Die neu zusammengefundene Redaktion der Zeitsprünge stellt sich mit diesem Band der Leserschaft vor. Unter dem Titel „Zeit- und Tigersprünge“ denken die Autor:innen in mehr essayistischen denn im strengen Sinne wissenschaftlichen Beiträgen über die eigene Forschung ebenso wie über Zeitsprünge der Frühneuzeitforschung, über das Ineinander von Vergangenheit und Gegenwart sowie ihre Unterschiede nach. Der Titel bezieht sich auf Walter Benjamins Trope und die Vorstellung, dass Vergangenes und Gegenwärtiges immer interagieren – sei es als kurzes Aufleuchten oder als intensive Auseinandersetzung von Vergangenheit und Gegenwart. Das historische Andere kann dem Vertrauten nicht völlig anverwandelt werden; es bleibt ein Rest von Alterität, der immer wieder auf seine radikale Eigenheit hin befragt werden muss.
Die hier vorgelegten Skizzen, mit denen sich die neue Redaktion zugleich der Leserschaft der Zeitsprünge vorstellt, gehen dieser Vorstellung nach, indem sie unsere gegenwärtigen Perspektiven auf das Frühere kritisch befragen und über die Alterität der Frühen Neuzeit (die Beiträge von Detering, Zittel und Gutsche) wie auch ihre spezifischen Vorstellungen und Konzepte (Roick) nachdenken. Sie plädieren aber auch für eine neue Hinwendung zu scheinbar verloren gegangenen bzw. enteigneten frühneuzeitlichen Texten (Bidwell-Steiner), ein neues europäisches Denken und damit auch die Reperspektivierung einer vernachlässigten mittelosteuropäischenr Kulturgeschichte (Hana Gründler und Katharina Piechocki) und zeigen am Beispiel der Hoffnung, dass vermeintlich ahistorische Universalien ‚des‘ Menschen als historisch bedingt zu verstehen sind (Albert Schirrmeister).
Im zweiten Teil des Bandes unter dem Titel „Forum“ stehen thematisch freie Beiträge. Diese sollen in Zukunft wieder verstärkt neben Themenheften ihren Platz in den „Zeitsprüngen“ finden. Manuskriptangebote werden von der Redaktion jederzeit angenommen. Hierzu veröffentlichen wir auf H-Soz-Kult auch einen Call for Articles.
Heft 1: Zeit- und Tigersprünge
Redaktion Zeitsprünge: Zeit- und Tigersprünge. Zum Geleit
Nicolas Detering: Die entgleitende Alterität: Beobachtungen zum Stand der Frühneuzeitgermanistik
Claus Zittel: Die ‚Furie des Verschwindens‘ – eine Replik auf Nicolas Deterings Beobachtungen zum Stand der Frühneuzeitgermanistik
Victoria Gutsche: Traditionsverhalten, Wiederkehr und Sprünge ins Vergangene. Beobachtungen zur Renaissance der Barockrezeption
Matthias Roick: Freundschaft und andere Undinge
Marlen Bidwell-Steiner: Meeting Matilda: Ein Plädoyer gegen die Enteignung frühneuzeitlicher Autorinnen
Hana Gründler und Katharina Piechocki: Denkbilder und Zwischenräume: Über die Grenzen Europas
Albert Schirrmeister: „L’espérance, cet oxygène dont nous nous nourrissons“. Hoffnung für Geschichtswissenschaften
Heft 2: Forum
David El Kenz: La Vallée perdue – The Last Valley – (1971) de James Clavell: une utopie dans la guerre de Trente Ans
Sergius Kodera: The Imago of Pan: Mnemonics and Classical Myth in Francis Bacon’s De sapientia veterum (1609)
Matthias Roick: Lateinischer Aristotelismus im Neapel der Renaissance. Giovanni Pontano und das Liber de bona fortuna zwischen Mittelalter und Renaissance
Annika Raapke: Unorthodoxe Praktiken. Ein Einblick in die Untersuchung von Pacotillehandel in der französischen Karibik, 1716–1810
Stefanie Siedek-Strunk / Veronika Albrecht-Birkner: „… daß in einer dortigen Zeitschrift heftige Ausfälle gegen mich geschehen seyen“
Stefan Hermes: Aufklärerische Autosoziobiographik