Tiere als Individuen, Rechtspersonen und Medienstars
Dieser Tierstudien-Band beschäftigt sich mit Fragen nach dem Personenstatus von Tieren und mit dem Phänomen tierlicher Persönlichkeiten. Dass Tiere Individuen und Subjekte ihres Lebens sind, unterschiedliche Charaktereigenschaften und eigene Interessen haben, wird kaum noch bestritten. Doch dass sie Personen sind, wird ihnen in der Regel abgesprochen.
Dabei kämpfen Tierrechtsorganisationen schon lange für die Anerkennung des Personenstatus von Tieren: Tiere sollen als Rechtspersönlichkeiten mit einem einklagbaren Recht auf Leben sowie körperliche und geistige Unversehrtheit verstanden werden. In vielen indigenen Epistemologien existieren Vorstellungen von tierlicher Personalität, und die meisten Haustierhalter:innen würden bestätigen, dass ihr Gefährtentier in ähnlicher Weise unersetzbar sein kann wie eine menschliche Person. Und die (Populär-)Kultur wiederum kennt ihre eigene Tierprominenz: Berühmtheiten wie die Hündin Laika, der Eisbär Knut oder auch Roman- und Filmfiguren wie Lassie und die Biene Maja sind Gestalten des öffentlichen Lebens mit eigener Biografie, sei diese historisch verbürgt oder zugeschrieben.
Entsprechend diesem Themenreichtum vereint der Band philosophische, theologische, soziologische, rechts- und kulturwissenschaftliche Perspektiven zu tierlichen Persönlichkeiten. So erläutern einige Beiträge z.B. die Notwendigkeit internationaler Tierrechte und warum auch Nichtmenschen Personen oder ‚Quasi-Personen‘ sein können. Andere nehmen mediale Konstruktionen von tierlichen Personen in Literatur, Hörspiel und Film in den Blick und stellen konkrete Tierindividuen als historische Persönlichkeiten vor. Künstlerische Bildstrecken widmen sich altgewordenen ‚Nutztieren‘ in Lebenshöfen, einem Hund als Social-Media-Star, Menschenaffen und Delfinen als Held:innen der Wissenschaft sowie individuellen Bienen.
Egal ob ein Tier domestiziert oder freilebend ist, ob es einen Namen hat oder nicht, ob es solitär oder in Schwärmen lebt: Es ist immer ein Individuum, das in vielfältige Beziehungen verstrickt ist.
Editorial
Konzepte von Personalität in Recht und Ethik
Anne Peters Rechte der menschlichen und nichtmenschlichen Tiere. Eine Ergänzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
Agustín Fuentes Kommentar zu „A Belmont Report for Animals?“. Andere Tiere als Verwandte und Personen, die einer stärkeren ethischen Berücksichtigung würdig sind
Frauke Gärtner Personen, menschliche und nichtmenschliche Quasi-Personen. Eine philosophische Analyse zu westlich geprägten Vorstellungen von Personalität
Nils Berliner Kritische Betrachtungen zu bürgerlichen Personenkonzepten in der Tierethik
Mediale Konstruktionen von Personen in Literatur, Hörspiel, Film
Neele Illner Das Rosensfole und der Schindanger. Das Sterben von Pferden zwischen Beerdigung und Beseitigung vom Mittelalter bis heute
Maneke Bondzio-Becker Unerhörte Depersonalisierungen. Zur (re-)produktiven Erzählung tierlicher Non-Persons in Die drei ???
Ina Karkani Wild. Zur filmischen Inszenierung der kreatürlichen Person
Swen Schulte Eickholt Hund, Katze, Kuh. Über Tiere als Personen in Marlen Haushofers Roman Die Wand
Tierliche Persönlichkeiten und Akteur:innen
Jan Brinkmann „Franz (Pferd) benahm sich ausgezeichnet dabei, er ist ein lieber Kerl, den ich sehr schätze.“ Eine speziesübergreifende Beziehungsgeschichte im Ersten Weltkrieg
Lena Lieselotte Schuster Carlos von den Hügeln – little c or big C?
Wolfgang Leyk Tiere als biblische Personen
Künstlerische Positionen
Isa Leshko Allowed to Grow Old, seit 2019
Maria Lux Monuments to Animal Explorers, 2019
Amanda Stronza Matilda, 2005–2023 Matilda Fan-Art, 2023
Anne Noble Dead Bee Portraits, 2015
Rezensionen Abbildungsverzeichnis Call for Papers: Erdlinge