Das internationale Projekt - "Inventing the EU" - Zur De-Konstruktion von „fertigen Geschichten“ über die EU in deutschen, polnischen und österreichischen Schulgeschichtsbüchern - bestehend aus drei Projektgruppen (Universität Greifswald, Universität Salzburg, Universität Stettin) setzt sich mit der Darstellung der Geschichte der Europäischen Union bzw. der Europäischen Integration in Schulgeschichtsbüchern der gymnasialen Sekundarstufe I auseinander. Die in den Schulbüchern auffindbaren „fertigen Geschichten“ werden als historischen Narrationen begriffen und als menschlichen Kulturäußerungen gelesen, denen eine Vergangenheitsinterpretation innewohnt. Man kann in ihnen historische „Zitate“ erkennen, die jedoch nicht zwangsläufig einer wissenschaftlich-empirische Re-Konstruktionsleistung entspringen müssen, sondern auch aus anderen Gründen Verwendung fanden (u. a. technische, ästhetische, ökonomische, politischen, pragmatische, didaktische Gründe). Solche Narrationen tragen u. a. zur Wahrnehmung der Vergangenheit bei und sind Teil der Geschichtskultur. Gerade Schulgeschichtsbücher tendieren dazu durch den ihnen oft zugeschriebenen Charakter der „absoluten Wahrheit“ einseitigen Vorstellungen und Bewertungen der Vergangenheit zu verfestigen. Es gilt sie daher im Projekt auf unterschiedliche Triftigkeiten hin zu überprüfen und den Rekonstruktionscharakter offenzulegen. Dies ist aus geschichtsdidaktischer Sicht besonders für die Sekundarstufe I von höchster Bedeutung, da Kinder bzw. Jugendliche zwischen 8 und 14 Jahren aufgrund ihres Entwicklungsstandes die Schulbuchtexte als Erzählungen ansehen und die hypothetische Rekonstruktion ausblenden (u. a. Selektivität, Partialität, Quellenproblematik etc.).
Die Projektgruppen vergleichen mit einem komparatistischen Ansatz nicht nur die Schulbücher innerhalb eines Landes, sondern brechen die nationalstaatliche Perspektive durch die Vergleich der Bücher aller beteiligten Länder durch Blicke von außen.
Von besonderer Bedeutung sind hierbei auch die identifikatorischen Momente der Projektteilnehmerländer gegenüber der EU bzw. deren Vorläuferorganisationen, da sie zu jeweils unterschiedlichen Momenten der EG bzw. später EU beitraten (Deutschland 1951 bzw. 1990, Österreich 1995, Polen 2004). Von Interesse ist daher auch die aktuelle Entwicklung der nationalen Zustimmung zur EU.
Das Projekt wird im Rahmen der „Geschichtswerkstatt Europa“ durchgeführt und wird vom Fonds für „Erinnerung und Zukunft“ in Kooperation mit den beteiligten Instituten finanziert. Das Projekt fördert bewusst Studierende, die vor ihrem ersten Studienabschluss stehen.