In eigener Sach
Corrigendum
Aufsätze
Florian D. Feil, Perdikkas und seine Brüder. Politik und Mythos im Makedonien des 5. Jahrhunderts / Perdikkas and His Brothers. Politics and Myth in Fifth-Century Macedonia
S. 541
Der bei Herodot überlieferte Gründungsmythos der Argeaden gilt als im Makedonien des 5. Jahrhunderts allgemein akzeptiert und oft als Reflex der argeadischen Frühgeschichte. Dagegen wird hier auf Basis ethnologischer Erkenntnisse über die soziale Funktion von Mythen vermutet, dass ein erkennbarer Bezug zwischen dem fraglichen Mythos und zeitgenössischen politischen Problematiken bestand. Zur Analyse bisher unerklärter Elemente des Mythos wird daher dessen Entstehungskontext untersucht. Demnach herrschten die Söhne Alexanders I. gemeinsam über Makedonien und Perdikkas, einer der jüngeren Brüder, erlangte nur schrittweise eine prekäre Führungsposition im Clan. Um diese zu stabilisieren und die alleinige Herrschaftsnachfolge seines Sohnes Archelaos zu sichern, ließ Perdikkas den bei Herodot überlieferten Gründungsmythos verbreiten. Dies erklärt, warum die Protagonisten der Geschichte drei Brüder sind, warum der jüngste der mythischen Brüder Perdikkas heißt, warum er allein als göttlich erwählter, kluger und fürsorglicher Anführer hervorgehoben wird und warum nur er die Argeadendynastie begründet, in der die Herrschaft immer einem einzigen Sohn vererbt wird.
The Herodotean origin myth of the Argead house is currently seen as uncontroversial in fifth-century Macedonia and is often said to reflect early historical events. Based on ethnological observations on the usage of myths, this paper argues for a close correspondence between myth and contemporary political issues, and thus investigates the nature of Argead rule after Alexander I. to elucidate hitherto unexplained elements of the myth. Contrary to current views, the paper proposes that the sons of Alexander ruled Macedonia jointly, that Perdikkas, one of the younger brothers, only gradually emerged as an insecure leader, and that he circulated the Herodotean myth to stabilise his position and promote his son Archelaos as his sole heir. This explains why the youngest of the mythical brothers, and the one repeatedly singled out as a divinely favoured, intelligent and benevolent leader, is also named Perdikkas, and why only he founds the Argead dynasty, in which a single son always succeeds the father.
Jan-Hendryk de Boer, Gion Wallmeyer, Marcel Bubert, Epistemische Rivalitäten. Zum Umgang mit Sonderwissen an den Höfen des 14. Jahrhunderts / Epistemic Rivalries. Dealing with Special Knowledge at the Courts in the 14th Century
S. 572
An den Höfen der Könige, Päpste, Fürsten und Fürstinnen entwickelte sich im 14. Jahrhundert eine zunehmende Konkurrenz zwischen Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Bestände von Sonderwissen. Die Entscheidung, welches Wissen in welcher Form nutzbar war, verlagerte sich von den gelehrten Milieus auf Laien, an den Höfen auf Herrscher und Herrscherinnen und ihr Umfeld. Der offen ausgetragene Wettbewerb machte es erforderlich, die mit dem jeweiligen Wissensbestand verbundenen Geltungsansprüche, seine Gehalte und seinen möglichen Nutzen sowie die Positionen seiner Trägerinnen und Träger zu überprüfen. Die wachsenden epistemischen Rivalitäten ließen daher Wissen reflexiv werden. Diese Prozesse veranschaulicht der Beitrag anhand von Fallstudien zu ausgewählten lateineuropäischen Höfen.
In the 14th century, the courts of kings, popes, and princes saw increasing competition between representatives of various types of expertise. The decision as to what kind of knowledge could be used and in what form shifted from the learned circles to the laymen and, at the courts, to the rulers and their entourage. Growing competition made it necessary to examine the claims to validity associated with each body of knowledge, its content, and potential usefulness, as well as the positions of its bearers. The growing epistemic rivalries thus made knowledge reflexive. The article illustrates these processes with case studies of selected Latin European courts.
Eva-Maria Roelevink, „Geschichte wird gemacht, es geht voran!“. William Manchester und die Neuerzählung der Krupp-Geschichte in den 1960er Jahren / William Manchester and the Re-Narration of the Krupp-History in the 1960s
S. 612
Der Beitrag nimmt die dominierende und öffentlichkeitswirksame Krupp-Geschichte der 1960er Jahre zum Ausgangpunkt und untersucht die Neuerzählung der Krupp-Geschichte durch den prominenten US-amerikanischen Journalisten William Manchester am Ende der 1960er Jahre. Manchester nahm mit „The Arms of Krupp“ eine Neubewertung vor, die besonders in der Bundesrepublik von den Zeitgenossen kaum beachtet wurde, nicht zuletzt, weil der Krupp-Konzern sich gegen die Veränderung des selbst entwickelten und geschichtsträchtigen Narrativs wehrte. Damit rückt der Wert der „Geschichte“ als PR-Instrument in den Vordergrund. Der Einsatz und die Bewertung der Unternehmensgeschichte wird dabei über das Deutungshandeln der Akteure, von Manchester und dem Krupp-Konzern im Besonderen, herausgestellt.
The article takes the dominant and high-profile Krupp story of the 1960s as its starting point and examines its re-narration by the prominent US-journalist William Manchester at the end of the 1960s. Manchester undertook with “The Arms of Krupp” a reassessment that was hardly noticed by contemporaries, especially in the Federal Republic, not least because the Krupp-company resisted changing the narrative it had developed itself and which was steeped in history. This brings the value of “history” as a PR tool to the fore. The use and evaluation of business history is thereby highlighted through the interpretive activities of the actors, of Manchester and the Krupp-Group in particular.
Nekrolog
Robert Bernheim, Peter Conrad Werner Hoffmann (1930–2023). Forschung und Lehre
S. 649
Neue historische Literatur
Schwerpunkt Leben und Wissenschaft
Hans-Christof Kraus, Kunst, Geschichte, Wissenschaft und Politik. Aby Warburg im Spiegel seiner Briefe S.
658
Aby Warburg, Briefe. 2 Bde. Hrsg. v. Michael Diers und Steffen Haug in Zusammenarbeit mit Thomas Helbig (H.-C. Kraus) S.
658
Heinz Duchhardt, Der alte Ranke. Politische Geschichtsschreibung im Kaiserreich (S. Steglich) S. 674
Matthias Krämer, Westernisierung der Geschichtswissenschaft. Transatlantische Gastprofessoren im Umfeld der Historischen Zeitschrift (O. Blaschke)
S. 675
Anna Corsten, Unbequeme Erinnerer. Emigrierte Historiker in der westdeutschen und US-amerikanischen NS- und Holocaust-Forschung, 1945–1998 (O. Blaschke)
S. 675
Allgemeines
Kyle Harper, Plagues Upon the Earth. Disease and the Course of Human History (K.-H. Leven)
S. 681
James Belich, The World the Plague Made. The Black Death and the Rise of Europe (T. Ertl)
S. 683
Holger Weiss (Ed.), Locating the Global. Spaces, Networks and Interactions from the Seventeenth to the Twentieth Century (S. Gänger)
S. 685
Altertum
Philipp Brockkötter/Stefan Fraß/Frank Görne u. a. (Hrsg.), Vertrauen und Vertrauensverlust in antiken Gesellschaften (G. Seelentag)
S. 687
Katharina Ute Mann, Die Suche nach einem angemessenen Bild der Geschichte. Re-Inszenierung und Rekonstruktion der Antike in Schrift, Form und Farbe von J. J. Winckelmann bis heute (R. Splitter)
S. 689
Frances Pownall/Sulochana R. Asirvatham/Sabine Müller (Eds.), The Courts of Philip II and Alexander the Great. Monarchy and Power in Ancient Macedonia (B. Truschnegg)
S. 692
Jonas Scherr/Martin Gronau/Stefano Saracino (Hrsg.), Polybios von Megalopolis. Staatsdenken zwischen griechischer Poliswelt und römischer Res Publica (A. Meeus)
S. 694
Alexander Meeus, The History of the Diadochoi in Book XIX of Diodoros’ Bibliotheke. A Historical and Historiographical Commentary (J. Wünsch)
S. 696
Jack J. Lennon, Dirt and Denigration. Stigma and Marginalisation in Ancient Rome (J. Diemke)
S. 698
Cornelis van Tilburg, City Gates in the Roman West. Forms and Functions (S. Froehlich)
S. 700
Heiko Steuer, „Germanen“ aus Sicht der Archäologie. Neue Thesen zu einem alten Thema. 2 Teilbde. (S. Hansen)
S. 703
Simon Goldhill, The Christian Invention of Time. Temporality and the Literature of Late Antiquity (R. Färber)
S. 705
Konstantin M. Klein/Johannes Wienand (Eds.), City of Caesar, City of God. Constantinople and Jerusalem in Late Antiquity (T. Raum)
S. 707
Clifford Ando/Marco Formisano (Eds.), The New Late Antiquity. A Gallery of Intellectual Portraits (S. Ruprecht)
S. 710
Mittelalter
Elaine Treharne, Perceptions of Medieval Manuscripts. The Phenomenal Book (H. Kümper)
S. 713
Elisheva Baumgarten, Biblical Women and Jewish Daily Life in the Middle Ages (C. Cluse)
S. 715
Emmanuelle Santinelli-Foltz, Couples et conjugalité au haut Moyen Âge (VIe–XIIe siècles) (C. Harder)
S. 716
Guiseppe Albertoni/Francesco Borri (Eds.), Spes Italiae. Il regno di Pipino, i Carolingi e l’Italia (781–810) (B. Mischke)
S. 718
Christopher Mielke , The Archaeology and Material Culture of Queenship in Medieval Hungary, 1000–1395 (A. Fößel)
S. 720
Andreas Rentz, Inszenierte Heiligkeit. Soziale Funktion und symbolische Kommunikation von lebenden Heiligen im hohen Mittelalter (L. Düchting)
S. 722
Uwe Schirmer, Landstände im thüringisch-obersächsischen Raum (1231–1498). Ein Beitrag zur Geschichte des mitteldeutschen Hoch- und Niederadels (C. Hesse)
S. 723
Dörte Eriskat, Baumwollhandel und Barchentproduktion im Westen des Reiches (14. bis 16. Jahrhundert) (C. Arnaud)
S. 725
Jos von Pfullendorf, Die Fuchsfalle. Herausgegeben von Klaus H. Lauterbach (M. M. Rückert) S. 727
Anne Curry, Agincourt (T. Scharff)
S. 728
Frühe Neuzeit
Anette Baumann, Karten vor Gericht. Augenscheinkarten der Vormoderne als Beweismittel (M. Schmidt)
S. 731
Stefan Dirigl, John Fishers Auseinandersetzung mit Martin Luthers Kritik an der Willensfreiheit. Kultur- und theologiegeschichtliche Studien zum 36. Artikel der Asertionis Lutheranae Confutatio mit Edition, Übersetzung und ausführlichem Kommentar (V. Leppin)
S. 733
Caroline Callard, Spectralities in the Renaissance, Sixteenth and Seventeenth Centuries (M. Rieger)
S. 735
Yvan Loskoutoff/Patrick Michel (Eds.), Mazarin. Rome et l’Italie (E. Oy-Marra)
S. 737
Guiseppe Mazzanti, Matrimoni post-tridentini. Un dibattito dottrinale fra continuità e cambiamento (secc. XVI–XVIII) (M. Lanzinger)
S. 739
Lisa Regazzoni, Geschichtsdinge. Gallische Vergangenheit und französische Geschichtsforschung im 18. und frühen 19. Jahrhundert (D. Fugger)
S. 741
19.–21. Jahrhundert
Klaus Mühlhahn, Geschichte des modernen China. Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart (H. Schmidt-Glintzer)
S. 744
Chris Miller, We Shall Be Masters. Russian Pivots to East Asia from Peter the Great to Putin (R. A. Mark)
S. 746
Dietmar Pieper, Zucker, Schnaps und Nilpferdpeitsche. Wie hanseatische Kaufleute Deutschland zur Kolonialherrschaft trieben (J. Kreienbaum)
S. 748
Frank Engehausen, Werkstatt der Demokratie. Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 (B. Vick)
S. 750
Felix Brahm, Merchandise of Power. Der Waffenhandel zwischen Europa und Ostafrika (1850–1919) (B. Stuchtey)
S. 751
Martin Rempe, Kunst, Spiel, Arbeit. Musikerleben in Deutschland 1850 bis 1960 (H. Siegrist)
S. 753
Birgit Aschmann/Monika Wienfort (Hrsg.), Zwischen Licht und Schatten. Das Kaiserreich (1871–1914) und seine neuen Kontroversen (E. Conze)
S. 757
Friedrich Wilhelm Graf, Ernst Troeltsch. Theologe im Welthorizont (H.-C. Kraus)
S. 760
Sara Ercolani, La tratta delle bianche in Italia e in Gran Bretagna. Dall’associazionismo alla Società delle Nazioni (1885–1946) (A. Fahrmeir)
S. 762
Todd H. Weir/Hugh McLeod (Eds.), Defending the Faith. Global Histories of Apologetics and Politics in the Twentieth Century (E. G. Bouwers)
S. 764
Eliane Kurmann, Fotogeschichten und Geschichtsbilder. Aneignung und Umdeutung historischer Fotografien in Tansania (S. Michels)
S. 766
Irina Stange, Hans Ritter von Lex. Ein Leben für den Staat (D. Geppert)
S. 768
Juliane Hornung, Um die Welt mit den Thaws. Eine Mediengeschichte der New Yorker High Society in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (C. Lorke)
S. 769
Johannes Großmann, Zwischen Fronten. Die deutsch-französische Grenzregion und der Weg in den Zweiten Weltkrieg (F. Pestel)
S. 771
Heinrich Claß, Politische Erinnerungen des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes 1915–1933/36. Herausgegeben von Björn Hofmeister (D. Siemens)
S. 774
Andrea Albrecht/Lutz Danneberg/Ralf Klausnitzer u. a. (Hrsg.), Internationale Wissenschaftskommunikation und Nationalsozialismus. Akademischer Austausch, Konferenzen und Reisen in Geistes- und Kulturwissenschaften 1933 bis 1945 (I. Löhr)
S. 776
Josephine Ulbricht, Das Vermögen der „Reichsfeinde“. Staatliche Finanzverwaltung und Gegnerverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland (J. Balcar)
S. 778
Werner Konitzer/Johanna Bach/David Palme (Hrsg.), Vermeintliche Gründe. Ethik und Ethiken im Nationalsozialismus (C. Strub)
S. 780
Christopher Spehr/Harry Oelke (Hrsg.), Das Eisenacher „Entjudungsinstitut“. Kirche und Antisemitismus in der NS-Zeit (M. Gailus)
S. 782
Edward B. Westermann, Drunk on Genocide. Alcohol and Mass Murder in Nazi Germany (T. Kühne)
S. 784
Rósa Magnúsdóttir, Enemy Number One. The United States of America in Soviet Ideology and Propaganda, 1945–1959 (A. Zaplatina)
S. 785
Roxanne Narz, Kultur im Widerstreit. Das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 1949–73 (N. Domeier)
S. 787
Dieter Grimm, Die Historiker und die Verfassung. Ein Beitrag zur Wirkungsgeschichte des Grundgesetzes (D. Gosewinkel)
S. 789
Olga Sparschuh, Fremde Heimat, fremde Ferne. Italienische Arbeitsmigration in Turin und München 1950–1975 (O. Trede)
S. 791
Sonja Großmann, Falsche Freunde im Kalten Krieg? Sowjetische Freundschaftsgesellschaften in Westeuropa als Instrumente und Akteure der Cultural Diplomacy (C. Rau)
S. 793
Peter Brandt/Hans-Joachim Gießmann/Götz Neuneck (Hrsg.), „… aber eine Chance haben wir“. Zum 100. Geburtstag von Egon Bahr (B. Rother)
S. 794
Eingegangene Bücher
S. 797