RUMÄNIEN
DIE (UN-)RUHE VOR DEM STURM? RUMÄNIEN IM SUPERWAHLJAHR 2024 Andrei Avram
Im November wählt Rumänien einen neuen Präsidenten. Der seit zehn Jahren amtierende Klaus Iohannis tritt mit vielen internationalen Lorbeeren ab, da er sich als strategischer Partner des Westens erwiesen hat. Innenpolitisch hat der Präsident seine Reformversprechen jedoch nicht eingelöst. Die große Koalitionsregierung von Sozialdemokraten und Liberalen und ihre taktischen Wahlabsprachen befeuern die Politikverdrossenheit.
EIN PATRIOT-SYSTEM FÜR DIE UKRAINE. WENDE IN RUMÄNIENS AUSSENPOLITIK Armand Goșu
Die rumänisch-ukrainischen Beziehungen haben sich in jüngster Zeit spürbar verbessert. Belastet waren sie zuvor vor allem durch revisionistische Forderungen auf ukrainische Gebiete und die Debatten um die „moldauische Sprache“. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine führte zu einem Umdenken der rumänischen Außenpolitik. So unterstützt Rumänien die Ukraine beim Getreideexport.
KRISENPHÄNOMENE. MEDIEN UND MEDIENFREIHEIT IN RUMÄNIEN Ana Maria Ciobanu
Unabhängiger Qualitätsjournalismus in Rumänien hat mit mehreren Herausforderungen zu kämpfen: Journalisten werden häufig schlecht bezahlt und sie sind Drohungen und Schikanen ausgesetzt, wenn sie kritisch über Politiker berichten. Zudem müssen neue tragfähige Finanzierungsmodelle für Medien gefunden werden.
KAMPF UM ANERKENNUNG. GESCHICHTE DER ROMA-SKLAVEREI IN RUMÄNIEN Delia Grigore
Die über Jahrhunderte andauernde Versklavung der Roma in Rumänien hat tiefe Spuren hinterlassen. Die Aufhebung der Sklaverei, ohne begleitende wirtschaftliche und soziale Maßnahmen, hat dazu geführt, dass die Roma in Abhängigkeit und Armut geblieben sind und nicht in die rumänische Gesellschaft integriert wurden. Negative Stereotypen, Ausgrenzung und Selbststigmatisierung dauern deshalb bis heute an. Dennoch haben Roma-Aktivisten erste Erfolge in der Anerkennung ihrer Geschichte erreicht.
EIN PRÄGENDER FREIBRIEF. 800 JAHRE PRIVILEGIUM ANDREANUM Hans Bruno Fröhlich
1224 erhielten die deutschen Siedler in Siebenbürgen vom ungarischen König Andreas II. durch einen Freibrief eine Reihe von Rechten und Pflichten. Insbesondere das Recht, Amtsträger frei wählen zu können, sticht heraus und bedeutete viel Autonomie und Selbstverwaltung für die lokale Bevölkerung. Für die bis heute andauernde Selbstwahrnehmung der Siebenbürger Sachsen als eigene Volksgruppe spielte der Freibrief eine entscheidende Rolle.
VIELSEITIGE LITERATURLANDSCHAFT. DAS FILIT-FESTIVAL IN IAŞI Cristina Hermeziu
Im rumänischen Iași findet seit elf Jahren ein internationales Literatur- und Übersetzungsfestival statt, das jährlich ein großes Publikum anzieht. Das Festival dient auch zahlreichen jüngeren Autorinnen und Autoren aus Rumänien und der Republik Moldau als Bühne, um ihre neuesten Werke zu präsentieren. Nicht wenige Werke finden sich auch in deutscher Übersetzung.
REPUBLIK MOLDAU
WAHLEN IM HYBRIDEN KRIEG. RICHTUNGSENTSCHEID IN DER REPUBLIK MOLDAU Klemens Büscher
Die proeuropäische Regierung der Republik Moldau hat in ihrer ersten Amtszeit einiges erreicht, viele gravierende Probleme wie die schlechte Wirtschaftslage oder Korruption bestehen aber weiter. Der Ausgang der bevorstehenden Wahlen ist offen und wird für weitere Reformbemühungen und die europäische Integration entscheidend sein. Zugleich übt Russland direkt und über prorussische politische Kräfte massiven Einfluss auf die moldauische Politik aus.
IM SCHATTEN DES KRIEGS: ÄNGSTE UND HOFFNUNGEN IN DER REPUBLIK MOLDAU Petru Negură
Soziologische Umfragen zeigen eine Polarisierung der moldauischen Bevölkerung hinsichtlich der Frage, wer für den Krieg in der Ukraine verantwortlich ist. Qualitative Analysen weisen jedoch darauf hin, dass viele Menschen die gleichen Befürchtungen und Hoffnungen teilen. Ihre größte Sorge ist, dass die Republik Moldau in den Konflikt einbezogen wird, und daher befürworten sie eine rasche Konfliktlösung.
IN BEWEGUNG. DIE KIRCHLICHE SITUATION IN DER REPUBLIK MOLDAU Mihai-D. Grigore
Die Orthodoxie in der Republik Moldau ist gespalten. Lange Zeit dominierte die Moldauische Orthodoxe Kirche, die zum Moskauer Patriarchat gehört. Doch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Kriegstreiberei des russischen Patriarchen Kirill stellt viele Gläubige vor ein Dilemma. Viele ihrer Priester sind bereits zur Metropolie Bessarabien der Rumänischen Orthodoxen Kirche übergetreten – eine Entwicklung, die von der pro-europäischen Regierung Moldaus unterstützt wird.
RUSSLANDS KRIEG EINFRIEREN? LEHREN AUS DEM TRANSNISTRIEN-KONFLIKT Ion Marandici
Trotz aller Solidarität mit der Ukraine angesichts von Russlands Angriffskrieg sind auch im Westen immer wieder Stimmen zu hören, die ein „Einfrieren“ des Konflikts fordern. Übersehen wird dabei die imperiale Denkweise der russischen Machtelite. Zudem zeigt ein Vergleich mit dem „eingefrorenen“ Transnistrien-Konflikt, dass ein „Einfrieren“ keinen dauerhaften Frieden bringt. Zwar ist es im Fall von Transnistrien nach 1992 praktisch zu keinerlei Kampfhandlungen mehr gekommen, aber eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht.
BUCHBESPRECHUNGEN:
Karl Pinggéra, Ovidiu Ioan (Hg.): Rumänische geistliche Väter des 20. Jahrhunderts. Eine Anthologie. Trier 2024
Daniel Munteau, Sorin Şelaru (eds.): Holding fast to the Mystery of the Faith. Festschrift for Patriarch Daniel of the Romanian Orthodox Church. Paderborn 2022