Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 72 (2024), 4

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 72 (2024), 4

Erschienen
München 2024: De Gruyter Oldenbourg
Preis
Jahresabo: € 59,80; Stud.abo: € 34,80; Mitgl.abo. hist. u. pol. Fachverbände: € 49,80; Online-Zugang: € 49,00; Print+Online-Abo: € 72,00

 

Kontakt

Institution
Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Abteilung
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
PLZ
80636
Ort
München
Straße
Leonrodstraße 46 B
Von
Florian Hoppe, Geisteswissenschaften, De Gruyter

Das neue Heft der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ist erschienen, wir wünschen anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze

Kiran Klaus Patel, Transformation on the Rocks. Zur Geschichte europäischer Integration seit den 1980er Jahren
Der Kir Royal, ein Modegetränk der 1980er Jahre, dient hier als Aufhänger und Sonde, um zentrale Probleme der Geschichte der heutigen Europäischen Union aus den letzten vier Dekaden zu erörtern. Kiran Klaus Patel vertritt die These, dass bereits kurz vor Ende des Kalten Kriegs eine grundlegende Transformation des Einigungsprozesses einsetzte. Vor diesem Hintergrund entwickelt der Autor eine multiperspektivische Forschungsagenda, die besonders darauf zielt, die Integrationsgeschichte stärker mit allgemeinen Fragen der europäischen Zeitgeschichte zu verknüpfen. Jenseits teleologischer und triumphalistischer Entwürfe trägt der Aufsatz so auch zu einer Genealogie gegenwärtiger Problemlagen bei.

Kiran Klaus Patel, Transformation on the Rocks. On the History of European Integration since the 1980s
In this article, the Kir royal, a fashionable drink of the 1980s, serves as a starting point to probe central problems of the history of today’s European Union over the last four decades. Kiran Klaus Patel argues that shortly before the end of the Cold War a transformation of the unification process had already begun. Against this background, the author develops a multi-perspective research agenda which in particular aims to link the history of integration more closely with general questions of European contemporary history. Moving beyond teleological and triumphalist blueprints, the article thus also contributes to a genealogy of current problems.

Kurt Bauer, Waren Österreicher unter nationalsozialistischen Tätern überrepräsentiert? Versuch einer Synthese
1966 richtete Simon Wiesenthal ein Memorandum an die österreichische Bundesregierung. In diesem Papier behauptete er – freilich ohne dies empirisch zu untermauern – eine starke Überrepräsentation von Österreichern unter NS-Tätern. Es ging Wiesenthal darum, verstärkte Bemühungen zur Strafverfolgung belasteter Personen in Österreich zu bewirken. Das gelang ihm nicht. Allerdings setzte sich Wiesenthals These von der österreichischen Überrepräsentation in der Wissenschaft und Publizistik durch und zog sich wie ein roter Faden durch die Fachliteratur und populärhistorische Darstellungen. In dem vorliegenden Beitrag überprüft und bewertet Kurt Bauer anhand der Analyse verschiedener Tätergruppen und Tatkomplexe die Validität dieser Aussage. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil an Österreichern unter NS-Tätern ungefähr dem Bevölkerungsanteil der sogenannten Ostmark am Deutschen Reich entsprach.

Kurt Bauer, Were Austrians Overrepresented among National Socialist Perpetrators? An Attempt at Synthesis
In 1966, Simon Wiesenthal addressed a memorandum to the Austrian federal government. In this paper, he claimed – admittedly without empirical evidence – that Austrians had been strongly overrepresented among Nazi perpetrators. Wiesenthal’s aim was to intensify efforts to prosecute incriminated persons in Austria. While he did not succeed in his endeavor, his thesis of Austrian overrepresentation prevailed in academia and journalism and became a recurring theme in both specialist literature and popular historical depictions. In this article, Kurt Bauer examines and evaluates the validity of this statement by analyzing various groups of perpetrators and criminal complexes. He concludes that the proportion of Austrians among Nazi perpetrators roughly corresponded to the share of population of the so-called Ostmark within the German Reich.

Robert Obermair, Zwischen Politik und Wissenschaft. Das zweite Leben des österreichischen Nationalsozialisten Oswald Menghin
Robert Obermair beleuchtet die Flucht des österreichischen Nationalsozialisten Oswald Menghin nach Südamerika sowie seine Integration in Argentinien. Er lenkt den Fokus dabei insbesondere auf Menghins zweite Karriere als Wissenschaftler in Buenos Aires. In diesem Zusammenhang nimmt der Autor die Entnazifizierung des Wissenschaftssektors in Österreich in den Blick und untersucht, wie sich der Umgang der Behörden mit dem zunächst polizeilich gesuchten Wissenschaftler, aber auch dessen Vernetzung im politischen und wissenschaftlichen Milieu in Europa auf seine zweite Karriere in Südamerika auswirkten. Am Beispiel Oswald Menghins werden so die transnationalen Verflechtungen zwischen Politik und Wissenschaft in der Nachkriegszeit sichtbar.

Robert Obermair, Between Politics and Academia. The Second Life of the Austrian National Socialist Oswald Menghin
Robert Obermair examines the escape of the Austrian National Socialist Oswald Menghin to South America and his integration in Argentina. In particular, he focuses on Menghin’s second career as a researcher in Buenos Aires. In this context, the author also looks at the process of denazification of academia in Austria and investigates how the treatment of this researcher by the Austrian authorities, who initially issued a police arrest warrant, as well as his networks in the political and academic milieus in Europe affected his second career in South America. The example of Oswald Menghin is used to discuss the transnational links between politics and research in the postwar period.

Josefine Preißler, „Ein Stachel im Fleisch der Christdemokraten“. Hans Filbinger, Günter Rohrmoser und das Studienzentrum Weikersheim 1979 bis 1985
Das Studienzentrum Weikersheim (SZW) ist heute weitgehend vergessen, obwohl es ein wichtiger Stichwortgeber im politischen Diskurs um die sogenannte geistig-moralische Wende war. 1979 auf Initiative von Hans Filbinger und Günter Rohrmoser gegründet, verstand sich das SZW als „Stachel im Fleisch der Christdemokraten“, für die es konservative Denkimpulse liefern wollte. Auf der Basis weitgehend neu erschlossener Quellen zeichnet Josefine Preißler die Gründung und Entwicklung des Studienzentrums bis zum Jahr 1985 nach. Sie führt aus, warum dessen Ideen kaum Eingang in die Politik der christlich-liberalen Regierung unter Helmut Kohl finden konnten, und zeigt auf, inwiefern dieses Enttäuschungsmoment zur Radikalisierung des SZW führte, das fortan einen zentralen Ort im „Brückenspektrum zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus“ (Armin Pfahl-Traughber) bildete.

Josefine Preißler, “A Thorn in the Flesh of the Christian Democrats”. Hans Filbinger, Günter Rohrmoser, and the Studienzentrum Weikersheim, 1979 to 1985
The Studienzentrum Weikersheim (SZW – Weikersheim Study Center) has largely been forgotten today, although it was an important source of inspiration in the political discourse surrounding the so-called geistig-moralische Wende (intellectual and moral turning point). Founded in 1979 on the initiative of Hans Filbinger and Günter Rohrmoser, the SZW saw itself as a “thorn in the flesh of the Christian Democrats”, for whom it wanted to provide new impetuses in conservative thought. Largely based on newly available sources, Josefine Preißler traces the founding and development of the Study Center up to 1985. She elaborates why its ideas largely failed to find their way into the policies of the Christian Democrat-Liberal coalition government under Helmut Kohl and to what extent this moment of disappointment led to the radicalization of the SZW, which from then on acted as a central player in the “spectrum bridging conservatism and right-wing extremism” (Armin Pfahl-Traughber).

Dokumentation

Eva-Maria Roelevink, Wilhelm Treue und der Weg zur „Geschichtlichen Darstellung der gewerblichen Wirtschaft“
Der Historiker Wilhelm Treue (1909–1992) gilt als prägende Figur für die Konstituierung der Unternehmensgeschichte in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Eva-Maria Roelevink unternimmt den Versuch, den bisher rein auf Treues Veröffentlichungen begrenzten Wissensstand quellenfundiert und insbesondere für die Zeit vor 1945 zu erweitern. Auf diese Weise lässt sich zeigen, dass sein vermeintlich gebrochener Karriereverlauf ausschlaggebend für seine Konzeption einer modernen Unternehmensgeschichte war. Treue wechselte gezwungenermaßen von der Universität in die amtliche Militärgeschichtsschreibung; hier entwickelte er seine spätere Konzeption und von hier aus knüpfte er die Netzwerke in die Wirtschaft, von denen er nach 1945 erheblich profitierte.

Eva-Maria Roelevink, Wilhelm Treue and the Genesis of the “Geschichtliche Darstellung der Gewerblichen Wirtschaft”
The historian Wilhelm Treue (1909–1992) is considered a central figure in the establishment of West German corporate history after the Second World War. By analyzing original sources, Eva-Maria Roelevink seeks to expand our understanding, particularly for the period before 1945, which was previously limited to Treue’s publications. She thus shows that his allegedly fractured career path was vital for his conception of a modern corporate history. Treue was forced to switch from a university career to official military historiography; from there he developed his later concept and established the networks in the economic sector from which he profited considerably after 1945.

Nachruf
Rudolf Morsey (1927–2024)

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