Aktenbestand „KONTINENT“ im Unternehmensarchiv der Axel Springer AG

Aktenbestand „KONTINENT“ im Unternehmensarchiv der Axel Springer AG

Projektträger
Axel Springer AG, Unternehmensarchiv ()
Ausrichter
Ort des Projektträgers
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.09.2006 -
Von
Lindner, Erik

Aktenbestand „KONTINENT“ im Unternehmensarchiv der Axel Springer AG

Die Dissidentenzeitschrift KONTINENT wurde 1974 auf Initiative des damaligen Ullstein-Verlagsleiters Wolf Jobst Siedler zusammen mit dem gerade nach Paris emigrierten russischen Schriftsteller und Regimekritiker Wladimir Maximow sowie mit Andrej Sinjawski und Alexander Solschenizyn gegründet. KONTINENT, die in der Berliner Verlag Ullstein GmbH erschien, entwickelte sich zu einem unabhängigen Forum und Sprachrohr osteuropäischer Autoren.

Die Literaturzeitschrift hatte sich das Ziel gesetzt, dem Totalitarismus im Ostblock mit geistigem Schaffen die Stirn zu bieten und Opfern von Ungerechtigkeiten sowie Menschenrechtsverletzungen Gehör zu verschaffen. Autoren wie Wladimir Bukowski, Eugène Ionesco, George Orwell und viele andere unterstützten das Projekt mit literarischen Beiträgen sowie persönlichen Erfahrungsberichten. Desweiteren machten Interviews mit politischen Persönlichkeiten (z.B.: Ex-Kommunist Milovan Djilas) KONTINENT zu einem interessanten Medium.

Die Herausgeber sorgten für eine heimliche Verbreitung von KONTINENT im Ostblock, wo die Zeitschrift zu einer begehrten Lektüre wurde und zugleich als Hoffnungsträger wirkte. Im Gegenzug gelangten Werke von damals noch im Osten lebenden Dissidenten auf Mikrofilm in die KONTINENT-Redaktion. Ein Beispiel dafür ist „Ohne Arme, ohne Beine“ von Wladimir Kornilow (1975).

Die russischsprachige Zentralausgabe diente als Kernstück für anderssprachige Ausgaben. Die russische Zeitschrift, deren Herausgeber W. Maximow war, existierte am längsten und erschien von 1974-1992. Eine deutsche Ausgabe mit Cornelia I. Gerstenmaier als Chefredakteurin erschien ebenfalls seit 1974 und genoss großes Ansehen. Beide Ausgaben erschienen bei der Berliner Verlag Ullstein GmbH, einer Tochtergesellschaft der Axel Springer Verlag AG. Im Laufe der Jahre kamen weniger erfolgreiche Lizenzausgaben hinzu (u.a. französische, italienische, englische, holländische, griechische). Alles in allem erreichte KONTINENT eine für Literaturzeitschriften große Reichweite, die ihre Konkurrenzzeitschrift Grani aus dem Possev-Verlag überflügelte.

Für seine Macher stellte KONTINENT eine wichtige Aufgabe dar, deren Problem jedoch die Finanzierung war. Der Axel Springer Verlag unterstützte KONTINENT von Beginn an sowohl finanziell als auch mit verlegerischem Know-how und war so auf beträchtliche Weise an der Verbreitung von KONTINENT beteiligt. Das ständige Defizit führte zur Gründung von KONTINENT e.V., den der Axel Springer Verlag mit einer jährlichen Spende unterstützte. Eine Verselbstständigung des Vereins durch Spenden Dritter wurde aber nicht erreicht, und die Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos für den Axel Springer Verlag blieb aus. Die Finanzierungsfrage stellte sich permanent neu und führte schließlich zur Einstellung von KONTINENT.

Die Entwicklung, die Arbeit zwischen Redaktion und Autoren sowie die wirtschaftliche Lage der Zeitschrift lassen sich anhand der im Unternehmensarchiv der Axel Springer AG überlieferten Akten nachvollziehen. Aus den Akten gehen außerdem Differenzen zwischen verschiedenen Verantwortlichen der Zeitschrift hervor. So war Maximow letztlich nicht mehr mit dem Inhalt der deutschen Ausgabe von KONTINENT zufrieden und beklagte sich im Pariser „Figaro“ öffentlich und rief zum Erhalt des Organs auf. Vorgänge wie diese, oder aber Detailinformationen rund um Rostropowitschs Benefiz-Konzert zu Gunsten von KONTINENT, finden sich in den Akten.

Im Unternehmensarchiv ist die elektronische Recherche des KONTINENT-Bestandes mittels einer Datenbank möglich. Der Bestand enthält u.a. russischsprachige und deutschsprachige Ausgaben sowie Pressemitteilungen, diverse Zeitungsartikel zum Kontext, KONTINENT-Verträge, Jahresabschlüsse und Korrespondenz zwischen verschiedenen Akteuren der Verlagsgeschäftsführung und Verantwortlichen der Zeitschrift.

Interessenten können sich bezüglich einer Einsichtnahme in den Bestand an das Unternehmensarchiv wenden. Die Benutzung hat vor Ort zu erfolgen. Russische Sprachkenntnisse sind empfehlenswert.

Axel Springer AG
Unternehmensarchiv
Axel-Springer-Str. 65
10888 Berlin
unternehmensarchiv@axelspringer.de

Ansprechpartner:
Dr. Erik Lindner Tel: +49 (0) 30 25 91-7 17 80
Rainer Laabs, M.A. Tel: +49 (0) 30 25 91-7 36 12
Fax: +49 (0) 30 25 91-7 17 82

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