Gerbergasse 18, 29 (2024), 2

Titel der Ausgabe 
Gerbergasse 18, 29 (2024), 2
Weiterer Titel 
Heimat und Fremde

Erschienen
Erscheint 
vierteljährlich
Anzahl Seiten
76 S.
Preis
Jahresabonnement: € 14,00, Einzelheft: € 3,50

 

Kontakt

Institution
Gerbergasse 18. Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik
Land
Deutschland
c/o
Geschichtswerkstatt Jena e.V. Heinrich-Heine-Straße 1 07749 Jena Telefon: +49 (0) 36 41 - 82 12 35
Von
Daniel Börner, Redaktion "Gerbergasse 18", Geschichtswerkstatt Jena

Das Verhältnis zwischen Heimat und Fremde umfasst oft schmerzhafte Erlebnisse. Eine Facette des Titelthemas dokumentiert das Coverfoto der neuen Ausgabe „Gerbergasse 18“ von Volker Döring. Der Ort Eythra, südlich von Leipzig, musste in den 1980er Jahren dem Braunkohletagebau weichen, so wie schon mehrere Dörfer zuvor. Der Fotograf erinnert sich an die Entstehung des Fotos 1986 auf dem überbaggerten Friedhof von Eythra: „Ich war im Eigenauftrag dort. Ein Freund, der aus dieser Gegend stammt, hatte mich auf die Situation aufmerksam gemacht. Anschließend wurden die Bilder in einer kleinen Ausstellung im Kreiskulturhaus in Treptow gezeigt in Zusammenhang mit der Vorführung des DEFA-Dokumentarfilmes ‚Erinnerung an eine Landschaft‘ von Kurt Tetzlaff. Ich fand die Zerstörung der Dörfer und der Umwelt damals bestürzend, aber wohl notwendig wegen der Braunkohlenabhängigkeit der DDR. Das entsprach wahrscheinlich der Haltung der meisten Leute. Dennoch waren derart kritische Fotoaufnahmen nicht gern gesehen, das fand in der DDR-Presse nicht statt. Eines der damals entstandenen Bilder wurde in einer Westzeitung veröffentlicht, auf Vermittlung von Harald Hauswald. Andererseits wurde eine Serie davon beim DDR-weiten Wettbewerb ‚Akt und Landschaft‘ gewürdigt. Es war eben damals in der DDR vieles ambivalent.“

Ambivalenz durchzieht auch die Beiträge im Themenschwerpunkt: die Zerrissenheit zwischen zwei Heimaten, quälende Fragen nach dem Weggehen oder dem Hierbleiben, das lebenslange Vermissen einer verlorenen Heimat und das komplizierte Ankommen in der Fremde, das Porträt der Dichterin Helga M. Novak, die ihrem ersten Gedichtband den Titel „ostdeutsch“ gab und deren Biografie sich zwischen Ost, West und Island bewegte. Flucht und Vertreibung führen weltweit zu Heimatverlusten. Doch wer definiert, für wen ein Ort oder Land neue Heimat sein darf? Und was passiert, wenn Heimatliebe in Fremdenhass umschlägt? Wann erreichen wir einen Zustand, in dem Herkunft weder Verdienst noch Makel ist?

Wie Kaufleute mit Kommunisten Geschäfte machten, das ist Thema eines ausführlichen Beitrags über die kommerziellen Verbindungen des Volkswagen-Konzerns mit der DDR-Führung in den 1980er Jahren. Unter dem Titel „Mein Leben in Bildern“ werden Biografie und Werk des Arbeiterfotografen Franz Kräft dargestellt. In weiteren Artikeln geht es um ein Online-Erinnerungsportal für zu Unrecht Verurteilte der sowjetischen Militärtribunale sowie ein Ausstellungsprojekt zur unabhängigen Frauenbewegung in der DDR. Abgerundet wird die neue Ausgabe mit drei Buchbesprechungen, unter anderem zur deutsch-deutschen Fußballgeschichte und dem sowjetischen Geheimdienstterror.

Inhaltsverzeichnis

TITELTHEMA HEIMAT und FREMDE

03 Hartlieb Romeick – „Lieben Sie Rilke?“
Eine Odyssee von Österreich nach Erfurt

09 Doris Liebermann – „Grenze bei jedem Wetter“
Helga M. Novak, die Lemken und das Grabfeld

16 Claudia-Maria Maruschke – Bittersüße Sehnsucht
Griechische Bürgerkriegsflüchtlinge in der DDR auf der Suche nach Beheimatung und Identität

22 Lenore Lobeck – Der Fremde, die Fremde, das Fremde
Fragmentarische Gedanken zum Fremdsein

27 Daniel Börner – Von Heinersdorf nach Hohenfelden
Ein altes neues Haus zwischen Heimat und Fremde

ZEITGESCHICHTE

30 Uwe Oberdiek – Gebietstausch im Harz 1945
Ein Citizen-Science-Projekt des Grenzlandmuseums Bad Sachsa

35 Axel Stefek – Todesurteil von Ulbricht
Zum 100. Geburtstag von Hans-Dietrich Kogel

40 Ingo Nathusius – Kaufleute und Kommunisten
Wie VW-Manager und DDR-Funktionäre Geschäfte machten

ZEITGESCHEHEN / DISKUSSION

49 Bert Pampel – Verurteilt und vergessen
Erinnerungsportal für zu Unrecht Verurteilte der sowjetischen Militärtribunale

53 Volker Döring – „Mein Leben in Bildern“
Das Leben des Arbeiterfotografen Franz Kräft

61 Judith Geffert – „Gemeinsam sind wir unerträglich“
Die unabhängige Frauenbewegung in der DDR

REZENSIONEN

66 Petra Hinske – Das Erbe von Kreisau weitertragen
Für eine gemeinsame europäische Zukunft in Frieden und Demokratie

68 Sybille Krägel – Angst, Misstrauen, Gewalt
Die Anfänge des sowjetischen Geheimdienstterrors im Osten Deutschlands

70 Daniel Börner – Mehr als ein Fußballspiel
Zwei Bücher erzählen von Sport, Politik und Teilungsfolgen

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