Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt 34 (2014), 2

Titel der Ausgabe 
Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt 34 (2014), 2
Weiterer Titel 
Religionen in Bewegung

Erschienen
Münster (Westf.) 2014: Westfälisches Dampfboot
Erscheint 
4 Nummern in 3 Ausgaben
ISBN
978-3-89691-837-6
Anzahl Seiten
252 S.
Preis
€ 30,00

 

Kontakt

Institution
Peripherie: Politik • Ökonomie • Kultur
Land
Deutschland
c/o
PERIPHERIE Redaktionsbüro c/o Michael Korbmacher Stephanweg 24 48155 Münster Telefon: +49-(0)251/38349643
Von
Korbmacher, Michael

Die – überraschende? – „Rückkehr der Religion“ war/ist geprägt von der enttäuschten Erwartung, eine mit „Moderne“ und „Modernisierung“ zwangsläufig verbundene Säkularisierung führe zur „Privatisierung“ und endgültigen „Entzauberung der Welt“ (Max Weber). Im Rahmen dieser Entwicklungen scheint eine Verschiebung des Machtgefüges innerhalb der Weltreligionen zugunsten von Akteurskonstellation im Süden stattzufinden. Peripherie 134/135 bietet Raum für eine selbstkritische Befassung mit Religion und Religionen und für kritische Analysen des Stellenwerts von Religion(en) für Selbstverständnisse und Selbstdefinitionen in sozialen und politischen Bewegungen, in Forderungen nach Anerkennung und Autonomie, in den Prozessen der Identitätssuche und Politiken der Zugehörigkeit sowie bei der sozialen Sicherung.

ZU DIESEM HEFT
Religionen in Bewegung

Die Menschen sind in Bewegung und mit ihnen ihre Religionen. Mehr als zwanzig Millionen InderInnen leben heute außerhalb Indiens und bauen ihre Tempel in der Diaspora in den USA oder in Großbritannien; Muslime und Muslimas aus Bangladesh bauen Moscheen in London; Santeria oder Candomblé nehmen in New York, Montreal oder Kiew Züge von „Weltreligionen“ an. Die Geschichte der Religionen ist auch eine Geschichte ihrer Ausbreitung – durch HändlerInnen und Mönche, durch Eroberung und Selbstunterwerfung, durch koloniale Durchdringung und Missionierung, durch WanderpredigerInnen und akademische Institutionen. Spätestens mit dem triumphalen Auftritt von Vivekananda vor dem Weltparlament der Religionen in Chicago im Jahre 1893 beginnt die transkontinentale Reisetätigkeit indischer Gurus. Im Gegenzug zur christlichen Missionierung richten religiöse Bewegungen wie Soka Gakkai aus Japan, Radha Soami aus Indien, muslimische Missionsbewegungen wie Tabligh Jaamat ihr Augenmerk auf alle Kontinente und gewinnen Millionen neuer AnhängerInnen. Evangelikalismus, Pfingstlertum und christlicher Fundamentalismus, die ihren Ausgang bei den black churches und den religiösen Erweckungsbewegungen in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahmen, gewinnen mit der Festlegung auf einen Bruch mit ihrem alten Leben Millionen von KonvertitInnen in den Mega-Cities Lateinamerikas und Afrikas. Zugleich sorgt ihre Missionstätigkeit für Unfrieden im Hochland von Chiapas oder am Ufer der Amazonaszuflüsse. In Nigeria oder Ghana verkünden die prosperity gospels der großen Pfingstkirchen ihren zahlenden Mitgliedern Gesundheit und Erfolg, wenn sie sich von ihren traditionellen religiösen Praktiken lossagen.

Religionen reisen im Gepäck ihrer Gläubigen. Viele ArbeitsmigrantInnen und ihre Familien, denen es gelingt, sich dauerhaft in den industriellen und kommerziellen Zentren niederzulassen, Flüchtlinge und Vertriebene, die nur zögerlich und häufig lediglich auf Zeit Aufnahme in ihren „Gastländern“ finden, bilden – oft zunächst kaum bemerkt – religiöse Gemeinden, Gebetsgruppen und Andachtszentren in Privaträumen, Geschäftsräumen oder Lagerhallen am Rand von Industriegebieten. Daraus entstehen mit der Zeit Kirchen-, Moschee- oder Tempelgemeinden mit eigenem religiösem Personal. Die Suche nach geeigneten Orten und die Teilnahme an religiösen Praktiken und Ritualen ist häufig ein wichtiger Bestandteil der Bildung migrantischer Gemeinden in der Diaspora. Durch die religiösen Praktiken werden Beziehungen und Austausch mit den Herkunftsgemeinden aufrechterhalten. So werden religiöse Gemeinden Teil von transnationalen Räumen, in denen sich Religionen ausbreiten und reproduzieren können.

Die Errichtung von Minaretts oder aufwendiger, moderner Bauten afrikanischer christlicher Kirchen, generell die zunehmende öffentliche Präsenz verschiedener, auch neuer Religionen in den ehemals christlichen Staaten Europas rief die verwunderte Frage nach einer „Rückkehr der Religionen“ hervor. Die neu entfachte Debatte um die öffentliche Präsenz von Religionen, Forderungen nach Mitsprache und Repräsentation organisierter Religionen in den Staatsapparaten ließ Grenzziehungen zwischen säkularem Staat, ziviler Öffentlichkeit und Privatsphäre, die noch vor kurzer Zeit als gefestigt und abgesichert galten, ins Wanken geraten.

Unter den Bedingungen nach-kolonialer Staatlichkeit, neo-kolonialer Kriege, politischer, wirtschaftlicher und ökologischer Krisen tritt neben kollektive und individuelle Religiositäten zunehmend eine, wie Clifford Geertz sagt, „religiöse Gesinnung“ (religious mindedness), mit der die regionalen Konflikte um Vormacht sowie innerstaatliche Konflikte um politische Herrschaft und ökonomische Ressourcen als „Religionskriege“ maskiert werden können.

Die Beiträge dieses Heftes konzentrieren sich im Wesentlichen auf die friedlichen Gesichtszüge von Religionen in der Gegenwart. Damit werden die Momente religiöser Gemeinschaftsbildung, welche Konflikte verschärfen können, nicht verneint. Thematisiert werden in diesem Heft vor allem die Bedeutungen von religiösen Praktiken und Zugehörigkeiten für das Alltagsleben, die sie insbesondere unter den Bedingungen der Neuzusammensetzungen der Arbeits- und Wohnbevölkerungen in städtischen Räumen, der Fragmentierung von Identitäten, des Lebens in der Verstreuung (Diaspora) und unter Ungewissheit, Marginalität und Illegalisierung erhalten können,

Ausgehend von der Hinwendung der urban studies zu neuen religiösen Bewegungen in Großstädten wie Mumbai, Lagos oder New York gehen Gerda Hess und Stephan Lanz den Verbindungen von religiösen Praktiken, Globalität und städtischem Alltag nach. Sie ziehen das Konzept des „worlding“ von Aihwa Ong und Ananya Roy heran, um im Vergleich von der Assembléia de Deus zugehörigen pfingstlerischen Kirchen mit Kirchen kongolesischer MigrantInnen in Rio de Janeiro die Situierung dieser Institutionen im städtischen Raum und ihre Bezüge zu den städtischen Alltagskulturen, speziell den Musikkulturen zu erkunden. In vielen Fällen wird der transitorische Charakter der lokalen Kirchenbildungen sichtbar.

Hanns Wienold schlüsselt Formen und Bedingungen der Bildung von religiösen Gemeinschaften und kirchlichen Organisationen in der Diaspora auf. Dabei geht es vor allem um die Aufrechterhaltung der religiösen Traditionen und Autoritäten, um die Übertragung von Charisma und charismatische Neugründungen. Die Ausbreitung von Religionen und ihre Konkurrenz um Mitglieder führt zur Kommerzialisierung religiöser Dienstleistungen und zur Entwicklung neuer Medien und Techniken religiöser Werbung und Inszenierung, gestützt auf messianische Erwartungen und eine Theologie des Erfolges.

Auch Eva Youkhana setzt sich mit der Übertragung von religiösem Charisma zwischen Herkunftsregion und Diaspora auseinander. Hier geht es um den Transport einer Nachbildung der Statue der Virgen del Cisne, Schutzpatronin und Nationalheilige aus der Provinz Loja im Süden von Ecuador, in eine katholische Pfarrgemeinde in Madrid. Die Autorin analysiert den Konflikt zwischen den katholischen Autoritäten und der MigrantInnengruppe, welche die Aufstellung der Statue betrieben hat. Dabei interpretiert sie die Auseinandersetzung um die Statue als Kampf um Bindungen und Zugehörigkeiten, ein Kampf, in dem sowohl die Unterwerfung der indigenen Bevölkerung unter die kirchliche Autorität im Zeichen der Jungfrau als auch die Aneignung und Umdeutung der Virgen del Cisne als autochthone Gottheit durch die Unterworfenen neu inszeniert wird.

Die Rolle der Diaspora bei der Errichtung religiöser Stätten thematisiert auch Eva Gerharz. Ausgehend von der Beobachtung, dass der Wiederaufbau eines hinduistischen Tempels auf der sri-lankischen Halbinsel Jaffna umstritten ist, untersucht sie die Motivationen der tamilischen Diaspora und lokaler AkteurInnen und deren Verhältnis zu lokalen und globalen Wissenssystemen und religiösen Netzwerken. In dem sie christliche und hinduistische transnationale Netzwerke vergleicht, macht sie deutlich, dass zwar auf beiden Seiten Armutsbekämpfung im Zentrum des religiösen Engagements steht, dass sich dahinter aber ganz unterschiedliche „Entwicklungsvorstellungen“ verbergen und Armutsbekämpfung nicht immer mit der Vision einer egalitären Gesellschaft verknüpft ist. Sie zeigt darüber hinaus auf, dass religiöse Diskurse nicht nur lokalisiert werden, sondern auch eng mit Entwicklungsdiskursen verknüpft sind.

Die Auseinandersetzung um Freiheit und Selbstbestimmung unter islamistischen Autorinnen untersucht Rike Sinder in einer detaillierten Rekonstruktion viel diskutierter Beiträge aus der ägyptischen Frauenmoscheebewegung sowie aus dem Umkreis der Muslimbruderschaft. Dabei greift sie feministische Positionen insbesondere von Judith Butler auf. Die Auseinandersetzung zeigt nicht nur die Schwierigkeiten einer tragfähigen Bestimmung von Freiheit, sondern gerade in der Konfrontation mit islamistisch geprägten Abgrenzungen auch die Notwendigkeit der Unterscheidung von Freiheit und Handlungsmacht.

Anna Daniel und Frank Hillebrandt beschäftigen sich mit Wandlungen vornehmlich in der europäischen Religionssoziologie, die sich seit den 1960er Jahren von einer von Max Weber und Émile Durkheim inspirierten Soziologie der religiösen Institutionen (Gemeinde, Kirche, Sekte) einer Phänomenologie der „religiösen Erfahrung“ zuwandten. Hier spielen die massiven und andauernden Einbrüche der Kirchlichkeit bei den großen christlichen Konfessionen in Europa eine entscheidende Rolle. Das „Unsichtbarwerden“ von Religion (Thomas Luckmann), Tendenzen der Privatisierung und Individualisierung, die Suche nach „Spiritualität“ haben den Fokus der Religionssoziologie zu religiöser Erfahrung und Kommunikation verschoben. Der Artikel verfolgt kritisch diese Entwicklungen und macht Vorschläge zur Neukonzeption der Religionssoziologie. Zugleich zeigt der Beitrag, dass das heutige Verständnis dessen, was als Religion bezeichnet wird, aus dem 19. Jahrhundert stammend, recht jung ist.

Im PERIPHERIE-Stichwort erläutert Frank Neubert, wie Religionswissenschaft und Religionssoziologie ebenfalls seit den 1960er Jahren bemüht sind, Bezeichnungen wie „Sekte“ oder „Kulte“ durch den neutralen Begriff der „neuen religiösen Bewegung“ zu ersetzen. Denn jene alten Ausdrücke leisteten, mit negativen Konnotationen behaftet, politischen Besorgnissen und polizeilichen Aktionen gegen diese Gemeinschaften Vorschub. Mit der unbelasteten Benennung gelingt es, die neu entstehenden Religionen begrifflich den etablierten Religionen gleichzustellen.

Die jüngeren Wendungen in der Debatte um die Gültigkeit und Reichweite der Säkularisierungsthese, die rückblickend die Zähigkeit eines Paradigmas der sozialwissenschaftlichen Beschäftigung und Auseinandersetzung mit Religion in der Moderne zu besitzen scheint, zeichnet Stephanie Garling in ihrem Diskussionsbeitrag nach. Die These funktioniert zugleich als diskursive Wasserscheide, wie die Vorstellung vom Säkularisierungsprozess als kohärentem Ganzen, prominent etwa von José Casanova, in Frage gestellt wird. Indem die Sozialwissenschaften aktuell mit neuen Existenzformen und Ansprüchen von Religionen konfrontiert werden, stellt sich ihnen erneut die Frage, ob und wie eine wissenschaftlich ausgewiesene Definition von Religionen ihrer vielgestaltigen Gegenwart gerecht werden kann und welche Probleme beziehungsweise Nebenerscheinungen mit den etwaigen Lösungsvorschlägen einhergehen.

Wie sich für die christliche Theologie in der Theodizee die Frage nach der Rechtfertigung eines allmächtigen, allgütigen Gottes angesichts der Ungerechtigkeiten und des vorzeitigen Todes seiner Geschöpfe stellt, so sieht Joseph Vogl in der „Oikodizee“ des Mainstreams der ökonomischen Theorie eine Verteidigung der (radikalen) Marktökonomie gegen die theoretische Unmöglichkeit der globalen Finanzkrise angesichts ihres tatsächlichen Eintretens, wodurch große Kapitalunternehmen und Banken verschlungen wurden und ganze Volkswirtschaften mit Zahlungsunfähigkeit bedroht sind. Marcel Baumann arbeitet in seinem Rezensionsartikel zu Vogls Das Gespenst des Kapitals die Paradoxien einer ökonomischen Theorie heraus, die an der Schaffung ihres Gegenstandes durch Modellbildung und Prognose auf von ihr undurchschauter Weise selbst beteiligt ist. Die Vorstellungen einer grundsätzlich harmonischen Ordnung des Marktes, die Wohlstand und Gerechtigkeit garantiere, haben religiöse Züge, die ihrer Aufklärung harren.

Außerhalb des Themenschwerpunktes analysiert Melanie Müller die aktuellen Entwicklungen sozialer Kämpfe in Südafrika. Seit dem Massaker von Marikana ist Bewegung in das politische System in Südafrika gekommen. Die Kritik an der Allianz zwischen dem African National Congress (ANC), der kommunistischen Partei (SACP) und dem südafrikanischen Gewerkschafts-Dachverband Congress of South African Trade Unions (COSATU) ist weiter gewachsen und hat zu einem Bruch innerhalb des COSATU geführt. Die stärkste Mitgliedsgewerkschaft National Union of Metalworkers of South Africa (NUMSA) hat den Aufbau einer sozialistischen Bewegung und einer „United Front“ angekündigt und sucht die Nähe zu sozialen Bewegungen. Diese sind offen für eine Annäherung, fordern aber eine Beteiligung auf Augenhöhe.

Die letzte PERIPHERIE-Ausgabe des aktuellen Jahrgangs erscheint im November zu „Klima und Energie“ (Nr. 136). Den 35. Jahrgang eröffnen wir mit einem Heft über „Soziale Klassen und ihre Kämpfe“ (Nr. 137), bevor die Doppelnummer 138/139 das Thema „‚Dis‘-placement: Flüchtlinge zwischen Orten“ ausleuchtet. Darüber hinaus sind Ausgaben zu den Themenfeldern der deutschen Entwicklungspolitik, des Rechtes auf Stadt sowie der verwobenen Moderne geplant. Sobald sie veröffentlicht werden, finden sich die Calls for Papers für diese Hefte auf unserer Homepage. Unabhängig von diesen Schwerpunktsetzungen sind Beiträge zu weiteren Themen theoretischer, konzeptioneller und empirischer Art stets sehr willkommen.

Für unsere weitgehend ehrenamtliche Arbeit sind wir auch weiterhin auf die Beiträge der Mitglieder der Wissenschaftlichen Vereinigung für Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik e.V. (WVEE), der Herausgeberin der PERIPHERIE, und auf Spenden angewiesen. Wir freuen uns daher über neue Vereinsmitglieder ebenso wie über einmalige Spenden.

Summaries

Hanns Wienold: Religion on travel. The ubiquity of believing.
Spirits and deities are travelling with their mediums or worshippers. They move from Vietnam to California, from Haiti to Canada. African Independent Churches form prayers groups in Hamburg or Berlin, migrant communities of Bangladeshi Muslims build mosques in London, and gurus of religious movements like Radha Soami from India are constantly on move to connect with their followers all over the world. Based on braod spectrum of studies on communities of religious migrant minorities in urban centers like London, Atlanta or Istanbul the article explores the social forms and conditions through which religious communities establish themselves, how religious rituals and practices are re-produced, and religious traditions re-invented. Transnational networks sustain religious authority, charisma and tradition in moving communities by personal exchange, social media, transnational ordination of relgious specialists, religious commerce and by staging massive religious events. The article argues that the production and reproduction of transnational religious spaces depends less on transposable universal messages and more on portable rituals, practices and objects. Fields of highly diverse religious action are expanded and transformed by relion travelling around the globe without getting integrated into a global religious system.

Anna Daniel & Frank Hillebrandt: From “collective religion” to “spiritual experience” – a genealogy of sociological discourse on religion.
While early sociology of religion theorists like Weber and Durkheim were interested in the societal level of religion, this conceptualization of religion changed in the 1960s. Luckmann, for example, assumes that religion does not loose its significance in modern society but changes its social form. Luckmann, as well as Berger and Luhmann, assume an individualization of religion, meaning that the question of belief becomes a private decision and an individual experience. This point of view has had a great impact on the latest debates concerning the concept of religion. Currently, definitions which focus on religious experience or religious communication are enjoying great popularity in the sociology of religion. Supposing that such conceptualizations of religion can be problematic, we examine the current sociology of religion discourse and critically discuss various definitions of religion. In so doing, we present an alternative sociological approach to religion.

Gerda Heck & Stephan Lanz: Religious “worlding from below”. Global Pentecostalism in Rio de Janeiro.
Urban studies regard the increasing importance of new religious movements as extremely problematic or they interpret them by using monocausal logics. The urban booms of the Pentecostal movement or political Islam are often one-dimensionally linked with increasing urban poverty and immiserization. Drawing on the concept of “worlding” advanced by Aihwa Ong and Ananya Roy, this article examines the complex practices of the believers, focusing on the interrelations between religion, globality, and urban daily life. Using the example of different Pentecostal churches which are assembled under the umbrella of the Assembléia de Deus in Rio de Janeiro, the article compares local and Congolese migrant churches and discusses three aspects of the urban configuration of the Pentecostal movement: the location of the parishes, with reference to their relationship to urban space in general and especially to daily life in the favela, their interaction with urban everyday cultures, particularly the music culture, and, finally, their transitory character.

Eva Gerharz: “Who benefits from all these temples?” Religion, Development and Transnational Social Spaces in Northern Sri Lanka.
Starting from the observation that the reconstruction of places of worship in war-torn Sri Lanka is a highly disputed terrain full of controversies, this article investigates the motivations and rationalities underlying Tamil migrant commitment to the reconstruction of temples in the northern part of the country. Social and culturally embedded practices are geared towards the maintenance and constitution of social order. Donating to religious institutions is a conventional way to engage in social work and charity, and at the same time this practice serves the aim of securing social status within the community of origin. Particularly illuminating is the contrast between Hindu institutions, predominantly temples, and Christian institutions, which are a minority in Jaffna. The questions at stake are: Does this serve the reconstruction and development process in post-war Sri Lanka? In what way do these practices instigate social change? What are the development visions promoted by the institutions’ representatives? How do they relate to particular systems of knowledge? The analysis reveals that poverty alleviation is always at the core of these religious activities; however, this is not always accompanied by visions of a more egalitarian society. This relates to questions concerning the localisation of religion in the globalized world, as well as its relationship with and integration into the global developmental space.

Eva Youkhana: The power of things in transnational religious spaces – the example of the Virgin of Cisne in Madrid.
Religious institutions, such as the Catholic Church, are becoming increasingly important since the economic crisis in Spain. They act as reference and meeting points by which faith communities are kept together; tangible assistance is offered and transnational communication structures and family bonds are sustained. Being assisted by local Saints, the Catholic Church serves as a place of remembrance to produce and reproduce senses of belongings that date back to the early colonial era. Consequently, the social relations of migrants are manifested in a space which symbolizes the power and glory of the former colonial regime. Taking the example of the congregation of San Lorenzo in an immigration neighborhood in Madrid, the role and agency that religious artifacts play and have in reproducing collective identities and allocating social and financial resources is shown. By focusing on the object itself, the functions and cultural meanings of the figure in different historical contexts become apparent. The religious staging around the object of the Saint shows spatial and chronological chains of interaction which reflect deep seated power relations between the immigrant and the host communities.

Rike Sinder: Liberty through Political Obligation.
Taking the overwhelming female support of Islamist movements in some places as its point of departure, the article investigates the concept of liberty underlying such movements. Drawing upon Judith Butler, in the first part the reconceptualization of (positive) liberty Saba Mahmood suggested vis-à-vis the Women’s Mosque Movement in Cairo is analyzed, with the link Mahmood establishes between a subject's agency and liberty questioned. Following, the concept of liberty underlying the works of Heba Raouf Ezzat, a leading “Islamist feminist”, is analyzed. It is argued that Saba Mahmood's reconceptualization of liberty necessarily falters when trying to grasp the concept of liberty revealed in Ezzat’s works. In the last part, a new reading of Judith Butler’s concept of liberty based on her critique of normative violence is suggested.

Inhaltsverzeichnis

INHALT

Zu diesem Heft, S. 143

Hanns Wienold: Geglaubt wird überall. Religionen auf Reisen, S. 148

Anna Daniel & Frank Hillebrandt: Von „religiösen Vergemeinschaftungen“ zu „spirituellen Erfahrungen“ – eine genealogische Betrachtung des religionssoziologischen Diskurses, S. 187

Gerda Heck & Stephan Lanz: Religiöses „worlding“ in der Stadt: Globaler Pentekostalismus in Rio de Janeiro, S. 212

Eva Gerharz: „Wem nützen nur all diese neuen Tempel?“ Religion, Entwicklung und transnationale soziale Räume im Norden Sri Lankas, S. 239

Eva Youkhana: Die Macht der Dinge in transnationalen religiösen Räumen – das Beispiel der Virgen del Cisne in Madrid, S. 263

Rike Sinder: Freiheit durch Pflicht. Femininer Islamismus als Irritation für feministische politische Theorie, S. 288

Diskussion

Stephanie Garling: Die Säkularisierungsthese und die aktuelle Hinwendung zur Religion, S. 310

Melanie Müller: Südafrika in Bewegung. Das Massaker von Marikana hat das politische System in Südafrika verändert, S. 326

PERIPHERIE-Stichwort

Frank Neubert: Neue religiöse Bewegungen, S. 337

Rezensionsartikel

Marcel M. Baumann: Ist die Säkularisierung des ökonomischen Wissens möglich? Reflexionen im Anschluss an Joseph Vogls Das Gespenst des Kapitals, S. 341

Rezensionen, S. 356

Ian Bruff, Matthias Ebenau, Christian May & Andreas Nölke (Hg.): Vergleichende Kapitalismusforschung: Stand, Perspektiven, Kritik (Bernhard Leubolt); Kalpana Wilson: Race, Racism and Development. Interrogating History, Discourse and Practice (Aram Ziai); Maryam Borghée: Voile intégral en France. Sociologie d'un paradoxe (Kolja Lindner); Georg Klute & Peter Skalník (Hg.): Actors in Contemporary African Politics (Bettina Engels); Mattesburger Kreis für Entwicklungspolitik (Hg.): Southern Africa: 20 Years Post-Apartheid (Rita Schäfer); Timothy Gibbs: Mandela's Kinsmen. Nationalist Elites & Apartheid's first Bantustan (Reinhart Kößler); Guillermo Delgado & Herbert Jauch (Hg.): Trade Unions at the Crossroads? Reflections on the Challenges and Opportunities facing Namibia's Labour Movement (Reinhart Kößler); Ebenezer Obadare & Wendy Williams (Hg.): Civic Agency in Africa. Arts of Resistance in the 21st Century (Reinhart Kößler); Georg Klute: Tuareg-Aufstand in der Wüste. Ein Beitrag zur Anthropologie der Gewalt und des Krieges (Reinhart Kößler); Daniel R. Mekonnen & Mussie Tesfagiorigis (Hg.): The Horn of Africa at the Brink of the 21st Century (Eva-Maria Bruchhaus); Dirk Göttsche: Remembering Africa. The Rediscovery of Colonialism in Contemporary German Literature (Reinhart Kößler); Gerhard Senft (Hg.): Land und Freiheit. Zum Diskurs über das Eigentum von Grund und Boden in der Moderne (Hanns Wienold); Ismael Küpeli: Nelkenrevolution reloaded? (Felix Syrovatka); Christoph Prager: Ratingagenturen. Funktionsweisen eines neuen politischen Herrschaftsinstruments (Wolfgang Hein)

Eingegangene Bücher, S. 388

Summaries; S. 389

Autorinnen und Autoren, S. 392

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