E. D. Heymans: The Origins of Money in the Iron Age Mediterranean World

Cover
Titel
The Origins of Money in the Iron Age Mediterranean World.


Autor(en)
Heymans, Elon D.
Erschienen
Anzahl Seiten
348 S.
Preis
€ 93,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Marc Philipp Wahl, Institut für Numismatik und Geldgeschichte, Universität Wien

Elon D. Heymans legt eine Studie vor, die sich der Entstehung des Geldes im östlichen Mittelmeerraum in der späten Bronze- und in der Eisenzeit widmet. Die Monographie fußt auf der Dissertation des Autors, die 2018 an der Universität Tel Aviv eingereicht wurde. Heymans Arbeit versucht einen Brückenschlag zwischen klassischen Theorien zur Entstehung des Geldes, der archäologischen Überlieferung und den spärlichen textlichen Quellen, verfolgt aber durch die Konzentration auf Edelmetallhorte eine profunde empirische Grundlage. Heymans legt seinen Fokus dabei vor allem auf die südliche Levante und auf die Ägäis im 13. Jahrhundert bis zur Entstehung des Münzgeldes in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts.

„The Origins of Money in the Iron Age Mediterranean World“ ist in sechs Kapitel gegliedert, an die sich ein umfangreicher Annex mit einer Übersicht der 33 behandelten Hortfunde anschließt. Das erste Kapitel „Rethinking the origins of money“ (S. 1–16) gibt den theoretischen Rahmen der Studie vor. Heymans bespricht vor allem die beiden konkurrierenden Thesen der Entstehung des Geldes zur Erleichterung des Tauschhandels (Aristoteles, A. Smith, W. S. Jevons) und als Resultat eines verstärkten Fernhandels (K. Polanyi). Das nächste Kapitel „Outline of an approach to money” (S. 17–54) vertieft diese Problematisierung. Es wird dabei die grundsätzliche Pluralität der Geldformen – sowohl in den physischen Erscheinungsformen als auch im symbolischen Gehalt – in Erinnerung gerufen. Gerade in Hinblick auf die Entstehung der Münze, der Elektronprägungen im kleinasiatischen Lydien, kritisiert Heymans zu Recht, dass in der Forschung die Entstehung und die Entwicklung der frühesten Geldformen (er spricht in bewusster Unschärfe von „money-stuff“, beispielsweise S. 231) oftmals teleologisch gedeutet werde mit den frühesten Elektronmünzen als Kulminationspunkt, auf den zwangsläufig alle frühen Geldformen zulaufen. Vielmehr definiere die kulturelle Matrix das Geld – eine „unitary theory of money“ versucht Heymans vor diesem Hintergrund nicht, sondern betont die Diversität des Geldes. Dabei wirft er auch am Beispiel der ndap-Muscheln der Yela die Frage auf, ob Staatlichkeit, die wiederum wie überhaupt staatlicher institutioneller Einfluss auf die Wirtschaft für die Eisenzeit in der Levante nicht sicher nachgewiesen ist, für das Funktionieren einer Geldwirtschaft nötig ist. Im Denkrahmen Heymans bewegt sich das frühe Geld stets im dynamischen Spannungsfeld als Commodity und als Token – beide Charakteristika sind eng miteinander verwoben.

Der Kern der Arbeit stellt das dritte Kapitel dar, „A study of Iron age precious metal hoards“ (S. 55–115), wo Heymans seine Vorüberlegungen mit den Hortfunden, ihrer geographischen sowie chronologischen Verteilung und ihrem archäologischen Kontext sowie ihrer internen Struktur und Typologie konfrontiert. Die Horte der späten Bronzezeit sowie aus der Zeit des Übergangs zur Eisenzeit sind, dies kann Heymans zeigen, stark verknüpft mit den kanaanitischen Stätten der politischen Geographie der späten Bronzezeit. Die Horte ab Iron IIB dagegen konzentrieren sich auf das südliche Hochland, was wiederum mit dem Fall des nördlichen Königreichs Israel nach 720 durch Salmanassar V. und Sargon II. und dem Bevölkerungsrückgang in der Region und dem gleichzeitigen Anwachsen der Prosperität der südlichen Regionen Juda und Philistia in Zusammenhang zu bringen ist. Die Struktur der Horte ist indes nicht uniform: Die Objekte in den Horten aus der späten Bronze- und dem Übergang zur Eisenzeit sind in der Regel deutlich schwerer (es handelt sich häufig um Schmuckobjekte), während Fragmentierungen des Edelmetalls und Kleinobjekte (vor allem ingots) in Iron I-IIB geläufig werden. Es sei nicht allein anzunehmen, dass das Zirkulationsverhalten in der Eisenzeit zunehmend schneller wurde, sondern auch dass diese Objekte als Kleingeld gedient haben, was wiederum ein wichtiges Einzelergebnis der Arbeit ist, das sich mit der frühen griechischen Münzprägung in Zusammenhang bringen ließe. Dennoch lässt sich keine Vereinheitlichung der Geldformen in Aussehen und Feingehalt beobachten. Mit Iron IIC bricht das System der Geldwirtschaft in der südlichen Levante schließlich gänzlich ein. Zwar verschwand Geld nicht, nahm aber nach dem Fall der neuassyrischen Herrschaft einen geringeren Stellenwert ein. Obwohl die Gegebenheiten zuvor in Iron I und IIA-B günstig gewesen sind, ist nie ein Schritt zum Münzgeld unternommen worden. Ein lineares Entwicklungsmodell, wie es von Miriam S. Balmuth und Christine M. Thompson vertreten wurde1, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht, vielmehr betont Heymans das Situative und die spezifischen Umstände, in denen sich Geld konstituiert.

Heymans stellt heraus, dass die meisten Horte kurz nach der Späten Bronzezeit (LBA) unter die Erde gelangten. Sicher hätte sich hier ein Blick auf die Mechanismen von Hortfunden „monetarisierter“ Zeitstellungen gelohnt, insbesondere da Heymans eine generelle Häufung von Verhortungen zu Krisenzeiten in Zweifel zieht und die Verbergung von Schätzen im Alltag in Zeiten der Stabilität im Gegenzug betont.2 Auf eigene Metallanalysen wird zudem ausdrücklich verzichtet (S. 60-61). Dies ist bedauerlich, schließlich zieht der Autor an einigen Stellen die Quellen des zirkulierenden Edelmetalls in seine Überlegungen mit ein (zum Beispiel S. 109–110) – Metallanalysen hätten die Argumentation hier deutlich gestärkt.

Kapitel 4 „Money in the Iron age southern Levant” (S. 116–167) und Kapitel 5 „Money in the Iron age Aegean” (S. 168–227) setzen die Beobachtungen in einen größeren Zusammenhang. Am Beispiel des umfangreichen Archivs in Ugarit, das im frühen 12. Jahrhundert zerstört wurde, zeigt Heymans, welche große Rolle Silber im Fernhandel in der späten Bronzezeit gespielt hat – dabei kann auch auf die Rolle des Wergeldes verwiesen werden, das bei bilateralen Vereinbarungen meistens in Silber angegeben wurde und zur Sicherung der Fernhandelsbeziehungen diente. Gerade nach der Schwächung der Zentralautoritäten steigerte sich der Gebrauch von Silber aufgrund seiner Wertstabilität noch. Die Verwendung von Silbergeld in der Eisenzeit war darum, dies zeigt Heymans überzeugend, nicht auf den Einfluss des Neuassyrischen Großreiches zurückzuführen. Die Rolle des Geldes in der Ägäis dient vor allem als Negativfolie, an der die Besonderheiten der südlichen Levante stärker herausgearbeitet werden können – anders als Gold und Bronze, die bei Wergeld- und anderen Kompensationszahlungen sowie im Votivkontext verwendet wurden, nahm Silber hier bis zum 7. Jahrhundert nur eine unbedeutende Rolle ein.

Ein Appendix der 33 Horte, in dem die Fundumstände, Datierung, Inhalt, eine Bibliographie und nach Möglichkeit ein Foto aufgeführt werden, beschließt das Buch (S. 239–277) und ist eine überaus wichtige Hilfe bei der sehr dichten Argumentation des Autors. Heymans Buch ist, dies sei am Ende resümiert, eine dichte und überaus gelungene Studie, die nicht allein die Forschung der eisenzeitlichen Levanteküste bereichern wird, sondern auch wichtige Impulse für unser Verständnis vormodernen Geldes setzen dürfte.

Anmerkungen:
1 Die Literatur im Überblick: S. 56–59.
2 Vgl. dagegen Franҫois de Callataÿ, Coin Deposits and Civil Wars in a Long-term Perspective (c.400 BC–1950 AD), in: The Numismatic Chronicle 177 (2017), S. 313–338.

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