Die deutsche Literatur aus Rumänien teilte sich in den Jahrzehnten nach 1945 durch die Übersiedlung zahlreicher Schriftsteller und Literaten vor allem in die Bundesrepublik Deutschland. Mit dem Schwerpunkt auf der Ankunft im Westen rückt der Zusammenhang zwischen Migrationserfahrung und Literatur in den Mittelpunkt der Betrachtung, der mit einer Vielzahl von Anpassungsprozessen einherging, unter anderem des thematischen Haushalts, stilistischen Repertoires und der narrativen Strategien, und darüber hinaus die schwierige Neuverortung in einer hart umkämpften literarischen Szene sichtbar macht. Dabei verdeutlicht sich die Besonderheit dieser deutschsprachigen Minderheitenliteratur aus Südosteuropa, die zwar keine sprachliche Grenze überwinden musste und dennoch im Ankunftsland mit massiven Verständnisproblemen konfrontiert wurde. Neben Überblicksdarstellungen, die nach Mustern und Sonderwegen der literarischen Ankunft und nach literarischen Traditionen bei der Thematisierung von Fremdheit fragen, werden anhand von Fallbeispielen und in vergleichend angelegten Aufsätzen Raumerfahrungen, der Umgang mit der Zeit vor und nach der Übersiedlung, Neuentwürfe der Identität, das Verständnis von Heimat und die Poetik der Zwischenräume eruiert und das Handeln mit Blick auf die Gewinnung eines eigenen Profils im neuen literarischen Umfeld analysiert. Zwei weitere Aufsätze befassen sich mit Beispielen der literarischen Ankunft in der deutschen Literatur aus Ungarn und der historischen Region Slawonien.
INHALTSVERZEICHNIS
OLIVIA SPIRIDON: Spielarten der Ankunft. Versuch einer Skizzierung S. 7
OLIVIA SPIRIDON: Ankunftsmuster und Sonderwege – die rumäniendeutsche Literatur nach der Übersiedlung S. 21
RALUCA RǍDULESCU: Rezeptionsmuster der Moderne in der rumäniendeutschen Gegenwartslyrik S. 49
PAOLA BOZZI: Reisende auf einem Bein. Zum Hinken im Werk Rose Ausländers und Herta Müllers S. 61
RALUCA DIMIAN HERGHELIGIU: Poetisierung der Alterität und des Selbst in Herta Müllers Ankunftsliteratur. Metaliterarische Inszenierungen des Metaphorischen in den Essays der 1990er Jahre S. 83
SILVIA PETZOLD: „Alles ist so beunruhigend“. Der Hermannstädter Schriftsteller Paul Schuster (1930-2004) in der „zweiten Emigration“ S. 99
GRAZZIELLA PREDOIU: „Die Reise nach Ithaka“ und „Bewohner mit Handgepäck“: zu Franz Hodjaks Ein Koffer voll Sand und Herta Müllers Reisende auf einem Bein S. 117
PETRA BEATA KORY: Die Ankunft – Beginn einer Irrfahrt? Ruhelose Aussiedlerfiguren in Richard Wagners Texten und in Franz Hodjaks Ein Koffer voll Sand S. 143
COSMIN DRAGOSTE: „Ein rumäniendeutscher Türke bin ich“. Perspektiven der Grenzen und der Heimatlosigkeit bei Franz Hodjak S. 165
GABRIEL H. DECUBLE: „Minimalistisches Handeln durch freiwilliges Nichthandeln“. Oskar Pastiors Sondersonderfall S. 177
MARKUS BAUER: „Unterwegs“ und Hauptstadt „rastlos“. Zeitreflexion und Erzählperspektiven in Peter Rosenthals In die Zeit fallen S. 201
Weitere Spielarten der Ankunft
ESZTER PROBSZT: Nicht-Bleiben-Dürfen – über die Möglichkeit einer Ankunft in Stefan Railes Die Melone im Brunnen S. 223
STEPHANIE JUG: Victor von Reisners Ankunft in der Berliner Literaturszene. Ethnografisches Schreiben als Anpassungsversuch S. 235
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren S. 263