SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 9 (2009), 1

Titel der Ausgabe 
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft 9 (2009), 1
Weiterer Titel 
Sport in der schweizerischen 'Geistigen Landesverteidigung' - Bernd Trautmann und Alois Eisenträger - Luftbad an der Odenwaldschule

Erschienen
Göttingen 2009: Verlag Die Werkstatt
Erscheint 
dreimal jährlich
ISBN
1617-7606
Anzahl Seiten
94 Seiten
Preis
9,70 €

 

Kontakt

Institution
SportZeiten. Sport in Geschichte, Kultur und Gesellschaft
Land
Deutschland
c/o
Prof. Dr. Lorenz Peiffer Institut für Sportwissenschaft Leibniz Universität Hannover Am Moritzwinkel 6 30167 Hannover
Von
Peiffer, Lorenz

Das erste Heft von „SportZeiten“ des mittlerweile neunten Jahrganges steht unter keinem Schwerpunktthema, sondern vereint drei sehr unterschiedliche Beiträge, die für die Vielfalt der Themenstellungen und methodischen Arbeitsweisen sporthistorischer Forschungen stehen.

Die Frage nach der Erziehung ‚im’ und ‚durch’ Sport ist ein zentraler Aspekt des aktuellen sportpädagogischen Diskurses. Mit der Ausübung von Sport wird nicht nur die Stärkung der Physis erwartet, sondern auch die Vermittlung von Einstellungen und Werthaltungen verbunden. So ist ‚Fair Play’ der zentrale Begriff, der mit Sport assoziiert wird – und dies seit der Entstehung der Sportbewegung im 19. Jahrhundert.

Auch die deutsche Turnbewegung nahm für sich in Anspruch, mit dem deutschen Turnen einen Beitrag zur Vermittlung von Vaterlandsliebe, nationaler Erziehung und zur Vorbereitung auf den späteren Wehrdienst zu leisten. Mit der Propagierung des ‚Geistesturnens’ Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts nahm die mit dem Turnen in Verbindung gebrachte Vermittlung von Geistes- und Werthaltungen allerdings eine nationalistische und später rassistische Wende, die mit der ‚Dietarbeit’ Eingang in die Vereine fand. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die ‚Dietarbeit’ zu einem System der politisch-weltanschaulichen Schulung in den Vereinen und Fachämtern des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen weiterentwickelt mit dem Ziel, die gesamte deutsche Turn- und Sportbewegung politisch-ideologisch an Staat und Partei zu binden.

Eine quasi Gegenbewegung zu den faschistischen Bedrohungen aus den Nachbarländern Deutschland und Italien baute sich in den 30er Jahren in der Schweiz auf. Auf die „totalitäre Kulturpropaganda“ antwortete die Schweiz mit ihrem Konzept der „Geistigen Landesverteidigung“, in das neben allen anderen Formen des „kulturellen Schaffens und Wirkens“ auch der Sport eingebunden wurde. Mit einem Bündel von Maßnahmen sollten die „kulturellen Grundwerte der Schweiz“ gestärkt werden. In seinem Beitrag „’Welch einmalige Gelegenheit, unter dem Deckmantel des Sports seine wahren Gefühle zu zeigen’. Sport in der schweizerischen ‚Geistigen Landesverteidigung’“ geht Christian Koller/Bangor dieser Entwicklung und vor allem der Rolle des Sports in dieser Bewegung nach. Koller fragt nach organisatorischen Veränderungen im Schweizer Sport, Instrumentalisierungsversuchen des Sports, den Zusammenhängen von Sport und Politik vor dem Hintergrund der Einbindung der gesamten Schweizer Turn- und Sportbewegung – des Arbeiter-, bürgerlichen und konfessionellen Sports – in dieses Konzept der „Geistigen Landesverteidigung“.

Im nationalen und internationalen Fußball sind in der heutigen Zeit Vereinsmannschaften das Ergebnis von Migrationsbewegungen, die allerdings gesteuert werden von Spielerberatern, Ablösesummen und Millionengehältern. In den 50er Jahren war dagegen der Einsatz ausländischer Spieler eher eine Ausnahmeerscheinung, die dann auch nicht unter dem Primat des Ökonomischen stand, sondern wie im Fall von Bernd Trautmann und Alois Eisenträger dem Zweiten Weltkrieg geschuldet war. Robin Streppelhoff/Köln untersucht in seinem Beitrag „Zwei Deutsche in England: Die Fußballkarrieren von Bernd Trautmann und Alois Eisenträger“. Beide kamen als Kriegsgefangene nach England, beide integrierten sich in die britische Gesellschaft, wobei ihre fußballerischen Fähigkeiten der jeweilige Schlüssel waren. Anhand der Analyse zeitgenössischer englischer Zeitungen und Zeitinterviews gibt Streppelhoff einen Einblick in die unterschiedlichen Lebensläufe von Trautmann und Eisenträger. Während Bernt Trautmann spätestens nach dem legendären Finale um den FA-Cup im Jahre 1956 zur Legende wurde, blieb Alois Eisenträger trotz seiner fußballerischen Leistungen eher unbekannt.

Die Bildungs- und Schullandschaft der Weimarer Republik war geprägt durch zahlreiche Reformversuche und -bemühungen, in deren Rahmen die Lebensreformbewegung auf die Gründung von Landerziehungsheimen einen großen Einfluss ausübte. Als einer der „kühnsten“ Schulversuche der Weimarer Zeit kann die Odenwaldschule bezeichnet werden: einerseits wegen ihrer „Idee der Koedukation“, der Einrichtung eines „Kurssystems“ sowie ihrer „Schulgemeinde“, nicht zuletzt jedoch auch wegen des Luftbades. Alexander Priebe/Odenwaldschule geht in seinem Beitrag „Licht, Luft und Leben – Das Luftbad an der Odenwaldschule“ der Geschichte und Bedeutung dieser Einrichtung in den 20er und 30er Jahren nach.

In dem Besprechungsteil werden drei sehr unterschiedliche Neuerscheinungen vorstellt: eine Festschrift für die italienische Sporthistorikerin Gigliola Gori unter dem Titel „Gender, Body and Sport“, die 18 Einzelbeiträge vereint, Henry Wahligs Beitrag zur Nachkriegsgeschichte des deutschen Fußballs „Ein Tor zur Welt? Der deutsche Fußball und die FIFA, 1945-1950“ sowie das neue Sportlexikon „Sport. Über 200 Sportarten. Regeln – Technik – Taktik“.

Ein ‚Bericht’ über den Berliner Sportpark, das ehemalige Reichssportfeld, ‚Mitteilungen’ über sporthistorische Tagungen, die Vorstellung sporthistorischer Veröffentlichungen in anderen Periodica und Sammelbänden unter ‚Für Sie gelesen’ sowie die Zusammenstellung von ‚Neuerscheinungen’ beschließen diese Ausgabe von ‚SportZeiten’.

Lorenz Peiffer

Inhaltsverzeichnis

Beiträge

Koller, C.:
„Welch einmalige Gelegenheit, unter dem Deckmantel des Sports seine wahren Gefühle zu zeigen“. Sport in der schweizerischen „Geistigen Landesverteidigung“
7

Streppelhoff, R.:
Zwei Deutsche in England: Die Fußballkarrieren von Bernd Trautmann und Alois Eisenträger
35

Priebe, A.:
Licht, Luft und Leben – Das Luftbad an der Odenwaldschule (1910-1933)
55

Berichte

Kuhlmann, D.:
Große Resonanz beim Besichtigungsprogramm im Berliner Sportpark
73

Besprechungen

Springmann, V.:
BANDY, S. J./HOFMANN, A. R./KRÜGER, A. (Eds.): Gender, Body and Sport in Historical and Transnational Perspectives. Dr. Kovac: Hamburg 2008.
75

Koller, C.:
WAHLIG, H.: Ein Tor zur Welt? Der deutsche Fuß-ball und die FIFA, 1945-1950. Die Werkstatt: Göttingen 2008.
76

Peiffer, L.:
SPORT. Über 200 Sportarten. Regeln – Technik – Taktik. Aus dem Englischen. Dorling Kindersley: München 2008.
79

Mitteilungen
81

Für Sie gelesen
85

Neuerscheinungen
94

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
96

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