Die neuen „Blätter“ schauen voraus: auf die zweite Amtszeit von George W. Bush, die deutsche „Entwicklungspolitik ohne Flut“ und auf die Krisenregionen Sudan sowie China, Nord- und Süd-Korea.
Außerdem präsentieren wir ein spektakuläres Interview der polnischen Wochenzeit-schrift „Polityka“ mit Polens Staatspräsident Alexander Kwaśniewski über die genauen Abläufe am Runden Tisch in Kiew, das weltweit für Furore sorgte.
Die Beiträge stammen u.a. von Norman BIRNBAUM, Heribert PRANTL, Ute BEHNING, Aram ZIAI, Jürgen ROSE und Wolfgang ENGLER. Über weitere Artikel informiert Sie das anliegende Inhaltsverzeichnis.
Norman BIRNBAUM Bush zum Zweiten
George W. Bushs Kritiker geben sich keinen Illusionen hinsichtlich seiner zweiten Amtszeit hin. Im Gegenteil: Der bekannte Sozialwissenschaftler Norman Birnbaum rechnet mit einer Politik, die in einem selbst geschaffenen „Klima der Angst und des Selbstmitleids“ auf „ungezügelter Brutalität“ und „unreflektierter Arroganz“ beruhen wird. Egal ob gegenüber dem Iran, China oder Europa – Bush werde „Gehorsam als die ideale Form der Kooperation“ ansehen. Dennoch bietet die zweite Amtszeit auch Tücken für die US-Regierung: die innerparteilichen Auseinandersetzungen der Republi-kaner und nicht zuletzt den Beginn einer amerikanischen Opposition auf der Straße und in den Kasernen.
MISSION ORANGE Ein Gespräch mit Polens Staatspräsident Alexander KWAŚNIEWSKI
Minutiös schilderte der polnische Staatspräsident den Redakteuren Adam Krzeminski und Marek Ostrowski von der polnischen Wochenzeitschrift „Polityka“ die Abläufe am Runden Tisch in Kiew und worum es aus seiner Sicht ging. Das Interview erregte weltweit Aufsehen. So interpretierte Wladimir Putin Kwaśniewskis offenherzige The-se, „dass für jede Großmacht ein Russland ohne Ukraine eine bessere Lösung ist als ein Russland mit Ukraine“, auf einer internationalen Pressekonferenz in Moskau als Ausdruck des „Verlangens, die Russische Föderation zu isolieren“.
Aram ZIAI Entwicklungspolitik ohne Flut Über gute Vorsätze – und was aus ihnen geworden ist
Nach der Flutkatastrophe in Südostasien versucht sich die Bundesregierung mit der Ankündigung von Millionenbeträgen als internationaler Geber zu profilieren. Doch be-reits 1998 hatte sie große Versprechungen zu einer „strukturellen Erneuerung der Entwicklungspolitik“ abgegeben. Aram ZIAI, Entwicklungsexperte an der RWTH Aa-chen, zeigt detailliert auf, wie wenig davon nach sechs Jahren Rot-Grün tatsächlich eingelöst wurde.
Thomas SCHMIDINGER Sudan – Der Staat als Warlord
Ein Friedensschluss schafft noch keinen Frieden. Dies gilt derzeit besonders für den Sudan und seine Krisenregion Darfur. Der Politikwissenschaftler Thomas SCHMIDNGER analysiert die sozial-historischen Ursachen des Konflikts und prognosti-ziert die Degeneration des Staates zum Warlord.
Maximilian MAYER Chinesisches Atomschach
Neben dem Iran gehört weiterhin Nordkorea zu jenen Staaten, die die neue US-Administration als „Vorposten der Tyrannei“ (Rice) einer besonderen Beobachtung wie Behandlung unterzieht. Der Sozialwissenschaftler Maximilian Mayer analysiert die am-bivalente Rolle Chinas in der Krisenregion und beschreibt, wie Peking Nordkorea gegen die USA in Stellung bringt.
Thomas KALINOWSKI Erfolgreiches Scheitern Der IWF in Südkorea
Südkorea gilt den neoliberalen Modernisierern als Modellfall für eine erfolgreiche „Strukturanpassung“ unter Anleitung des IWF. Der Politologe Thomas Kalinowski räumt mit dieser beliebten Legende auf: Zwar konnte Südkorea tatsächlich eine Wirt-schaftskrise in den Jahren 1997-2000 erfolgreich überwinden – jedoch nicht mit den IWF-Maßnahmen, sondern gerade gegen sie.
Heribert PRANTL Bunt statt Braun Zivilgesellschaft ist vitaler Verfassungsschutz
„Wie viele Nazis gibt es hier?“, fragt Heribert PRANTL, Ressortleiter Innenpolitik der „Süddeutschen Zeitung“, zu Beginn seiner Rede zur Verleihung der Hermann-Kesten-Medaille an die Bürgerinitiative „Bunt statt Braun“ aus Anklam, die sich seit Jahren gegen den zunehmenden Rechtsextremismus in Ostvorpommern engagiert. Anschau-lich und jenseits abgenutzter Phrasen analysiert PRANTL Ursachen und Folgen des Rechtsextremismus und weist überzeugende Perspektiven zur Rückeroberung des öf-fentlichen Raumes von den Rechtsradikalen.
Ute BEHNING Hartz IV und Europa
Während Hartz IV und die Folgen intensive Kritik an der Regierung Schröder hervorru-fen, wird die europäische Dimension der aktuellen Sozialstaatsreformen weithin über-sehen. Ute BEHNING, Sozialwissenschaftlerin aus Bremen, weist nach, dass national-staatliches Regieren in der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik nur noch im europäischen Mehrebenensystem zu begreifen ist.
Wolfgang ENGLER Utopie des Bürgergeldes Der lange Kampf um das Recht auf Lebensunterhalt
Der Kampf um das Grundeinkommen beginnt keineswegs erst in den Tagen des mo-dernen Sozialstaats. Es begleitet die menschliche Geschichte, seitdem die Gesellschaft über ihre sozialen Möglichkeiten nachdenkt. Der Kultursoziologe Wolfgang ENGLER geht dieser Geschichte nach und stellt fest: Nachdem sich der Arbeiter zum Bürger emanzipert hat, steht die Emanzipation des Bürgers vom Arbeiter noch aus. Das Bür-gergeld steht somit für die Vollendung der bürgerlichen Freiheit.
DOKUMENTATION
Wir dokumentieren die Einleitung des „World Report 2005“ der Menschenrechtsorga-nisation Human Rights Watch sowie das Kapital zur Folter in Abu Ghraib erstmalig in deutscher Übersetzung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre „Blätter“-Redaktion
JETZT NEU: www.blaetter.de
Chronik des Monats Dezember 2004 S. 132
Kommentare und Berichte
Armutszeugnis Von Albert Scharenberg S. 135
Kämpfer in Uniform Von Jürgen Rose S. 139
Bolkesteins Hammer Von Thomas Fritz S. 143
Jenseits von Kyoto Von Achim Brunnengräber, Kristina Dietz und Melanie Weber S. 146
Law Lords gegen Blair Von Heinrich Senfft S. 150
Balkanische Wirtschaft Von Wolf Oschlies S. 153
Arbeit in Israel Von Roy Wagner S. 157
Kolumne
Polens bittere Lektion Von William Pfaff S. 162
Analysen und Alternativen
Bush zum Zweiten Von Norman Birnbaum S. 164
Mission Orange Gespräch mit Von Aleksander Kwasniewski S. 173
Entwicklungspolitik ohne Flut Über gute Vorsätze – und was aus ihnen geworden ist Von Aram Ziai S. 183
Sudan – Der Staat als Warlord Von Thomas Schmidinger S. 194
Chinesisches Atomschach Wie Peking Nordkorea in Stellung bringt Von Maximilian Mayer S. 201
Erfolgreiches Scheitern Der IWF in Südkorea Von Thomas Kalinowski S. 208
Hartz IV und Europa Von Ute Behning S. 217
Utopie des Bürgergeldes Der lange Kampf um das Recht auf Lebensunterhalt Von Wolfgang Engler S. 227
Bunt statt Braun Zivilgesellschaft ist vitaler Verfassungsschutz Heribert Prantl S. 238
Wirtschaftsinformation
Forschung und Entwicklung in Ostdeutschland Von Reinhold Kowalski S. 246
Dokumente zum Zeitgeschehen
Darfur und Abu Ghraib Die fundamentale Bedrohung der Menschenrechte World Report 2005 der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vom 13. Januar 2005 (Auszüge) S. 249
Hochschullehrer gegen Brechmittelvergabe bei Kleindealern Erklärung von Wissenschaftlern der Universitäten Bremen, Hamburg und Oldenburg zum Bremer „Brechmittel-Skandal“ vom 10. Januar 2005 (Wortlaut) S. 253