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Titel
Berufe für Historiker. Anforderungen – Qualifikationen – Tätigkeiten


Autor(en)
Menne, Mareike
Reihe
Geschichte studieren 2
Erschienen
Stuttgart 2010: Kohlhammer Verlag
Anzahl Seiten
161 S.
Preis
€ 18,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Katrin Minner, Historisches Seminar, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Lange standen gerade geisteswissenschaftliche Studiengänge in der Kritik, dass in ihnen die Berufs- und Praxisorientierung zu kurz komme. Spätestens mit den Bologna-Reformen ist dies den Universitäten als ein wichtiges Element in den neuen gestuften Studiengängen ins Stammbuch geschrieben worden.1 Mittlerweile erfährt dieser Teil der Lehre etwas mehr Aufmerksamkeit.2 Doch sind Berufsorientierung und Praxiskompetenzen in vielen historischen Instituten nicht fest institutionell verankert. Eine Vernetzung oder ein gemeinsames Forum verschiedener „Berufswerkstätten“ Geschichte, die die Berufsorientierung und die Vermittlung von Praxiskompetenzen koordinieren, gibt es nicht. Jeder/jede Lehrende dieses Bereichs ist noch immer ein Einzelkämpfer, auch wenn Veranstaltungsformate wie die „Arbeitsfelder für …“ mittlerweile weit verbreitete Klassiker geworden sind.

Wie sieht es mit der Unterstützung durch die Literatur aus? Der Buchmarkt hat – ähnlich wie beim Boom an fachspezifischen Studieneinführungen – seit etwa zehn Jahren verstärkt das Feld für Berufsorientierungen entdeckt. Auch für das Fach Geschichte bzw. für Geisteswissenschaftler/innen gab es einzelne Bände, die vor allem an personalisierten Beispielen kurze Einblicke in berufliche Biographien und Berufsfelder vermittelten.3 Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt (neue Berufsfelder, Verschiebungen im Bereich der Kompetenzen) fordert allerdings mittelfristig Aktualisierungen und gegebenenfalls auch neue Konzepte. Was die ausgewählten biographischen Beispiele nicht leisteten, war ein umfassender Überblick über das breite Panorama der beruflichen Möglichkeiten und eine systematische Abarbeitung des Tätigkeitsprofils, der benötigten Qualifikationen und Kompetenzen sowie der Zugangswege.

Diesen Ansprüchen und dem Bedarf, Studierende zu einer persönlichen Orientierung anzuleiten, hat sich nun Mareike Menne gewidmet.4 Ihr Buch wendet sich insbesondere an Studierende in den ersten Semestern des Bachelorstudiums. Es will über mögliche Berufsfelder und die dafür nötigen Kompetenzen, Qualifikationen, persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten informieren und zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der zukünftigen Berufswahl bzw. der beruflichen Profilbildung bereits während des Studiums anregen.

Der Band gliedert sich in drei Teile: „Grundlagen“, „Berufsfelder“ und „Praktisches“. Im ersten Teil geht Menne auf „Wissenschaft“ als Qualifikationsschritt und auf „Selbstständigkeit/Freiberuflichkeit“ ein. In die Freiberuflichkeit einzuführen, erscheint legitim und sinnvoll, da dieser Weg angesichts der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler zum einen immer häufiger gewählt wird. Selbstständigkeit kann dabei sowohl ein Übergangsstadium als auch eine dauerhafte Lösung sein. Zum anderen kann eine Einführung in unternehmerische Rahmenbedingungen darauf reagieren, dass Studierende der Geschichtswissenschaft den Bereichen Wirtschaft und Selbstständigkeit häufig mit Berührungsängsten oder Ablehnung gegenüberstehen. Doch bieten sich in der Wirtschaft allein quantitativ viele Jobmöglichkeiten und häufig auch Aussichten auf eine bessere Bezahlung.

Den Schwerpunkt des Bandes bildet die Beschreibung der Berufsfelder „Archiv und Dokumentation“, „Ausstellung/Museum“, „Buch“, „Journalismus“, „Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations“, „Politik, Schule und Lehre“ sowie „Wirtschaft“. Was auf den ersten Blick nach den „klassischen“ Arbeitsbereichen klingt, liefert in der Folge dennoch den einen oder anderen Blick auf vergleichsweise ‚neue‘ Tätigkeiten, wie etwa Projekt-/Wissensmanagement, Fundraising oder Coaching. Dem begrenzten Umfang und dem orientierenden Anspruch geschuldet, fehlen allerdings spezialisierte Nischen. Der Verweis auf ungewöhnliche Felder wie zum Beispiel die Tätigkeit als historische/r Altlastensachverständiger/in oder als Ermittler/in am Internationalen Strafgerichtshof könnte die Studierenden motivieren, mit eigenen Schwerpunkten und Interessen individuelle Wege zu gehen.

Die oben genannten Berufsfelder werden systematisch abgearbeitet: Einer kurzen Erklärung zum Arbeitsgebiet und den damit verbundenen Institutionen folgt die Klärung der Berufsbezeichnungen, eine Beschreibung dazu idealtypisch „passender“ Persönlichkeiten und die erforderlichen Kompetenzen und Qualifikationen wie Promotion oder Volontariat. Unter dem Stichwort „Tätigkeitsprofile“ werden die beruflichen Möglichkeiten weiter aufgefächert. Für die Wirtschaft finden sich etwa History Marketing, Unternehmensberatung, Projektmanagement, Personalwesen, Fundraising, Werbung/Marketing, Wissensmanagement, Kulturmanagement, Kulturtourismus. Es folgt ein Dreischritt für den Weg in den Beruf: Was der/die Studierende bereits während des Bachelor-Studiums bzw. danach tun kann und welche weiteren Möglichkeiten der Aus-, Fort- und Weiterbildungen sich anbieten. Lebenspraktisch wird sowohl auf „mögliche Schwierigkeiten“ wie Belastungen und hohe Konkurrenzdichte als auch auf die „schönen Seiten“ der Berufe eingegangen. Tipps und der Blick auf die Chancen, das heißt die für dieses Feld erwartete Konjunktur, sollen den mentalen Weg zur Berufsorientierung ebnen helfen. Der Abschnitt endet mit Überlegungen zur fachlichen Nähe der jeweiligen Sparte sowie mit einigen Literaturangaben zur Vertiefung des Themas.

Im letzten Block („Praktisches“) holt der Band das Publikum pragmatisch dort ab, wo es steht. Hier finden sich kurze Ausführungen zum Praktikum, was letztlich für jedes Arbeitsgebiet als orientierender und berufsvorbereitender Schritt gebetsmühlenartig empfohlen wird – eine Wiederholung, die sich allerdings angesichts des systematischen Aufbaus nicht vermeiden lässt. Zudem skizziert Menne bestehende Ansprüche und Fördermöglichkeiten bei Arbeitslosigkeit nach dem Abschluss.

Neu im Vergleich zu thematisch ähnlichen Bänden ist der 14-seitige Teil „Reflexionen und Übungen“, der an Bewerbungsratgeber erinnert und die Leser/innen aktivieren soll. Neben Überlegungen zu eigenen Fähigkeiten und zum „Portfolio“ werden Übungen im Hinblick auf verschiedene Tätigkeitsfelder angeboten: Exponatsplan, Textkompetenz, „Copy-Test“, Businessplan für die Freiberuflichkeit.

In diesem Kontext ebenfalls neu sind frei über die Internetseite des Verlags zugängliche weiterführende Materialien und Literaturhinweise.5 Dies ist an sich keine schlechte Idee, entschlackt es doch die Druckfassung und bietet Möglichkeiten zur schnellen Aktualisierung. Es bleibt allerdings abzuwarten, in welchem Umfang der angekündigte Ausbau und die Pflege der Daten tatsächlich Kontinuität erleben und mehr Informationsgewinn bieten werden. Bisher umfasst das PDF-Dokument lediglich ein paar Literaturhinweise mehr als das Buch, eine kurze Linkliste (unter anderem zur Aus-, Fort- und Weiterbildung) und eine exemplarische Stellenanzeige zum jeweiligen Feld.

Insgesamt bietet der Band einen guten, aktuellen und kompakten Überblick, der sowohl für Studierende als auch für Berater in den „Berufswerkstätten“ Geschichte einen schnellen Zugang ermöglicht. Kurz, prägnant, direkt die Zielgruppe ansprechend und für diese auch erschwinglich – eine Publikation, die für jede Fachbibliothek Geschichte eine sinnvolle Anschaffung darstellt.

Anmerkungen:
1 Erste „Berufswerkstätten“ gab es bereits in den 1990er-Jahren, zum Beispiel an der Universität Bielefeld. Vgl. dazu Michaela Hänke-Portscheller, Berufswerkstatt Geschichte. Lernort für die Erinnerungskultur, Köln 2003.
2 Auch die kritische Selbstreflexion über die universitäre Lehre im Bereich Geschichte hat bisher noch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gefunden. Vgl. Rainer Pöppinghege (Hrsg.), Geschichte lehren an der Hochschule. Reformansätze, Methoden, Praxisbeispiele, Schwalbach am Taunus 2007.
3 Vgl. etwa Claudio Gallio (Hrsg.), Freie Laufbahn. Berufe für Geisteswissenschaftler, Mannheim 1995.
4 An dieser Stelle sei ebenfalls auf die nützliche und 2007/08 mit einem Studentenwerkspreis ausgezeichnete Seite von Sebastian Thiele verwiesen. Sie bietet einen kurzen aber guten Überblick über die Bandbreite möglicher Berufsfelder für Historiker. Als erste Orientierung war und ist sie für Studierende ein gern und viel genutztes Angebot, das offenbar auch für den hier besprochenen Band einige Anregungen lieferte. <http://www.berufe-fuer-historiker.de> (06.01.2011).
5 <http://shop2.kohlhammer.de/shopX/shops/kohlhammer/data/pdf/978-3-17-021300-5_O.pdf> (06.01.2011).

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