Digital Classics Online 6 (2020), 1

Titel der Ausgabe 
Digital Classics Online 6 (2020), 1
Zeitschriftentitel 
Weiterer Titel 
Themenheft: Simulation von Handel und Transport in der Antike

Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
2364-7957
Anzahl Seiten
159 S.
Preis
kostenlos

 

Kontakt

Institution
Digital Classics Online
Land
Deutschland
c/o
Sylvia Kurowsky Universität Leipzig Historisches Seminar Lehrstuhl für Alte Geschichte Redakion Digital Classics Online GWZ, Raum 4.215 Beethovenstr. 15 04107 Leipzig E-Mail: sylvia.kurowsky@uni-leipzig.de Tel: +49 341 9737077
Von
Kurowsky, Sylvia

Das neue Heft DCO 6,1 (2020) wurde - wie immer Open Access - publiziert:
Das Editorial von Leif Scheuermann stellt ein kurzes Summary der in dem Themenheft „Simulation von Handel und Transport in der Antike“ gesammelten Beiträge dar.
Leif Scheuermann fährt gleich weiter fort mit seinem Beitrag „Geschichte der Simulation / Simulation der Geschichte“, der eine Einführung in Simulationstechnologie im Allgemeinen unter spezifischer Betrachtung ihres Nutzens und ihrer Grenzen für die Altertumswissenschaften beinhaltet, wobei abschließend Ansätze zur Entwicklung dynamischer Simulationen antiker Transportzeiten zu Lande und zu Wasser thematisiert werden.
Unter Nutzung GIS-basierter Least-Cost- und Accessibility-Analysen thematisiert dann der Beitrag von Toon Bongers “Connectivity in the Scheldt Basin: The role of the river Scheldt in the Roman-era transport network” das Potential der nordgallischen Schelde Region (heute Frankreich, Belgien und die Niederlande) als integrales Verkehrsnetz in Römischer Zeit.
Danach beschäftigt sich Uwe Arauner in seinem Beitrag „Donauschifffahrt im Ingolstädter Becken in römischer Zeit – von der Rekonstruktion bis zur Reisezeit“ mit der Rekonstruktion einer wassergeprägten Flusslandschaft im Ingolstädter Becken in römischer Zeit und der Frage nach der Simulation antiker Reisezeiten.
Ausgehend von Überlegungen zum Papyrus P.Enteux. 27 thematisiert der Beitrag von Patrick Reinhard „,… treidelten wir das Schiff mit Mühe in den Hafen des Arsinoites‘ – Überlegungen zu den Akteuren in der Binnenschifffahrt und zu Quantifizierungsmöglichkeiten“ die Arten der Fortbewegung auf Binnengewässern, wobei ein spezielles Augenmerk auf die experimentelle Ermittlung von Leistungsdaten einer rekonstruierten Prahme für das Rudern, Staken und Segel auf Flüssen.
Darauf folgt der Beitrag „Zur Rekonstruktion antiker Verkehrswege“ von Klaus Tausend, welcher Methoden zur Rekonstruktion antiker griechischer Straßen vorstellt, wobei sein Hauptaugenmerk auf der Autopsie der heute noch in der Landschaft sichtbaren Überreste liegt, welche er mit Altkarten, Reiseberichten der frühen Neuzeit sowie antiken Quellen kombiniert.
Aus einer ökonomischen Perspektive beleuchtet dann der Beitrag von Ulrich Fellmeth „Möglichkeiten und Grenzen der Quantifizierung und Modellierung von antiken Handels-Transportbedingungen – aus ökonomischer Sicht“ bestehende Berechnungen zu antiken Transportkosten in absoluten Zahlen und kontrastiert sie mit einem Ansatz, in dem auf der Grundlage antiker Quellen Gewinne, Kosten und Rentabilität von Handelsgeschäften anteilig zum Warenwert mathematisch formuliert und durch adaptive Konsolidierung der Gleichungen die Rentabilität solcher Geschäfte in den Fokus genommen werden können.
Zum Schluss wird das Themenheft durch Wolfang Spickermanns “Commentary” abgerundet, indem er eine Zusammenfassung der Beiträge wie auch der Tagung, aus welcher dieses Themenhaft hervorgegangen ist, bietet und darüber hinausreichend zukünftige Herausforderungen an die Nutzung der Simulationstechnologie in den Altertumswissenschaften formuliert.

Inhaltsverzeichnis

Editorial:

Simulation von Handel und Transport in der Antike
Leif Scheuermann

Digital Classics Online Artikel:

Geschichte der Simulation / Simulation der Geschichte. Eine Einführung
Leif Scheuermann
Simulation ist in den letzten Jahrzehnten zu einer der zentralen Methoden der Beweisführung in den Natur- und Technikwissenschaften avanciert. In den historischen Wissenschaften hingegen spielt sie bis dato eine weitestgehend periphere Rolle, was nicht zuletzt am fehlenden Bewusstsein der Möglichkeiten und Grenzen der Technologie liegt. In einem doppelten Ansatz versucht der folgende Beitrag Abhilfe zu schaffen, indem er zum einen die historische Entwicklung der Technologie betrachtet, um daraus eine Begriffsbestimmung abzuleiten, und zum anderen wird der theoretische Mehrwert bzw. die Grenzen und Risiken für ihren Einsatz in den Geschichtswissenschaften sowie die bestehenden Ansätze der Nutzung in den Altertumswissenschaften thematisiert. Nach einer generellen Betrachtung von Simulationen zur Antike fokussiert der Beitrag auf die Nutzung der Simulationstechnologie für die Erforschung von Transport und Verkehr in der Antike und schließt mit der Vorstellung von Überlegungen zur Umsetzung einer dynamischen Simulation antiker Transportzeiten.

Connectivity in the Scheldt Basin: The role of the river Scheldt in the Roman-era transport network
Toon Bongers
Historische wie archäologische Studien haben gezeigt, dass Wasserstraßen zumindest in vormoderner Zeit die effizientesten Transportwege für Güter waren. Dennoch gibt es bis dato kaum systematische Untersuchungen zur Nutzung von Wasserstraßen in Nordgallien. Dieser Beitrag thematisiert daher das Potenzial der Schelde als Verkehrskorridor. Hierfür erfolgt zunächst eine allgemeine Charakterisierung des Einzugsgebiets, gefolgt von der Rekonstruktion des Verkehrsnetzes römischer Zeit, wobei ein spezielles Augenmerk auf die notwendigen Investitionen in den Flussverkehr gelegt wird. Sowohl das Siedlungsmuster als auch das Niveau der Wirtschaftstätigkeit und die epigraphischen Belege belegen einen Höhepunkt im Fluss- und Seehandel während des zweiten und zu Beginn des dritten Jahrhunderts. Die Ergebnisse der GIS-basierten ‘Cost-distance’- and ‘Accessibility’-Analyse zeigen eine gut vernetzte Region, die strategisch günstig zwischen Nordfrankreich, der Nordseeküste und der Rheingrenze liegt. Dabei erweist sich, dass zumindest saisonal nutzbare Flüsse für die Minimierung der Transportkosten von entscheidender Bedeutung waren, jedoch die generelle Erreichbarkeit in erster Linie vom Zugang zum Straßennetz abhängt.

Donauschifffahrt im Ingolstädter Becken in römischer Zeit – von der Rekonstruktion bis zur Reisezeit
Uwe Arauner
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Rekonstruktion einer wassergeprägten Flusslandschaft im Ingolstädter Becken in römischer Zeit und der Frage nach der Simulation von damaligen Reisezeiten. Hierzu wurden Leistungsdaten rekonstruierter römischer Militärschiffe mit den Verhältnissen eines antiken Flussverlaufs verknüpft, mit dem Ziel, realitätsnahe quantifizierbare Prognosen für die römerzeitliche Binnenschifffahrt zu gewinnen.

„… treidelten wir das Schiff mit viel Mühe in den Hafen des Arsinoites“ – Überlegungen zu den Akteuren in der Binnenschifffahrt und zu Quantifizierungsmöglichkeiten
Patrick Reinard
Über die wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung der Binnenschifffahrt und ihre Effizienz sind nur wenige exakte Daten aus antiken Quellen zu entnehmen. Zwar gibt es zahlreiches archäologisches Material und auch vereinzelte schriftliche Erwähnung in papyrologischen und literarischen Quellen, aber in Ermanglung genauer Daten zu Segeleigenschaften von Flussschiffen und der körperlichen Belastung des Treidels gegen die Fließrichtung war eine Effizienzbestimmung bisher unmöglich. Anhand neuer experimentalarchäologischer Daten, die im Rahmen eines Trierer Forschungsprojektes erarbeitet werden konnten, liegen nun insbesondere für das Treideln eines kleineren Blattbodenschiffe (sog. Prahme) erstmals exakte Daten vor. Diese erlauben genaue Bestimmungen von Personalkosten und Transportgeschwindigkeit sowie allgemeine Ableitungen über die Effizienz der Binnenschifffahrt.

Zur Rekonstruktion antiker Verkehrswege
Klaus Tausend
Die Rekonstruktion antiker Verkehrswege basiert hauptsächlich auf folgenden Quellen:
1. Beschreibung antiker Autoren (z.B. Pausanias, Strabon) von Marsch- und Reiserouten.
2. natürliche Gegebenheiten (Flüsse, Berge etc.) anhand moderner Karten.
3. Reisebeschreibungen und Karten des 18./19. Jahrhunderts, da die Verhältnisse jener Zeit den antiken oft weitgehend entsprochen haben.
4. Spuren antiker Straßen im Gelände (Brücken, Pflasterung, Wagenspuren).

Möglichkeiten und Grenzen der Quantifizierung und Modellierung von antiken Handels-Transportbedingungen – aus ökonomischer Sicht
Ulrich Fellmeth
Was kann die Wirtschaftsgeschichte zu einer „Simulation von Handel und Verkehr in der Antike“ beitragen? Es wird gezeigt, dass das Arbeiten mit Frachtkosten in absoluten Zahlen irreführend ist. Deshalb erscheint es richtiger, Gewinne und Kosten von Handelstransaktionen im Verhältnis zum Warenwert auszudrücken und die Rentabilität solcher Transaktionen nie aus den Augen zu verlieren. Der Stand der Forschung über den Handel in der Antike (lokaler, regionaler und Fernhandel) liefert Ergebnisse, die viel zu grob sind und nicht die Grundlage für eine Simulation bilden können. Hier wird eine Methode vorgeschlagen, die, ausgehend von aus Quellen bekannten Handelsereignissen, Erträge, Kosten und Rentabilität in mathematischen Gleichungen/Algorithmen zusammenfasst. Die jeweiligen Variablen der Gleichung werden dann Schritt für Schritt angepasst, um eine angemessene Rentabilität zu erreichen. Die auf diese Weise gefundenen Werte werden auf der Grundlage verschiedener Handelsereignisse angepasst und gleichzeitig schrittweise konsolidiert. Solche Gleichungen könnten möglicherweise in einer Simulation von Handel und Transport verwendet werden. Freilich müssten für bestimmte Warengruppen, Verkehrsträger, Regionen und Zeiträume separate Modelle erstellt werden. Ob eine solche Sammlung von recht komplexen Modellen als Grundlage für eine allgemeine „Simulation von Handel und Transport in der Antike“ dienen könnte, erscheint zweifelhaft.

Commentary
Wolfgang Spickermann
Abschließend zum Themenheft „Simulation von Handel und Verkehr in der Antike“ stellt dieses Paper einen auf Englisch gehaltenen Kommentar dar, der wesentliche Aussagen der Beiträge nochmals zusammenfasst und in einen weiteren Kontext einbettet.

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