Digitalisierung von Reiseberichten der Sammlung Desbillons

Digitalisierung von Reiseberichten der Sammlung Desbillons

Projektträger
Universitätsbibliothek Mannheim ()
Ausrichter
Ort des Projektträgers
Mannheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.04.2013 -
Von
Hänger, Christian

Die Universitätsbibliothek Mannheim führt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Digitalisierung von Reiseberichten der Sammlung Desbillons durch. Die digitalisierten Texte sind wichtige Quellen, insbesondere für die Geschichte und Kulturgeschichte Lateinamerikas, Nordamerikas und Asiens in der Frühen Neuzeit sowie für die dortigen Aktivitäten der Jesuiten.

Die Sammlung Desbillons ist die bedeutendste historische Sammlung der Universitätsbibliothek Mannheim und stellt die umfangreichste Sammlung von französischer Literatur des 18. Jahrhunderts außerhalb Frankreichs dar. Der französische Jesuitenpater François-Joseph Terrasse Desbillons (1694–1778) verließ 1764 nach dem Verbot seines Ordens Frankreich und siedelte auf Einladung des Kurfürsten Carl Theodor nach Mannheim über. Er war dem zeitgenössischen Publikum als Fabeldichter bekannt, verstand sich selbst als Gegner der Aufklärung und brachte eine große Büchersammlung mit nach Mannheim, die er stetig erweiterte. Seine Sammlung umfasst alle Gebiete des damaligen Wissens und beinhaltet Bücher zu den Themen Geschichte sowie Ethnographie, Theologie, Rechtswissenschaften und Literatur.

Die überlieferten Titel spiegeln u.a. die außereuropäischen Aktivitäten der Jesuiten wider. An erster Stelle ist die Schilderung der Siamreise des Jesuitenpaters Guy Tachard zu nennen, der im Jahr 1685 an einer von Ludwig XIV. initiierten Expedition nach Siam teilnahm und einen Bericht über die Reise verfasste: Voyage de Siam des pères Jésuites, envoyés par le Roy, aux Indes & à la Chine : avec leurs observations astronomiques, & leurs remarques de physique, de géographie, d'hydrographie, & d'histoire. Die Auflage von 1687 findet sich in der Sammlung Desbillons. Die Bedeutung dieses Berichts für die Erforschung der Jesuitenmission in Siam ist sehr hoch einzuschätzen, da dieses Land im Unterschied zu Lateinamerika oder China bisher noch in geringem Umfang untersucht wurde und in Zukunft verstärkt von Interesse sein wird. Außerdem lässt dieser Reisebericht, in den astronomische Beobachtungen eingebunden sind, einen allgemeinen Zusammenhang zwischen Reiseberichten und Fortschritten in den damaligen Wissenschaften erkennen und könnte einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der frühneuzeitlichen Naturwissenschaften leisten.

In der gleichen Tradition steht die von Antoine Boschet verfasste Biographie des Missionars Julien Maunoir – eine wichtige Quelle für die französische Kolonisation und die Rolle der Jesuiten in der französischen Provinz Nouvelle-France, die sich im 17. und 18. Jahrhundert von Neufundland bis an den Mississippi erstreckte. Diese Biographie hat den Titel "Le parfait missionnaire : ou la vie du R. P. Julien Maunoir de la Compagnie de Jésus, Missionnaire en Bretagne" (1697) und befindet sich ebenfalls in der Sammlung Desbillons.

Desweiteren ist die Geschichte des Mogulreichs des französischen Jesuiten und Historikers François Catrou (1659-1737) erwähnenswert („Histoire générale de l'empire du Mogol depuis sa fondation“). Catrou war der Sohn eines Sekretärs von Ludwig XIV. und machte sich neben der oben erwähnten Schrift als Mitherausgeber des von den Jesuiten publizierten Wissenschaftsjournals „Journal de Trévoux“ einen Namen.

Im Rahmen des vorgestellten Projekts wird die Universitätsbibliothek Mannheim insgesamt 800 Werke digitalisieren und in ihrem Portal der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Redaktion
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