Am 28. September erscheint die Oktoberausgabe der "Blätter für deutsche und internationale Politik" mit Beiträgen von Avi Primor, Volker Perthes, Claus Leggewie, Aktham Suliman, Hajo Funke, Heiner Flassbeck, Walther Müller-Jentsch u.v.a.
„Eine Friedenstruppe kann nur ein Pflaster sein“ Avi Primor, Volker Perthes und Aktham Suliman im Gespräch
Der Libanonkrieg ist zu Ende, die Bundeswehr beteiligt sich an der internationalen Friedensmission. Doch kommt der Nahe Osten tatsächlich zur Ruhe? Avi Primor, früherer israelischer Botschafter in Deutschland, Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, und Aktham Suliman, Deutschlandkorrespondent des arabischen TV-Senders Al Dschasira, streiten über Fehler und Ursachen der dramatischen Lage im gesamten Greater Middle East, um doch zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen: Ohne robuste Politik, sprich: eine baldige regionale Friedenskonferenz, wird auch eine robuste Friedenstruppe bloß ein Pflaster bleiben – und die Wunde in Kürze wieder bluten.
Hajo Funke, Behrooz Abdolvand und Matthias Adolf Nach dem Libanonkrieg ist vor dem Irankrieg?
Auch wenn die Libanonkrise vorerst beruhigt wurde, bleibt die Region in hohem Maße kriegsgefährdet – insbesondere aufgrund der weiter schwelenden Irankrise. Die Politikwissenschaftler Hajo Funke, Behrooz Abdolvand und Matthias Adolf untersuchen die regionalen Machtverschiebungen und sehen die Region vor einer klaren Alternative: kriegerische Eskalation oder umfassende Friedenspolitik. Ihr Vorschlag: ein von der internationalen Gemeinschaft getragenes „Grand bargain“ für den Iran.
Martin Gerner „Failed State“ Afghanistan und das Versagen des Westens
Fünf Jahre nach dem Afghanistankrieg sieht die Lage im Land verheerend aus: Die Macht der Warlords ist ungebrochen, im Süden sind die Taliban wieder erstarkt, und im ganzen Land blühen Drogenanbau und Korruption. Martin Gerner, der seit mehreren Jahren in der Entwicklungshilfe in Afghanistan tätig ist, analysiert die Entwicklungshilfe des Westens und ihr weitgehendes Scheitern im „Protektorat Afghanistan“.
Albrecht von Lucke Die Geschichte kommt hoch Günter Grass und die „Neue Bürgerlichkeit“
Fast zwei Monate sind seit dem Grass-Geständnis vergangen. Doch was ist der politische Ertrag der Debatte? Albrecht von Lucke, Jurist, Politologe und Redakteur der „Blätter“, zeigt auf, wie der „Metabürger“ Joachim Fest gegen den Mitläufer Grass in Stellung gebracht wird, um die politisch-kulturelle Deutungshoheit für eine „Neue Bürgerlichkeit“ im Geiste der 50er Jahre zu erringen – gegen die gesellschaftliche Politisierung und Demokratisierung der 60er Jahre.
Heiner Flassbeck Wirtschaftspolitische Sommerphantasien
Rüttgers gegen die Lebenslügen der Union, Steinbrück für die Streichung eines Urlaubs – aus rechts wurde links in diesem Sommer. Doch nur scheinbar, wie Heiner Flassbeck, ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium und derzeit Chef der Abteilung für Makroökonomie und Entwicklungspolitik der UNCTAD, aufzeigt: Privatisierung, Lohndumping, Sozial- und Staatsabbau bleiben die Leitlinien der großen Koalition. Doch ohne einen starken Staat, so Flassbeck, setzt die Gesellschaft ihre humanitären Werte aufs Spiel.
Walther Müller-Jentsch Kapitalismus ohne Gewerkschaften?
Die Gewerkschaften standen zwar nicht direkt an der Wiege des Kapitalismus, aber sie begleiteten schon früh seinen Aufstieg. Nach mehr als 200 Jahren historischer Erfahrung mit dem industriellen Kapitalismus drängt sich heute jedoch eine Frage auf, die lange Zeit als obsolet gelten konnte: Ist der Kapitalismus auch ohne Gewerkschaften vorstellbar? Walther Müller-Jentsch, Professor em. für Soziologie an der Universität Bochum, analysiert, welche Rolle die Gewerkschaften im „Shareholder-Kapitalismus“ überhaupt noch spielen können.
Claus Leggewie Die Zukunft der Veröstlichung
Verwestlichung schien über 60 Jahre die alternativlose Tendenz der Bundesrepublik zu sein. Doch 16 Jahre nach der Einheit macht der Gießener Politikwissenschaftler Claus Leggewie auffällige Tendenzen der „Veröstlichung“ aus: eine wachsende Kluft zwischen In- und Exkludierten, ein immer unberechenbareres Wahlverhalten und insgesamt einen massiven Rückgang in der Akzeptanz der demokratischen Ordnung. Die neuen Bundesländer drohen damit zum Wegweiser der zukünftigen Entwicklung von ganz Deutschland zu werden.
Außerdem:
„Der Anfang vom Ende der Ära Bush?“ – Albert Scharenberg analysiert die Situation vor den US-Kongresswahlen Rolf Surmann diskutiert die heftig umstrittene Rede von Vize-Kulturstaatsminister Hermann Schäfer beim Konzert „Gedächtnis Buchenwald“ „Ungleich vor dem Gesetz“ – Martin Staiger zeigt auf, wie die Kürzung von Hartz IV mit der Streichung der Prozesskostenhilfe einhergeht Armin Paasch skizziert das Scheitern der globalen Armutsbekämpfung Gregor Kaiser kritisiert die „Biopiraterie“ als „neuen Kolonialismus“ Suleika Reiners zeigt die Macht der Ratingagenturen Norbert Reuter untersucht den Zusammenhang von Arbeitsplatzabbau und Hedgefonds Wolf Oschlies gratuliert zum 70. Geburtstag: „Václav Havel und die Deutschen“ Jörg Huffschmid untersucht den „Börsenpoker in Europa“ *
Wir dokumentieren neben wesentlichen Auszügen der umstrittenen Regensburger Rede des Papstes (mit der er das Christentum sowohl vom Islam als auch von der säkularen Gesellschaft abgrenzte) den gesamten Wortlaut der Rede von Vize-Kulturstaatsminister Hermann Schäfer beim Konzert „Gedächtnis Buchenwald“.
Inhalt:
KOMMENTARE UND BERICHTE
Der Anfang vom Ende der Ära Bush? von Albert Scharenberg S. 1157
Gedenkpolitischer Paradigmenwechsel von Rolf Surmann S. 1161
Hartz IV oder Ungleich vor dem Gesetz von Martin Staiger S. 1165
Hunger global von Armin Paasch S. 1169
Biopiraterie – der neue Kolonialismus von Gregor Kaiser S. 1172
Die Macht des Ratings von Suleika Reiners S. 1176
Hedgefonds oder Arbeitsplätze von Norbert Reuter S. 1180
Václav Havel und die Deutschen von Wolf OschliesS. 1183
MEDIENKRITIK
Päpstlicher Ausnahmezustand von Günter Giesenfeld S. 1188
ANALYSEN UND ALTERNATIVEN
„Eine Friedenstruppe kann nur ein Pflaster sein“ Avi Primor, Volker Perthes und Aktham Suliman im Gespräch S. 1189
Nach dem Libanonkrieg ist vor dem Irankrieg? Von Hajo Funke, Behrooz Abdolvand und Matthias Adolf S. 1203
„Failed State“ Afghanistan und das Versagen des Westens Von Martin Gerner S. 1213
Wirtschaftspolitische Sommerphantasien Von Heiner Flassbeck S. 1223
Kapitalismus ohne Gewerkschaften? Von Walther Müller-Jentsch S. 1234
Die Zukunft der Veröstlichung Von Claus Leggewie S. 1244
Die Geschichte kommt hoch Günter Grass und die „Neue Bürgerlichkeit“ Von Albrecht von Lucke S. 1255
WIRTSCHAFTSINFORMATION
Börsenpoker in Europa Von Jörg Huffschmid 1266
DOKUMENTE ZUM ZEITGESCHEHEN
„Genau an die Vorgaben gehalten“ Rede von Vize-Kulturstaatsminister Hermann Schäfer beim Konzert „Gedächtnis Buchenwald“ am 25. August 2006 in Weimar S. 1269
Glaube, Vernunft und Universität Rede von Papst Benedikt XVI. an der Universität Regensburg vom 12. September 2006 S. 1273
Chronik des Monats August 2006 S. 1277
JETZT ERSCHIENEN: DER SOUND DES SACHZWANGS - DER GLOBALISIERUNGS- READER
Mit Beiträgen von Elmar Altvater, Noam Chomsky, Mike Davis, Erhard Eppler, Johan Galtung, Jürgen Habermas, Samuel P. Huntington, Naomi Klein, Birgit Mahnkopf, Saskia Sassen u.a., 272 Seiten.
Kein Thema ist in den letzten Jahren so heiß umkämpft wie das der Globalisierung. Und es ist eine Auseinandersetzung ums Ganze: Wohin führt die Globalisierung, wie kann sie gesteuert werden? Brauchen wir „mehr Markt“ oder eine Re-Regulierung der Weltwirtschaft? Wie kann ökonomische Entwicklung gestaltet, ökologische Nachhaltigkeit gewährleistet werden? Und, vor allem, was ist politisch geboten: Empire oder Global Governance? Davos oder Porto Alegre?
Der Reader widmet sich sowohl der theoretischen Analyse der Globalisierung als auch der praktischen Suche nach Alternativen. Dabei wird der realgeschichtlichen Entwicklung keineswegs eine Art „Naturwüchsigkeit“ unterstellt. Im Gegensatz zum herrschenden Mantra insistieren die hier vertretenen Autoren auf dem eminent politischen Charakter der Globalisierung. Die Politik der Globalisierung ist niemals bloßer Vollzug vermeintlicher „Sachzwänge“, sondern immer Ausdruck gewollter Entscheidungen – für und gegen bestimmte Konzepte. Bereits das gängige Diktum von der Alternativlosigkeit erweist sich als politische Waffe, die gegen die Suche nach möglichen Alternativen zum Neoliberalismus in Stellung gebracht wird. Alle hier präsentierten Beiträge stammen aus den „Blättern für deutsche und internationale Politik“ und bilanzieren die Debatte der letzten Jahre.
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