Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 68 (2020), 2

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 68 (2020), 2
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2020: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Preis
Jahresabo: 59,80 €; Stud.abo: 34,80 €; Mitgl.abo. hist. u pol. Fachverbände: 49,80 €, Online-Zugang: 49,- €; Print+Online-Abo 72,- €

 

Kontakt

Institution
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstraße 46b, 80636 München, vfz@ifz-muenchen.de
Von
Hoppe, Florian

Das neue Heft der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ist erschienen, wir wünschen anregende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze

Tobias Hof
Widerwillige Retter? Die Judenpolitik des italienischen Außenministeriums unter Galeazzo Ciano 1936 bis 1943
Im Zuge des 80. Jahrestags der italienischen Rassegesetze von 1938 kam es zu einem verstärkten Interesse am italienischen Antisemitismus und an der Rolle Italiens in der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Trotz dieser Dynamik fehlen aber bis heute empirisch fundierte Studien über einzelnen Institutionen und die führenden Funktionäre, die für die Judenpolitik verantwortlich waren. Dies ist indes unerlässlich, um zu erklären, wann und weshalb spezifische antisemitische Strömungen und Diskurse für das Regime handlungsleitend wurden. Der nachfolgende Aufsatz nimmt erstmals das italienische Außenministerium unter Leitung von Galeazzo Ciano als Akteur der Judenpolitik in den Blick. Es geht dabei nicht nur um die Haltung führender Diplomaten zur „Judenfrage“, die von rassistischen Weltbildern, strategischen Überlegungen, einer schwer greifbaren Geisteshaltung des Humanismus, einer zynisch-pragmatischen Kosten-Nutzen-Rechnung, wirtschaftlichen Überlegungen und inneritalienischen Machtkämpfen beeinflusst war. Der Aufsatz zeigt auf, wie verschiedene Zweckbündnisse es dem Ministerium erlaubten, die Judenpolitik des Regimes maßgeblich mitzubestimmen. Diese stete Dynamik der Zweckbündnisse war einer der Gründe, weshalb das faschistische Italien letztlich eine weniger radikale Politik als das Dritte Reich verfolgten, auch wenn die Rhetorik der Faschisten derjenigen der Nationalsozialisten in Nichts nachstand.
Tobias Hof
Reluctant Rescuers? The Jewish Policy of the Italian Foreign Ministry under Galeazzo Ciano, 1936 to 1943
Around the 80th anniversary of the Italian Racial Laws of 1938 there was increased interest in Italian antisemitism and the role of Italy in the persecution and murder of the European Jews. Despite this dynamic, empirical studies about the individual institutions and leading functionaries responsible for Jewish Policy are lacking to date. These studies are indispensable in order to explain when and why specific antisemitic tendencies and discourses guided regime action. The present article for the first time focuses on the Italian Foreign Ministry under Galeazzo Ciano as an actor in Jewish Policy. It not only investigates the position of leading diplomats towards the “Jewish Question”, which was shaped by racist worldviews, strategic considerations, difficult to grasp humanist dispositions, cynical-pragmatic cost-benefit calculations, economic concerns und internal Italian power struggles. The article shows how various marriages of convenience allowed the ministry to decisively help shape the Jewish Policy of the regime. This constant dynamic of marriages of convenience was one of the reasons, why Fascist Italy ultimately pursued a less radical policy than the Third Reich, even though the rhetoric of the Fascists was no less radical than that of the National Socialists.

Frieder Günther
Verfassung vergeht, Verwaltung besteht? Die vier deutsche Innenministerien 1919 bis 1970
Welche Kontinuitäten bestanden zwischen der staatlichen Verwaltung der Weimarer Republik, des NS-Staats, der Bundesrepublik und der DDR ‒ und wie unterschieden sie sich? Der Aufsatz versucht, differenzierte Antworten auf diese Fragen zu geben; er stellt die zentralstaatlichen Innenministerien zwischen 1919 und 1970 in den Mittelpunkt und untersucht ihr Personal, ihre Verwaltungsreformpolitik und ihre Verwaltungskultur genauer. Während sich etwa bei der Personalpolitik und beim Selbstverständnis der Mitarbeiter das Innenministerium der DDR deutlich von den übrigen drei unterscheidet, treten bei der Verwaltungskultur teilweise Übereinstimmungen mit dem Reichsinnenministerium der NS-Zeit hervor. Insgesamt wird deutlich, dass es bei Systemwechseln eines politischen Gestaltungswillens bedarf, um die Beharrungskraft moderner Bürokratien zu überwinden.
Frieder Günther
Constitutions Come and Go, the Administration Endures? The Four Ministries of the Interior in Germany, 1919 to 1970
Which continuities existed between the state administrations of the Weimar Republic, the Nazi State, the Federal Republic and the GDR – and how did they differ? The article tries to provide nuanced answers to these questions; it places the respective Ministries of the Interior at the heart of its enquiry, thoroughly investigating their personnel, their administrative reform policies and their administrative cultures. While the Ministry of the Interior of the GDR differed considerably from the other three regarding personnel policy and the self-image of the staff, its administrative culture reveals some matches with those of the Reich Ministry of the Interior of the Nazi period. On the whole it becomes clear that strong political will to reshape is necessary during system changeovers if the persistence of modern bureaucracies is to be overcome.

Dokumentation

Christina Morina
Zwischen Verdrängung und Vereinnahmung. Der Historikerstreit und die DDR
Die hier erstmals veröffentlichte Analyse des sogenannten Historikerstreits, die 1988 in der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit verfasst wurde, zeigt exemplarisch, dass dieser keine rein westdeutsche Auseinandersetzung war. Die zwischen Verdrängung und Vereinnahmung changierende Strategie, mit der Historiker, SED-Führung und Staatssicherheit die Kontroverse medial, wissenschaftspolitisch und geheimdienstlich zu instrumentalisieren suchten, zeigt den spezifischen Umgang mit dem Holocaust in der DDR in einem neuen Licht. Zugleich lenkt sie den Fokus auf die bisher wenig beachtete gesamtdeutsche Dimension einer historisch-politischen Debatte, deren innerdeutsche Konvergenzen und Divergenzen in der politischen Kulturgeschichte der Bundesrepublik weit über die Zäsur von 1989/90 hinaus virulent bleiben.
Christina Morina
Between Suppression and Appropriation. The Historikerstreit and the GDR
The present contribution is the first publication of an analysis of the so-called Historikerstreit (historians’ dispute), written at the Hauptverwaltung Aufklärung (Main Directorate for Intelligence) of the Ministry of State Security in 1988. It illustrates that this was not a purely West German affair. The strategy of the East German historians, the SED leadership and the Stasi, which oscillated between suppression and appropriation in order to exploit the controversy in the media, in the field of research policy and in intelligence work, reveals the specific dealing with the Holocaust in the GDR in a new light. Simultaneously it shifts the focus to a hitherto little noted dimension of a historical-political debate. These East-West convergences and divergences in the political-cultural history of the Federal Republic of Germany have remained virulent long after the 1989/90 caesura.

VfZ-Schwerpunkt

Wolfgang Knöbl
After Modernization. Der Globalisierungsbegriff als Platzhalter und Rettungsanker der Sozialwissenschaften
Der Globalisierungsbegriff hat sich seit den 1990er Jahren zu einem zentralen Begriff der Zeitdiagnose entwickelt. Dadurch kommt auch ein geändertes Selbstverständnis der Sozialwissenschaften zum Ausdruck, das es zu reflektieren gilt, will man bei der Verwendung dieses Begriffs problematische Prämissen vermeiden. Der Aufsatz wirft zunächst Schlaglichter auf die frühe Globalisierungsdebatte und fragt nach den Gründen für den schnellen Aufstieg des Globalisierungsdiskurses, bevor dann die theoretischen Konsequenzen der neuen Semantik analysiert werden. Am Ende ist die Frage zu diskutieren, was aus der mittlerweile immer stärker werdenden Kritik am Globalisierungsbegriff folgt, das heißt welche Möglichkeiten sich für die Verwendung etwaiger makrosoziologischer oder -historischer Begriffe überhaupt noch bieten.
Wolfgang Knöbl
After Modernization. The Term Globalisation as a Placeholder and Lifeline for the Social Sciences
Since the 1990s, the term globalisation has become a central catchword for the diagnosis of the times. This reveals a changed self-perception of the Social Sciences, which requires reflection if one wishes to avoid problematic premises in the use of this term. The article initially highlights aspects of the early globalisation debate and asks for the reasons of the fast rise of the globalisation discourse. Subsequently it analyses the theoretical consequences of the new semantics. Finally it discusses the question, what follows from the increasingly vocal criticism of the term globalisation, i.e. what possibilities still exist for the use of possible macro-sociological or -historical terms at all.

Notiz

Europa und der Holocaust. Forschungstrends auf dem Kongress Lessons & Legacies 2019 in München

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