Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 25 (2023)

Titel der Ausgabe 
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 25 (2023)

Erschienen
Stuttgart 2023: Franz Steiner Verlag

 

Kontakt

Karen Peter
Institution
Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte
Abteilung
Redaktion Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte
Land
Deutschland
PLZ
10555
Ort
Berlin
Straße
Bochumer Straße 25
c/o
Rezensionen: Prof. Dr. Daniel Bellingradt Universität Augsburg Institut für Europäische Kulturgeschichte Eichleitnerstr. 30 86159 Augsburg DEUTSCHLAND E-Mail: daniel.bellingradt@uni-a.de
Von
Daniel Bellingradt, Institut für Europäische Kulturgeschichte, Universität Augsburg

Die Kommunikationsgeschichte hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen: als Thema und als erkenntnisleitende Perspektive, für die Geistes- und Sozialwissenschaften im Allgemeinen wie für die Geschichtsschreibung im Besonderen. Wir unterstellen, dass die Einsicht weiter wachsen wird, welche Bedeutung der Medien- und Kommunikationsgeschichte für unterschiedlichste Forschungsfelder zukommt. Kommunikationsgeschichte, wie wir sie verstehen, fragt nach der Bedeutung der Medien für Menschen und Gesellschaft, nach kommunikativen Wirkungen und nach Entstehung und Strukturwandel von Öffentlichkeit.

Der Kommunikationsgeschichte liegt ein breiter Medienbegriff zugrunde; er schließt die öffentliche Rede ebenso ein wie den Brief, das Denkmal, die Flugpublizistik und Buch, Zeitung und Zeitschriften, Kino und Rundfunk und – nicht zuletzt – die internet-basierten Medien. Kommunikationsgeschichte untersucht neben den Massenmedien auch andere Öffentlichkeiten: Als Beispiele seien Versammlungen und Demonstrationen, die kommunikative Praxis auf Straßen und Plätzen sowie die Rezeption von Anschlägen an Kirchentüren, Toren und Mauern genannt. Kommunikationsgeschichte analysiert historische Kommunikationssituationen, sie untersucht Medienverbünde und bezieht systematisch Kommunikatoren und ihr Publikum ein.

Daher versteht sich das Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte als interdisziplinäres Forum für die Geschichts-, Kultur-, Medien-, Kommunikations- und verwandte Wissenschaften. Es stellt kommunikationshistorische Forschungsergebnisse und Forschungsprojekte der breiteren wie der Fachöffentlichkeit vor. Es dient zugleich als ein Ort für Forschungsdebatten und die Diskussion historiografischer Perspektiven.

Das JbKG erscheint seit 1999. Sein konzeptioneller Aufbau folgt einem vierteiligen Gliederungsprinzip. Der erste Teil ist Aufsätzen vorbehalten. Bevorzugt werden dabei quellennahe, kommunikationshistorische Forschungen, die in ihren Fragestellungen sowohl an den Problemen der Vergangenheit als auch an den Interessen der Gegenwart orientiert sind. Die Miszellen, der zweite Teil, bieten aktuelle Forschungsberichte über die Erschließung, Einordnung und Bewertung wichtiger kommunikationshistorischer Quellenbestände. Eine möglichst breite Information über kommunikationshistorische Publikationen liefert das Jahrbuch in seinem dritten und vierten Teil: Der ausführliche Rezensionsteil enthält kurze prägnante Besprechungen wichtiger Monographien, Sammlungen und Editionen. Die von Wilbert Ubbens (Bremen) bearbeitete Bibliographie der Aufsatzliteratur wertet mehr als 800 internationale Zeitschriften und Jahrbücher aus zahlreichen relevanten Disziplinen aus und konkretisiert nahezu alle Nachweise durch kurze inhaltliche Annotationen. Ein Register erschließt die wichtigen Sachen und Personen, die im Textteil der Aufsätze und Miszellen Erwähnung finden.

Die eingereichten Artikel werden anonym von zwei Berichterstatterinnen bzw. Berichterstattern begutachtet. Die Herausgeber entscheiden abschließend über die Annahme der Artikel.

In recent years, communication history has experienced growing importance: It has become both a significant discipline and a central perspective for historical research. Thus, from our point of view, communication history is important for social sciences in general and historiography in particular: Communication history focuses on the relationship between the media, individuals and society, identifies the effects of communication, and scrutinizes the formation of and changes in public spheres, public life, and public spaces.

The discipline itself is based on a broad understanding of the term "media", including but not limited to public speeches, letters, monuments, pamphlets and broadsides, books, newspapers, magazines, cinema, radio and - last but not least - online media. It is not confined to mass media but analyses a broad range of media manifestations, such as rituals, public gatherings and demonstrations, street corner orations and the reception of bills posted on church doors, gates and walls.

Since its establishment in 1999, the Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte (Yearbook for Communication History) is an interdisciplinary forum for scholars interested in the history of culture, media, communication and many related fields. With its presentation of new results and recent findings of historical research on the public sphere and on the history of communication the yearbook aims at both the broader public and the scientific community. Furthermore, the yearbook serves as a forum for all kinds of methodological, theoretical and empirical discussions on the historiography of communication.

The yearbook offers four main sections. The first section, Essays, publishes recent research on the history of communication; the research concentrates on primary sources and focuses on both the problems of the past and the interests of the present. The second, Miscellania, reports on the latest research on the publication, classification and evaluation of important archival sources. The yearbook provides a broad overview of publications in communication history in its third and fourth sections. In the third section, Reviews, important monographs, compilations and editions are comprehensively and incisively discussed by distinguished experts. The fourth section, Bibliography, is edited by Wilbert Ubbens (Bremen); he lists references in the literature from more than 800 international journals and yearbooks in numerous relevant disciplines and catalogs; the references are provided with short annotations. An index to subjects and an index to persons offer cross-references to the corresponding passages in the sections Essays and Miscellania.

Submitted articles are anonymously assessed by two reviewers. The final decision on the acceptance of articles is reached by the editors.

Alle Shortcuts zum Jahrbuch finden Sie hier: https://www.steiner-verlag.de/brand/Jahrbuch-fuer-Kommunikationsgeschichte

Zur Ausgabe des neuen Bandes in der eLibrary des Verlags: https://biblioscout.net/books/series?id=JB-JKG

Inhaltsverzeichnis

FORUM KOMMUNIKATIONSGESCHICHTE

Das Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte widmet sich seit mehr als 20 Jahren der Vielfalt an möglichen Zugängen zu historischer Kommunikation und interdisziplinären Perspektiven auf sie. Die anhaltenden Fragen zu Konturen, Werkzeugen und Denkmustern kommunikationshistorischer Erkenntnisinteressen gaben uns Anlass, 2018 ein Beitrags-Forum zu begründen, dessen Grundfrage »Was ist Kommunikationsgeschichte?« aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen und im Blick auf verschiedene Epochen erörtert werden soll. Die bewusst kurz gehaltenen und mit wenigen Anmerkungen versehenen Beiträge dieses Forums sollen fragende, einordnende und anregende Impulse geben, um kommunikationsgeschichtliche Ansätze innerhalb historisch arbeitender Disziplinen konzeptionell zu stützen. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Beitragenden ihr fachliches Verständnis von Kommunikationsgeschichte vorstellen und begründen sowie Potentiale und Grenzen des eigenen Ansatzes erörtern.

Matthias Müller (Mainz)
Kommunikation als sinnliche Evidenz durch die Künste: Höfische Objektkultur in der Frühen Neuzeit

Julia Trinkert (Düsseldorf)
Anmerkungen zu kommunikationshistorischen Aspekten in der Kunstgeschichte

Jörg Requate (Kassel)
Geschichte der Mediengesellschaft oder Geschichte des Mediensystems? Interdisziplinäre Forschungsperspektiven auf die Medien- und Kommunikationsgeschichte

AUFSÄTZE

Maria Tauber (Warwick)
Die »Selbstbezichtigung« eines Detmolder Zauberjungen. Ein Hexenprozess des 17. Jahrhunderts aus kommunikationszentrierter Perspektive
Zusammenfassung: Dieser Beitrag problematisiert die sogenannte »Selbstbezichtigung« eines Jungen als »Zauberer« in einem frühneuzeitlichen Hexenprozess. Als Gegenentwurf zu einer nach Ursachen fragenden und dabei häufig psychologisierenden Interpretation des Forschungsstereotyps »Selbstbezichtigung« soll ein kommunikations- und systemtheoretischer Zugang zu einer alternativen Deutung der Vorgänge führen, in der Rollenverkennung und eine zunehmende Einengung des Kommunikationsspielraums des Angeklagten im schriftgeleiteten Verfahren als zentrale Faktoren für das gerichtliche Endurteil erscheinen.
Abstract: This article reassesses the alleged »self-accusation« of a suspected boy wizard in an early modern German witch trial. The use of self-accusation as an organising category of analysis, seen in both seminal and recent historical works, has been critiqued for its production of predominantly psychologizing interpretations. This study uses communication studies and systems theory approaches to offer an alternative interpretation of the events. It argues that the final court verdict was largely shaped by the boy’s misunderstanding of his role in court and a gradual narrowing of options within a procedural framework based on writing.

Gerd Schwerhoff (Dresden)
Pasquillus Germanicus. Zur druckmedialen Karriere einer Spötter-Figur im 16. Jahrhundert
Zusammenfassung: Seit dem 16. Jahrhundert findet sich für anonyme Schmähschriften in Deutschland die Bezeichnung »Pasquill«. Der Begriff führt zurück ins Rom der Renaissancepäpste. Kurz nach 1500 wurde eine neu aufgefundene antike Statue, der man den Namen »Pasquino/Pasquill« gab, durch angeheftete Schmähzettel zum Medium deftiger Herabwürdigungen. Der Artikel verfolgt die Karriere des Pasquill und seiner Schmähungen im deutschen Sprachraum, die sich wesentlich (wenn auch nicht allein) im Medium von Flugschriften vollzog. Die Figur des Pasquill wurde von Ulrich von Hutten um 1520 in die deutsche Öffentlichkeit eingeführt und gewann in den konfessionellen Auseinandersetzungen schnell an Bedeutung. Ihre Hochkonjunktur hatten die einschlägigen Texte in den 1530er und 1540er Jahren. Dabei wuchs ihre formale und inhaltliche Vielfalt. In der zweiten Jahrhunderthälfte war es nicht mehr unbedingt Pasquill selbst, der in den Flugschriften als Dialogpartner in Szene gesetzt wurde, vielmehr wurde »Pasquill« nun zum Synonym für »libellus famosus«. Damit vollzog sich eine Umkehr der Bewertung: Waren die vom Pasquill verkündeten Wahrheiten bislang dezidiert positiv besetzt gewesen, so ging es nun darum, die Vorwürfe anonymer Spötter zurückzuweisen bzw. diese als Schmähung zu delegitimieren. Auf diese Weise sollten später im aufklärerischen Diskurs verbotene »Pasquille« scharf gegen legitime sachbezogene Streitschriften abgegrenzt werden.
Abstract: Since the 16th century, the term »pasquill« has been used for anonymous invective in Germany. The term leads back to the Rome of the Renaissance popes. Shortly after 1500, a newly discovered antique statue, which was given the name »Pasquino/Pasquill«, became a medium of rude disparagement through pinned invective notes. The article traces the career of Pasquill and his invective in the German-speaking world, which took place essentially (though not solely) in the medium of pamphlets. The figure of the pasquill was introduced to the German public by Ulrich von Hutten around 1520 and quickly gained importance in the
confessional disputes. The relevant texts had their heyday in the 1530s and 1540s.
At the same time, however, their diversity in form and content grew. In the second
half of the century, it was no longer necessarily Pasquill himself who wrote or spoke;
rather, »Pasquill« now became synonymous with »libellus famosus«. Thus, a
reversal of evaluation took place: While the truths proclaimed in the pasquill had
previously had a decidedly positive connotation, it was now a matter of rejecting
the accusations of anonymous mockers or delegitimizing them as invective. Later
in Enlightenment discourse, forbidden »Pasquills« were to be sharply demarcated
from legitimate factual argumentation.

Nina C. Rastinger (Wien) / Claudia Resch (Wien)
Darstellungs- und Deutungsmuster von Naturkatastrophen im 18. Jahrhundert. Korpusbasierte Erkenntnisse aus der digitalen Wiener Zeitung
Zusammenfassung: Der vorliegende Beitrag untersucht den diskursiven Umgang mit Naturkatastrophen innerhalb der Wiener Zeitung des 18. Jahrhunderts. Als Ausgangspunkt hierfür dient das Wienerische Digitarium, ein digitales Korpus von über 300 Ausgaben des historischen Periodikums, in dem Textstellen, die Bezug auf Naturkatastrophen nehmen, mithilfe eines kombinierten Ansatzes aus Close und Distant Reading identifiziert werden. Über diesen korpusbasierten Zugang zeigt sich, dass Gewitter, Erdbeben, Überflutungen und andere natürliche Extremereignisse ein wiederkehrendes Thema innerhalb des frühneuzeitlichen Periodikums bilden und als singuläre, negative Geschehnisse außerhalb des bislang Erfahrenen konzeptualisiert werden. Dabei setzen gerade infolge der scheinbaren Sinn- und Ordnungslosigkeit der berichteten Ereignisse beobachtbare Prozesse einer Sinnstiftung ein, bei denen die Schreibenden der Wiener Zeitung die außergewöhnlichen Phänomene zu interpretieren und in bestehende Ordnungen einzugliedern versuchen. So werden zur kollektiven, kulturellen Verarbeitung von Naturkatastrophen etwa wiederholt – und teilweise sogar parallel – auf straftheologische und, insbesondere gegen Ende des 18. Jahrhunderts, auf (natur)wissenschaftliche Darstellungs- und Deutungsmuster zurückgegriffen und dem Lesepublikum auf diese Weise unterschiedliche Handlungsstrategien aufgezeigt. Diese und weitere empirische Einblicke in die historische Wiener Zeitung veranschaulichen die komplexe und vielschichtige Herangehensweise an Naturkatastrophen in der frühneuzeitlichen Presseberichterstattung.
Abstract: The contribution at hand examines the discourse around natural disasters within the 18th century newspaper Wiener Zeitung. As a starting point, the Wienerisches
Digitarium, a digital corpus consisting of over 300 issues of the historic periodical, is used, wherein passages referring to natural disasters are identified with the help of a combined approach of close and distant reading. Through this corpus-based investigation, it becomes apparent that thunderstorms, earthquakes, floods, and other natural extreme events form a recurring topic within the early modern newspaper and are conceptualized as singular, negative occurrences outside of previous experiences. In close connection to this apparent lack of meaning and order in the reported events, processes of meaning-making can be observed,
in which writers attempt to interpret the extraordinary phenomena and integrate them into existing orders. Thereby, various strategies for the cultural and collective processing of natural disasters are employed, including theological and, especially towards the end of the 18th century, scientific representations and interpretations, which offers readers different strategies of action. These and further empirical insights into the historical Wiener Zeitung illustrate the complex and multifaceted approach to natural disasters in early modern press reporting.

MISZELLEN

Wiebke Hemmerling (Göttingen)
Die Gegenstände der Kritik. Zur statistischen Auswertbarkeit von Rezensionszeitschriften der Aufklärung
Zusammenfassung: Der Beitrag skizziert das historische Projekt einer Indexierung des Buch- und Zeitschriftenmarktes seit dem 18. Jahrhundert, an das die Forschungsdatenbank »Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung« heute anschließt. Mit Hilfe dieser Datenbank sind bislang 300 deutschsprachige Zeitschriften und damit ca. 165.000 Rezensionen durchsuchbar, die im Rahmen der Erschließung sowohl in eine zeitgenössische Wissenschaftsklassifikation eingeordnet als auch mit dem Tenor der Bewertung ausgewiesen wurden. Dadurch sind die Buchkritiken systematisch nach Wissensgebieten gruppierbar, zeitlich sortierbar und lassen sich statistisch auswerten. Was waren die bevorzugten Gegenstände der Kritik? Wie lassen sich einzelne konkurrierende Journale in ihrer Kritik voneinander differenzieren? Wie verhält es sich mit der Verteilung einzelner Genres in der Literaturkritik? Die durch die Datenbank sichtbar werdenden Tendenzen können dabei helfen, Thesen zu generieren, zu verifizieren oder auch zu falsifizieren.
Abstract: This contribution focuses on the historical project of providing an index to the market of books and periodicals in the Age of Enlightenment – a project which started in the 18th century, and continues up to now with the research database »Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung« (»Scholarly Journals and Newspapers in the Age of Enlightenment«). Currently the database provides access to 300 German-language journals and to roughly 165,000 book reviews. The indexing work includes a classification of the reviewed books according to a contemporary subject classification. It also indicates the evaluation tendency of each individual review. Thus, the database offers possibilities for systematic search according to different scientific subjects, or also to different periods of time. Furthermore, it offers instruments for statistical evaluation: Which were the favorite objects of criticism? How can individual competing journals be differentiated from one another with regard to their criticism? On which specific genres did literary criticism focus? The trends that become visible through the use of the database can help to generate theses, to verify them and, if need be, to falsify them.

Ina Serif / Anna Reimann / Alexander Engel / Lars Dickmann (alle Basel)
Printed Markets im digitalen Zeitalter. Digitalisierung, Aufbereitung und Analyse des Basler Avisblatts (1729–1844)
Zusammenfassung: Die fast eine Million Einzel(klein)anzeigen, die von 1729 bis 1844 in der Basler Intelligenzzeitung, dem Avisblatt, abgedruckt wurden, bieten vielfältigste Einblicke in die städtische Gesellschaft und ihre Ökonomien. Mit traditionellen Methoden sind aber nur punktuelle Einsichten möglich. Das vom Schweizerischen Nationalfond (SNF) geförderte Projekt »Printed Markets« an der Universität Basel hat das Blatt nicht nur digitalisiert, aufbereitet und öffentlich verfügbar gemacht, sondern auch ein Spektrum digitaler Methoden für die Anwendung auf Anzeigenebene genutzt, adaptiert und neu entwickelt, um ein großes Portfolio an historischen Fragestellungen zu bearbeiten. Durch die breite Auswertung großer Mengen an Anzeigen in Intelligenzblättern können, so das Plädoyer, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 18. und frühen 19. Jahrhunderts als Kommunikationsgeschichte betrieben und neue Perspektiven eröffnet werden.
Abstract: Almost one million individual (classified) advertisements printed in the Basel intelligencer Avisblatt between 1729 and 1844 offer diverse insights into urban society and its economies. With traditional methods, however, only selective insights are possible. The project »Printed Markets« at the University of Basel, funded by the Swiss National Science Foundation (SNSF), has not only digitised, processed and published the paper, but also used, adapted and newly developed a spectrum of digital methods for the application on ad level to address a large portfolio of historical questions. Hence, this contribution also advocates for the quantitative analysis of advertisements in intelligencers which allows economic and social history of the 18th and early 19th century to be pursued as communication history, thus opening up new perspectives.

Cornelia Baddack (Koblenz) / Daniel Bellingradt (Augsburg)
Eine gesammelte Berliner Weltkriegsöffentlichkeit. Das »Zeitungsarchiv« von Katharina von Kardorff-Oheimb, 1914–1920
Zusammenfassung: In Augsburg lagert eine historische Privatsammlung von Berliner Zeitungen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und dem Beginn der Weimarer Republik. Die frühere Eigentümerin, Katharina von Kardorff-Oheimb (1879–1962), nannte die Sammlung ihr »Zeitungsarchiv« und ließ die abertausend Exemplare von Morgen-, Mittag- und Abendausgaben, Extrablättern, Beiblättern und Sonderserien mit dem Reihentitel Kriegs-Erinnerungen und Berliner Zeitungen aufwendig in mehr als 90 Bände in Leder einbinden und als Teil ihrer Hausbibliothek ausstellen. Als Gründe für die chronologische Sammlung und Nutzung der vornehmlich deutsch-konservativen bis liberal-bürgerlichen Hauptstadtpresse werden drei miteinander verbundene Motive benannt: die Repräsentationsfunktionen der materiellen Papiersammlung, das politische Bildungsinteresse Kardorff-Oheimbs und die Zeitzeugenschaft einer besonderen Phase der Geschichte
Abstract: A historical collection of newspapers from Berlin covering the time of World War I and the beginning of the Weimar Republic is nowadays part of a stored museum collection in Augsburg. The former owner and contemporary user of this »newspaper archive« is Katharina von Kardorff-Oheimb (1879–1962) who not only collected chronologically large parts of the available newspapers from Berlin, but also organized the binding of these newspapers in more than 90 volumes. This large and unusual private »newspaper archive« was part of her library, and is to be seen from three angles: as a physical paper collection aimed for representation, as a tool for political education, and as documentation of a witnessed special time period.

Annika Keute (Dortmund / Salzburg)
Zur Entwicklung der institutionellen Zeitungsforschung in Deutschland seit 1945. Eine Projektvorstellung
Zusammenfassung: Zeitungen sind als Quellen in vielen wissenschaftlichen Disziplinen von enormer Bedeutung. Insbesondere durch den »Cultural Turn« und wachsende Medialitätsbetrachtungen sowie voranschreitende Digitalisierungsprojekte steigt ihr Wert vor allem auch für kulturgeschichtliche Fragestellungen zunehmend an. Der vorliegende Beitrag stellt das am Institut für Zeitungsforschung in Dortmund durchgeführte Forschungsprojekt zum Status quo der akademischen Zeitungsforschung sowie zu fachgeschichtlichen Entwicklungslinien seit 1945 vor. Die Ziele dieses Projektes sind die Erfassung der Institutionen in Deutschland, an denen die Zeitung aktuell als Forschungsgegenstand einen Untersuchungsschwerpunkt bildet, sowie die Darstellung der engeren Fachgeschichte der ehemaligen Zeitungswissenschaft nach 1945.
Abstract: Newspapers are of enormous importance as sources in many scientific disciplines. In particular, due to the »cultural turn« and increasing mediality considerations and advancing digitization projects, its importance is increasing, especially for questions of cultural history. This article presents the research project conducted at the Institute for Newspaper Research in Dortmund on the status quo of academic newspaper research as well as on the lines of development in the disciplinary history since 1945. The aims of this project are to identify the institutions in Germany where the newspaper, not only as a source, but above all as a research object itself, is central, as well as to present disciplinary historical lines of development of the former newspaper studies after 1945.

REZENSIONEN

Der Open-Access-Rezensionsteil bietet 80 Neuerscheinungen zur Kommunikationsgeschichte. The reviews section features 80 reviews.

BIBLIOGRAFIE (Wilbert Ubbens, Bremen)
Die Bibliographie verzeichnet mehr als 1000 kommunikationshistorische Aufsätze aus internationalen Zeitschriften. The bibliography on new literature comprises of about 1000 entries.

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Bestandsnachweise 1438-4485