W. Ziegler: König Konrad III. (1138-1152)

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Titel
König Konrad III. (1138-1152). Hof, Urkunden und Politik


Autor(en)
Ziegler, Wolfram
Reihe
Böhmer, Johann F: Regesta Imperii. Beihefte: Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 26
Erschienen
Anzahl Seiten
962 S.
Preis
€ 92,52
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Bernd Schütte, Historisches Institut, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Die Herrschaftspraxis der staufischen Könige und Kaiser genießt bereits seit einiger Zeit das besondere Interesse der deutschen Mediävistik. Die bisher gestellten Fragen gehen im Allgemeinen vom Itinerar, der Urkundenvergabe sowie den Höfen der Herrscher aus und richten sich auf Reisewege und Gastungsgewohnheiten, auf bevorzugt oder gar nicht privilegierte Empfänger und Empfängergruppen, auf Herkunft und ständische Zusammensetzung des Gefolges sowie auf die Ermittlung der jeweiligen Berater. Darüber hinaus fehlt es nicht an Arbeiten, die damit zusammenhängende Problemkreise in den Blick nehmen. Zu nennen sind etwa die Hoftagspraxis, die Heerfahrt, die Lehnspolitik, die Reichslegaten, die Ministerialität, einzelne geistliche Einrichtungen und Orte in ihrer Stellung zum Königtum oder dessen Verhältnis zur Reichskirche in ihrer Gesamtheit. Unter dem Strich versucht man auf diesem Weg, nicht allein Nah- und Fernzonen der Königsherrschaft und sonstige strukturelle Begebenheiten zu ermitteln, sondern letztlich zu einer Funktionsgeschichte des hochmittelalterlichen Königtums zu gelangen.

Insbesondere der Erforschung des herrscherlichen Gefolges verpflichtete Monographien und Aufsätze liegen für Friedrich I., Heinrich VI., Philipp von Schwaben und Heinrich (VII.), aber auch für Lothar III. und – in gewisser Weise – für Otto IV. zum Teil schon seit längerem vor. Die Beschäftigung mit der von 1138 bis 1152 währenden Regierungszeit Konrads III., des ersten staufischen Königs, beschränkte sich hingegen in den vergangenen Jahren auf andere Bereiche, wie zum Beispiel die Königswahl von 1138 und das herrscherliche Eigenverständnis, die Auseinandersetzungen mit Heinrich dem Stolzen, Heinrich dem Löwen und Welf VI., das Verhältnis zur römischen Kurie, zu Byzanz und den Normannen oder die Beziehungen zum Reichsepiskopat. Weitere Perspektiven suchten schließlich einzelne Beiträge eines 2005 erschienenen Sammelbandes aufzuzeigen.1

Daher ist es ausgesprochen erfreulich, dass Wolfram Ziegler sich in seiner 2004 in Wien angenommenen Dissertation erstmals in einem großen strukturgeschichtlichen Zugriff der Regierungspraxis Konrads III. widmet und damit dem ebenfalls 2008 publizierten Band der Regesten des Staufers sogleich eine große Untersuchung zur Seite stellt.2 Er konzentriert sich in seiner Arbeit auf den königlichen Hof, der bekanntlich in räumlicher und personeller Hinsicht einem ständigen Wandel unterworfen war und gerade als Schauplatz der Beziehungen von König und Adel den Mittelpunkt des Reiches bildete. Die geistlichen und weltlichen Großen suchten die Nähe des Herrschers teils aus eigenem Antrieb, teils gerufen, begleiteten den König eine Zeitlang, forderten die Teilhabe an der Herrschaftsausübung ein und verließen ihn dann wieder. Unter den Hofbesuchern befindet sich erwartungsgemäß auch ein Kreis von Personen, die zu den engen Vertrauten und Ratgebern des Königs zählten. Die wichtigste Quellengrundlage für die Ermittlung dieser Hofgesellschaft bilden die Zeugenlisten der Herrscherurkunden, ergänzt um Privaturkunden, Briefe und erzählende Werke, doch sind mit der Auswertung der Quellen gerade hinsichtlich der Ratgeber einige kaum zu überwindende handwerkliche Schwierigkeiten verbunden, die in der Literatur immer wieder erörtert wurden. Abgesehen von der Zahl der Anwesenheitsbelege müssen nämlich der regionale beziehungsweise überregionale Bezug der Hofbesuche, Hoftage, Heerfahrten und die sonstige Tätigkeit im Reichsdienst berücksichtigt werden, denn in erzählenden Quellen wird nur selten einmal ein Großer ausdrücklich als besonderer Vertrauter erwähnt.3

Ziegler erläutert sein im zuvor umrissenen Sinne verfolgtes Anliegen in einer knappen Einleitung (S. 15-21), in der er zudem den Kreis der zu untersuchenden Personen vernünftigerweise einschränkt: Ausführlich behandelt werden nur diejenigen, die öfter als dreimal an unterschiedlichen Itinerarstationen des Königshofes belegt sind. Damit scheiden Reichsfremde wie Italiener von vornherein aus, während päpstliche Legaten bewusst nicht behandelt werden. Unter dieser Maßgabe werden im Hauptteil (S. 25-651) in mehreren Großkapiteln katalogartig 9 Erzbischöfe, 32 Bischöfe, 5 Äbte, 6 Angehörige der Kanzlei und der Kapelle, 10 Herzöge, 12 Pfalz-, Mark- und Landgrafen, 44 Grafen, 9 Edelfreie, 10 Reichsministerialen, 2 bischöfliche Ministerialen und mit Königin Gertrud, König Heinrich (VI.) und Friedrich von Rothenburg 3 Mitglieder der herrscherlichen Familie vorgestellt. Neben den Belegen für die Anwesenheit am Königshof erörtert Ziegler auch darüber hinausgehende Aktivitäten, genealogische Zusammenhänge und vieles mehr, so dass er zu dicht gearbeiteten Lebensabrissen gelangt, die allein schon sein Buch zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel für die Beschäftigung mit der Zeit Konrads III. machen. Gleichwohl verliert er die zentrale Frage nach den Ratgebern und Vertrauten des Staufers nicht aus dem Blick, denn das Wirken eines jeden behandelten Großen wird jeweils abschließend entsprechend charakterisiert.

Bei derart viel ausgebreitetem Material kommt der Zusammenfassung besondere Bedeutung zu. Ziegler vergleicht und wertet die erhobenen Befunde zunächst unter regionalen Gesichtspunkten sowie ständisch gegliedert (S. 655-739) und bündelt die derart gewonnenen Ergebnisse abschließend in einem "Resümee" (S. 741-752).

Es lässt sich festhalten, dass von den 142 behandelten Personen 50 öfter als zehnmal am Königshof bezeugt sind. Darunter befinden sich mit Anselm von Havelberg, Arnold von Wied, Burchard von Worms, Embriko von Würzburg, Otto von Freising, Wibald von Stablo und Corvey, Albrecht dem Bären, Friedrich von Schwaben und Heinrich Jasomirgott neun vermutlich als enge Berater und Vertraute anzusprechende Große, die sich mehrheitlich aus der Geistlichkeit rekrutieren. Diese Vertrauten stammen aus allen Regionen des Reiches, doch kann man mit Blick auf Konrads (Halb-) Brüder Otto von Freising, Friedrich von Schwaben und Heinrich Jasomirgott kaum von einer Verwandtschafts- oder Familienpolitik sprechen, denn andere Verwandte sind nicht in gleichem Maße hervorgetreten. Weitgehend im Dunkeln bleiben allerdings die meisten Angehörigen der herrscherlichen Kanzlei und Kapelle, von denen man eine wichtige Rolle nur vermuten kann. Die dichteste Besuchstätigkeit am Königshof lässt sich für Männer aus Rhein- und Mainfranken sowie aus Schwaben, den Kernzonen staufischer Herrschaft, verzeichnen, doch waren auch Personen aus Lothringen, Bayern und Thüringen im Umfeld des Königs vertreten. Österreich, Kärnten, Steiermark, Tirol und Böhmen waren hingegen Randzonen, und in Sachsen konnte Konrad abgesehen vom Episkopat nur schwer Fuß fassen. Neu und zudem zukunftsweisend war im Vergleich mit der Regierung von Konrads Vorgänger Lothar III. das deutlich fassbare Profil der Reichsministerialität.

Obgleich Konrads Königswahl handstreichartig verlaufen war, genoss sein Hof gerade in den Anfängen eine große Anziehungskraft. Besonders viele Hofbesucher lassen sich zudem im Vorfeld des Kreuzzugs 1147 und der angekündigten Romfahrt 1151 verzeichnen. Die politischen und militärischen Rückschläge, die bis 1150 währenden Auseinandersetzungen mit Welf VI. und der bis zu Konrads Tod ungelöste Konflikt mit dem sächsischen Herzog Heinrich dem Löwen um Bayern führten jedoch nicht zu dauerhaften und durchgängigen Gegensätzen im Reich, denn gerade die Untersuchung von Konrads Hof zeigt, dass das staufische Königtum letztlich doch über eine spürbare, unterschiedliche Interessen integrierende Kraft verfügte.

Am Schluss dieses gründlich und umsichtig gearbeiteten Buchs stehen zwei Exkurse zu den polnischen Erbfolgestreitigkeiten und den dänischen Thronwirren, Aufstellungen, die sich mit Konrads Itinerar beschäftigen, das Quellen- und Literaturverzeichnis sowie das unverzichtbare Register. Im Rahmen strukturgeschichtlicher Untersuchungen zur Stauferzeit füllt Zieglers Werk eine Lücke und wird von dauerhaftem Wert sein.

Anmerkungen:
1 Hubertus Seibert / Jürgen Dendorfer (Hrsg.), Grafen, Herzöge, Könige. Der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079-1152), Ostfildern 2005. Vgl. dazu die Rezension von Bernd Schütte: In: H-Soz-u-Kult, 15.03.2006, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-1-174>.
2 Jan Paul Niederkorn / Karel Hruza (Bearb.), J. F. Böhmer, Regesta Imperii 4. Ältere Staufer 1. Abteilung: Die Regesten des Kaiserreiches unter Lothar III. und Konrad III. 2. Teil: Konrad III. 1138 (1093/94) - 1152, Wien 2008. Vgl. dazu die Rezension von Bernd Schütte: In: H-Soz-u-Kult, 09.07.2008, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-020>.
3 Vgl. dazu jetzt auch Christian Uebach, Die Ratgeber Friedrich Barbarossas (1152-1167), Marburg 2008. Vgl. dazu die Rezension von Christian Hillen: In: H-Soz-u-Kult, 08.10.2008, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-4-024>.

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