Südosteuropa. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft 57 (2009), 1

Titel der Ausgabe 
Südosteuropa. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft 57 (2009), 1
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2009: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
viermal jährlich
ISBN
0722-480X
Anzahl Seiten
143 S.
Preis
19,80 €

 

Kontakt

Institution
Südosteuropa. Journal of Politics and Society
Land
Deutschland
c/o
Dr. Sabine Rutar Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Landshuter Straße 4 93047 Regensburg
Von
Rutar, Sabine

Drei Beiträge zum zweitjüngsten Staat Europas leiten die vorliegende Ausgabe von Südosteuropa ein. Florian Bieber und Jenni Winterhagen analysieren den Staats- und Nationsbildungsprozess der letzten zwei Jahrzehnte in Montenegro und kommen zu dem Schluss, dass hier das ungewöhnliche Beispiel einer ethnisch geteilten Gesellschaft ohne absolute Mehrheit der Titularnation vorliege, die ihre Heterogenität als Quelle – und nicht als Hindernis – im Staats- und Nationsbildungsprozess nutze. Dem Land steht der am längsten amtierende Regierungschef Europas vor – Premierminister Milo Đukanović steht seit 1991 ununterbrochen im Zentrum montenegrinischer Politik. Kenneth Morrison zeichnet seinen politischen Werdegang nach. Das Internetforum „Café del Montenegro” dient Čarna Brković als Quelle, um die fließenden Identitäten und Aushandlungen nationaler Identifikationsangebote in der montenegrinischen Gesellschaft sichtbar zu machen.

Arolda Elbasani analysiert am Beispiel der öffentlichen Verwaltungsstrukturen Albaniens die Effektivität der Erweiterungsinstrumente der Europäischen Union. Die Grenzen der Politik der Konditionalität in einer Gesellschaft, der es sowohl am notwendigen Maß an Konsens als auch an institutionellen Kapazitäten mangelt, werden deutlich. Die EU wisse zudem ihre Unterstützung und ihr Monitoring nicht schlüssig mit faktischen Fortschritten im EU-Annäherungsprozess zu verknüpfen. Überkommene Verflechtungen zwischen albanischer Politik und öffentlichen Ämtern seien so nur schwer aufzubrechen.

Ebenfalls thematisch miteinander verknüpft sind die Beiträge von Natalija Bašić und Anja Šošić: Die Aushandlungen um den Umgang mit und die Interpretation der Kriegsvergangenheit – und zwar sowohl jener des Zweiten Weltkriegs als auch jener der Kriege der 1990er Jahre – gehören zu den konstitutiven Momenten kroatischer und serbischer postsozialistischer Identität. Natalija Bašić zeigt mit Hilfe von Interviews mit kroatischen und serbischen Drei-Generationen-Familien die Relevanz von Emotionen in der Herausbildung historischen Bewusstseins sowie politischer Normen und Werte. Die (Neu-)Bewertung der kollaborationistischen Kräfte und der Partisanenbewegung des Zweiten Weltkriegs – zu sozialistischen Zeiten stark ideologisiert und instrumentalisiert – und die diskursive Aushandlung der Erinnerung daran geschehe in beiden Ländern weitgehend analog und beeinflusse unmittelbar die kroatischen und serbischen Transformationsprozesse.

Sechs kroatische Kinofilme der letzten fünf Jahre und ihr Umgang mit den Kriegen der 1990er Jahre stehen im Mittelpunkt des Aufsatzes von Anja Šošić. Die zunehmende kritische Distanz der Regisseure und gleichzeitig die persistierende Vehemenz, mit der der Krieg bzw. dessen Folgen die filmischen Interpretationen der Zustände in der kroatischen Nachkriegsgesellschaft dominiert, zeugen von einer zunehmenden Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle und Verantwortung, die allerdings bislang nur selten ein Massenpublikum erreiche.

Sabine Rutar
– Redaktion –

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

Florian BIEBER, Jenni WINTERHAGEN: Erst der Staat – dann die Nation: Staats- und Nationsbildung in Montenegro 2-24

Kenneth MORRISON: The Political Life of Milo Djukanović 25-54

Čarna BRKOVIĆ: Floating Signifiers. Negotiations of the National on the Internet Forum Café del Montenegro 55-69

Arolda ELBASANI: Enlargement Instruments and Domestic Constraints: Public Administration Reform in Post-Communist Albania 70-90

Natalija BAŠIĆ: Der jugoslawische Partisanenkampf – Revision einer Legende am Beispiel Kroatiens und Serbiens 91-112

Anja ŠOŠIĆ: Kroatisches Kino. Filmische Verarbeitungen der Kriegsvergangenheit 113-135

BUCHBESPRECHUNGEN

András INOTAI, The European Union and Southeastern Europe. Troubled Waters Ahead? (Ulf Brunnbauer) 136-137

Wolfgang PETRITSCH, Christophe SOLIOZ (Hgg.), Regional Cooperation in South East Europe and Beyond. Challenges and Prospects (Irena Ristić) 137-140

Geert-Hinrich AHRENS, Diplomacy on the Edge: Containment of Ethnic Conflict and the Minorities Working Group of the Conferences on Yugoslavia (Dario Brentin) 140-142

Oliver Jens SCHMITT, Kosovo. Kurze Geschichte einer zentralbalkanischen Landschaft (Justin Elliott) 142-143

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