Post-Holocaust Remedies: Die Entwicklung rechtlicher Entschädigungsmechanismen nach dem Holocaust als Lernprozess

Post-Holocaust Remedies: Die Entwicklung rechtlicher Wiedergutmachungsinstrumente nach dem Holocaust als Lernprozess

Projektträger
Justus-Liebig-Universität Gießen (Professur für Öffentliches Recht und Völkerrecht)
Ausrichter
Professur für Öffentliches Recht und Völkerrecht
Gefördert durch
Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) im Rahmen der Bildungsinitiative NS-Unrecht
PLZ des Projektträgers
35394
Ort des Projektträgers
Gießen
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.09.2022 - 31.01.2024
Von
Matias Ristic, Professur für Öffentliches Recht und Völkerrecht (Marauhn), Justus-Liebig-Universität Giessen

Post-Holocaust Remedies: Die Entwicklung rechtlicher Entschädigungsmechanismen nach dem Holocaust als Lernprozess

Das Forschungsprojekt am Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen untersucht die Entwicklung und Wirkungen des auf den Holocaust bezogenen Entschädigungsrechts und richtet ab August 2023 eine internationale Summer-School u.a. zur Etablierung eines akademischen Curriculums aus.

Das an der Professur für Öffentliches Recht und Völkerrecht der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen beheimatete Projekt „Die Entwicklung rechtlicher Wiedergutmachungsinstrumente nach dem Holocaust als Lernprozess“ nahm im September 2022, dem 70. Jubiläumsjahr des Luxemburger Abkommens, unter der Leitung von Prof. Dr. Thilo Marauhn und Matias Ristic seine Arbeit auf. Das Projekt wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht gefördert. Es untersucht im Rahmen einer 18-monatigen Laufzeit die nach 1945 entstandenen rechtlichen Rahmenbedingungen für die entschädigungsorientierte Aufarbeitung der Folgen der NS-Verbrechen. Dieses Vorhaben leistet einerseits einen Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Prozess der Entwicklung politischer und unterschiedlicher rechtlicher Instrumente zur Bewältigung der Folgen des NS-Unrechtsregimes, indem es die wissenschaftliche Debatte dazu schärft. Zum anderen sollen die aus diesem Projekt gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse einen langfristigen, praktisch verwertbaren Beitrag für Politik und Gesellschaft leisten, indem diese aus den Projektergebnissen mögliche Optionen für zukünftige Praktiken der Vergangenheitsbewältigung generieren können. Nicht zuletzt gehört die Durchführung einer Summer School im Sommer 2023 zu den Kernelementen des Projekts, an der 25 mit Stipendien ausgestattete israelische, kolumbianische und deutsche Studierende teilnehmen werden. Die Studierenden werden sich in diesem Rahmen vom 27.08. bis 23.09.2023 jeweils zwei Wochen an der Reichmann-Universität in Herzliya, Israel, und an der JLU Gießen mit der rechtlichen Aufarbeitung der NS-Verbrechen aus der Perspektive der universitären Lehre auseinandersetzen und damit ein essentieller Bestandteil der Projektarbeit werden. Begleitet werden die Lehrveranstaltungen von Exkursionen zu themenrelevanten Einrichtungen. Auf diese Weise integriert das Projekt die aufgeworfenen Fragen unmittelbar in einen universitären Lehrplan. Neben der Wissensvermittlung um die mannigfaltigen Entschädigungsmechanismen verfolgt die Summer-School somit auch das übergeordnete Ziel, die ersten Projektergebnisse für ein akademisches Curriculum nutzbar zu machen. Die vom Projektteam konzipierten Lehrpläne werden Bildungseinrichtungen, insbesondere den Hochschulen, zugänglich gemacht. Das Projekt genießt damit Pilotcharakter.

Einen inhaltlichen Schwerpunkt setzt das Post-Holocaust-Remedies-Projekt auf Kernfragen des deutschen und internationalen Rechts und setzt sich dabei u.a. mit rechtlichen Begriffen sowie Prämissen kritisch auseinander. Hierbei kommt es auf eine systematische Gegenüberstellung und umfassende Darstellung sämtlicher Rechtsinstrumente, die auf (einfach)gesetzlicher Ebene, durch bi- bzw. multilaterale Übereinkünfte, aber auch in Form von Vereinbarungen mit privatrechtlichen Einzelakteuren wie der Jewish Claims-Conference entschädigungsrechtliche Wirkung entfalteten, an. Darüber hinaus werden einschlägige völkerrechtliche Instrumente in den Blick genommen. Entschädigungsorientierte und verwandte Rechtsinstrumente werden dabei einer geordneten Darstellung in Form einer öffentlich zugänglichen Datenbank zugeführt.

Auf der Grundlage der gesammelten und systematisierten Daten wird die Summer School durch einen interaktiven Austausch zwischen Studierenden und Dozenten aus einer interdisziplinären (aus einer rechtswissenschaftlichen, rechtsvergleichenden, historischen und Transitional Justice-) Perspektive die praktische Phase des Projekts einläuten, die im Sinne eines Lernprozesses nun zunehmend Vorschläge für mögliche Optimierungen für zukünftige rechtliche Vergangenheitsbewältigungsinstrumente in den Blick nehmen wird. Auch wird diese breitere Perspektive auf das einmalige historische Phänomen des Holocaust insbesondere durch die flankierende Beteiligung israelischer, deutscher und internationaler Institutionen gewährleistet.

Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse werden im Anschluss an die Summer-School der dritten tragenden Säule des Post-Holocaust-Remedies-Projekts, nämlich einer internationalen Abschlusskonferenz, zur Diskussion vorgelegt. Sie wird sich aus Wissenschaftlern, maßgeblichen Akteuren bei der praktischen Umsetzung von Entschädigungsinstrumenten, den Betroffenen sowie interessierten Gesellschaftskreisen zusammensetzen.

Das Projekt wird in jedem Projektstadium, insbesondere bei der kritischen Auseinandersetzung, stets die Perspektiven der Betroffenen entschädigungsrechtlicher Maßnahmen und der Opfer des NS-Unrechts einbeziehen – und zwar an prominenter Stelle und mit elementarer Rolle.

The post-Holocaust Development of Legal Remedies as a Learning Process (Post-Holocaust Remedies)

For the first time, a research project at the Faculty of Law of Justus Liebig University (JLU) Giessen is conducting research with international cooperation partners on the development and effects of compensation law related to the Holocaust and is organizing an international summer school starting in August 2023, with the aim of setting up an academic curriculum, along with other activities.

The project "The post-Holocaust Development of Legal Remedies as a Learning Process (Post-Holocaust Remedies)”, conducted by the Chair of Public Law and International Law at Justus Liebig University (JLU) Giessen, began its work under the leadership of Prof. Dr. Thilo Marauhn and Matias Ristic in September 2022, the 70th anniversary year of the Luxembourg Agreement. The project is being funded by the Foundation Remembrance, Responsibility and Future (EVZ) and the German Federal Ministry of Finance, as part of the Education Agenda NS-Injustice It examines within an 18-month term the legal framework that emerged after 1945 for the compensation-oriented treatment of the consequences of Nazi crimes.

On the one hand, this project makes a decisive contribution to the critical examination of the process of developing political and various legal instruments for dealing with the consequences of the NS regime of injustice by sharpening the academic debate on the subject.

On the other hand, the academic insights gained from this project are intended to make a long-term, practically usable contribution to politics and society by enabling them to generate possible options for future practices of dealing with the past from the project results. Last but not least, one of the core elements of the project is the implementation of a Summer School in the summer of 2023, in which 25 Israeli, Colombian, and German students equipped with full scholarships will participate. In this context, the students will spend two weeks each at Reichmann University in Herzliya, Israel, and at JLU Giessen from August 27 to September 23 studying the legal treatment of Nazi crimes from the perspective of academic teaching, thus becoming an essential component of the project work.

The lectures are accompanied by excursions to facilities relevant to the topic. In this way, the project integrates the raised questions directly into an academic curriculum. In addition to disseminating knowledge about the manifold compensation mechanisms, the Summer School thus also pursues the overarching goal of making the initial project results usable for an academic curriculum. The curricula designed by the project team will be made available to educational institutions, especially universities. The project thus enjoys pilot character.

The Post-Holocaust Remedies Project focuses on core issues of German and international law and critically examines legal concepts and premises. In this context, it is important to systematically compare and comprehensively present all legal instruments that have had an effect on compensation law at the legal level, through bilateral or multilateral agreements, but also in the form of arrangements with individual actors, such as the Jewish Claims Conference. In addition, various related instruments of international law will be considered. Compensation-oriented and related legal instruments are thereby presented in an organized manner in the form of a publicly accessible database.

Drawing on the gathered and systematized data, the Summer School will set the stage for the practical phase of the project through an interactive exchange between students and academics from an interdisciplinary (i.e. a legal, comparative, historical, and transitional justice) perspective, which, in the spirit of a learning process, will now increasingly focus on proposals concerning possible optimizations to future legal instruments for dealing with the past. This broader perspective on the unique historical phenomenon of the Holocaust will also be ensured in particular by the involvement of Israeli, German and international institutions.

Following the Summer School, the findings will be presented for discussion to the third pillar of the Post-Holocaust-Remedies Project, namely an international closing conference. It will be composed of academics, key players in the field of practical implementation of compensation instruments, those affected, as well as interested sectors of society.

The project will always include the perspectives of those affected by compensation law measures and the victims of Nazi injustice at every stage of the project, especially in the critical debate - with a prominent position and elementary role.