Religion und Gesellschaft in Ost und West 52 (2024), 10

Titel der Ausgabe 
Religion und Gesellschaft in Ost und West 52 (2024), 10
Weiterer Titel 
Umkämpft. Politische Entwicklungen in Polen, in der Slowakei und Ungarn

Erschienen
Zürich 2024: Selbstverlag
Preis
Jahresabonnement (print&digital) CHF 110,00; Abo für Studierende CHF 65,00; Einzelheft CHF 15,00

 

Kontakt

Institution
Religion und Gesellschaft in Ost und West (RGOW)
Abteilung
Institut G2W
Land
Switzerland
PLZ
8002
Ort
Zürich
Straße
Bederstr. 76
Von
Regula Zwahlen, Forum RGOW, Religion & Gesellschaft in Ost und West (RGOW)

Überall in Europa mehren sich die Stimmen derer, die einen radikalen Umbau des politischen Systems propagieren und damit vor allem einen Abbau rechtsstaatlicher, demokratischer Prinzipien im Blick haben. Das Beispiel Polen zeigt eindrücklich, wie schwierig es ist, die von der nationalkonservativen PiS-Regierung untergrabene Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen. In dieser Hinsicht geben auch die jüngsten politischen Entwicklungen in der Slowakei Anlass zur Sorge, denn seit dem erneuten Machtantritt von Robert Fico sind in den Bereichen Justizsystem, Korruptionsbekämpfung, Medienvielfalt und -freiheit sowie Gewaltenteilung gravierende Rückschritte zu verzeichnen.

Als Blaupause für den Umbau des Staates, der die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats untergräbt, dient Fico die Machtausübung von Viktor Orbán in Ungarn. Unter Orbán hat sich Ungarn mit dem schrittweisen Abbau demokratischer Strukturen von einer liberalen Demokratie zu einem „illiberalen“ Staat entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

POLEN

Magdalena Solska: Kohabitation und Polarisierung. Polens Regierung vor schwierigen Aufgaben
Die neue polnische Regierung steht angesichts der unter der vorherigen nationalkonservativen Regierung durchgeführten Änderungen im Justizwesen und dem Vetorecht des Präsidenten vor großen Herausforderungen. Neben internen Problemen der heterogenen Koalition stellen sich diese insbesondere bei der Mediengesetzgebung und beim Rückbau der Justizreform.

Tomasz Tadeusz Koncewicz: Nach dem Kollaps. Perspektiven der Rechtsstaatlichkeit in Polen
Die neue Regierungskoalition in Polen steht seit ihrem Sieg im Herbst 2023 vor einer gewaltigen Herausforderung: Die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit, welche die vorherige nationalkonservative Regierung mit ihrer Justizreform unterwandert hat. Dabei gilt es nicht nur, institutionelle und legalistische Aspekte zu beachten, sondern vor allem die soziale Verankerung einer verfassungsmäßigen Ordnung in den Mittelpunkt zu stellen.

Stanisław Obirek: Kritikresistent? Die katholische Kirche in der polnischen Gesellschaft
In der katholischen Kirche in Polen dominiert eine stark mythisierte Rezeption des Pontifikats von Johannes Paul II. Der vom polnischen Papst betonte Konservatismus geht mit der Förderung einer fast kitschigen Volksreligiosität einher, die kaum Raum für kritisches Hinterfragen und echten Dialog im Umfeld einer liberal-demokratischen Gesellschaft bietet.

SLOWAKEI

Grigorij Mesežnikov: Überlebenskampf. Liberale Demokratie in der Slowakei in Gefahr
Seit seiner Rückkehr an die Macht hat Ministerpräsident Robert Fico die innenpolitische Ausrichtung der Slowakei stark verändert. Die neue Regierungskoalition untergräbt die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats und macht Erfolge der Vorgängerregierung in der Korruptionsbekämpfung zunichte. Trotz breiter Proteste gelang es den Regierungsparteien, auch das Präsidentenamt mit ihrem Kandidaten zu besetzen. Das Attentat auf Fico heizte die gesellschaftliche Polarisierung zusätzlich an.

Rasťo Kužel: Medien unter Beschuss. Demokratische Rückschritte unter Fico
Nach seiner Rückkehr an die Macht unterminiert Ministerpräsident Robert Fico die demokratischen Institutionen des Landes, allen voran die Medien. Die Umstrukturierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat massive Proteste ausgelöst, doch auch bei Privatsendern ist eine zunehmende Selbstzensur spürbar. Noch gibt es eine robuste Opposition insbesondere in den Online-Medien.

Michal Hvorecký: Kultureller Kahlschlag. Neurechte Kulturpolitik in der Slowakei
Die slowakische Kulturministerin Martina Šimkovičová hat die Leitungen zahlreicher zentraler Kulturinstitutionen des Landes entlassen und mit fachfremden Gleichgesinnten ersetzt. Dagegen protestierten im Sommer Zehntausende, auch aus dem Ausland kamen Solidaritätsbekundungen. Mit ihrem Abbau im Kulturbereich verfolgt Šimkovičová eine neurechte Kulturpolitik, die die vermeintlich eigene nationale kulturelle Identität in den Mittelpunkt rückt.

Karin Rogalska: Verdrängte Zeitbomben. Herausforderungen für die slowakische Wirtschaft
Trotz einer Erholung nach der Corona-Pandemie und der russischen Invasion in die Ukraine steht die slowakische Wirtschaft vor großen Herausforderungen. So kämpft sie mit einer schrumpfenden Bevölkerung durch Überalterung sowie Emigration. Im Bildungssektor sind jedoch dringend nötige Reformen angestoßen worden, zugleich vermindert das Land seine Abhängigkeit von Russland in der Energieversorgung.

Jozef Žuffa: Krise und Transformation. Gesellschaft und Kirche in der Slowakei
Die Slowakei durchlebt eine Identitätskrise, die sich in Auseinandersetzungen um die politische und kulturelle Ausrichtung des Landes zeigt. Die gesellschaftliche Polarisierung spiegelt sich auch im religiösen Bereich wider. In den Kirchen vertiefen sich die Spannungen zwischen konservativen und liberalen Strömungen. Angesichts der aufgeheizten Stimmung wäre es Aufgabe der Kirchen, einen Raum für Dialog und Reflexion zu schaffen.

UNGARN

Melani Barlai: Schleichender Umbau. Ungarns politisches System unter Viktor Orbán
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán treibt seit Jahren die Umwandlung Ungarns von einer Demokratie zu einem illiberalen Staat voran. Durch Änderungen am Wahlsystem und im Justizsystem wurden die Gewaltenteilung und das Parlament geschwächt. Zugleich nutzt die Regierung die Identitätspolitik zum Machterhalt, während sie die Medien, Zivilgesellschaft und Minderheiten unter Druck setzt. Mit Péter Magyar und seiner TISZA-Partei ist ein neuer Akteur aufgetaucht, der eine ernstzunehmende pro-demokratische Alternative darstellt.

Alexander Faludy: Bedenkliche Nähe. Begnadigungsskandal, Religion und Politik in Ungarn
Nach der umstrittenen Begnadigung eines Mannes, der an der Vertuschung sexualisierter Gewalt gegen Kinder verwickelt war, ist die ungarische Präsidentin zurückgetreten. Auch der Leitende Bischof der Reformierten Kirche Ungarns musste von seinem Amt zurücktreten, allerdings blieb er Bischof. Seine Nähe zu Viktor Orbán schützte ihn, doch dem öffentlichen Ansehen der Kirchen hat der Begnadigungsskandal massiv geschadet.

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