Liebe Leserinnen und Leser,
Die Juli-Ausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ ist erschienen.
In ihr analysiert Yuval Noah Harari, warum die Verteidigung des Völkerrechts gegen den russischen Imperialismus auch im Interesse nichtwestlicher Mächte ist. Steven Levitsky und Daniel Ziblatt warnen vor halbloyalen Demokraten, die den Feinden der Demokratie Tür und Tor öffnen. Christian Stöcker zeigt, wie die Fossillobby unsere Zukunft aufs Spiel setzt. Steffen Mau beleuchtet die Fallstricke der ostdeutschen Identität. Daphne Weber plädiert für eine neue antifaschistische Zukunftserzählung Europas. Und Ruth Hoffmann dekonstruiert den Mythos vom „Stauffenberg-Attentat“.
Weitere Themen im Juli: Deutschland schwarz-blau – und unregierbar?, Kampf um die Richtung: Europa nach der Wahl, Macrons gefährliches Kalkül, Schrittweise salonfähig: Rechtsextreme in den Niederlanden, Die AfD, Lateinamerika und die globale Rechte, Georgisches Aufbegehren – gegen die prorussische Oligarchie, Syrien, Ukraine, Israel: Bewährungsprobe für das Völkerstrafrecht, Iran: Erst die Scheinwahl, dann die Thronfolge, Modis Indien: Der ausgebremste Wahlsieger u.v.m.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre „Blätter“-Redaktion
https://www.blaetter.de/ausgabe/2024/juli
KURZGEFASST
Yuval Noah Harari: Die Wiederkehr des Imperialismus. Warum gerade nichtwestliche Staaten das Völkerrecht verteidigen sollten, S. 51-56
Die imperiale Nostalgie Wladimir Putins erschüttert derzeit die globale Ordnung. Bricht sie zusammen, werden vor allem die Schwächsten leiden – und das weltweit, analysiert der Historiker Yuval Noah Harari. Gerade auch nichtwestliche Mächte sollten sich daher für das Völkerrecht einsetzen, in ihrem eigenen Interesse. Nur wenn Russland in der Ukraine gestoppt werde, lasse sich ein neues Zeitalter des Imperialismus verhindern.
Felix Heidenreich: Macrons gefährliches Kalkül. Die extreme Rechte vor dem Wahlsieg?, S. 57-63
Mit seiner Ankündigung, die Nationalversammlung aufzulösen und Neuwahlen auszurufen, wollte der französische Präsident Emmanuel Macron den bei der Europawahl siegreichen Rassemblement National überrumpeln und die Reihen der demokratischen Parteien gegen rechts schließen. Doch angesichts der wachsenden Zustimmung zur Ultrarechten könnte diese Taktik nach hinten losgehen, befürchtet der Politikwissenschaftler Felix Heidenreich. Nun droht ein Wahlkampf mit völlig offenem Ausgang.
Steven Levitsky und Daniel Ziblatt: Die Banalität des Autoritarismus. Wie halbloyale Demokraten die Demokratie zerstören, S. 65-74
Weltweit gerät die Demokratie in Bedrängnis und reüssieren autoritäre Kräfte. Begünstigt wird deren Aufstieg durch „halbloyale Demokraten“, so die Politikwissenschaftler Steven Levitsky und Daniel Ziblatt – etablierte Politiker, die sich scheinbar an demokratische Spielregeln halten, Gewalt und antidemokratischen Extremismus aber tolerieren. Damit ebnen sie den Weg für die schrittweise Zerstörung der Demokratie – allzu oft mit weitgehend legalen Mitteln.
Christian Stöcker: Einlullen, verschleiern, Zweifel säen. Wie die Fossillobby unsere Zukunft gefährdet, S. 75-84
Der Wechsel zu erneuerbaren Energien ist unabdingbar, um die Klimakrise zu entschärfen – trotzdem verdient die Erdölindustrie weiterhin Milliarden. Der Journalist und Psychologe Christian Stöcker zeigt, wie fossile Energiekonzerne und ihre Helfer mit Desinformationen und Lobbyismus die Energiewende verzögern, mit katastrophalen Folgen. Dabei sind die technischen Mittel für eine nachhaltige Zukunft längst vorhanden.
Niklas Franzen und Ulli Jentsch: Isoliert und doch vernetzt: Die AfD, Lateinamerika und die globale Rechte, S. 85-92
Nicht erst seit der Europawahl befindet sich die Rechte im Aufwind, verbrüdern sich rechte Parteien zunehmend auch global. Während die spanische Vox mit großen Events die Vernetzung mit Lateinamerika vorantreibt, bleibt die AfD hier weitgehend außen vor. Dabei verfügt sie durchaus über Netzwerke zu rechten Kräften auf dem Subkontinent, wie die Journalisten Niklas Franzen und Ulli Jentsch aufzeigen. Noch aber bleiben diese meist sporadischer Natur und abhängig von persönlichen Beziehungen.
Steffen Mau: Oststolz und Osttrotz. Die Fallstricke der ostdeutschen Identität, S. 93-102
Nach der Wiedervereinigung galt die ostdeutsche Identität als eine aussterbende Art. Doch heute ist sie lebendiger denn je, wie die Wahlergebnisse zeigen. Notwendig sei eine stärkere Rolle von Ostdeutschen im gesamtdeutschen Diskurs, allerdings ohne ihre Positionen identitätspolitisch zu überhöhen, fordert der Soziologe Steffen Mau – auch um die Instrumentalisierung der Ostidentität durch die AfD zurückzudrängen..
Daphne Weber: Für eine europäische Linke ohne Scheuklappen. Zur Aktualität des Manifests von Ventotene, S. 103-110
Wo bleiben die aktuellen Ideen zur Gestaltung eines linken Europas? Während die Rechten mit ihren Vorstellungen eines „Europas der Vaterländer“ bei der EU-Wahl enormen Zulauf verzeichnen konnten, fehlt es der politischen Linken an Glaubwürdigkeit, argumentiert die Kulturwissenschaftlerin Daphne Weber. Sie erinnert an das „Manifest von Ventotene“ von 1942, einen frühen linken Entwurf des europäischen Föderalismus, und plädiert für eine neue antifaschistische Zukunftserzählung Europas.
Ruth Hoffmann: Zurechtgebogen und geplündert. Die Instrumentalisierung des Widerstands vom 20. Juli 1944, S. 111-122
Viele Deutsche halten das Attentat Claus Schenk Graf von Stauffenbergs auf Adolf Hitler für das wichtigste Ereignis des deutschen Widerstands gegen das NS-Regime. Die Journalistin Ruth Hoffmann zeichnet nach, wie der „Aufstand des Gewissens“ seinen festen Platz im öffentlichen Bewusstsein erlangte. In ihrer Analyse rechter, konservativer und adliger Geschichtserzählungen dekonstruiert sie den Mythos vom „Stauffenberg-Attentat“ und entlarvt dieses als ein instrumentelles Narrativ, das mehr der Konstruktion eines „kollektiven Alibis“ dient als einer kritischen Selbstreflexion.
Inhaltsverzeichnis
KOMMENTARE
Kampf um die Richtung: Europa nach der Wahl von Steffen Vogel, S. 5
Deutschland schwarz-blau – und unregierbar? von Albrecht von Lucke, S. 9
Schrittweise salonfähig: Rechtsextreme in den Niederlanden von Tobias Müller, S. 13
Georgisches Aufbegehren – gegen die prorussische Oligarchie von Zaal Andronikashvili, S. 17
Iran: Erst die Scheinwahl, dann die Thronfolge von Katajun Amirpur, S. 21
Modis Indien: Der ausgebremste Wahlsieger von Antje Stiebitz, S. 25
Sri Lanka: Krieg bis zum bitteren Ende von Sowmya Maheswaran und Karin Zennig, S. 29
Venezuela: Maduro vor der Abwahl? von Tobias Lambert, S. 33
Syrien, Ukraine, Israel: Bewährungsprobe für das Völkerstrafrecht von René Wildangel, S.37
ANALYSEN UND ALTERNATIVEN
Die Wiederkehr des Imperialismus. Warum gerade nichtwestliche Staaten das Völkerrecht verteidigen sollten von Yuval Harari, S. 51-56
Macrons gefährliches Kalkül. Die extreme Rechte vor dem Wahlsieg? von Felix Heidenreich, S. 57-63
Die Banalität des Autoritarismus. Wie halbloyale Demokraten die Demokratie zerstören von Steven Levitsky und Daniel Ziblatt, S. 65-74
Einlullen, verschleiern, Zweifel säen. Wie die Fossillobby unsere Zukunft gefährdet von Christian Stöcker, S. 75-84
Isoliert und doch vernetzt: Die AfD, Lateinamerika und die globale Rechte von Niklas Franzen und Ulli Jentsch, S. 85-92
Oststolz und Osttrotz. Die Fallstricke der ostdeutschen Identität von Steffen Mau, S. 93-102
Für eine europäische Linke ohne Scheuklappen. Zur Aktualität des Manifests von Ventotene von Daphne Weber, S. 103-110
Zurechtgebogen und geplündert. Die Instrumentalisierung des Widerstands vom 20. Juli 1944 von Ruth Hoffmann, S. 111-122
DEBATTE
Auf einem Auge blind: Deutsche Medien und der Gazakrieg von Daniel Bax, S.41
KOLUMNE
US-Rechtsstaat: Alarmstufe Rot von Dahlia Lithwick und Norman Ornstein, S.45
AUFGESPIESST
»Heil Hitler toujours« von Jan Kursko, S. 64
BUCH DES MONATS
Der Große Reset von Ika Sperling, S. 125
EXTRAS
Kurzgefasst, S. 49
Dokumente, S. 123
Zurückgeblättert, Impressum, Autoren und Autorinnen, S. 128