im vorliegenden Heft.

Inhaltsverzeichnis

Editorial
[1]

Artikel

Leberwurstbrötchen und Joe May. Erinnerungen an die Anfänge von CineGraph Babelsberg – von und mit Evelyn Hampicke [3]

Mila Ganeva: Spiel’s nochmal. America goes CineGraph Babelsberg [7]

Anett Werner-Burgmann: Macht Märchenfilme! Das tapfere Schneiderlein (DDR 1956) und der Formalismus-Verdacht [11]

Qinna Shen: Menschlichkeit in der Zauberwelt. Walter Beck und seine DEFA-Märchenfilme aus dem Atelier [29]

Gerrit Bogdahn: Nostalgischer Prunk und Gegenwart. Die Fledermaus von Johann Strauss im NS-Kino, als „Überläufer“ und bei der DEFA [43]

Frederik Lang: Der schönste Mann des deutschen Films als Anti-Hitler. In der Deutschen Kinemathek archivierte Materialien zu einer unveröffentlich ten Monografie über Adolf Wohlbrück [57]

Frederik Lang: Mit der Avantgarde ins Weimarer Tonfilmkino. Julien Duviviers Die fünf verfluchten Gentlemen (1931) und Hallo Hallo! Hier spricht Berlin (1932) [61]

Ralph Eue: Jugendschwärmerei, Heimatfilm und Geistergeschichte. Julien Duviviers Marianne de ma jeunesse / Marianne – Meine Jugendliebe (BRD/F 1955) [77]

Ralf Forster: Optische Sinnbilder sind wie ein Streicheln für mich … Doku- mentarfilme von Ernst Cantzler [91]

Review Essay

Philipp Stiasny: Bleib Ernst, Ossi! Jüdische Themen, doppelte Kodierungen und transnationale Identitäten im Kino der Weimarer Republik (Teil 2) [104]

Filmeditionen

Faust. Eine deutsche Volkssage (D 1926, R: F. W. Murnau). DVD. Der Gang in die Nacht (D 1921, R: F. W. Murnau) / Scherben (D 1921, R: Lupu Pick). 2 DVDs. München: Edition filmmuseum 2020 und 2018 (Michael Wedel) [110]

Berliner Ballade (D-West 1948, R: Robert A. Stemmle). Blu-ray, DVD. Walluf: Fernsehjuwelen GmbH 2020 (Ruben Treiber) [114]

Weisses Blut (DDR 1959, R: Gottfried Kolditz). DVD. Walluf: Fernsehjuwe len GmbH 2021 (Stephan Ahrens) [116]

Buchrezensionen

Barbara Hales, Valerie Weinstein (Hg.): Rethinking Jewishness in Weimar Cinema. New York, Oxford: Berghahn 2021 (Michael Wedel) [119]

Ofer Ashkenazi: Anti-Heimat Cinema. The Jewish Invention of the German Landscape. Ann Arbor: University of Michigan Press 2020 ( Jan-Christopher Horak) [122]

Antonia Schmid: Ikonologie der „Volksgemeinschaft“. ‚Deutsche‘ und das
‚Jüdische‘ im Film der Berliner Republik. Göttingen: Wallstein 2019 ( Johannes Praetorius-Rhein) [125]

Anna Denk: Schauspielen im Stummfilm. Filmwissenschaftliche Untersuchungen zur Berufsentwicklung im Wien der 1910er und 1920er Jahre. Bielefeld: transcript 2019 (Mila Ganeva) [128]

James Downs: Anton Walbrook. A Life of Masks and Mirrors. Oxford u. a.: Peter Lang 2020 / Frederik Lang, Brigitte Mayr, Michael Omasta (Red.): Wohlbrück & Walbrook. Schauspieler, Gentleman, Emigrant. Wien: Synema – Gesellschaft für Film und Medien 2020 (Frank Noack) [131]

Rainer Rother: Zeitbilder. Filme des Nationalsozialismus. Berlin: Bertz + Fischer 2019 (Valerie Weinstein) [134]

Herma Kennel: Als die Comics laufen lernten. Der Trickfilmpionier Wolfgang Kaskeline zwischen Werbekunst und Propaganda. Berlin: be.bra verlag 2020 (Ralf Forster) [136]

138 Chris Yogerst: Hollywood hates Hitler! Jew-baiting, Anti-Nazism, and the Senate Investigation into Warmongering in Motion Pictures. Jackson: University Press of Mississippi 2020 (Imme Klages)

Andy Räder: Poesie des Alltäglichen. Ulrich Theins Regiearbeiten für das Fernsehen der DDR (1963–1976). Wiesbaden: Springer VS 2019 (Günter Agde) [140]

Grit Lemke (Hg.): Unter hohen Himmeln. Das Universum Volker Koepp. Gespräche und Reflexionen. Berlin: DEFA-Stiftung 2019 (Larson Powell) [142]

Frederik Lang: Hartmut Bitomsky. Die Arbeit eines Kritikers mit Worten und Bildern. Wien: Synema – Gesellschaft für Film und Medien 2020 (Eileen Rositzka) [145]

Franziska Heller: Update! Film- und Mediengeschichte im Zeitalter der digitalen Reproduzierbarkeit. Paderborn: Brill/Fink 2020 (Chris Wahl) [148]

Tim Bergfelder, Erica Carter, Deniz Göktürk, Claudia Sandberg (Hg.): The German Cinema Book. Second Edition. London: Bloomsbury 2020 (Philipp Stiasny) [151]

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe
[154]

Impressum
[157]

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