Karl Schlögel erhält den Preis des Historischen Kollegs 2016

Von
Karl-Ulrich Gelberg, Geschäftsführer des Historischen Kollegs

Mit dem Preis des Historischen Kollegs wird in diesem Jahr Karl Schlögel ausgezeichnet. Er erhält die Auszeichnung vornehmlich für sein Buch „Zwischen Terror und Traum – Moskau 1937“ (Hanser Verlag, München 2008). Das Buch erschien in mehreren Auflagen und wurde auch ins Englische, Russische, Polnische, Litauische, Schwedische, Niederländische und Spanische übersetzt. Der zum zwölften Mal verliehene Preis ist mit 30.000 Euro dotiert und hat sich als der deutsche Historikerpreis etabliert.

Das Jahr 1937 markiert den Höhepunkt des Terrors in der Sowjetunion. In seinem Buch entwickelt Schlögel ein Panorama Moskaus zwischen zaristischer Vergangenheit, Revolution, Aufbruch in die Moderne und stalinistischem Terror. So unterschiedliche Ereignisse wie der hundertste Geburtstag von Puschkin, die Eröffnung des Gorkji-Kultur- und Erholungsparks, Filmpremieren, Schauprozesse und Massenerschießungen werden in Episoden, funkelnden Miniaturen, miteinander verwoben. In besonderer Weise Walther Benjamin, diesem Denker der räumlichen Imagination, verpflichtet, hat Schlögel in diesem Werk wie auch in seinem Buch „Im Raume lesen wir die Zeit“ (Hanser Verlag, München 2003) die Geschichtsschreibung methodisch bereichert. Der Raum steht auch im Zentrum des Sammelbandes, der die Ergebnisse seines Forschungskolloquiums am Historischen Kolleg (2005/2006) zusammenfasst: „Mastering Russian Spaces. Raum und Raumbewältigung als Probleme der russischen Geschichte“ (pdf des Bandes unter http://www.historischeskolleg.de/fileadmin/pdf/kolloquien_pdf/Kolloquien74.pdf).

1948 im Allgäu geboren, lehrte Schlögel von 1990 bis 1994 Osteuropäische Geschichte an der Universität Konstanz und von 1995 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2013 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Er ist gleichermaßen Gelehrter, glänzender Stilist und „public intellectual“. Daher haben ihn die russische Annexion der Krim und die seither krisenhafte Situation in der Ukraine veranlasst, sich erneut intensiv mit der Geschichte der Ukraine zu befassen. Daraus ist das Buch „Entscheidung in Kiew. Ukrainische Lektionen“ (Hanser Verlag, München 2015) entstanden. Aktuell arbeitet Karl Schlögel als Fellow der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München an dem Werk „Museum der Sowjetzivilisation“.

Die Dotierung des alle drei Jahre verliehenen Preises des Historischen Kollegs, der sich als der deutsche Historikerpreis etabliert hat, stellt 2016 bereits zum dritten Mal die „Alfred und Cläre Pott-Stiftung“ (www.pott-stiftung.de) zur Verfügung. Mit dem Preis wurden seit 1983 der Althistoriker Alfred Heuß, die Mediävisten Arno Borst und Johannes Fried, die Neuzeithistoriker Reinhart Koselleck, Thomas Nipperdey und Wolfgang Reinhard sowie der Ägyptologe und Kulturhistoriker Jan Assmann ausgezeichnet. Zuletzt erhielten den Historikerpreis der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Michael Mitterauer (2004), die Neuzeithistoriker Gerhard A. Ritter (2007) und Christopher Clark (2010) sowie die Frühneuzeithistorikerin Barbara Stollberg-Rilinger (2013).

Die Verleihung des Preises findet am 11. November 2016 im Rahmen einer Festveranstaltung in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München statt.

Dokumentationen aller bisherigen Preisverleihungen können auf der Homepage des Historischen Kollegs (http://www.historischeskolleg.de/historikerpreis.html) abgerufen werden.

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