Welchen Anteil haben Materie und Material an den produktiven und praxeologischen Prozessen innerhalb kultureller Systeme? Diese Frage steht in der vorliegenden Memo-Ausgabe im Mittelpunkt von vier Aufsätzen aus den Geschichtswissenschaften, der Kunstgeschichte und der Mittelalterarchäologie. Im Zuge des Material Turn wurde zuletzt in verschiedenen kulturwissenschaftlichen Disziplinen die Bedeutung des Materials, des Stofflichen und der Substanzen für die Materielle Kultur zunehmend herausgearbeitet, während zuvor eher Dinge und Dinglichkeit im Vordergrund standen. Mit dem Konzept der Aspektivierung wurde am Institut für Realienkunde in Krems ein interdisziplinärer Ansatz entwickelt, mit dem die Relevanz der jeweiligen materialbezogenen Eigenschaften und Zuschreibungen für die kulturellen Dynamiken gezielt herausgearbeitet werden kann. Der hier zur Diskussion gestellte methodische Zugriff schließt Fragen nach den Affordanzen und der Agency von Materie und Materialien ein, um zu erhellen, wie das Stoffliche konkret in kulturellen Prozessen mitwirkt, diese anstößt und entscheidend beeinflusst.
Elisabeth Gruber, Thomas Kühtreiber, Isabella Nicka, Heike Schlie: Zur Einleitung, S. 1–21
Heike Schlie: Das Kunstwerk als materiale Figura. Aspektivierung, Agency und Affordanz der Bronze im Fall des Lütticher Taufbeckens, S. 22–59
Elisabeth Gruber: Wasser fließt. Ein methodischer Versuch, Wasser als Material ernst zu nehmen, S. 60–80
Thomas Kühtreiber: Kommunizierende Gefäße. Flüssigkeiten als Trägersubstanzen beim Gebrauch figürlicher Gießgefäße, S. 81–119
Isabella Nicka: Stein und Erde gestalten. Die Concordantiae Caritatis als Experimentierfeld eines Distant Viewings zur Materialdarstellung im 14. Jahrhundert, S. 120–160