A. Lichtenberger: Severus Pius Augustus

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Titel
Severus Pius Augustus. Studien zur sakralen Repräsentation und Rezeption der Herrschaft des Septimius Severus und seiner Familie (193-211 n. Chr.)


Autor(en)
Lichtenberger, Achim
Reihe
Impact of Empire 14
Erschienen
Anzahl Seiten
X, 478 S.
Preis
€ 174,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Markus Handy, Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Karl-Franzens-Universität Graz

Achim Lichtenberger legt mit seiner Arbeit „Severus Pius Augustus“, mit der er sich im Jahre 2008 an der Westfälischen-Wilhelms Universität Münster habilitiert hat, eine umfängliche Studie zur sakralen Repräsentation des Kaisers Septimius Severus (193–211) und seiner Herrscherfamilie vor. Den einleitenden Bemerkungen zu Fragestellung, Forschungsstand und Aussagekraft der überwiegend archäologischen und numismatischen Quellen zu Septimius Severus in Kapitel I (S. 1–26) schließt sich Kapitel II (S. 27–176) an, das der Frage nach dem Stellenwert der nordafrikanischen Gottheiten in der römischen Münzprägung unter Septimius Severus nachgeht. Herausragende Bedeutung besaßen Liber Pater und Hercules, jene Götter, die in Leptis Magna, Severus’ Heimatstadt, in besonderem Maße verehrt wurden. Grund für diese starke Präsenz afrikanischer Gottheiten in der sakralen Repräsentation des Kaisers war zum einen die Erfüllung der pietas, der sich auch Septimius Severus nicht entziehen konnte. Abgesehen vom angemessenen Verhalten gegenüber den heimatlichen Göttern könnte zum anderen auch die bewusste Förderung seines afrikanischen Umfeldes, die sich etwa im Aufstieg vieler afrikanischer Landsleute in hohe zivile Ämter und in die Armeeführung zeigt, dieser Dominanz des afrikanischen Pantheons in der öffentlichen Selbstdarstellung des Severers entsprochen haben.

In Kapitel III (S.177–217) analysiert Lichtenberger die Rolle von Iuppiter und Iuno in der numismatischen, epigraphischen und großplastischen Überlieferung. Obgleich auch Septimius Severus in seinem offiziellen Auftreten die Nähe zu Iuppiter – nicht anders als seine kaiserlichen Vorgänger – betonte, hat es doch mitunter den Anschein, als ob dieser gegenüber den dii patrii wie Hercules und Liber Pater zurückzutreten hatte. In Kapitel IV (S. 219–279) wird die aeternitas imperii, also die Ewigkeit römischer Herrschaft, untersucht. Eine herausragende Rolle für den Fortbestand des Reiches und der Severerdynastie im Speziellen wurde Sol zugestanden. Wirft man nämlich einen Blick auf die Münzprägung, dann zeigt sich, wie untrennbar die Macht des Sonnengottes mit der Dauerhaftigkeit des Römischen Reiches unter dem ersten Severerkaiser verbunden war. Dem entsprechen auch jene Münzbilder, die ganz bewusst eine Angleichung Sols an den Prinzeps vornehmen. Im folgenden Kapitel V (S. 281–317) betrachtet Lichtenberger die von Septimius Severus veranlassten Neubauten im Sakralwesen. In Rom können darunter lediglich Tempel für Hercules und Liber Pater nachgewiesen werden, ansonsten begnügte Severus sich damit, alte, baufällig gewordene Kultstätten zu restaurieren. Diese Erneuerungen sollten der von ihm übernommenen Rolle als restitutor urbis entsprechen und fanden demgemäß auch ihr Echo in der kaiserlichen Selbstdarstellung auf Münzen.

In Kapitel VI (S. 319–378) weitet Lichtenberger seinen Blick auf die gesamte kaiserliche Familie (domus divina) aus und betrachtet im Besonderen ihre Verflechtungen im Kaiserkult und ihre Angleichung an Gottheiten des römischen Pantheons. Es kann gezeigt werden, dass es keine Hinweise auf eine systematische Verehrung der Severerdynastie in den Provinzen des Römischen Reiches gab, der Prinzipat des Septimius Severus also keine neue Qualität in der römischen Herrscherverehrung hinterließ. Nichtsdestotrotz finden sich Zeugnisse, die Mitglieder der domus divina mit einer Gottheit verbinden oder zumindest mit göttlichen Attributen abbilden. Sie alle waren jedoch keine staatlichen „Auftragswerke“, sondern entstammten lokalen und privaten Kontexten, wobei sich die die Zeugnisse ausschließlich auf die weiblichen Angehörigen der kaiserlichen Familie beziehen.

Das Ergebniskapitel (S. 379–386) fasst dann noch einmal die wichtigsten im Buch behandelten Bereiche zusammen: Erwähnt werden jene archäologischen Zeugnisse, die als sakrale Rezeption der Herrschaft des Septimius Severus zu betrachten sind. Ebenso werden jene Gottheiten genannt, die nach den Vorstellungen des Kaisers dessen Wirken als Herrscher verkörpern sollten. Eine besondere Rolle wurde hierbei Sol zugedacht, dessen auffallend starke Verehrung vom Severerhaus bewusst gefördert wurde. Abgesehen davon war die gesamte Bild- und Textgestaltung der von Severus errichteten Denkmäler stets von seiner nordafrikanischen Heimat geprägt, ein Faktum, das bei der Darstellung der Herrschaft dieses Kaisers stets zu berücksichtigen ist. Es folgen Anhänge (S. 387–401) mit einer Auflistung einiger im Werk zitierter Zeugnisse. Die Bibliographie (S. 403–450) ist mit 47 Seiten reichhaltig und kündet eindrucksvoll von der eifrigen Beschäftigung des Autors mit der gesamten Thematik. Ein nach Topographie, Personen, Gottheiten, Allgemeines und literarische Quellen gegliedertes Register (S. 451–462) und ein Abbildungsverzeichnis (S. 463–478) runden dieses Buch ab.

Insgesamt durfte ich eine sehr anspruchsvolle Arbeit lesen, die einmal mehr die Bedeutung der Severerzeit als Phase des Umbruchs unterstreicht. Freilich wendet sich dieses Buch, das auf eine breite Quellenbasis zurückgreift, in erster Linie an ArchäologInnen. Jedoch sei dessen Lektüre auch AlthistorikerInnen empfohlen, da derzeit gerade die in Kapitel II aufgeworfenen Fragen zur Bedeutung von Herkunft, Heimat und Identität im Römischen Kaiserreich häufig erörtert und Lichtenbergers Überlegungen als weiterer Beitrag in dieser Diskussion verstanden werden dürfen.

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