Das neue Heft DCO 10,1 (2024) wurde – wie immer Open Access – publiziert.
Editorial:
Die digitale Revolution: Wirklich nichts Neues? Charlotte Schubert
Digital Classics Online Artikel:
A Digital Timeline of Greek Theatre Events Andreas P. Antonopoulos, Stylianos Chronopoulos, Nikolaos Ntaliakouras, Panagiota Taktikou, Anastasia Psomiadou, Aikaterini Giakimtsouki-Magaraki, Iraklis MarkelisDer Beitrag beschreibt und diskutiert den Datensatz, die Visualisierung und die Speicherdetails des Timeline-Tools, das im Rahmen des Projekts Greek Fragmentary Tragedians Online entwickelt wurde. Das Tool basiert auf einer strukturierten Sammlung von ‚Ereignissen‘ im Zusammenhang mit den fragmentarischen Tragödien des 6. und 5. Jahrhunderts v. Chr. und visualisiert diese in einem vertikalen Zeitdiagramm.
Linked Ancient World Data: Implementation, Advantages, and Barriers Sarah MiddleLinked-Data-Technologien können für die Modellierung und Darstellung der Komplexität und Nuancen geisteswissenschaftlicher Daten von großem Nutzen sein und gleichzeitig die Auffindbarkeit und Wiederverwendung erleichtern. Im Bereich der Antike scheint ihre Umsetzung relativ ausgereift zu sein, da viele Tools und Ressourcen verfügbar sind, die die Vorteile dieses Ansatzes auf unterschiedliche Weise demonstrieren; dennoch bestehen nach wie vor Hindernisse bei der Produktion und Nutzung von Linked Data. In diesem Artikel gebe ich einige kurze Hintergrundinformationen zu den Prinzipien hinter einem Linked-Data-Ansatz, bevor ich die Literatur zu Linked Ancient World Data betrachte. Anhand von Beispielen aus bestehenden Projekten untersuche ich, wie diese Tools und Ressourcen zusammenwirken, um den Zugang zu digitalen Materialien zu erweitern, Verbindungen zwischen ihnen aufzuzeigen und die Zusammenarbeit zu erleichtern, wobei auch die Hindernisse berücksichtigt werden, mit denen sowohl Nutzer als auch Produzenten konfrontiert sind. Zu den behandelten Themen gehören Identifizierung und Disambiguierung, Modellierung von Komplexität, Kommunikation von Unsicherheit, Argumentation, Herstellung von Verbindungen, Auffindbarkeit und Nutzbarkeit, Bewusstsein und Schulung, Offenheit und Zusammenarbeit sowie Nachhaltigkeit. Meine Schlussfolgerungen deuten darauf hin, dass soziale und institutionelle Faktoren eine Schlüsselrolle bei den Hindernissen für die Einführung von Linked Data spielen, und nicht eine Reihe rein technologischer Probleme, die technologische Lösungen erfordern.
GIS analysis and the abandoned settlements in Pausanias’ Periegesis: a methodological proposal Marco CornagliaDie Periegesis des Pausanias, ein unschätzbarer Bericht über den Zustand Griechenlands im 2. Jahrhundert n. Chr., ist ein ideales Beispiel für einen klassischen Text, der sich aufgrund der schieren Menge und Präzision der Beschreibungen des Autors für eine komplexe geografische Darstellung eignet. Noch wichtiger ist, dass Pausanias’ Beschreibungen spezifischer Merkmale, die zumeist durch archäologische Forschungen ermittelt wurden, oft präzisen literarischen und kulturellen Kriterien folgen. Dieser Ansatz des Autors kann zu einer mehrschichtigen Analyse des Textinhalts führen. Insbesondere die Verteilung der verlassenen Siedlungen kann nicht nur einen Hinweis auf den tatsächlichen Zustand des römischen Griechenlands und die demografische Entwicklung der untersuchten Regionen geben, sondern auch auf die kulturellen Ziele des Autors. Dieser Artikel befasst sich mit der Möglichkeit der Anwendung einer GIS-basierten Methodik bei der Analyse und Bewertung des Inhalts eines klassischen Textes, beginnend mit seiner Digitalisierung und der anschließenden Isolierung spezifischer Elemente, die mit einem bestimmten Phänomen zusammenhängen. Diese Elemente wurden wiederum einem Prozess der Textanalyse und Datensystematisierung unterzogen, der die Auswertung von Schlussfolgerungen ermöglicht, die für die Literaturforschung nützlich sein könnten.
Manuell-hermeneutische Forschung als Goldstandard: Zur Kalibrierung digitaler Analysetools in den Digital Humanities Franziska Schropp, Michael Wittweiler, Thomas E. Konrad, Marie Revellio, Barbara FeichtingerDie Erstellung digitaler Textanalysewerkzeuge ist ein aufwändiges und herausforderndes Unterfangen. Für die erfolgreiche Kalibrierung und Eichung computergestützter Verfahren zur Detektion von Zitaten und Allusionen haben sich die Ergebnisse der traditionell-hermeneutischen Intertextualitätsforschung als Maßstab sehr bewährt. Eine möglichst lückenlose Sammlung aller dieser bisherigen Zitatfunde wird Goldstandard genannt. Ein solcher Goldstandard repräsentiert den aktuellen Wissensstand der Forschung und stellt die Mindestanforderung an die digitalen Tools dar. Für optimale und anschlussfähige Ergebnisse in den Digital Humanities werden die digitalen Analysetools an diesem Maßstab ausgerichtet, um sie auf bisher weniger gut erforschte Werke und Autorenpaarungen zu übertragen und anzuwenden. Der Wert eines solchen Goldstandards als Referenzpunkt für Kalibrierungsprozesse hängt maßgeblich von der Qualität der einschlägigen Forschungsliteratur sowie der Akkuratesse seiner Erstellungsweise ab. Somit hat der Goldstandard selbst Gegenstand kritischer Reflexion zu sein. Der Beitrag stellt am Beispiel des intertextuellen Vergleichs der Briefe des Hieronymus mit Vergils und Ciceros Gesamtwerk den Goldstandard als Referenzpunkt in den Kalibrierungs- und Evaluationsprozessen digitaler Tools vor. Neben konzeptionellen Grundlagen und Begriffsbestimmungen werden die Struktur und Beschaffenheit, die Funktionsweise und die Rahmenbedingungen eines Goldstandards diskutiert. Hierbei werden leitende Kriterien für die Kollationierung und Erstellung eines einsatzfähigen Goldstandards aufgestellt. Die Gütekriterien eines Goldstandards werden unter dem VIATE-Prinzip zusammengefasst. Zudem werden die Herausforderungen thematisiert, die sich im Übergang von der manuell-hermeneutischen zur digitalen Forschung stellen, und ein Lösungsansatz für einen auch digital operationalisierbaren Zitatbegriff eingeführt. Dessen – ambivalente – Simplifizierung hermeneutischer Klassifizierungsstrategien intertextueller Bezugnahmen wird anhand von konkreten Textpassagen illustriert. Die rege Produktivität eines Methodenwechsels vom manuell-hermeneutischen ins Digitale und wieder zurück zeigt sich dabei nicht nur im enormen Skalierungspotential der mit digitalen Routinen auf einmal analysierbaren Textcorpora, sondern auch in der kritischen Diskussion bestehender Forschungsbegriffe sowie stets neuer Reflektion der Zitat- und Intertextualitätskonzepte.