Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Blätter-Freunde,
heute erscheint die Dezember-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik mit Beiträgen zur politischen Lage nach den US-Wahlen, der Situation Europas vor der Türkei-Entscheidung sowie dem pazifischen Verhältnis nach 15 Jahren APEC.
Die Beiträge stammen u.a. von Anatol LIEVEN, Egon BAHR, Herfried MÜNKLER, Patrick ZILTENER und Kurt NELHIEBEL.
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Anatol LIEVEN Liberal Hawk Down – Wider die linken Falken
Die Niederlage John Kerrys dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die „lin-ken Falken“ in seiner Partei den Krieg gegen den Irak nicht offensiv bekämpft haben. Im Gegenteil: Bis heute glauben sie fest daran, dass der Irakkrieg sowohl eine humani-täre Intervention als auch einen wichtigen Schritt im „Krieg gegen den Terrorismus“ darstellt. Der bekannte Publizist und Senior Associate der Carnegie-Stiftung Anatol LIEVEN zeigt auf, wie die linken Falken den gleichen Weg einschlugen wie einst die Neokonservativen - und plädiert für deren Rauswurf aus der Demokratischen Partei.
Die Türkei vor Europa
Egon BAHR: Schicksalsfrage der EU
Herfried MÜNKLER: Europas imperiale Herausforderung
Am 2. Dezember wird das europäische Parlament ein rechtlich nicht bindendes Votum abgeben; am 17. Dezember werden dann die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder endgültig über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ent-scheiden. Damit stellt sich die Frage nach der Europäischen Union als politischem Projekt, nach ihrer Identität und Finalität. Unsere beiden Autoren, der Vordenker der Entspannungspolitik und Architekt der Ostverträge Egon BAHR sowie der Politikwis-senschaftler und Kriegstheoretiker Herfried MÜNKLER, richten deshalb den Blick auf die weitere Zukunft der EU – nicht zuletzt unter geostrategischen Gesichtspunkten.
Patrick ZILTENER Pazifische Drift Die APEC zwischen Bi- und Multilateralismus
Mit der 1989 gegründeten Asia-Pacific Economic Cooperation, kurz: APEC, sollte das „Pazifische Jahrhundert“ eingeläutet werden. Der Pacific-Hype wurde jedoch bald von handelspolitischen Grabenkämpfen abgelöst. Der Ostasien-Experte Patrick ZILTENER bilanziert die Geschichte der APEC und prognostiziert nach der Wiederwahl Bushs die Fortsetzung von Eskalation und Stagnation.
Dirk HAUER Normale Arbeit anno 2004 Der Trend zu Prekarisierung und Niedriglohn
Mit Hartz IV und der aktuellen Mindestlohndiskussion ist die Debatte um den so ge-nannten Niedriglohnsektor als Ziel staatlicher Arbeitsmarktpolitik vollends entbrannt. Dabei wird völlig übersehen, dass in der Bundesrepublik bereits seit langem ein „ganz normaler“ Niedriglohnbereich existiert. Der Publizist Dirk HAUER leuchtet deshalb die wachsenden Bereiche prekärer Arbeit aus.
Stefan BAJOHR Gender Responsive Budget oder Wie bilanziert sich Geschlecht?
Kein politisches Handlungsfeld ist aus sich heraus geschlechtsneutral – auch nicht die Finanzpolitik. Deshalb soll die Verwendung öffentlicher Mittel regelmäßig auf das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter überprüft werden – so steht es jedenfalls in eini-gen Haushaltsplänen. Stefan BAJOHR, Professor für Politikwissenschaft an der Uni-versität Düsseldorf, bilanziert die jetzt 20jährigen Erfahrungen mit Gender Responsive Budget, insbesondere die nach wie vor existierenden gravierenden Defizite.
Benjamin-Immanuel HOFF und Silke MÜTER-Goldberg BSV vor dem Aus Der Kampf um die Schülervertretung
Im 20. Jahr ihrer Existenz steht die BundesschülerInnenvertretung vor dem Aus. Einst als ausdrücklich (auch) politische Interessenvertretung gegründet, wenden sich die Landesschülervertretungen heute zunehmend dem explizit unpolitischen Konkurrenz-projekt, der „Bundesschülerkonferenz“, zu. Die ehemaligen BSV-Mitstreiter Silke MÜ-TER-GOLDBERG, Juristin, und Benjamin-Immanuel HOFF, Sozialwissenschaftler, bilan-zieren Entwicklung und Scheitern eines emanzipatorischen Projekts.
Kurt NELHIEBEL Erst kam der Krieg, dann die Vertreibung Den Vergesslichen ins Stammbuch
Der Streit um das Vertriebenendenkmal wie die Entschädigungsforderungen der „Preußischen Treuhand“ sorgen seit geraumer Zeit für massive Verstimmung zwi-schen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn. Der Journalist Kurt NELHIEBEL, selbst ein Vetriebener, zeichnet die politische Instrumentalisierung der Vertreibung durch die Vertriebenenverbände seit Gründung der Bundesrepublik nach und kritisiert deren „ewige Nörgelei und Rechthaberei“, die einer Aussöhnung bis heute im Wege stehen.
Inhaltsverzeichnis
Chronik des Monats Oktober 2004 S.1412
Kommentare und Berichte
Atlantische Wertegemeinschaft mbH von Karl D. Bredthauer S. 1415
Kohls Schatten von Albrecht von Lucke S. 1419
Grenzen der Betriebsratslogik von Günter Frech S. 1422
Tödliches Quartett von Daniel Schmidt S. 1426
Zwangsjacke NATO-Integration von Reinhard Mutz S. 1430
Von Fortuyn zu Van Gogh von Hans Brinks S. 1433
Das albanische Erbe von Dušan Reljić S. 1436
Mexiko am Ende der Siesta von Harald Neuber S. 1441
Kolumne Bush I = Bush II von William Pfaff S. 1445
Analysen und Alternativen
Liberal Hawk Down – Wider die linken Falken von Anatol Lieven S. 1447
Die Türkei vor Europa Schicksalsfrage der EU von Egon Bahr S. 1458 Europas imperiale Herausforderung von Herfried Münkler S. 1462
Pazifische Drift Die APEC zwischen Bi- und Multilateralismus von Patrick Ziltener S. 1465
Normale Arbeit anno 2004 Der Trend zu Prekarisierung und Niedriglohn von Dirk Hauer S. 1475
Gender Responsive Budget oder Wie bilanziert sich Geschlecht? von Stefan Bajohr S. 1484
BSV vor dem Aus Der Kampf um die Schülervertretung von Benjamin-Immanuel Hoff und Silke Müter-Goldberg S. 1494
Erst kam der Krieg, dann die Vertreibung Den Vergesslichen ins Stammbuch von Kurt Nelhiebel S. 1504
Wirtschaftsinformation
Kampfbegriff Basarökonomie von Rudolf Hickel S. 1513
Dokumente zum Zeitgeschehen
„Der Nationalfeiertag bleibt bestehen.“ Briefwechsel zwischen Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder
Brief von Bundespräsident Horst Köhler an Bundeskanzler Gerhard Schröder vom 4. November 2004 (Wortlaut) S. 1516
Brief von Bundeskanzler Gerhard Schröder an Bundespräsident Horst Köhler vom 4. November 2004 (Wortlaut) S. 1516
„Die Kommission empfiehlt die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen“ Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt vom 6. Oktober 2004 (Auszüge)von S. 1517
Jahresregister 2004 von S. I-XVI
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