Wer kennt es nicht? Im Seminarbetrieb oder beim Quellenstudium wird man als akademischer Lehrer oder Forscher immer wieder mit Gewichts-, Geld- und Münzangaben konfrontiert, die man meist nur ungefähr aufgelöst bekommt und dabei ein eher schlechtes Gewissen hat, weil man sich bewusst ist, dass der genaue Referenzrahmen fehlt. Einen derartigen Rahmen wird es in letztgültiger Präzision für das Hoch- und Spätmittelalter sicherlich nie geben, aber doch lässt sich auf Arbeiten zurückgreifen, an denen man sich grosso modo orientieren kann, um etwa festzustellen, was ein spätmittelalterliches Haus oder ein Pferd gekostet hat.1 Der Autor der zu rezensierenden Arbeit, einer Heidelberger Habilitationsschrift, schließt an derartige Arbeiten an und hat (sehr erfolgreich!) den Versuch unternommen, quantitativ die Geldflüsse zwischen einerseits den römisch-deutschen Königen und Kaisern und andererseits ihren Fürsten, Grafen, Herren und Niederadeligen sowie Städten zu analysieren. Der zeitliche Rahmen wird durch die Regierungszeiten der Könige von Heinrich V. bis Adolf von Nassau, also grob das 12./13. Jahrhundert, gesetzt. Den geographischen Rahmen bildet das römisch-deutsche Reich, wobei Tribut- oder Geldflüsse von den Nachbarn teils auch berücksichtigt wurden.
Es geht Büttner um Herrschaft und die damit verbundenen Geldflüsse. Dafür definiert er drei Felder (gleichzeitig seine Hauptkapitel): „Preis der Gnade“, „Preis der Gefolgschaft“ und „Preis der Herrschaft“. Seine Ziele formuliert er in der Einleitung: „[…] welche Rolle Geld in der Politik spielte, also wann, wo und wie es die Aktion und Interaktion der Akteure (mit-)gestaltete […]“ (S. 3). Es geht also um ein „Tarifsystem der politischen Ordnung und dessen Wandel im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts“ (S. 3).
Es folgt ein sehr langes Kapitel (S. 23–124) zu Methoden, Vergleichbarkeiten und Unwägbarkeiten mittelalterlicher Münzen und Mengenangaben – zum Beispiel zum genauen Verhältnis von Gold und Silber oder Währungsumrechnungswerten. Grundsätzlich wird man hier mit numismatischen Handbuchwissen versorgt, das aber für den Nicht-Numismatiker sehr nützlich ist, um die folgenden Kapitel adäquat zu verstehen. So macht er beispielsweise auf die Wichtigkeit der Unterscheidung von Zähl- und Gewichtseinheiten (S. 45) aufmerksam, also Pfund (210 g) und Mark (233 g). Produktiv stellt er die Forschungsskepsis bezüglich mittelalterlicher Zahlenangaben (zum Beispiel bei Chronisten) auf den Prüfstand: Er kommt zur Erkenntnis, dass die in den Quellen anzutreffende Schätzzahlen doch als relativ brauchbar anzusehen seien („Nicht die exakte Zahl stimmt überein, wohl aber die ungefähre Größenordnung“, S. 31). Dementsprechend hält er die Veranlagung von Jahreseinkünften europäischer Herrscher (zwischen 100.000 und 200.000 Mark) seines Arbeitszeitraums nur für eine Annährung, die aber einen ungefähren Vergleich durchaus zulässt.
Nun folgen die bereits erwähnten drei Hauptkapitel („Der Preis der Gnade“, S. 125–232; „Der Preis der Gefolgschaft“, S. 233–314; „Der Preis der Herrschaft“, S. 315–404). Konkret geht es beim ersten Kapitel um den Huldverlust und die Wiederaufnahme in die fürstliche Gnade mittels Geldzahlungen, beim zweiten Kapitel steht der Reichsdienst des Hoch- und Niederadels und entsprechende Entlohnung im Mittelpunkt, während im dritten Kapitel besonders die Geldflüsse bei Königs-/Kaiserwahlen sowie bei der Vergabe von Lehen untersucht werden. Zentral stehen für alle Kapitel konkrete Geldflüsse. Daher lohnt es sich, um einen ganzheitlichen Eindruck zu gewinnen, zunächst den umfassenden Tabellenanhang anzuschauen (S. 419–468), der für die erwähnten Hauptkapitel das Zahlenfundament bildet. Sofort wird dem Rezipienten der stupende Fleiß des Autors vor Augen geführt – sprich: die (fast möchte man sagen: dröge) Durchsicht sehr vieler Quellen verschiedener Gattungen (zum Beispiel Urkunden, Güterverzeichnisse, Historiographie, Rechnungslegungen, Grabinschriften) auf möglichen Zahlungsverkehr. Wie breit Büttner hier offenbar geschaut hat, wird einem durch den Umfang der Quellenbibliographie in Anhang über 35 (!) Seiten klar vor Augen geführt. Sehr anschaulich wurden die Erträge dieser Durchsicht in insgesamt 14 thematischen Tabellen angeordnet, wobei verschiedene Währungsangaben immer auch säuberlich in einheitliche (Kölner) Markbeträge umgerechnet wurden, um den generellen Vergleich zu gewähren. Da sich aus diesen Tabellen der Analyseteil im Fließtext der Arbeit generiert (wir hier also das statistische Herz der Arbeit vor uns haben), seien die Gruppierungen einzeln hervorgehoben: 1. Gruppe: Zahlungen von Fürsten, Adligen und Städten an den König/Kaiser zur Wiedererlangung der Gnade (normalerweise im Bereich von 2000–8000 Mark) – äquivalent dazu auch Zahlungen an andere Könige, Fürsten und den Papst zur Gnadenwiedererlangung. 2. Gruppe: Ausgaben (im drei-vierstelligen Bereich) und Belohnungen (im vier-fünfstelligen Bereich) im Reichsdienst. 3. Gruppe: Finanzflüsse, um von Königsseite Wahlversprechen einzulösen bzw. umgekehrt von fürstlich-adeliger Seite an Titel (im Durchschnitt: 4000–5000 Mark) und Lehen heranzukommen. Überraschend hoch sind die Zahlen in der 4. Gruppe, also die Tabellen über die Kriegskosten und -schäden: So zum Beispiel circa 175.000 Mark im Testament Philipps II. von Frankreich für einen Kreuzzug ins Heilige Land.
Wir schwenken nun über zu den Hauptkapiteln und kommen zu einigen Einzelbeobachtungen. Für das erste Hauptkapitel („Gnade“) stellt Büttner fest, dass sich in den Constitutiones leider keine exakt regulierenden Quellen bezüglich der Huldwiedererlangung finden lassen, während aber Chronisten wie Otto von Freising oder Burchard von Ursberg Angaben machen, zum Beispiel 100 Mark für Fürsten und 10 Pfund für den niederen Stand. Die bei Arnold von Lübeck überlieferten 5000 Mark von Heinrich dem Löwen für Friedrich Barbarossa zur Huldwiedererlangung sind ebenso spektakulär wie auch leider nicht andernorts überprüfbar (S. 172). Insgesamt gab es über die 200 Jahre Untersuchungszeitraum eine große Spannbreite (S. 228): von 141 bis 16.000 Mark (die höheren Summen bei reichen Städten wie Mailand). Büttner stellt generell fest, dass die Zahlungen oftmals zur Abwendung von noch härteren Strafen dienten und für den König die Möglichkeit darstellten, Milde walten zu lassen, indem er auf weitere Bestrafung verzichtete (S. 223).
Im zweiten Hauptkapitel („Gefolgschaft“) kann Büttner zunächst feststellen, dass Heerfahrten den mit Abstand teuersten Akt des Reichsdienstes darstellten. Daher bemüht er sich um die Feststellung von eventuellen Standardvergütungen, wie man sie beispielsweise in der Wiener Briefsammlung von 1282 findet: ein Kleriker sollte 40 Mark, ein Ritter 60 Mark und ein nobilis vir 600 Mark im Kampf gegen Ottokar II. erhalten. Jedoch stellt er auch wesentlich höhere Entlohnungen (zum Beispiel 1278 für den Basler Bischof 3000 Mark, S. 256–57) fest, so dass eine Verallgemeinerung offenbar nicht möglich erscheint. Insgesamt beobachtet er, dass es eine graduelle Entwicklung vom 12. zum 13. Jahrhundert von der nicht klar einzufordernden „Belohnung“ für den Beweis von Treue hin zur klar definierten geldlichen „Entlohnung“ gab (S. 308). Dieses äußerte sich ebenfalls bei den Stimmkäufen für die Königswahlen – gerade, wenn diese strittig waren (1198; 1257). Mit der zunehmenden Monetarisierung sieht der Autor eine Verschiebung der zentralen Träger königlicher Herrschaft – von den geistlichen Fürsten hin zu den weltlichen Fürsten, Grafen und Herren. Die von ihm dahingehend geäußerte These, dass die geistlichen Reichsfürsten sich ihre Dienste aufgrund ihrer – seit ottonisch-salischer Zeit (als sie reich mit Gütern ausgestattet wurden) ungebrochenen – Treue zur Königsdynastie kaum vergelten ließen, scheint mir allerdings prüfenswert.
Kommen wir zum letzten Hauptkapitel („Herrschaft“), wo Büttner vor allem darauf abhebt, dass Lehensübertragungen oftmals mit der Zahlung von mehreren Tausend Mark verbunden waren. Wichtig ist ihm dabei, den von der Forschung etablierten Begriff der „Lehnware“ für das Reich (und seine Bearbeitungszeit) künftig als zumindest spezifisch in seiner Ausprägung anzusehen: Es gab keine Verpflichtungen zu dieser Zahlung, sondern es handelt sich lediglich um die „Beeinflussung einer politischen Entscheidung mittels finanzieller Zuwendungen“ (S. 400). Der zweite Begriff in diesem Zusammenhang ist die „Lehntaxe“, die im Spätmittelalter alle Fürsten (ausgenommen die Kurfürsten) zu zahlen hatten, welche Büttner aber für seinen Arbeitszeitraum erst ab 1140 nur für die geistlichen Fürsten feststellen kann (er führt das auf die Überlieferungsarmut zurück).
Dem Rezensenten schwirrt nach dem Durcharbeiten des Werkes der Kopf – auch er ist vor allem Historiker und weniger Ökonom. So viel dürfte deutlich geworden sein: Das Werk stellt für das 12./13. Jahrhundert eine große Bereicherung für die Forschung bezüglich des Vergleichs von Geldzahlungen im Rahmen von Herrschaftskontexten dar. Kritik von dieser Seite wäre völlig unangebracht, der Autor hat hier Bahnbrechendes geleistet. Allerdings wurde von Büttner selbst festgestellt, dass eine versuchte Feststellung einer wie auch immer gearteten Standardisierung von Zahlungen kaum möglich erscheint – zu unterschiedlich waren die einzelnen Beispiele und die Spannbreite der Geldbeträge, so dass wir uns offensichtlich dem Phänomen nur ungefähr annähern können. Daher würde es schon interessieren, ob es Aushandlungsprozesse oder auch mal nicht gelungene Angebote von Zahlungen gab – dahingehend findet sich jedoch kaum etwas. Auch gab es im 13. Jahrhundert noch weiterhin Belohnungen in Form von Geschenken oder Verleihungen2 von Gütern und Ämtern (wenn auch die Monetarisierung unumstritten zunahm). Dieses Spannungsverhältnis wird in dem vorliegenden Werk kaum thematisiert. Ein dritter Aspekt, der nicht berührt wurde, sind die Juden, die mit den Königen/Kaisern zwar nicht in einem Lehnsverhältnis standen, aber dennoch eine erhebliche Einnahmequelle darstellten und – ähnlich wie die Städte oder auswärtigen Fürsten (die ja im Werk behandelt werden) – teils zu hohen, außerordentlichen Tributzahlungen herangezogen wurden.3 Ein wenig zu kurz scheint mir (gerade im Hinblick auf die einleitenden Fragestellungen) auch die Einpassung in die Sozialgeschichte von Herrschaft zu erfolgen: Was bedeutete es konkret für das Verhältnis von Beherrschtem und Herrscher, wenn besonders hohe oder besonders niedrige Geldflüsse zu verzeichnen sind? Lässt sich hier zum Beispiel ein Kontinuum im Verhältnis bestimmter Familien oder Städte zur Herrscherdynastie feststellen, die aus bestimmten Gründen bevorteilt wurden?
Abschließend sei ein Desiderat geäußert, was schon weit über das zu besprechende Buch hinausgeht: In Zeiten zunehmender digitaler Repositorien wäre es wünschenswert, wenn ein zentrales Verzeichnis angelegt wird, wo hoch- und spätmittelalterliche Beispiele von Zahlungen, aber auch andere Formen von Be-/Entlohnungen verzeichnet werden. So könnten die umfassenden und sehr akribisch erstellten Tabellen aus Büttners Werk in ein solches Repositorium einfließen (oder den Anfang bilden). Ein derartiges digitales Repositorium – wenn geschickt und weitblickend in verschiedene Parameter eingeteilt – könnte es zukünftig Mediävisten sehr erleichtern, Wirtschafts- und Geldzahlen richtig und vergleichend einzuordnen. Dieses sind aber schon Zukunftsvisionen für ein Projekt, welches sicherlich durch einen einzelnen Wissenschaftler nicht zu leisten ist. Sie haben nichts mehr mit dem zu besprechenden Werk zu tun, welches den Rezensenten – nochmals sei es unterstrichen – sehr beeindruckt hat.
Anmerkungen:
1 Ulf Dirlmeier, Untersuchungen zu Einkommensverhältnissen und Lebenshaltungskosten in oberdeutschen Städten des Spätmittelalters (Mitte 14. bis Anfang 16. Jahrhunderts), Heidelberg 1978; Peter Spufford, Money and its use in medieval Europe, Cambridge 1988; Martin Lory / Daniel Schmutz, Geld, Preise, Löhne: ein Streifzug durch die Berner Wirtschaftsgeschichte, Bern 2001.
2 So in dem von Jürgen Dendorfer und Steffen Patzold herausgegebenen Band auch für das Spätmittelalter thematisiert: Jürgen Dendorfer / Steffen Patzold (Hrsg.), Tenere et habere. Leihen als soziale Praxis im frühen und hohen Mittelalter, Ostfildern 2023.
3 Vgl. zum Beispiel Beate Modritz, Die Rolle der Juden in der Politik Adolfs von Nassau und Albrechts I., Wien 2000.