Die Monographie ist die überarbeitete Fassung einer von Lorenzo Braccesi angeregten Doktorarbeit über die Expedition des Pyrrhus nach Westen. Die weiteren Danksagungen im Vorwort deuten darauf hin, dass die "D.Phil. thesis" von einer britischen Universität angenommen worden sein könnte.
Für seine Studie über die Geschichte Siziliens hat Efrem Zambon die bewegten rund fünf Jahrzehnte zwischen dem Tod des Agathokles (289 v.Chr.) und dem Ende des Ersten Punischen Krieges (241 v.Chr.) ausgewählt. Die Einzelstudien, die er seit dem Jahr 2000 über diese Zeit veröffentlicht hatte, sind teils in das Werk eingearbeitet, teils wird darauf verwiesen. Das Interesse Zambons gilt der Frage, wie die sizilischen Städte von der Entwicklung der hellenistischen Großreiche und dann der Expansion des römischen Reiches berührt und verändert worden seien. Er will die Neuerungen der hellenistischen und römischen Welt vor dem Hintergrund der archaischen und klassischen sizilischen Geschichte untersuchen.
Zu seinem methodischen Vorgehen gibt der Autor an, "the literary sources and the political language used by ancient authors" sowie "the propaganda items" durch die Untersuchung epigraphischer und numismatischer Quellen analysieren zu wollen und auch die archäologischen Befunde einzubeziehen. Ob diese nicht nur bei der Analyse der sizilischen Geschichte gegebenen Notwendigkeiten mit Zambon als "different historical approaches" und als "interdisciplinary approach" (S. 12) bezeichnet werden sollten, bleibe hier dahingestellt.
Wie jede "Geschichte" Siziliens steht auch diese Arbeit vor dem Problem, dass die literarischen Quellen, die trotz aller willkommenen Ergänzungen durch Inschriften und Münzen die Basis der Rekonstruktion bleiben, keine fortlaufende Darstellung erlauben. Schon das Werk Diodors (hier die Bücher 21–24) ist für diese Phase nur fragmentarisch vorhanden und beschränkt sich weitgehend auf die Geschichte von Syrakus. Die weiteren wichtigen Autoren, vor allem Plutarch (Biographie des Pyrrhos), Polybios und Livius, verstanden sich bekanntlich nicht als Historiographen Siziliens, sondern waren vorrangig an der Person des Pyrrhos bzw. an der römischen Expansion interessiert. Daher präsentieren sich die insgesamt 30 Unterkapitel von Zambons Studie als Beschreibung einzelner Steinchen, die einmal zu einem ursprünglichen Gesamtmosaik gehört hatten. Jeweils zehn, unterschiedlich umfangreiche Unterkapitel sind zu drei großen, etwa gleichlangen Kapiteln zusammengefasst.
Das erste Kapitel gilt den sizilischen Stadtstaaten in der Zeit vom Tod des Agathokles bis zum Erscheinen des Pyrrhos (289–278 v.Chr.). Für das von Agathokles nach Syrakus "importierte" Königtum hellenistischen Typs habe dieser Herrscher, enttäuscht von seinen möglichen Nachfolgern, keine Zukunftsperspektive mehr gesehen, so dass er den Syrakusanern die frühere Demokratie zurückgegeben habe. Das bewirkte nach Zambon erstens ein neues expansives Ausgreifen der Karthager in den Ostteil der Insel und zweitens die Entstehung von autokratischen Herrschaften in vielen sizilischen Poleis. Im Gegensatz zu den früheren Tyrannen sei es diesen "neuen" Autokraten jedoch mehr um die Stärkung ihrer heimischen Institutionen gegenüber auswärtigen Bedrohungen und um die Aufrechterhaltung der jeweiligen Polis-Autonomie gegangen.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Unternehmung des epeirotischen Königs in Sizilien (279–276 v.Chr.). Die griechischen Poleis Siziliens, die Pyrrhos um Hilfe gegen Karthago gebeten hatten, hätten ihn als Hegemon und König anerkannt ("appointed", wie Zambon mehrfach formuliert, erscheint weniger angemessen). Titel und Stellung des Pyrrhos in Sizilien versucht der Autor im Abschnitt 2.4. genauer zu erläutern. Er spricht von der basilike hegemonia des Pyrrhos, von "an official alliance" mit den Griechenstädten und von einem hellenistischen Königreich Sizilien, das Pyrrhos zusammen mit Süditalien und Epeiros beherrscht habe, ohne jedoch eine klare begriffliche Bestimmung dieser Aussagen zu leisten. Auch die griechische Auffassung des Königtums bleibt verschwommen.
Das dritte Kapitel ist dem Aufstieg Hierons von Syrakus und dem Ersten Punischen Krieg gewidmet (276–241 v.Chr.). Hieron habe die Fehler des Pyrrhos vermieden, sich als "gemäßigter" König verhalten und die Autonomie seiner sizilischen Verbündeten respektiert. Als ähnlich feinfühlig bewertet Zambon das römische Vorgehen in Sizilien, wofür er insbesondere die Inschriften aus der elymischen Stadt Entella heranzieht; die angeführten Indizien sind allerdings sehr schwach. Den Befund will Zambon aber verallgemeinern und kommt zu Schlussfolgerungen, die für Rom sehr schmeichelhaft ausfallen und als "new method of conquest" (S. 269) eingestuft werden: Sofern sich die griechischen Poleis nicht gegen Rom gestellt hätten und gewaltsam erobert worden seien, sondern sich in die römische fides begeben hätten, gelte: "the Romans showed a great respect and a profound consideration for the customary laws and for the native's institutions, and they encouraged their stability" (S. 269).
Insgesamt gesehen kann die Arbeit besonders dann überzeugen, wenn archäologische Befunde einbezogen werden. Zambon hat sich die Mühe gemacht, nicht nur zusammenfassende Darstellungen, sondern eine immense Zahl von Publikationen durchzusehen, in denen die detaillierten Grabungsberichte, von den großen Befestigungsanlagen der bedeutenden Städte (wie Selinus, S. 141ff.) bis hin zu einzelnen außerstädtischen Gehöften, vorgestellt werden. Dadurch kann er in manchen Fällen Vorschläge zur bislang ungelösten Lokalisierung von Ortschaften machen oder zumindest neue Argumente in die Diskussion bringen (zum Beispiel zu Heirkte S. 156). Natürlich besteht das Problem, dass sich die archäologischen Datierungen nicht immer mit dem genauen Zeitpunkt der historischen Ereignisse, wie zum Beispiel dem Eroberungszug des Pyrrhos im Jahr 277 v.Chr., in Übereinstimmung bringen lassen; aber zumindest Annäherungen und Eingrenzungen lassen sich erzielen.
Als besonders ergiebig erweisen sich die archäologischen Befunde im Falle von Messina. Hier kann Zambon unter Heranziehung auch epigraphischer und numismatischer Quellen zeigen, dass die Übernahme der Stadt durch die Söldner des Agathokles nicht mit einer Auslöschung der griechischen Bevölkerung verbunden gewesen sei, wie es die literarische Überlieferung nahe lege. Vielmehr habe die Stadt durch das Zusammenleben mehrerer Bevölkerungsgruppen einen "multiethnischen Charakter" angenommen (S. 41ff.).
Seine Einzelanalysen sind Zambon unterschiedlich gut gelungen. Manche von ihnen wirken sprunghaft und unausgewogen, weil bestimmte Gesichtspunkte bis ins kleinste Detail bis hin zur Übergenauigkeit verfolgt werden (zum Beispiel S. 20, 29), während andere unbeachtet bleiben (zum Beispiel die Situation in Katane, S. 116, oder die nicht gestellte Frage, warum die Mamertiner den Karthagern, mit denen sie verbündet waren, keine Hilfe gegen Pyrrhos geleistet haben). Einige Aussagen bleiben unpräzise (zum Beispiel die Einwände gegen die Einstufung der Tyrannen als Konservative und Paternalisten S. 55) oder widersprüchlich (Phintias von Akragas wird sowohl als König als auch als Tyrann bezeichnet, S. 56ff.). Und der Versuchung zu allzu phantasiereicher Hypothesenbildung hat Zambon angesichts spärlicher Quellenaussagen nicht immer widerstanden (zum Beispiel S. 22).
Am schwersten wiegt jedoch, dass Zambon – soweit das unter Berücksichtigung der anfangs genannten Einschränkungen möglich wäre – keine in sich konsistente Untersuchung verfasst hat. Zu unterschiedlich sind die drei großen Kapitel sowohl von ihrer Quellenlage als auch von ihrem Gegenstand, und Zambon ist es nicht gelungen, sie durch einen thematischen roten Faden miteinander zu verknüpfen. Meint man zu Beginn, das übergreifende Thema sei die Entwicklung der griechischen Poleis unter den verschiedenen politischen Bedingungen des behandelten Zeitraums, so wird dieser Gegenstand schon in den Unterkapiteln 1.8. – 1.10 verlassen, die sich auf die punisch-römische Diplomatie (und Pyrrhos) verlagern. Einige Teile der Kapitel zwei und drei sind, zum Teil langatmige, Nacherzählungen der diplomatischen und militärischen Ereignisgeschichte, für den Ersten Punischen Krieg behalten sie sogar die annalistische Gliederung der Quellen bei, ohne dass an geeigneten Stellen standortbestimmende Schlussfolgerungen gezogen würden. Diese Darstellungen fügen der umfangreichen modernen Literatur auch dadurch nichts Neues hinzu, dass Zambon mit einer ungewöhnlich emphatischen Ich-Bezogenheit und mitunter fast oberlehrerhaften Beurteilung (zum Beispiel S. 22) mitteilt, welcher Meinung er sich jeweils anschließt.
Demgegenüber werden grundsätzliche Fragen, die das Thema nahe legt, nur ausschnitthaft oder oberflächlich behandelt. Das Problem des Zusammenlebens unterschiedlicher ethnischer Bevölkerungsgruppen, das Zambon für Messina so eindrücklich untersucht hat, das aber auch in anderen Städten relevant war, wird lediglich noch einmal kurz, für Selinus, aufgegriffen (S. 148). Der Frage, ob die griechischen Städte Siziliens oder die Insel insgesamt eine eigene Identität ausbildeten, wird nicht nachgegangen, obwohl die Stellung des Pyrrhos als rex Siciliae, wie Justin formuliert (zitiert S. 120), das geradezu fordern würde.1 Auch ihrem eigenen Titel "Tradition and Innovation" wird die Arbeit allenfalls ansatzweise gerecht, indem an einzelnen Stellen überlegt wird, ob unter veränderten politischen Gegebenheiten grundsätzliche Neuerungen zu konstatieren seien. Die Tendenz Zambons geht dabei dahin, die Kontinuität der Entwicklung hervorzuheben und beim Übergang vom Hellenismus in die römische Zeit keine allzu großen Veränderungen im Umgang mit den sizilischen Städten zuzugeben, was durch die Heranziehung weiterer Kriterien noch stärker in Frage gestellt werden würde.
Die Bezüge auf die Geschichte der voraus liegenden Zeit, der archaischen und klassischen Epoche, werden, wenn überhaupt, mit Verweisen auf die autonome Polis-Vergangenheit zu pauschal und begrifflich ungenau hergestellt (zum Beispiel S. 268). Für den Söldneraufstand in Syrakus nach dem Tod des Agathokles (S. 32f.) wird nicht einmal auf die offenkundige Parallele nach dem Sturz der Deinomenidenherrschaft 466 v.Chr. verwiesen. Eines der letzten Unterkapitel (3.9.) trägt zwar den Titel "Romanization or acculturation?", aber es wendet sich nicht, unter Heranziehung entsprechender archäologischer und ethnologischer Methoden, der hier zu vermutenden Entwicklung in den sizilischen Poleis zu, sondern vielmehr den "Roman ways of approach towards the Sicilian city-states", wie der Titel erläutert, und so wird denn auch lediglich die bekannte Einteilung der sizilischen Städte in Ciceros zweiter Verres-Rede rekapituliert (S. 248). Ein erstaunlich "unmodernes" Vorgehen gerade für eine Dissertation, die etwa in den maßstabsetzenden Arbeiten von Kathryn Lomas zu Süditalien, von denen eine auch zitiert wird, ausreichend Anregungen hätte finden können!
Das Buch schließt mit einem allgemeinen Index und einem Quellenindex. Die vorausgehende Bibliographie umfasst fast 40 eng bedruckte Seiten. Warum sie nach dem Jahr 2000 nur noch vereinzelte Einträge, nach 2003 sogar nur noch ein Sammelwerk von 2006 aufweist, wird nicht erklärt. Angesichts der zahlreich aufgeführten Detailstudien ist das Fehlen einiger einschlägiger "Schwergewichte" ebenso unverständlich wie unverzeihlich: Von den älteren Gesamtdarstellungen der sizilischen Geschichte fehlt diejenige von Edward A. Freeman; ebenso das Sizilienbuch von Moses I. Finley, obwohl es im ersten Satz des Vorworts zitiert wird; von den numismatischen Arbeiten fehlt das grundlegende Werk von Erich Böhringer; von neueren archäologischen Werken sind das zusammenfassende Buch von Robert R. Holloway, dessen numismatische Arbeiten Zambon zitiert, und die Studie von Caroline Lehmler über Hieron nicht herangezogen.2
Anmerkungen:
1 Vgl. dazu vorläufig Martin Dreher, Die Westgriechen: andere Griechen?, Gymnasium 2009 (im Druck).
2 Robert R. Holloway, The Archaeology of Ancient Sicily, London 2000; Caroline Lehmler, Syrakus unter Agathokles und Hieron II., Frankfurt a.M. 2005.