Krieg hatte in Rom viele Gesichter. Die Römer besaßen eine differenzierte Palette militärischer Präsentation, die sich in unterschiedlichen Inszenierungsformen und Medien zur Schau stellte. Unter ihnen war der Triumph nicht nur die prächtigste Form, er ist bis heute zudem das Symbol römischer Kriegsinszenierung schlechthin. Seine Bedeutung als essentielles Element römischer Militärgeschichte präsentiert sich zunächst in einer riesigen Zeitspanne – von der römischen Frühzeit bis in die Spätantike und darüber hinaus in seiner Rezeption vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Andere Formen römischer Kriegsinszenierung hingegen sind mittlerweile deutlich verblasst.1 Das Exzeptionelle des Triumphes offenbart sich im Bewusstwerden eines bedeutsamen assoziativen Gedächtnisses, das mit ihm verbunden ist. Keine andere Form bietet eine derartige Fülle abrufbarer Vorstellungen, gespeist durch architektonische Monumente, bildliche Darstellungen und Texte. Dabei scheinen die Elemente aus den unterschiedlichen Quellen zu einem assoziativen Gesamtbild von „dem römischen Triumph“ zu verschmelzen, ungeachtet dessen, dass sie oft unterschiedlichen Epochen entstammen. Der in „Triplici invectus triumpho“ vorgenommenen Zusammenstellung gehen ein interdisziplinäres Kolloquium an der Universität Gießen im Wintersemester 2004/2005 und eine in Kooperation mit der Universität Erfurt durchgeführte Tagung im Jahr 2005 voraus.
In den dreizehn Aufsätzen des vorliegenden Sammelbandes spiegelt sich nicht nur die angesprochene Quellenvarianz des Triumphbildes wider, sie zeigen auch den Versuch, das Einheitsbild des Triumphes aufzubrechen und einen Blick auf die Entwicklung dieses vorstellungsbehafteten Bildes freizugeben. Das von den Herausgebern gewählte Zitat aus der Schildbeschreibung und Zukunftsschau in der Aeneis (Verg. Aen. 8,714) offenbart die Zielsetzung und Vorgehensweise der Autoren: Der Blick auf die Veränderlichkeit des Kontinuums Triumph wird nicht durch eine ausgreifende Entwicklungsübersicht, sondern einen Fokus auf den Dreifachtriumph Octavians nach der Schlacht von Actium (29 v.Chr.) gewonnen, der als Schnittstelle und Wendepunkt zwischen dem Triumph der Republik und dem der Kaiserzeit verortet wird. Die Autoren exemplifizieren anhand unterschiedlicher Beispiele und Methoden, welchen durchgreifenden Wandel das Triumphritual gerade durch Octavian erfuhr und wie aus einem republikanischen Ereignis nobilitären Prestiges einzelner Feldherren mit der Wende zur Kaiserzeit eine monopolistische Veranstaltung der kaiserlichen Familie werden konnte, die darin ihre Sieghaftigkeit und wohl auch ihren Führungsanspruch unterstrich.
Zunächst fällt die klare Strukturierung in drei größere Abschnitte auf, die dem Leser ein konsequentes und verständliches Raster vorstellen, worin die einzelnen Beiträge verortet sind. Die Herausgeber strukturieren das Werk in die drei Bereiche: „Interpretation des Triumphes als politisches Ritual“, „Triumph in Bildkunst und städtischem Raum“ und „Triumph im Text“. Diese Trias harmoniert nicht nur sehr gut mit der Thematik des dreifachen Triumphes, sie bildet auch die drei großen altertumswissenschaftlichen Disziplinen ab, die in diese Untersuchung miteinbezogen sind: Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Klassische Philologie. Jeder der Beiträge besitzt am Ende eine umfangreiche Literaturliste. Dem Textteil schließt sich eine in Deutsch und Englisch gehaltene kurze Zusammenfassung der einzelnen Beiträge an. Den Abschluss des Bandes bildet ein nach antiken Autoren bzw. Quellen gegliedertes Stellenverzeichnis. Ein Namens- bzw. Sachregister fehlt leider.
Der erste Abschnitt „Interpretation des Triumphes als politisches Ritual“ beleuchtet in drei Aufsätzen aus unterschiedlichen Epochen heraus (mittlere Republik, augusteisches Zeitalter, Kaiserzeit des 1. Jh. n.Chr.) die Wahrnehmung des Triumphrituals. Jörg Rüpke (Neue Perspektiven auf alte Statuenrituale: Überlegungen zu Res gestae Divi Augusti 4, S. 11-26) widmet sich einer anderen Interpretationsmöglichkeit der Inszenierungszusammenhänge. Mit Blick auf die seit Octavian gewandelte Ehrenverteilung an erfolgreiche Feldherren und die stattgefundene Monopolisierung des Triumphrituals auf den Kaiser und dessen engsten Familienkreis untersucht er die Art des Wandels, worin sich also der Habitus des Triumphators und dessen Anrecht auf Ehrung durch eine Statue geändert haben. Rüpke kommt darin zu einer interessanten Deutung beider Triumphelemente als Äquivalent: Der Triumphator ist in seiner Inszenierung (s)eine Ehrenstatue. Tanja Itgenshorst (Der Princeps triumphiert nicht. Vom Verschwinden des Siegesrituals in augusteischer Zeit, S. 27-53) belegt mit ihrem Beitrag, dass nach dem Dreifachtriumph Octavians ein grundlegender Wandel im Umgang mit dem Triumph festzustellen sei. Inszenierungen wurden abgelehnt, Insignia aus dem Ritualkomplex herausgelöst und an der Gestalt des Kaisers fixiert. Der Triumph als Ganzes erfuhr eine Monopolisierung auf die Person des Kaisers und die engsten Angehörigen seiner Familie. Andere erfolgreiche Feldherren hingegen erhielten allein die ornamenta triumphalia. Damit zerfiel die bisherige Einheit von Kriegserfolg und Triumph; der Triumph verlor seine Bedeutung als Mittel zur Prestigebildung und Befriedung im Rahmen nobilitärer Konkurrenz. Allerdings – und diese Schlussfolgerung überzeugt – war erst mit der Befreiung des Triumphes aus seiner diplomatischen Fessel der Weg für eine weitergehendere kulturelle Auseinandersetzung mit dieser Inszenierungsform geschaffen. Fabian Goldbeck und Peter Franz Mittag (Der geregelte Triumph. Der republikanische Triumph bei Valerius Maximus und Aulus Gellius, S. 55-74) untersuchen Aussagen dieser kaiserzeitlichen Autoren zur (angeblich) republikanischen Regelung des ius triumphandi und der Differenzierung zwischen Triumph und Ovatio. Dabei entlarven sie die republikanischen Bezüge als Auseinandersetzungen mit der Kaiserherrschaft.
Den zweiten Abschnitt zum „Triumph in Bildkunst und städtischem Raum“ eröffnet Wolfram Martini (Raum und Ritual im römischen Triumph. Die Wegstrecke des Triumphzuges, S. 75-94). Topographie und Architektur des Triumphs waren keine statischen Dekorationselemente eines rituellen Kontinuums. Vielmehr existierte zwischen ritueller Inszenierung und architektonischem Konzept ein wechselseitiger Bezug. In sehr anregenden Gedankengängen führt Martini aus, wie der Triumph in seinem Verlauf die verschiedenen Bereiche des römischen Lebens berührte, in seinen Monumenten die Botschaft vom Erblühen Roms durch Krieg und Sieg verkündete und dies visuell nicht zuletzt dadurch vor Augen führte, dass neben älteren, patinierten Siegesmonumenten neuere strahlend und glänzend hervorragten. Sven Th. Schipporeit (Wege des Triumphes. Zum Verlauf der Triumphzüge im spätrepublikanischen und augusteischen Rom, S. 95-136) widmet sich erneut – nun aus architektonischer Warte – der Frage nach dem Umgang mit dem Triumphritual. Dabei verdeutlicht er sehr genau, dass sich der von Octavian vollzogene Wandel im Zusammenhang mit dem Triumph nicht allein auf den Ritual- und Insignienkomplex bezog, sondern noch viel tiefergreifender in die urbane Struktur eindrang: In Abkehr von alten, republikanischen, senatorischen Monumenten und zugunsten von neuen, kaiserlichen, augusteischen wurde sogar die Wegstrecke, die der Triumph durch Rom nahm, in ihrem Verlauf verlagert. Dies dürfte am sinnfälligsten vor Augen führen, dass der mit Octavian vollzogene Wandel eine echte Zäsur bedeutet hatte, die sich tief in das gesellschaftliche Traditionsgefüge Roms hineinfräste.
Thomas Schäfer (Ein frühkaiserzeitliches Relief mit pompa triumphalis, S. 137-154) widmet sich einem Plattenfragment aus dem sogenannten Actiumrelief mit Darstellung eines Triumphators auf einer Triumphalquadriga. In einem sehr ausführlich angelegten Überblick zu ikonographischen Kontinuitäten und Varianzen vergleichbarer Darstellungen kommt Schäfer zu dem Schluss, dass auf dem dargestellten Relief „mit Sicherheit“ (S. 149) der Dreifachtriumph Octavians zu erkennen sei. In der äußerst anregenden Beweiserhebung finden sich dennoch teilweise Gedankensprünge in Ergänzungsfragen (Victoria), die – wie auch die sichere Deutung – in der von ihm formulierten Stringenz von mir nicht nachvollzogen werden können. Ulrike Theisen (Princeps triumphans oder der gebaute Triumph des iulisch-claudischen Kaiserhauses in Rom, Pompeji und Mérida, S. 155-167) führt am Beispiel von Mérida die Strahlwirkung der neuen politischen Linie Roms vor.
Den größten Umfang nimmt der dritte Abschnitt zum „Triumph im Text“ ein, der sich der literarischen Auseinandersetzung mit der Triumphthematik verschrieben hat. Sechs Beiträge befassen sich mit den augusteischen Dichtern Horaz, Properz, Vergil und Ovid. Für Vera Binder (Römischer Triumph und griechisches Epinikon: Bemerkungen zu Hor. Od. 4,4, S. 169-190) stellt die Horaz-Ode 4,4 keine „proclaudische Verirrung“ dar (S. 175), sondern rückt das Verhältnis der Claudier zu Augustus ins rechte Licht: Was sie sind, sind sie durch ihn allein. Ivana Petrovic (Aitiologie des Triumphes: Die Hymnen von Kallimachos und Properz 4,6, S. 191-208) bespricht Properz, der zunächst Krieg als Dichtungsthema abgelehnt, dann aber eine „Evolution des Triumphmotivs“ (S. 193) durchlebt hatte. Bemerkenswert ist besonders die dem Dichter zugemessene Rolle, der durch seine Dichtung allein das Triumphereignis der Vergänglichkeit zu entreißen und ihm Fortdauer zu verleihen vermag. Für eine Aufwertung des „Werkstattbesuchs“ gegenüber der „Schildbeschreibung“ plädiert Ulrike Egelhaaf-Gaiser (Werkstattbesuch bei Vulcanus: Triumphale Geschichtsbilder aus Vergils intertextueller Waffenschmiede (Aen. 8,407-453), S. 209-237). Ersterer sei „das poetologische Fundament für das zielgerichtete Geschichtskonzept auf dem Schild“ (S. 211). Vergil eröffnet zwei Ebenen: Die Ebene des Aeneas, der das Schicksal zu durchleben hat und die Ebene des erkennenden Lesers, der mit dem Mehrwissen eines Zukünftigen in die (eigene) Vergangenheit zurückblickt, die ihm als Zukunft Roms vorgespielt wird.
Dennis Pausch (‚hi nostri reditus exspectatique triumphi?‘ Die Heimkehr des Pallas zwischen pompa funebris und pompa triumphalis (Verg. Aen. 11,1-99), S. 239-264) führt im Zusammenhang mit der Rückführung des jung gefallenen Pallas im elften Buch der Aeneis ein Vexierbild aus pompa funebris und pompa triumphalis vor. In Abweichung von der Interpretation als funus triumpho simillimum plädiert er für eine Ausdeutung als triumphus funebri simillimus und interpretiert die vergilische Szenerie als ein Gedenken an die Gefallenen des Bürgerkriegs im Rahmen des Dreifachtriumphes. Diese Deutung ist bemerkenswert, denn ein Gedenken der Gefallenen (selbst der eigenen) im Rahmen von Triumphzügen war eher ungewöhnlich. Hier tritt es allerdings als Form der „Geschichtsaufarbeitung“ hervor, die über die gemeinsame Trauer nicht nur einen Weg der Aussöhnung für die leidtragenden Konfliktparteien ermöglichte, sondern dem noch jungen augusteischen System auch eine deutliche Stabilisierung verlieh. Helmut Krasser (Ianus victor. Ein Leitmotiv im ersten Fastenbuch Ovids, S. 265-284) stellt im ersten Fastenbuch Ovids nicht nur ein Motivgeflecht aus Parallelen zwischen Iupiter und Ianus heraus, sondern transferiert beide in eine Vorstellungsebene als Bewahrer der Prosperität des römischen Imperiums. Julia Schäfer-Schmitt (candida victima im tristen Tomis. Zur Funktionalisierung des Triumphmotivs in Ovids Epistulae ex Ponto 2,1, S. 285-304) thematisiert am Text des Ovid ein Moment, das beim Triumphzug sonst kaum ins Bewusstsein gerückt sein dürfte – die Ohnmacht der Unterlegenen. Doch Ovid verharrt nicht in dieser Position, sondern schwingt sich durch seine Kunst zum Mächtigen über die Memoria auf. Damit klingt ein Thema an, das bis heute klingt: die Macht der Medien.
Der Band „Triplici invectus triumpho“ besticht nicht nur durch eine klare und gut durchdachte Konzeption, die bis in die einzelnen Beiträge hinein verfolgt werden kann, sowie eine detailfreudige und interdisziplinäre Aufarbeitung des Themas, sondern regt auch zur weiteren Diskussion an. Allein anhand dieses vergleichsweise kleinen Betrachtungsspektrums führt er vor, dass die von Augustus gesetzte Zäsur nicht einfach ein unscheinbares Geschichtsdatum war, sondern einem gesellschaftlichen Impact gleichkam, dessen tiefgreifende und weitstreuende Wirkung innerhalb der römischen Gesellschaft heute kaum ermessen werden kann.
Anmerkung:
1 So beispielsweise der Adventus, der dem Triumph in seiner Inszenierung nahestand, vgl. Tonio Hölscher, Victoria Romana, Mainz 1967, S. 49.